Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Autorenzeile

Verteidigungsminister Rudolf Scharping erleidet beim Besuch des Pentagons in Washington einen Unfall. In dem Moment, als das Fahrzeug des Ministers eine Sperre passiert, springt eine Stahlkappe hoch und katapultiert den Wagen etwa einen Meter hoch. Die Insassen des Fahrzeugs werden erst gegen die Decke und dann gegen die Kopfstützen der Vordersitze geschleudert. Der Minister erleidet eine Platzwunde am Kopf und Schnittwunden am Bein, wird in einem Krankenhaus behandelt. Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Schlagzeile „Scharping – 10 Sekunden Todesangst“ darüber in Wort und Bild. Autor des Beitrages ist laut Autorenzeile der Sprecher des Ministers. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er habe mit dem stellvertretenden Chefredakteur der Zeitung lediglich ein Informationsgespräch geführt. Die Autorenzeile erwecke den falschen Eindruck, dass er den Beitrag geschrieben habe, was jedoch nicht der Fall sei. Er habe die Veröffentlichung nicht einmal autorisiert. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der stellvertretende Chefredakteur habe mit dem Beschwerdeführer über den Unfall des Ministers gesprochen. Vor Beginn des Telefonats sei klar gemacht worden, dass der Sprecher des Ministers ausführlich zitiert werden würde. Ein Autorisierungsvorbehalt sei nicht vereinbart worden. Falsch sei, dass der Beschwerdeführer als Autor ausgewiesen worden sei. Es sei vielmehr so, dass lediglich die in dem Artikel enthaltenen Informationen als vom Beschwerdeführer herrührend ausgewiesen worden seien. Dieser Hinweis sei aber richtig und wahr. (2000)

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Richtigstellung

Identifizierung

Eine Wochenzeitung berichtet, „wie es einem Landwirt aus ... erging, der einen Charolais-Kreuzungsbullen an einen Metzger verkaufte, und welche Konsequenzen man aus dem Vorfall ziehen sollte.“ Züchter und Metzger liegen im Streit, weil nach der Schlachtabrechnung der Bulle am Haken ganze 358 kg gewogen haben soll. Der erfahrene Mäster hatte dagegen mit 400 kg gerechnet. Dem Beitrag ist ein Kommentar unter der Überschrift „Der Verdacht bleibt“ beigestellt. Darin wird der Verdacht eines anderen Mästers geäußert: Entweder werde nicht ordentlich gewogen oder vor der Waage werde unerlaubterweise „geschnippelt“. Der betroffene Metzger schreibt den Deutschen Presserat an. Er kritisiert, dass er durch den Bericht identifizierbar wird, da er der einzige Metzger im Umkreis ist, der noch selbst Großvieh und Schweine schlachtet. Die im Vorspann des Artikels verwendete Formulierung „erging“ suggeriere, dass der Verdacht auf Tatsachen beruhe. Zudem moniert er, dass er zu den Vorwürfen nicht gehört worden sei. Er hält schließlich den Autor für befangen, da dieser ein Schwager des in dem Artikel erwähnten Rinderzüchters sei. Aufgabe eines Fachblattes sei, auf problematische Entwicklungen hinzuweisen, gibt die Chefredaktion der Zeitschrift zu bedenken. Der Themenkomplex Preisermittlung, Schlachtabrechnungen, Preisfestsetzungen usw. sei für die Landwirtschaft von existenzieller Bedeutung. Die Redaktion dürfe diesen Bereich nicht vernachlässigen, sondern müsse allen Hinweisen nachgehen und die Landwirte über entsprechende Entwicklungen informieren. Der Autor des Artikels sei der für den Bereich der Rinderproduktion verantwortliche Redakteur. Alle Beiträge zu diesem Themenbereich seien von ihm zu erstellen oder zu redigieren. Den Vorwurf der „Vetternwirtschaft“ weise man deshalb zurück. Zur Sache habe man ausführlich recherchiert und die dabei gewonnenen Erkenntnisse veröffentlicht. Die gegensätzliche Ansicht des Beschwerdeführers sei in zwei Passagen deutlich wieder-gegeben worden. Zu seinem Schutz habe man darauf verzichtet, seinen Namen zu nennen und den Geschäftssitz kundzutun. Aus dem Text sei also nicht zu erkennen, um welchen Geschäftspartner des Landwirts es sich handele. Ungeachtet dessen habe man dem Beschwerdeführer jedoch angeboten, dass er in Form eines Leserbriefes auf die Berichterstattung reagieren könne. Dies habe er jedoch nicht getan, was man als Hinweis dafür werte, dass allenfalls darüber spekuliert wurde, wer sich hinter der Person des Metzgers verberge. (2000)

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Flugblätter

Schüler eines Gymnasiums fordern in Flugblättern die Eltern auf, gegen die Vorsitzende des Elternbeirats zu votieren. Die ehemalige Landtagsabgeordnete gehe „deplatziert und taktlos“ vor und habe ihre Kompetenzen zum wiederholten Male massiv überschritten. Eine Tageszeitung berichtet ausführlich über den Vorfall. Sie schreibt, die Vorsitzende habe den Hausmeister der Schule beauftragt, die Polizei zu rufen, als Schüler Transparente aufstellten, auf denen Schreiben der Elternsprecherin aufgezogen waren. Als ihre Wiederwahl tatsächlich gescheitert sei, habe sie laut Aussage der Schüler in deren Flugblatt neu gewählte Mitglieder bedrängt, zu ihren Gunsten auf den Sitz im Elternbeirat zu verzichten. Als letzte Möglichkeit, doch wieder in Amt und Würden zu kommen, habe die Mutter nun den juristischen Weg gewählt und die Wahl wegen begangener Formfehler angefochten. Die betroffene Frau wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Berichterstattung der Zeitung sei einseitig, verzerre Tatsachen und enthalte falsche Darstellungen. So habe sie weder Mitglieder des Elternbeirats bedrängt noch den Hausmeister beauftragt, die Polizei zu rufen. Zudem verschweige die Zeitung in dem Artikel, dass die Wahl zeitlich vor ihrer eigenen Reaktion – wegen tatsächlicher formeller Fehler – von mehreren Eltern angefochten worden sei. Die Zeitung habe auch nicht berichtet, dass sie selbst sich nicht zur Wiederwahl gestellt habe. Die Chefredaktion der Zeitung weist den Vorwurf einer fehlerhaften Recherche zurück. Die Beschwerdeführerin sei bei der Wahl des Elternbeirats im Oktober 1999 nicht mehr gewählt worden. Diese Wahl habe sie angefochten, sich aber bei einer zweiten Wahl im Dezember 1999 nicht mehr als Kandidatin aufstellen lassen. Die Chefredaktion ist der Auffassung, die Beschwerdeführerin werde durch die Veröffentlichung nicht verunglimpft. (1999)

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Leserbrief

Eine Lokalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief, der sich mit der Absetzung eines Büchereileiters beschäftigt. Der Brief ist mit einem Namen unterzeichnet, der von hinten gelesen den Namen ergibt, den der Leiter der Bücherei trägt. Der Betroffene ist sich sicher, dass der Leserbrief fingiert ist. Er ruft den Deutschen Presserat an. Die Redaktion hätte erkennen müssen, dass der Absender ein Anagramm seines Namens ist. Der Ressortleiter der Kulturredaktion erklärt, keinem Redaktionsmitglied sei dies aufgefallen. Die Redaktion habe den Brief veröffentlicht, nachdem sie sich bei der Stadtverwaltung nach der Existenz der Absenderanschrift erkundigt habe. Dass im selben Ort auch der Beschwerdeführer wohne, sei der Redaktion nicht bekannt gewesen. Nachdem sich der Büchereileiter am Erscheinungstag des Leserbriefes beim stellvertretenden Chefredakteur der Zeitung beschwert hatte, habe man am darauf folgenden Tag an gleicher Stelle eine Berichtigung veröffentlicht. (2000)

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Namensnennung bei Untreue

Vorverurteilung

„Das darf doch nicht wahr sein.“ Mit dieser Feststellung beginnt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über „dreiste Asylbetrüger aus der Türkei“, die das Land jeden Monat um 500.000 Mark „erleichtern“. Viele der falschen Libanesen seien nicht nur teuer, viele seien auch kriminell. 148 von ihnen hätten insgesamt 2.502 Straftaten begangen. Das Blatt zitiert den Innensenator, der eine Anfrage mit der Feststellung beantwortet hat, die Abschiebung der insgesamt 531 Personen koste 1,3 Millionen Mark. Aber wer die bezahlen solle, sei unklar. Folglich formuliert die Zeitung ihre Schlagzeile: „Asylbetrüger – sie kassieren jeden Monat eine halbe Million – Aber für ihre Ausweisung fehlt das Geld“. Das AntiRassismusBüro und die Flüchtlingsinitiative des betroffenen Landes schalten den Deutschen Presserat ein. Hier werde falsch und einseitig berichtet. Bislang sei kein Verdächtiger wegen Asylbetrugs verurteilt worden. Die Reaktionsleitung der Zeitung beruft sich auf eine Mitteilung des Senats, wonach es einer Ermittlungsgruppe der Polizei gelungen sei, Asylmissbrauch in großem Umfang aufzudecken. Bislang sei 531 Personen, die angegeben hatten, staatenlose Kurden aus dem Libanon zu sein, nachgewiesen worden, dass sie die türkische Staatsangehörigkeit besitzen. Über diese Feststellungen der Behörden dürfe berichtet werden. Die Auffassung, dass die Medien verpflichtet seien, dieser Feststellung durch eigene Prüfungen nachzugehen, sei absurd. (2000)

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Jugendschutz

Auf ihrer Titelseite und im Innern des Blattes berichtet eine Boulevardzeitung über einen 14-jährigen Jens, der behauptet, von seinen Mitschülern oft misshandelt zu werden. „Ich bin der Prügelknabe der ganzen Schule“, gesteht er in der Schlagzeile. Vorname und Anfangsbuchstabe seines Familiennamens sind von der Redaktion geändert. Alter, Wohnort und Schule des Schülers werden genannt. Den Beiträgen beigestellt ist jeweils ein Foto des Jungen mit einem Schal vor der unteren Gesichtshälfte. Zwei Mütter, die Klassenkameraden des 14-jährigen und die Schulsprecherin schreiben an die Zeitung, äußern ihre Betroffenheit, weisen die Anschuldigungen zurück oder ziehen sie in Zweifel. Eine der Mütter wendet sich auch an den Deutschen Presserat. Der betroffene Schüler sei identifizierbar und in eine „schlimme Rolle“ gedrängt. Die Mitschüler des Jungen behaupten, dass er lüge. Insofern habe die Zeitung ungeprüft Falschdarstellungen des Jungen wiedergegeben. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, der Vater von Jens sei von sich aus an die Redaktion mit der Bitte herangetreten, die Öffentlichkeit über die Ängste seines Sohnes zu informieren. Das Foto von Jens sei im Beisein und mit ausdrücklicher Einwilligung seines Vaters angefertigt worden. Die Recherche sei im konkreten Fall sehr gründlich gewesen und habe sich über einen langen Zeitraum erstreckt. Um die Glaubwürdigkeit des Jungen zu prüfen, habe sich der Autor teils im Beisein des Vaters, aber auch alleine mit dem Jungen unterhalten. Um ein konkretes Bild von den Ereignissen zu erhalten, sei Jens aufgefordert worden, über einen Zeitraum von einer Woche hinweg schriftlich zu dokumentieren, wie es ihm in der Schule ergeht und wie er sich fühlt. Nachdem dieses – später als „Tagebuch der Angst“ veröffentlichte – Dokument vorgelegen habe, habe man die von der Beschwerdeführerin angeblich vermisste Gegenrecherche betrieben. Dabei sei die Darstellung des 14-jährigen Jungen von einem Mitschüler, der Jens gut kennt, in vollem Umfang im Rahmen eines längeren Telefonats bestätigt worden. Bei einer danach vor Ort durchgeführten Recherche seien die Darstellungen von verschiedenen Schülern ebenfalls für richtig erklärt worden. Insbesondere hätten sie bestätigt, dass Jens häufig verprügelt werde. Selbstverständlich habe man auch die Direktorin der Schule zu den Vorgängen befragt. Sie habe sämtliche Vorwürfe, wie aus dem Artikel ersichtlich, mit einigen allgemeinen Hinweisen zurückgewiesen. Dabei habe sie der Redaktion gegenüber zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass Jens offensichtlich Unwahrheiten verbreite und z.B. ein problematischer Schüler sei. Im Anschluss an die Berichterstattung habe die Zeitung Schreiben ehemaliger Schüler erhalten, die den Inhalt des Artikels aus eigener Erfahrung bestätigten. (2000)

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Falsche Behauptungen

Eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung berichtet unter der Überschrift „Möge Allah Verstand und Vernunft geben“ über Streitigkeiten zwischen dem Auslandsinstitut einer westdeutschen Großstadt und dem örtlichen Verein zur Verbreitung der Ideen Atatürks. So habe die Leiterin des Instituts eine Schlagzeile des Vereinsblattes kritisiert und dem Verein Rassismus vorgeworfen. Des weiteren habe sie moniert, dass bei einer Veranstaltung Atatürk-Fotos und die türkische Fahne zu sehen gewesen seien. Der städtische Pressereferent legt den Vorgang dem Deutschen Presserat vor. Von Rassismus sei nie die Rede gewesen. Nicht die Schlagzeile des Vereins sei kritisiert worden, sondern der auf der Titelseite enthaltene Hinweis auf eine Kooperation mit dem Auslandsinstitut. Auch sei nicht moniert worden, dass auf der Veranstaltung Atatürk-Fotos und die türkische Fahne zu sehen gewesen seien, sondern dass während der Veranstaltung ausschließlich Türkisch gesprochen und keine andere Sprache verwendet worden sei. Des Weiteren teilt der Sprecher der Stadt mit, dass entgegen der Aussage des Artikels die Zusammenarbeit zwischen dem Institut und dem Verein nicht aufgekündigt worden sei. Eine Stellungnahme der Zeitung zu der Beschwerde geht nicht ein. (2000)

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Vergleich mit Hitler

In einer Lokalzeitung erscheint ein Leserbrief unter der Überschrift „Spendenaffäre“. Der Brief bezieht sich auf einen Artikel und einen Kommentar über die Einziehung von Schwarzgeld der CDU. Der Brief beginnt mit folgender Passage: „Schon einmal hat ein Bartträger Parteivermögen vereinnahmt. Scheinbar legal – er ließ die Parteien vorher verbieten (22.Juni 1933). Wiederum scheinbar legal (Parteiengesetz) wird diesmal die CDU durch Bundestagspräsident Thierse geschröpft“. Ein Leser der Zeitung sieht durch die Gleichstellung mit Adolf Hitler den Bundestagspräsidenten verunglimpft und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Eine Redaktion mache sich mitschuldig, wenn sie solche Leserbriefe veröffentliche. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen Schriftwechsel mit dem Bundestags-präsidenten und dessen Referenten. Man habe sich für die Veröffentlichung schriftlich entschuldigt und Wolfgang Thierse angeboten, dass er sich in einem Namensbeitrag zu dem Inhalt des Leserbriefes äußern könne. Herr Thierse sehe jedoch die Angelegenheit als erledigt an und verzichte auf einen eigenen Beitrag. Insofern sei auf die Beschwerde des eigentlich Betroffenen zu dessen Zufriedenheit reagiert worden. Einer Anregung des Presserats folgend will die Chefredaktion Kontakt auch mit dem Beschwerdeführer aufnehmen und ihm den Schriftverkehr mit Bundestagspräsident Thierse zur Kenntnis geben und erläutern. (2000)

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