Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Kampfhunde

Die Diskussion über Kampfhunde sowie geplante und bereits umgesetzte Verbote entsprechender Haltung sind das Thema einer Reihe von Artikeln in einer Boulevardzeitung. In einem Beitrag unter der Überschrift „Berlin verbietet Kampfhunde“ informiert die Zeitung ihre Leserinnen und Leser, dass Berlin die gefährlichen Beißer verbietet. Unter der Überschrift „Pitbull zerfetzte ihre Pulsader“ behauptet das Blatt eine Woche später, dass der Senat in Berlin bereits ein Verbot für 15 Kampfhunderassen beschlossen habe. Ein Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Artikelreihe verschiedene falsche Tatsachen behaupte. So sei die Nachricht, dass Berlin Kampfhunde verbiete, frei erfunden. Es gebe zwar ein entsprechendes Vorhaben der SPD. Diesem Plan hätten aber andere Parteien eine eindeutige Absage erteilt. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Sie sei mit falschen Daten angereichert worden, um die Behauptung zu halten, die Zeitung habe mehrfach falsch berichtet. Auf Anfrage teilt das Presse- und Informationsamt des Landes Berlin dem Presserat mit, dass der Senat am 4. Juli 2000 eine Sofortverordnung über das Halten und Führen von Hunden erlassen habe. Eine Woche später, am 11. Juli 2000, habe ein Gesetzentwurf über das Halten und Führen von Hunden im ersten Durchgang den Senat passiert. Dieser Gesetzentwurf liege nun dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme vor, um danach in das Abgeordnetenhaus eingebracht zu werden. Zum Zeitpunkt der beiden Veröffentlichungen im April habe es jedoch in Berlin kein Verbot für Kampfhunde gegeben. Zu diesem Zeitpunkt habe lediglich ein Auftrag des Abgeordnetenhauses zur Überarbeitung der Hundeverordnung vom November 1998 vorgelegen. Dieser Entwurf sei der Presse aber nicht vorgestellt worden. (2000)

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Interview

In einer Wochenzeitung erscheint ein Interview mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter einer Fernuniversität über die Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Art und Weise, wie dieses Interview zu Stande gekommen ist. Der Autor habe sich ihm als Mitarbeiter der – nicht einer – „Berliner Wochenzeitung“ vorgestellt und um ein Interview mit seinem Vorgesetzten gebeten. Da sich dieser jedoch gerade in Urlaub befand, habe er sich selbst zu den Fragen des Journalisten geäußert und das Interview auch gegenüber der „Berliner Wochenzeitung“ autorisiert. Das ihm dazu vorab gefaxte Manuskript enthält allerdings keinen Hinweis auf die Herkunft mit Ausnahme der Faxnummer. Dass seine Wahlanalyse in einer anderen als in der vermeintlichen Wochenzeitung erschienen ist, erfährt er erst anhand eines Belegexemplars. Diesem Blatt, so schreibt er dem Presserat, hätte er nie ein Interview gegeben, da er bereits die Verbindung seines Namens mit dieser Zeitung geradezu als rufschädigend ansehe. Auch sein Vorgesetzter habe zuvor ein Interview mit Vertretern dieser Zeitung abgelehnt. Der Geschäftsführer der Wochenzeitung trägt vor, es gebe in seinem Blatt grundsätzlich keine Interviews, die nicht vom Interviewpartner autorisiert worden seien. So habe es sich auch im vorliegenden Fall verhalten. In einer eidesstattlichen Versicherung schildert der Mitarbeiter, der das Interview mit dem Wissenschaftler geführt hat, die näheren Umstände des Zustandekommens des Interviews aus seiner Sicht. Er habe sich der Telefonvermittlung des Instituts mit seinem Namen und dem Namen seiner Zeitung vorgestellt und um ein Gespräch mit dem Institutsleiter gebeten. Statt dessen habe sich aber überraschend der Beschwerdeführer gemeldet. Der Autor räumt ein, dass es durchaus möglich sei, dass er sich dem Mitarbeiter des Professors nicht mehr vorgestellt habe, da er ihn ja auch gar nicht habe sprechen wollen. Der Betroffene habe sich sofort ohne weitere Nachfrage sehr entgegenkommend bereit erklärt, als Vertretung für seinen Vorgesetzten ein Interview zu geben, da dieser verreist sei. Der Text sei dem Interviewpartner am nächsten Tag zur Ansicht gefaxt und von diesem ordentlich autorisiert worden. Da es sich bei dem gefaxten Text um ein Arbeitspapier gehandelt habe, habe er es nicht für nötig gehalten, einen Kopfbogen der Zeitung zu verwenden. Schließlich kennzeichne das Faxgerät ja alle Ausgänge sowieso automatisch. Dass die Faxkennung in dieser Woche ausgefallen war, sei ihm nicht bekannt gewesen. Der Autor sieht es als seinen moralischen Fehler an, gegenüber dem Beschwerdeführer nicht nachdrücklich auf Klärung der Situation bestanden zu haben. Allerdings sehe er sich als sachlich unschuldig, da keinerlei Täuschungsabsicht bestanden habe. Da der Beschwerdeführer keinerlei Fragen mehr gestellt habe, habe er davon ausgehen können, sein Gesprächspartner sei durch seine Sekretärin ausreichend informiert worden. (2000)

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Bombenattentat

Am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn explodiert eine umgebaute, alte Handgranate. Sie verletzt zehn russische Aussiedler schwer. Eine Frau verliert ihr Baby. Unter der Überschrift „Düsseldorfer Terroranschlag – war er’s?“ berichtet eine Boulevardzeitung über die Festnahme eines Verdächtigen. Sie nennt seinen Vornamen und abgekürzten Nachnamen, veröffentlicht sein Foto, macht jedoch vorher sein Gesicht unkenntlich, zeigt die Ansicht seines Militarialadens und gibt die Adresse an. In einer Skizze wird dargestellt, wie nahe beieinander Wohnung und Ladengeschäft des Beschuldigten sowie Tatort liegen. Die Zeitung behauptet, der Mann sei unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen worden und zitiert einen PDS-Ratsherrn, der den angeblichen Täter als „rassistischen Amokläufer“ bezeichnet. Die Anwältin des Betroffenen legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Durch die Veröffentlichung der detaillierten Angaben sei das Persönlichkeitsrecht ihres Mandanten verletzt worden. Für die Bezeichnung „rassistischer Amokläufer“ gebe es keine Belege. Zudem sei der Mann nicht unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen worden. Insgesamt erkennt die Anwältin in der Veröffentlichung eine Vorverurteilung. Die Redaktionsleitung stellt fest, noch heute werde gegen den Beschwerdeführer wegen des Bombenattentats ermittelt. Die Verdachtsmomente der Staatsanwaltschaft rechtfertigten es, sich mit der Person des Verdächtigen zu beschäftigen. Wenn sich Personen mit öffentlichen Ämtern dazu äußern, könne es nicht in Frage gestellt werden, dass in den Medien diese Äußerungen wiedergegeben werden. Die von dem Ratsmitglied getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer sei ein „rassistischer Amokläufer“, sei eine durchaus zulässige Meinungsäußerung. Das gleiche gelte für die Behauptung, der Betroffene sei unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen worden. Die Presse dürfe in diesem Fall auf die Richtigkeit der Angaben durch einen Ratsherrn vertrauen. Dass der Betroffene in seinem Militarialaden Waffen verkaufe, werde in der Beschwerde nicht bestritten. Es werde lediglich kritisiert, dass die Zeitung nicht bewusst berichtet habe, es handele sich nicht um „scharfe“ Waffen. Schließlich sei es notwendig gewesen, den Zusammenhang zwischen dem Tatort und dem Aufenthaltsgebiet des Beschuldigten darzustellen. (2000)

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Namensnennung bei Industriespionage

Unter der Überschrift „Verrat unter Freunden“ berichtet eine Wochenzeitung über das Ausforschen einer Windenergieanlage durch drei angebliche Industriespione. Die drei Personen werden namentlich genannt. In einer Passage des Textes heißt es: „Das Spionagetrio ging in die Bodenstation, setzte das Sicherheitssystem außer Kraft und rief, nachdem ein Code eingegeben wurde, Displays ab. Dann stellten sie die Maschine ab. Die 40 Meter großen Rotorblätter kamen zum Stehen. Jetzt erst wagten die drei den Aufstieg zur Kabine an der Spitze des Windrades, dort, wo sich das Herzstück der E-40 befindet. ‚Wir verbrachten über 60 Minuten da oben, redeten über die Maschine und machten Fotos‘.“ Einer der drei, Physiker und Meteorologe, legt den Bericht dem Deutschen Presserat vor. Er ist der Ansicht, dass die Nennung seines Namens nicht gerechtfertigt war. Zudem habe er keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme erhalten. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Namensnennung für zulässig. Bereits drei Jahre zuvor sei der Beschwerdeführer in zwei Artikeln einer Lokalzeitung der Region mit vollem Namen genannt worden. Der Betroffene habe sich zu einer der beiden Veröffentlichungen mit einer Gegendarstellung unter vollem Namen geäußert. Im übrigen werde er auch in dem Buch „Marktplatz der Diebe“ von Udo Ulfkötte namentlich erwähnt. Darüber hinaus habe der Autor des Textbeitrages vor dessen Veröffentlichung im Fernsehen einen Beitrag publiziert, in dem er den Beschwerdeführer vor der Kamera zu den Vorwürfen gegen ihn befragt. Der Beschwerdeführer habe zwar nicht Stellung nehmen wollen, aber gegen seine Befragung aber auch nichts unternommen. Da der Autor des Zeitungsartikels mit dem des Fernsehbeitrages identisch sei, hätte der Beschwerdeführer somit auch Gelegenheit zu einer Stellungnahme gehabt. Von einer einseitigen Berichterstattung könne daher keine Rede sein. (1999)

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Vorwurf des Missbrauchs öffentlicher Mittel

Eine Regionalzeitung erfährt, dass die Kreistagsfraktion der CDU der Beratungsstelle eines Vereins gegen sexuelle Gewalt an Frauen und Kindern einen Zuschuss von 90.000 Mark streichen will. Sie berichtet darüber unter der Überschrift „Missbrauchen die Schützer die Opfer?“ und stellt einleitend fest, dass der Kreis damit ein Tabuthema anpackt. Wörtlich heißt es: „Die bunte Vielfalt der Kinder- und Frauenberatungsstellen soll ihre wirkliche Leistung öffentlich unter Beweis stellen. Mit sechsstelligen Summen werden die aus dem Kreistopf unterstützt – und da gibt’s einen bösen Verdacht: Beraterinnen und Berater nutzen Gewalt in Familien und Beziehungen erst mal zur Sicherung ihrer eigenen Arbeitsplätze.“ Der betroffene Verein ist der Ansicht, dass der Beitrag falsche und ehrverletzende Behauptungen über seine Mitarbeiter enthält, und legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion trägt vor, dass der Autor des Beitrages in Schlagzeile und Text lediglich Tatsachen darstelle und analysiere. Die zentrale Frage, die sich aus der Recherche ergeben habe, sei dem Bericht vorangestellt und konsequenterweise mit einem Fragezeichen versehen. Unter Berufung auf den Fraktionsvorsitzenden der CDU und weitere Recherchen im Jugendamt schreibe der Autor, dass der genannte Verein im Gegensatz zu zwei anderen Beratungsstellen die Bedeutung seiner Arbeit nicht mit Bilanzen belegen könne. Mit Entschiedenheit weist die Chefredaktion die Vorhaltungen der Beschwerdeführer zurück, dass durch die Berichterstattung die Mitarbeiter des Vereins mit Sexualstraftätern verglichen und diesen gleichgestellt würden. (2000)

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Kannibalismus

Unter der Überschrift „Die Schlächter von Borneo“ dokumentiert eine Zeitschrift in Wort und Bild die grausamen Riten archaischer Kopfjäger. Bei den jüngsten ethnischen Ausschreitungen zwischen Einwanderern und Ureinwohnern habe Indonesien unvorstellbare Gräueltaten erlebt, stellt die Zeitschrift einleitend fest. Folter, Mord und Kannibalismus seien an der Tagesordnung gewesen. Schockierende Fotos des australischen Autors belegen den Text. Eine der Unterzeilen lautet: „Köpfe liegen herum, die Augen geschlossen, den Horror des letzten Augenblicks für die Ewigkeit festgehalten.“ In einer anderen wird festgestellt: „Der Geruch von totem Fleisch nimmt uns den Atem, wir müssen würgen. Ein Toter liegt da, ohne Innereien.“ Ein Leser beklagt sich darüber beim Deutschen Presserat. Er kritisiert die Veröffentlichung der Fotos, welche die Menschenwürde verletzten und Gewalt sowie Brutalität in unangemessen sensationeller Form darstellten. Die Chefredaktion der Zeitschrift äußert ihr Befremden über die Beschwerde. Sie ist der Ansicht, ein wichtiges aktuelles Thema adäquat dokumentiert zu haben: Journalistisch einwandfrei recherchiert und bildlich festgehalten von einem Fotoreporter, dessen Renommee außer Zweifel stehe. Es sei unstrittig, dass es sich hier um Vorgänge unvorstellbarer Grausamkeit handele. Man halte es aber für falsch, wenn Journalisten deshalb die Augen vor einem solchen Thema verschließen oder es durch eine weniger drastische Bildauswahl verharmlosen würden. Neben den gedruckten Bildern belegten zahlreiche weitere, zum Teil noch erheblich grausamere Darstellungen des „Kannibalismus“ die Authentizität des Berichtes. Man habe sich erst nach mehreren Diskussionen in der Redaktion entschlossen, die Reportage zu drucken. Auf Nachfrage teilt das Institut für Asienkunde in Hamburg dem Presserat mit, dass die Fakten, die in dem Beitrag dargelegt sind, grundsätzlich der Wahrheit entsprechen. Es handele sich um kurzzeitliche Gewaltausbrüche, die aller Kenntnis nach von interessierten Gruppen bewusst ausgelöst worden seien. Kannibalismus sei dabei in Einzelfällen durchaus möglich, wenngleich auch nicht üblich. Ob es sich um einen realen oder rituellen Kannibalismus handele, könne davon abhängen, wie viel dafür geboten worden sei. Die Vorgänge, welche der Beitrag schildere, seien allerdings auf Borneo keineswegs an der Tagesordnung. Das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle/Saale kann eine befriedigende Antwort auf die Fragen des Presserats auch nicht geben, ist aber ziemlich überzeugt davon, dass die Fotos echt sind, und hält auch die im Text gegebene Beschreibung im Allgemeinen für plausibel. Es scheine durchaus wahrscheinlich, dass tatsächlich Köpfe abgeschlagen, Menschen aufgeschlitzt und ihnen Organe entnommen worden seien. Das Institut verweist auf ähnliche andere Erfahrungen. Ob daraus jedoch auf einen häufigen Kannibalismus geschlossen werden könne, sei eine andere Frage. Die Bildunterzeilen seien dramatisierende Feststellungen, die im Text nicht dokumentiert worden seien. Im Ergebnis sei die Grenze zu einem nicht mehr vertretbaren Journalismus jedoch nicht überschritten. Die Pressestelle des Auswärtigen Amtes teilt dem Presserat mit, dass die in dem Artikel aufgestellte Behauptung, es habe im vergangenen Jahr Fälle von Kannibalismus oder Kopfjägerei durch Dayak auf Borneo gegeben, sich nicht erhärten lasse. Den dargestellten Sachverhalt könne man natürlich nicht völlig ausschließen, er werde aber durch die dem Auswärtigen Amt bekannten Fakten nicht gestützt. In einer beigefügten Stellungnahme der Deutschen Botschaft in Jakarta heißt es, es habe im Zeitraum von Dezember 1996 bis Februar 1997 Unruhen zwischen einheimischen Suku Dayak und zugewanderten Suku Madura gegeben. Dabei solle es in diesem Zeitraum vereinzelt zu Kopfjagd durch die Dayak gekommen sein. Kannibalismus im engeren Sinne sei dabei nicht beobachtet worden, wohl aber der rituelle Verzehr des Blutes der getöteten Opfer. (2000)

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Polizeibericht

Unter der Überschrift „Die Polizei schlug wieder zu – Schämt Euch!“ berichtet eine Boulevardzeitung über das stundenlange Martyrium eines jungen Mannes, der in der Silvesternacht mit einem Bekannten gerangelt hatte und dabei von Polizeibeamten aufgegriffen worden war. Der Junge sei, schreibt die Zeitung, das jüngste Opfer von stadtbekannten Prügelbeamten. Er sei gefesselt zur Wache gebracht und dort bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen worden. Im Krankenhaus seien später Schädelbasisfraktur, Schädelhirntrauma, geplatztes Trommelfell, Platzwunden am Kopf und im Gesicht sowie Würgemale am Hals diagnostiziert worden. Die Gewerkschaft der Polizei nimmt die Berichterstattung zum Anlass, sich beim Deutschen Presserat zu beschweren. Der Beitrag sei einseitig und vorverurteilend. Er erwecke den Eindruck, als würde die Polizei in der genannten Stadt permanent zuschlagen. Die Behauptung, der betroffene Junge sei das jüngste Opfer von stadtbekannten Prügelbeamten, wecke bei vielen Lesern den Eindruck, es gebe bei der Polizei Schläger, die in der ganzen Stadt bekannt seien und von Polizeiführung und Politik gedeckt würden. Die Leitung der Redaktion bleibt dabei: Der Vorfall sei so, wie berichtet, abgelaufen. Die Aufforderung „Schämt Euch!“ sei keineswegs generell an alle, sondern nur an die betroffenen Polizeibeamten gerichtet. Auch der Ausdruck „Prügelbeamten“ sei nicht verallgemeinernd verwendet worden. Die Feststellung „Die Polizei schlug wieder zu“ sei darauf zurückzuführen, dass es bereits zu Beginn des Jahres einen vergleichbaren Vorwurf gegen Polizeibeamte gegeben habe. Damals seien zwei Touristen die Opfer gewesen. Die Redaktionsleitung legt schließlich den Bericht einer anderen Zeitung über den selben Vorfall vor, der in der Darstellung mit der Schilderung im Boulevardblatt im wesentlichen übereinstimmt. (2000)

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Nationalität eines Verdächtigen

Eine Regionalzeitung informiert ihre Leserinnen und Leser über einen Mord: Ein 29-jähriger Türke betritt die Teestube eines türkischen Kulturvereins, setzt wortlos eine Pistole an den Hinterkopf eines 38-jährigen Landsmanns, streckt diesen mit fünf Schüssen nieder und stellt sich der Polizei. Nach Angaben der Kriminalpolizei habe der Täter seit Jahren vorgehabt, seinen Kontrahenten umzubringen – wegen Differenzen am ehemals gemeinsamen Arbeitsplatz. Am folgenden Tag präzisiert die Zeitung den Tathergang. Die Obduktion der Leiche habe ergeben, dass der Täter insgesamt sieben Schüsse abgegeben habe. Ein Leser der Zeitung reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Der Verdächtige sei zwar türkischer Abstammung, besitze aber die deutsche Staatsbürgerschaft. Dies habe er bei der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage erfahren. Die Zeitung habe demnach falsch berichtet und diskriminiert. Sie habe ihren Lesern bewusst vorenthalten, dass es sich bei dem Beschuldigten um einen deutschen Staatsbürger handele. Die Chefredaktion der Zeitung berichtet, in sämtlichen Auskünften von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft gegenüber dem recherchierenden Redakteur sei durchweg von „Türken“ gesprochen worden, in Bezug sowohl auf den Täter als auch auf das Opfer. Auch direkt am Tatort hätten sich Augenzeugen und Angehörige von Täter und Opfer in der selben Weise geäußert. Von niemandem sei ein einziger Hinweis gekommen, dass der Täter einen deutschen Pass besitze. Aus diesen Gründen weise man die Unterstellung des Beschwerdeführers, man habe eine ethnische oder nationale Gruppe absichtlich diskriminiert, nachdrücklich zurück. Die Berichterstattung beruhe auf seriösen Recherchen nach bestem Wissen und Gewissen. Auf Anfrage übersendet die zuständige Staatsanwaltschaft dem Presserat den Personalbogen des Verdächtigen, in dem als Staatsangehörigkeit „deutsch“ angegeben ist. (2000)

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Volkes Meinung

Eine Lokalzeitung veranstaltet ein Forum. Die Diskussion dreht sich um das geplante Hafenprojekt der Stadt. Im Bericht darüber ist die folgende Passage enthalten: „Das Ergebnis der über dreistündigen Veranstaltung: Das ... Hafenprojekt wird wohl von allen Menschen in dieser Stadt und Region getragen. Es war niemand auszumachen, der öffentlich bekannt hat: Nein, ich will den JadeWeserPort nicht, ich bin gegen den Bau des großen Hafens“. Ein Leser hält die Darstellung der Zeitung in diesem Beitrag und auch in weiteren Veröffentlichungen für verzerrt und einseitig. Er beklagt sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, sie berichte ausführlich und kontinuierlich auch über die Arbeit der hafenkritischen Bürgerinitiative. Tatsächlich sei es im übrigen so, dass die Pläne für den „JadeWeserPort“ in der Region von einer überwältigenden Mehrheit getragen und unterstützt würden. In dem Titelseitenbericht über den Verlauf des Forums einen Tag nach der Veranstaltung sei nahezu die Hälfte des Raumes den kritischen Nachfragen zum Thema gewidmet worden. Man könne vielleicht über den Satz streiten, in dem es heiße, das Hafenprojekt werde „wohl von allen Menschen in dieser Stadt und Region getragen". Richtig sei allerdings, dass in der Tat – wie in dem Bericht korrekt dargestellt – niemand in der Veranstaltung aufgestanden sei und erklärt habe: „Ich will den JadeWeserPort nicht“. Es habe zwar kritische Anmerkungen und Nachfragen zu einzelnen Aspekten des Vorhabens gegeben, aber keine ausdrücklich formulierte Grundsatzablehnung des Projektes. (2000)

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Einseitige Darstellung

Eine Mutter erstattet Strafanzeige gegen die Klassenlehrerin ihrer Tochter wegen Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener. Diese soll ihren Schülern untersagt haben, während des Unterrichts die Toilette aufzusuchen. Wer es dennoch tue, müsse mit einer Strafarbeit rechnen. Eine Boulevardzeitung nimmt sich des Falles an und berichtet darüber aus der Sicht der Mutter. Diese glaube, dass die Schikanen der Lehrerin schlechte Noten bei mittelmäßigen und sensiblen Schülern verursachen. Ihre Tochter habe bereits eine Nierenschädigung. Zum Schluss wird der Rektor der Schule zitiert. Er stelle sich vor die Lehrerin und ärgere sich, dass das Problem auf diesem Weg gelöst werden müsse. Die betroffene Lehrerin, die in dem Artikel mit Vornamen und abgekürztem Nachnamen genannt wird, bittet den Deutschen Presserat um Prüfung der Veröffentlichung. Sie glaubt, dass sie durch die Berichterstattung identifizierbar werde. Sie kritisiert ferner, dass sie von der Zeitung zu dem Vorgang nicht befragt worden sei. Das Verbot, während des Unterrichts die Toilette aufzusuchen, existiere zwar. Die Tochter der Beschwerdeführerin habe jedoch Monate vor Erscheinen des Artikels bereits eine Ausnahmegenehmigung von der Regelung erhalten. Die Redaktionsleitung der Zeitung betont, es sei Tatsache, dass die Lehrerin ihren Schülern generell keine Erlaubnis erteilt, während des Unterrichts die Toilette aufzusuchen. Dieses generelle Verbot bestreite sich auch nicht. Zudem räume sie ein, dass die Mutter der betroffenen Schülerin Strafanzeige wegen Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener erstattet habe. Dies genau deshalb, weil die Beschwerdeführerin ihrer Tochter nicht die generelle Erlaubnis erteilt habe, die Toilette aufzusuchen, wenn sie es für erforderlich halte. Die Beschwerdeführerin bestreite auch nicht, dass sie die Kinder mit Strafarbeiten belegt habe. Auch die Schulleitung bestreite das Verbot nicht. Gegenüber der Zeitung habe der Rektor keineswegs erklärt, dass das Verbot, die Toilette aufzusuchen, aufgehoben sei. Wenn die Beschwerdeführerin anführe, sie sei nicht befragt worden, so liege das neben der Sache. Die Redaktionsleitung sieht auch keinen Verstoß darin, dass die Schule genannt wurde. Im Hinblick auf den Vorgang hätte verhindert werden müssen, dass möglicherweise eine andere – nicht betroffene – Schule hätte in Frage kommen können. (2000)

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