Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Unter der Überschrift “MEK-Durchsuchung in Roma-Siedlung” berichtet eine Tageszeitung, dass ein Mobiles Einsatzkommando der Polizei das Haus einer Sinti- und Romafamilie nach einer Waffe durchsucht habe. Die Zeitung nennt die Straße, in der sich das Haus befindet, und erwähnt, dass auch Rauschgifthunde vor Ort waren. Ein Jahr nach der Veröffentlichung beschwert sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beim Deutschen Presserat über diesen seiner Ansicht nach hier praktizierten Missbrauch der Pressefreiheit. Die Chefredaktion des Blattes weist darauf hin, dass sich weder Redaktion noch Pressestelle der Polizei nach einem Jahr an den Vorgang exakt erinnern können. Mit der Berichterstattung habe die Redaktion jedoch keine negativen Emotionen wecken wollen. Sie habe den Polizeieinsatz vielmehr emotionslos geschildert, weder eine unsensible noch eine plakative Sprache benutzt und die Zuordnung lediglich abstrakt formuliert. Der Öffentlichkeit sei bekannt, dass das genannte Gebäude von Sinti und Roma bewohnt werde. Es sei ebenso öffentlich bekannt, dass es dort regelmäßig zu Polizeieinsätzen komme. (1998)
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Ein mobiles Einsatzkommando der Polizei räumt eine Sinti- und Roma-Siedlung, in der Hinweisen zufolge illegal mit Waffen gehandelt werden soll. Tatsächlich werden die Fahnder fündig. Drei Hauptverdächtige, die in die Waffengeschäfte verstrickt sein sollen, werden festgenommen. Die Zeitung am Ort berichtet über die Razzia und veröffentlicht ein Foto, das einen Tatverdächtigen zeigt, der von einem Polizisten abgeführt wird. Die Augenpartien beider Personen sind abgedeckt. Im Text werden die Vornamen der Festgenommen und die Initiale ihrer Familiennamen genannt. Sowohl im Text als auch in der Bildunterzeile wird die Zugehörigkeit der Betroffenen zu einer Sinti-Familie erwähnt. Schließlich berichtet die Zeitung, dass der Ort des Geschehens laut Polizei seit Jahren als Nest der Gewalt, Hehlerei und der Rauschgiftkriminalität gilt. Die dort ansässige Gruppe sei der Polizei seit längerem bestens bekannt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mahnt beim Deutschen Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex an. Die Chefredaktion des Blattes bezieht sich auf Angaben der Polizei und wertet den Bericht über den Polizeieinsatz als sachlich und neutral. Er enthalte keine abfällige Tendenz, benutze weder unsensible noch plakative Formulierungen und vollziehe die Zuordnung lediglich abstrakt. (1998)
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Über „Betrüger mit Teppich“ berichtet ein Lokalblatt. Nach Angaben der Polizei seien die Täter, vermutlich Sinti und Roma, äußerst erfolgreich. Sie gaben sich, so die Zeitung, als Verwandte eines renommierten einheimischen Teppichhändlers aus und erzählten den Leuten, der Händler werde sein Geschäft schließen und wolle sich mit einem „Geschenk“ bedanken. Ein Rentnerehepaar habe für 130.000 D-Mark einen Teppich gekauft, der nicht einmal 2.000 D-Mark wert sei. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wirft der Zeitung in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat vor, sie schüre mit einer solchen Meldung rassistische Vorurteile. Die Chefredaktion des Blattes betont, ihr liege eine Diskriminierung ethnischer Minderheiten völlig fern. Mit der Veröffentlichung dieser Pressemitteilung der örtlichen Polizei habe man die Bevölkerung warnen wollen. Gleichzeitig habe sich die Polizei Hinweise aus der Leserschaft und damit Fahndungshilfe erhofft. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der besonderen Deliktsart sei ein Sachbezug zur ethnischen Herkunft der Tatverdächtigen durchaus begründet. (1998)
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Die Reportage einer Zeitschrift über ein ehemaliges Playmate, das sich für die Versorgung von Slum-Kindern auf Haiti engagiert, war 1998 Thema einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Eine Leserin des Blattes hatte die in der Reportage enthaltenen Fotos von Kinderleichen beanstandet. Der Presserat hatte die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen, weil er der Meinung war, dass bei der Darstellung krasser Missstände, wie der unbeschreiblichen Armut auf Haiti, unansehnliche und möglicherweise auch schockierende Bilder nicht zu vermeiden sind. In einer neuerlichen Beschwerde über die selbe Veröffentlichung beklagt die Leserin jetzt die Missachtung von Sorgfaltspflichten und Rechercheprinzipien. Unter Verweis auf Recherchen der Redaktion einer Fernsehanstalt zum selben Thema äußert sie begründete Zweifel, ob die Autorin der Zeitschriftenreportage überhaupt recherchiert hat. Von den Autoren der Fernsehsendung habe sie ausführliches Informationsmaterial erhalten, aus dem hervorgehe, dass glaubwürdige Personen die Aussagen der “weißen Mama von Port-au-Prince” widerlegen. Aus diesen Unterlagen ergebe sich ferner eine Reihe von Ungereimtheiten. Die Rechtsabteilung des Verlages stellt fest, die Beschwerdeführerin unterstelle die Glaubwürdigkeit der von ihr zitierten Fernsehsendung. Sie verweist auf einen neuerlichen Beitrag in der Zeitschrift unter dem Titel “Die Hilfe, die wirklich ankam”, der die Aussagen des Fernsehautors widerlegt. Auch die Berichterstattung eines anderen Fernsehsenders über dasselbe Thema stütze die Beiträge der Zeitschrift und entkräfte die Behauptungen des erstgenannten Senders. Selbstverständlich sage der Gesundheitsminister in Haiti nicht, dass es in den Leichenhäusern seines Landes keine Kühlung gebe. Und der Klinikchef werde kaum begeistert darüber Auskunft geben, dass in seinem Hause hygienisch unzumutbare Zustände herrschen. Die Beschwerdeführerin könne ihren Vorwurf, Mitarbeiter der Zeitschrift recherchierten schlecht, auf keine Tatsachen stützen. (1998)
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Eine Großstadtzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Die Kultur in dieser Stadt lebt in den Ecken und Winkeln“ im Rahmen einer Serie einen Gastbeitrag eines Studenten. Darin findet sich der Satz „Wer Kunst nur für eine Handvoll Leute fördert, gehört gehängt.“ Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass der Beitrag gegen Ziffer 10 des Pressekodex verstößt. Mit dem öffentlichen Aufruf zur Lynchjustiz mittels Hängens werde das sittliche Empfinden aller verfassungstreuen Bürger der Bundesrepublik wesentlich verletzt. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, dass der kritisierte Artikel Bestandteil einer Serie ist, in der Vertreter unterschiedlicher Berufs- und Altersgruppen mit verschiedenen Stilmitteln Visionen über die Stadt als Kulturzentrum aufzeigen. Sie verweist darauf, dass der Autor des Beitrags als Stilmittel durchgängig überzeichnete Formulierungen gewählt habe. So habe er z.B. die absurde Forderung gestellt, alle Musiker des heimischen Orchesters an strategisch wichtigen Straßenecken der Stadt zu verteilen. Auch an anderen Beispielen werde erkennbar, dass es sich bei dem Beitrag um eine bissige, satirische Vision von der Zukunft der Stadt als Kulturstadt handele. Nun in einem solchen Zusammenhang sei die vom Beschwerdeführer beanstandete Formulierung zu sehen. Sie sei – ob geschmacklos oder nicht, möge dahingestellt bleiben – ein satirisches Wortspiel. Sollten jedoch durch den Artikel Gefühle von Lesern verletzt worden sein, bittet die Chefredaktion, dies zu entschuldigen. (1998)
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In einer Stadt steht die Wahl eines neuen hauptamtlichen Bürgermeisters an. Eine Zeitung am Ort berichtet, dass sich den örtlichen Gremien einer Partei zwei Bewerber stellen. Unter der Überschrift “Turniertänzer tritt gegen Tennis-Spieler an” beschäftigt sich das Blatt mit beiden Kandidaten, wobei sie den einen sehr kritisch, den anderen sehr positiv darstellt. Der negativ dargestellte Bewerber kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die nach seiner Ansicht einseitige Darstellung. Während die Zeitung die Vorgesetzten seines Mitbewerbers befragt und deren überaus positive Einschätzung des Mitarbeiters wiedergegeben habe, habe der Autor des Berichts seinen Dienstherrn nicht befragt. Sein Konkurrent sei mit Lob geradezu überhäuft worden. Nach Erscheinen des Beitrags habe er seine Bewerbung zurückziehen müssen, weil sich ihm keine faire Chance mehr geboten habe. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, der Autor des Beitrags sei bei der Recherche im Vorfeld der Veröffentlichung wiederholt mit kritischen Sachverhalten und Äußerungen in bezug auf die Person des Beschwerdeführers konfrontiert worden. Es möge zutreffen, dass er keine Erkundigungen über den Kandidaten bei dessen gegenwärtigem Dienstherrn eingeholt habe. Er habe sich jedoch mit dem Beschwerdeführer selbst in Verbindung gesetzt und dessen Stellungnahme in seinem Artikel wiedergegeben. Insofern habe er seinen journalistischen Sorgfaltspflichten genügt. Der Beschwerdeführer hätte damit rechnen müssen, dass sich die Öffentlichkeit und damit auch die Presse für Fakten und Vorkommnisse im Zusammenhang mit seiner politischen Vergangenheit interessieren würde. Dies gelte auch für den Mitbewerber. Auch dieser sei in der Folgeberichterstattung mit kritischen Fragen konfrontiert worden. Eine einseitige Demontage des Beschwerdeführers sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen und habe auch nicht stattgefunden. (1998)
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Eine Boulevardzeitung berichtet mit einem großformatigen Foto über den Zusammenstoß zweier Autos, der beide Fahrer das Leben kostet. Leblos hängt eine Frau im Sicherheitsgurt. Der Ehemann ist Toten hält die Darstellung seiner Frau für unangemessen sensationell. Er fühlt sich durch die Veröffentlichung des Bildes belastet und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Verlages entschuldigt sich für die Veröffentlichung des Fotos. Das Bild sei aufgrund eines technischen Versehens in der Hektik der Produktion veröffentlicht worden. Erst durch die Beschwerde beim Presserat habe die Redaktion erfahren, wie sehr die Veröffentlichung den Beschwerdeführer erschüttert hat. Sie werde sich deshalb bei ihm entschuldigen. (1998)
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Unter der Überschrift “Protest gegen Republikaner” meldet eine Regionalzeitung, dass in Berlin 300 Menschen gegen den Einzug der rechtsextremen Republikaner in die frühere Villa eines jüdischen Fabrikanten demonstriert haben. Die Partei wolle in dem Haus ihre Bundeszentrale einrichten. Die Meldung ist mit dem Kürzel einer Nachrichtenagentur versehen. Ein Leser des Blattes übersendet der Zeitung einen Tag später die Meldung einer anderen Agentur, in der die Bundesgeschäftsstelle der Republikaner dahingehend zitiert wird, dass das Haus nie in jüdischem Besitz war. Gleichzeitig fragt er die Redaktion, wann sie die in der Kurzmeldung getroffene Aussage richtig stellt. Vier Tage später teilt ihm die Chefredaktion mit, dass sie von einer Richtigstellung absehe, da der Zeitabstand erheblich sei und viel zu umfangreich berichtet werden müsste, um dem Leser die Ursache der Falschmeldung klarzumachen. Der Leser wendet sich daraufhin an den Deutschen Presserat. Er sieht Ziffer 3 des Pressekodex verletzt, weil die Zeitung die Meldung nicht sofort richtiggestellt hat. Im Laufe des Verfahrens teilt der Beschwerdeführer dem Presserat das Ergebnis eigener Recherchen mit. Die genannte Villa befinde sich in einem desolaten Zustand und werde zur Zeit saniert. Nach Mitteilung des neuen Eigentümers werde der Sanierungsvorgang nicht vor Mitte 1999 abgeschlossen sein. Die Republikaner sollen inzwischen in das Gartenhaus eingezogen sein. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, die Klärung des Sachverhalts durch die Agentur habe die Politikredaktion erst am Sonntag erreicht. Eine entsprechende Richtigstellung frühestens fünf Tage nach der Veröffentlichung der Acht-Zeilen-Meldung sei der Zeitung jedoch aufgrund des wenig bedeutsamen Vorfalls zu spät gewesen. Deshalb habe man darauf verzichtet. Unter Hinweis auf Veröffentlichungen in anderen Blättern führt die Chefredaktion weiter aus, dass die Agenturmeldung, auf die sich der Beschwerdeführer beziehe, journalistisch nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Der Presserat bittet den zuständigen Baustadtrat um Erklärung des Sachverhalts. Dieser verweist auf eine Pressemitteilung, die er zwei Tage nach Erscheinen der kritisierten Kurzmeldung herausgegeben hat. Darin heißt es, dass das Grundstück Berliner Straße 126/127 sich von 1876 bis 1940 in jüdischem Eigentum befunden habe. Auf diesem Grundstück stehen besagte Villa und das Gartenhaus, in welches die Republikaner einziehen wollen. Das Grundstück Berliner Straße 128, das nicht zu jüdischem Eigentum zählte, wurde 1976 mit dem Grundstück Berliner Straße 126/127 verschmolzen. Auf diesem Grundstück befindet sich ein Anbau, der mit dem Gartenhaus eine räumliche und funktionelle Einheit bildet. Die Agentur, welche die erste Meldung verbreitet hat, teilt auf Nachfrage mit, sie habe einen Tag später erneut eine Meldung zu dem Thema veröffentlicht. Darin heißt es, dass der Vermieter des Gebäudes, in das die Republikaner einziehen wollen, erklärt habe, das von ihm sanierte Gebäude sei nie in jüdischem Besitz gewesen. Es sei damit auch nicht von den Nationalsozialisten enteignet worden. Die Sicht des Vermieters hätte man selbstverständlich in die erste Meldung eingearbeitet, wenn er am Tage der Demonstration erreichbar gewesen wäre. So sei die Klarstellung erst zwei Tage später erfolgt. (1998)
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