Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Seit drei Jahren berichtet eine Regionalzeitung über die arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung zwischen dem Kreisverband einer Wohlfahrtsorganisation und dessen Geschäftsführer. Dem Mann war fristlos gekündigt worden. Die Kündigung wird laut Zeitung u.a. damit begründet, der Betroffene habe Mitarbeiterinnen sexuell belästigt. Das Arbeitsgericht hatte die fristlose Kündigung für rechtmäßig erklärt. Das Urteil wurde aber vom Landesarbeitsgericht aus formalen Gründen aufgehoben, denn die erforderliche Zustimmung der Hauptfürsorgestelle des Landesverbandes war vom Kreisverband nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zweiwochenfrist angefordert worden. Vor dem Bundesarbeitsgericht einigten sich der Ex-Geschäftsführer und sein Arbeitgeber schließlich in einem Vergleich. In ihrem Bericht über den Abschluss des Verfahrens schreibt die Zeitung, der Geschäftsführer sei nach 21 Jahren Verbandszugehörigkeit fristlos entlassen worden, „weil er über Jahre seine Kolleginnen sexuell ‚angemacht‘ habe“. Des weiteren wird behauptet: „... besonders der Busen einer Kollegin hatte es ihm so angetan, dass er sich immer wieder darüber verbreitete“. Obwohl der Beitrag mit der Mitteilung endet, zur Wahrung des Rechtsfriedens sei vereinbart worden, den Inhalt des Vergleichs vertraulich zu behandeln, werden in dem Artikel einige Regelungen aus dem Vergleich aufgezählt. So sind die Abfindung in Höhe von 50.000 DM, die Auslauffrist des Arbeitsverhältnisses sowie die Regelung der Kosten des Vergleichs erwähnt. Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht sich durch die gesamte Berichterstattung der Zeitung vorverurteilt. Nicht erwiesene Vorwürfe seien als Tatsachen dargestellt worden. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass letztinstanzlich nicht die Kündigung und damit die gegenüber dem Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe inhaltlich überprüft worden seien, sondern dass sich die Parteien im Rahmen eines Vergleichs geeinigt hätten. Die Redaktion habe keine Gelegenheit genutzt, auch seinen Standpunkt zu den Vorwürfen zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn, darüber zu berichten. Der stellvertretende Chefredakteur des Blattes betont, dass er den Vorwurf einer nichtrecherchierten und unfairen Berichterstattung nicht nachvollziehen kann. Die dem Autor der Berichte unterstellten falschen Behauptungen seien durchweg Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz, die in keiner weiteren Instanz streitig gewesen seien und auch nicht zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils geführt hätten. Aufgehoben worden sei das erstinstanzliche Urteil lediglich aus formalen Gründen, woraufhin es im Revisionstermin beim Bundesarbeitsgericht zu einer vergleichsweisen Einigung des Rechtsstreits gekommen sei. Einer Einladung der damaligen Anwälte des Beschwerdeführers zu einer „Pressekonferenz“ unmittelbar vor dem erstinstanzlichen Kammertermin sei der Mitarbeiter der Redaktion wegen des schwebenden Verfahrens nicht gefolgt. (2000)
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Eine Zeitschrift veröffentlicht einen Zoo-Test. Darin wird der Zoo einer norddeutschen Stadt negativ beurteilt. Die Zeitung am Ort greift die Bewertung der Zeitschrift auf und bewertet unter der Überschrift „Der schlimmste Zoo Deutschlands“ den heimischen Tierpark aus eigener Sicht. In diesem Zusammenhang schildert sie Mängel in der Bemessung der Käfige, in denen die Tiere untergebracht sind. Von einem Tiger behauptet sie, er sei verhaltensgestört, unablässig sei er auf Wanderschaft: vier Meter hin, vier Meter zurück. Sein Käfig sei geteilt, jede Hälfte sei 60 bis 70 Quadratmeter groß, davon seien 40 Quadratmeter Außengehege. Zitiert wird ein Experte: Das Gehege entspreche den Mindestanforderungen, die Ausstattung aber sei am Rande dessen, was man gerade noch akzeptieren könnte. Ein Foto zeigt einen Wolf, der krank sei und deshalb das Gleichgewicht in der Gruppe störe. Dazu der Experte: Das zeuge von mangelnder Sachkenntnis. Hier habe der Halter seine Pflicht verletzt. Dieser Wolf müsse dringend aus dem Rudel genommen werden. Zum Schluss des Artikels wird der Vorsitzende der Tierparkgesellschaft zitiert. Die Stadt trage nicht viel zum Tierpark bei. Hätte man 1993 schon gesagt, das Ganze lohne sich nicht mehr, wäre der Tierpark längst geschlossen worden. Ein Rundfunkjournalist beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Bericht enthalte Ungenauigkeiten. So sei die Größe des Tigerkäfigs falsch angegeben. Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels sei der abgebildete Wolf nicht mehr im Tierpark gewesen. Älteren Datums sei auch das Statement des Vorsitzenden der Tierparkgesellschaft. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Redaktion habe den schlechten Zustand des Tierparks über Monate hinweg beobachtet. U.a. habe man im April 2000 zwei Rundgänge mit einem anerkannten Zooexperten durchgeführt, in dessen Verlauf auch ein Teil der im Juli veröffentlichten Fotos entstanden sei. In Befürchtung einer öffentlichen Empörung über die Zustände im Zoo habe man in den folgenden Wochen die Ergebnisse nicht sofort veröffentlicht, sondern weitere Recherchen angestellt. In diesem Zusammenhang habe Ende Mai 2000 auch das Gespräch mit dem Vorsitzenden der Tierparkgesellschaft stattgefunden. Als der bundesweite Zootest der Zeitschrift angekündigt worden sei, sei der Redaktion klar geworden, dass auch der Zoo der Stadt in der öffentlichen Debatte stehen würde. Daraufhin hätten sich Redakteure der Zeitung erneut vor Ort begeben, um sich ein aktuelles Bild von der Situation dort zu machen. Dabei hätten sie gegenüber ihren vorhergehenden Besuchen keine wesentlichen Veränderungen an den Gehegen feststellen können. Deshalb habe man sich entschlossen, den Tierpark nicht erneut durchzufotografieren, sondern die im April entstandenen Fotos zu nutzen. (2000)
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Unter der Überschrift „Wojtila was here“ berichtet eine Tageszeitung über den Papst und seine Reisen. In dem Artikel ist die folgende Passage enthalten: „Hier macht einer, der fast nichts mehr im Griff hat, im Angesicht des Todes symbolische Politik mit dem eigenen Körper“. Ein Leser des Blattes sieht in dem Artikel eine Beleidigung des Papstes und aller Katholiken. Er fragt den Deutschen Presserat: „Darf die Presse alles?“ Der Redaktionsdirektor der Zeitung teilt mit, dass der Autor des Beitrages katholische Theologie studiert habe und von seinem Bildungshintergrund her autorisiert sei, sich mit dem Papst zu befassen. Er tue dies zweifellos in einer Weise, die für einen gläubigen Katholiken anstößig sein könne. Wer den Text aber genau lese, der spüre, dass der Autor großen Respekt vor der physischen und psychischen Leistung des Papstes formuliere. Sein Satz, dass jemand seinen Weg „über die vernünftigen Möglichkeiten hinaus“ gehe, besage doch nur, dass der unstrittig schwerkranke Papst weniger von der Ratio als von seinem Glauben und seinem Sendungsbewusstsein getrieben werde. Obwohl man keinen Verstoß gegen die Regeln des guten Geschmacks erkennen könne, habe man ungeachtet dessen dem Beschwerdeführer einen Brief geschrieben. In diesem Brief wird dem Leser mitgeteilt, dass es dem Autor des Beitrages völlig fern lag, sich in gehässiger Weise mit dem Papst zu befassen. (2000)
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Eine Regionalzeitung wirft dem Intendanten des Stadttheaters vor, er habe die Öffentlichkeit wissentlich belogen. Er habe bei seinem Ausscheiden aus dem Amt nicht – wie der Presse mitgeteilt – einen Überschuss von 400.000 D-Mark, sondern ein Defizit von 100.000 D-Mark hinterlassen. Wenn dieser in vielem sympathische und talentierte Mann sich nicht einen minimalen Begriff von Seriosität erarbeite, werde er als Intendant scheitern. Das sei unter aller Sau gewesen, stellt das Blatt abschließend fest. Der Betroffene, inzwischen Intendant eines anderen Theaters, schickt eine Beschwerde an den Deutschen Presserat. Er werde fälschlicherweise der Lüge bezichtigt. Dies sei ehrverletzend. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf eine Presseerklärung des Intendanten, in der er mitteilt, dass bei seinem Verlassen das Theater über einen Überschuss von 400.000 Mark verfügen könne. In Kenntnis der Finanznöte von Theatern in Deutschland habe der Autor des Beitrages daraufhin recherchiert. Von der Prokuristin des Theaters habe er erfahren, sie habe den Theaterchef darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Pressemitteilung eine solche Aussage noch nicht zu treffen sei. Zudem hätten dem Autor beim Verfassen des Artikels die Ergebnisse einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgelegen. Diese habe zum Abschluss des Geschäftsjahres 1999 einen Unterdeckungsbetrag von rund 100.000 D-Mark festgestellt. Diese Feststellung sei der zuständigen Kommune und der Geschäftsführung des Theaters in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt worden. Die Zeitung teilt weiter mit, dass sie mit dem Beschwerdeführer im Rechtsstreit liege. In einem Schriftsatz ihrer Anwälte heißt es, dass es sich bei der kritisierten Passage um eine Meinungsäußerung des Autors handele. Bei der Veröffentlichung seiner Presseerklärung habe der Intendant gewusst, dass die Behauptung, er hinterlasse einen Überschuss, keinesfalls zutreffe. Er habe in der Pressemitteilung nicht deutlich gemacht, dass er sich bei der Errechnung des Überschusses auf hypothetische Zahlen verlassen habe. Bereits am Vortag der Veröffentlichung habe ihn die Personalleiterin und Prokuristin auf ausdrückliche Anfrage mitgeteilt, dass noch sämtliche Abschlussbuchungen ausstünden und deshalb noch keine verlässliche Aussage zur Höhe des möglichen Überschusses gemacht werden könnte. Die Zeitung argumentiert, der Intendant hätte zu diesem Zeitpunkt auf die Herausgabe der Pressemitteilung verzichten müssen. Er habe es nicht getan und damit vorsätzlich gehandelt. (2000)
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Die Uniformen der Polizei seien unpraktisch, unmodern, unbeliebt, unmöglich, schreibt die Landesausgabe einer Boulevardzeitung. In ganz Deutschland, stellt sie fest, fordern die Gewerkschaften der Polizei neue Uniformen. Nur der Polizeigewerkschaft des Landes scheine das egal zu sein. Der Vorsitzende des Landesbezirks wird wie folgt zitiert: „Dazu kann ich nichts sagen.“ Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Dieses Zitat sei falsch. Da die Zeitung einige Wochen zuvor Kollegen als „Prügelbeamte“ bezeichnet habe, habe die Gewerkschaft der Redaktion mitgeteilt, sie wünsche keinen Kontakt mehr mit dem Blatt. Auf die Frage des Reporters nach der Haltung der Gewerkschaft zur Frage neuer Uniformen habe er deshalb wie folgt geantwortet: „Von mir bekommen Sie keine Auskunft mehr, weder zu diesem noch zu irgend einem anderen Thema!“ Keinesfalls habe er gesagt: „Dazu kann ich nichts sagen!“ Der Sinn seiner Antwort sei dahingehend verfälscht worden, dass der Anschein entstehe, der Landesbezirk habe zu diesem wichtigen Thema keine Meinung. Dies sei falsch. In ihrer Stellungnahme räumt die Redaktionsleitung des Blattes ein, dass das Zitat nicht vollständig wiedergegeben wurde. Lächerlich sei jedoch der Vorwurf, die Zeitung wolle eine Kampagne gegen den Beschwerdeführer bzw. den Landesbezirk der Polizeigewerkschaft entfachen. Das verkürzt wiedergegebene Zitat sei wenige Tage später richtig gestellt worden. In der Richtigstellung sei wiedergegeben worden, was der Beschwerdeführer tatsächlich gesagt habe. (2000)
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