Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Unter der Überschrift “Mörder-Wahn” kommentiert eine Lokalzeitung den Amoklauf eines Türken, dem sieben Menschen zum Opfer fallen. In dem Beitrag ist folgende Passage enthalten: “Was kaum wahrgenommen oder bewusst verdrängt wird: Mitten in unserem wohl nur noch ehemals christlichen Abendland breitet sich eine fremde, waffenstrotzende ‚Kultur der Rache‘ aus wie einst die Pest. Sogar ganze Familien werden buchstäblich hingerichtet. (...) Was alles muss eigentlich passieren, damit etwas Wirksames dagegen geschieht?” Eine Leserin nimmt Anstoß an diesen Formulierungen und wendet sich an den Deutschen Presserat. Sie ist der Meinung, dass der Beitrag Vorurteile schürt. Die Kernaussage sei so zu verstehen, dass sich in Deutschland eine große Gefahr ausbreitet, die von den Türken (oder Moslems) ausgeht, weil diese eine “Kultur der Rache” propagieren und sich durch Waffenanhäufung darauf einrichten, andere Menschen zu töten. Die benutzten sprachlichen Mittel sollten Ängste vor der Bedrohung schüren. Der Vergleich “wie die Pest” assoziiere tödliche Gefahr, flächendeckende Ausbreitung und Ohnmacht mit der “Kultur der Rache”. Die Chefredaktion der Zeitung führt dazu in ihrer Stellungnahme aus, dass sich in zahllosen Fällen schwerer Kapitalverbrechen namentlich Täter aus dem islamischen Kulturkreis in Vernehmungen immer wieder ausdrücklich auf ein “Recht der Rache” berufen. Immer wieder müsse die Presse in Deutschland über Verbrechen berichten, die von einer besonderen Brutalität und Menschenverachtung vor allem von Tätern aus islamischen Herkunftsländern zeugen. Die Medien seien verpflichtet, über die Entwicklungen und unabweisbar bestehenden Bedrohungen des sozialen Friedens und der inneren Sicherheit zu berichten. (1999)
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In Räumen sei die Luft oft schlechter als an einer Straßenkreuzung, behauptet eine Boulevardzeitung und beschreibt unter der Überschrift “Giftige Luft – Gefahr auch in den eigenen Wänden” die Gesundheitsgefährdung durch Raumluft. In dem Artikel wird eine Studie des Bundesgesundheitsamtes erwähnt. Danach untersuchten die Wissenschaftler 24 Kubikmeter Staub aus insgesamt 3.000 Wohnungen in ganz Deutschland und sammelten mehr als 20.000 Daten über den Zustand der Wohnräume und der Luft. Ein Leser des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Das Bundesgesundheitsamt existiere seit 1995 nicht mehr. Die Nachfolgeorganisationen wüssten nichts über die in dem Artikel erwähnte Studie. Durch den Beitrag würden die Leser verunsichert. Die Redaktion habe ihm gegenüber bereits eingeräumt, dass sie in der Berichterstattung Fehler gemacht habe. Der Zeitungsverlag erklärt, der fragliche Artikel beruhe auf mehreren Quellen. Insbesondere sei hier das Buch “Hausstaub-Allergien” von Prof. Dr. Wilfried Diebschlag zu nennen. Darin sei auf Seite 108 z.B. erwähnt, dass die Raumluft unter Umständen nach einem Saugvorgang sehr viel stärker mit Alveolar-gängigem Feinstaub und allergenen Partikeln belastet sein könne als vor dem Saugen. Es stimme, dass das Bundesgesundheitsamt inzwischen aufgelöst worden sei. Doch gebe es die fragliche Untersuchung tatsächlich. Eine Firma, die Luft- und Raumreinigungsgeräte herstelle, habe die Redaktion entsprechend informiert. Auch in den aktuellen Unterlagen dieser Firma werde noch über die Studie des Bundesgesundheitsamtes berichtet. (1999)
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Unter der Überschrift „Unterricht im Land Bremen am besten“ veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Beitrag, der auf einer Agenturmeldung basiert. Darin heißt es, den Bremer Schülern werde der bundesweit beste Unterricht geboten. Ein Leser legt die Meldung als Beispiel fahrlässigen Umgangs mit der Wahrheit dem Deutschen Presserat vor. Er kritisiert die nach seiner Ansicht falsche Überschrift. Die Aussage der Studie, dass die Versorgung mit einem umfangreichen Stundenplan nichts über die Qualität des Unterrichts aussage, werde dem Leser vorenthalten. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass die Überschrift aus dem ersten Satz der Agenturmeldung formuliert wurde und sie diesen korrekt wiedergibt. Aus dem vierten Satz der Agentur-Meldung gehe deutlich hervor, in welchem Sinn die Wertung des ersten Satzes zu verstehen sei. Der vierte Satz laute nämlich wie folgt: „In Bremen wird der Studie zufolge den Schülern an allgemein bildenden Schulen der umfangreichste Stundenplan präsentiert und die Lehrer haben – nach ihren saarländischen Kollegen – die höchsten Stunden-Deputate zu bewältigen.“ Die Chefredaktion der Nachrichtenagentur erklärt, die kritisierte Meldung halte sich im Tenor eng an den Pressedienst des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Darin werde ausgeführt, es gebe bisher kein Verfahren, mit dem die Qualität und Effizienz des Bildungssystems beurteilt werden könne. Als Alternative sei ein „Ranking“ entwickelt worden, mit dem Aussagen über die aktuelle Versorgungsqualität getroffen werden könnten. (1999)
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Eine Regionalzeitung informiert ihre Leser, dass ein 31jähriger Türke seine Lebensgefährtin in der gemeinsamen Wohnung getötet hat. Der Mann habe sich selbst gestellt, zunächst einen Unfall vorgegeben, dann aber die Tat gestanden. Weder zum genauen Tathergang noch zum Motiv hätten sich Polizei und Staatsanwaltschaft bislang geäußert. Ein Leser führt Beschwerde beim Deutschen Presserat. In dem Beitrag seien keine Hinweise zu finden, welche die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Nationalität des mutmaßlichen Täters und dem ihm zur Last gelegten Delikt rechtfertigen. Die Chefredaktion der Zeitung beruft sich darauf, dass der Bericht keine Fremdenfeindlichkeit schüren wolle, sondern objektive Tatbestände schildere. (1999)
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Eine Lokalzeitung kommentiert den Umgang des Gemeinderates mit den Hunden im Ort: „Erst haben die Gemeindevertreter in mehreren Sitzungen darüber debattiert, auf welche Weise man die Besitzer deutlicher schröpfen kann. Jetzt beschließen sie in einer Satzung auch noch die Anleinpflicht auf öffentlichen Gehwegen.“ In der Debatte darüber habe sich eine Grünen-Abgeordnete, so die Zeitung, erneut als gehässige Hundefeindin geoutet. Wörtlich habe sie gesagt: „Wenn der Hund frei auf der Straße läuft, dann hoffe ich, dass er von einem Auto überfahren wird.“ Die genannte Kommunalpolitikerin beschwert sich daraufhin beim Deutschen Presserat. Das Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Die Formulierung „gehässige Hundefeindin“ sei diffamierend. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, dass der Zwischenruf wörtlich richtig wiedergegeben wurde. Die Beschwerdeführerin versuche auch gar nicht, einen anderen Wortlauf geltend zu machen, geschweige denn zu belegen. Auch in der Beschwerde spreche sie nur davon, dass das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen worden sei. Die Bewertung des Autors, die Abgeordnete habe sich „erneut“ als gehässige Hundefeindin geoutet, gehe auf eine Debatte in einer früheren Sitzung des Gemeindeparlaments zurück. Damals habe sich die – wie heute – aus denselben zwei Köpfen bestehende Fraktion der Grünen eindeutig für eine Luxussteuer für Hundebesitzer ausgesprochen und bekräftigt: „Bei denen können wir uns Geld holen“. Bei der Aufklärung des Sachverhalts stößt der Presserat auf einen Leserbrief, der im letzten Absatz folgende Passage enthält: „Jedes tierische Geschöpf auf unserem Planet hat vermutlich mehr Verstand als diese Frau, die sich auch noch Politikerin schimpft und sich auch noch zu einer solch dummen herzlosen Aussage hinreißen lässt.“ Das Gremium ist der Ansicht, dass diese Passage möglicherweise eine ehrverletzende Behauptung im Sinne von Ziffer 9 des Pressekodex darstellen könnte, und bittet die Chefredaktion um eine ergänzende Stellungnahme in diesem Punkt. Diese antwortet, der Schreiber des Leserbriefes habe zwar sehr kritisch reagiert und drastisch formuliert, seine Reaktion sei aber vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt, da die Aussage relativierend eingeschränkt werde. Es handele sich mithin um keine Schmähkritik, denn der Autor formuliere seine Kritik als Vermutung, die sich an eine Politikerin und nicht an eine Privatperson richte. Gleichzeitig werde der Beschwerdeführerin in dem Brief zu Gute gehalten, dass sie sich habe hinreißen lassen. Insgesamt ist die Zeitung der Ansicht, dass es einem Leser erlaubt sein muss, auf drastische Äußerungen mit einem drastischen Leserbrief zu antworten. (1999)
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Eine Boulevardzeitung schildert chaotische Zustände in einer städtischen Klinik, die sie „Deutschlands Randale-Krankenhaus“ nennt. Fast jede Woche gebe es Diebstähle und Schlägereien. Eine Hebamme sei bei der Entbindung gewürgt worden. In einem Aufenthaltsraum habe ein Familienclan auf einem Campinggerät ein Lamm gegrillt. In der Notaufnahme torkelten Betrunkene umher. Und der Klinikpark sei das Revier von Kampfhunden und Mountainbikern. Die Zeitung berichtet, dass ab sofort Sheriffs mit Schlagstock durch das 1.100-Bettenhaus patrouillieren. Die Verwaltungsdirektion der Klinik kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass durch den Beitrag der Eindruck entstehe, kriminelle Handlungen seien in dem Krankenhaus an der Tagesordnung. Dies sei jedoch nicht öfter der Fall als in anderen Häusern. Die Redaktionsleitung behauptet, der Beschwerdeführer könne keinen der dargestellten Fälle als falsch bezeichnen. Er kritisiere aber, dass die Aneinanderreihung der Vorfälle ein verfälschendes Bild schaffe. Dabei übersehe er allerdings, dass die in der Berichterstattung mitgeteilten Vorfälle die Klinikleitung veranlasst haben, einen Wachdienst einzurichten. Dies sei entscheidend. (1999)
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Ein Stadtmagazin stellt in großformatigen Fotos unter dem Motto „Halloween – Die Nacht des Grauens“ neue Mode vor. Aufgeschlitzte, erschlagene oder blutüberströmte Mädchen präsentieren in leblosen Posen Kleidung, Wäsche, Schmuck oder Kontaktlinsen. In den Unterzeilen wird auf die Hersteller der Ausstattung hingewiesen. Die Modefotos seien an Grausamkeit kaum zu überbieten, findet eine Leserin. Sie seien brutal und zynisch. Gewalt werde verharmlost. Das Spiel mit dem Horror, die Lust am Entsetzen, die diese Fotos widerspiegeln, ließen sich nicht durch ästhetische Gesichtspunkte bzw. das Thema „Halloween“ verharmlosen oder gar rechtfertigen. Diese Art der Bagatellisierung von Schwerverbrechen an unschuldigen Opfern als „modischer Kick“ verhöhne grausam ermordete Mädchen und deren Familien. Die Leserin erinnert an spektakuläre Kriminalfälle und ruft den Deutschen Presserat an. Die Redaktion erklärt, Intention des Fotografen sei es gewesen, den auf keltische Rituale zurückgehenden Halloween-Kult künstlerisch-anspruchsvoll und ästhetisch-ungewohnt umzusetzen. Als Aufmachermotiv habe er dazu einen ausgehöhlten Kürbiskopf gewählt, der – ergänzt durch Dialogauszüge aus dem Horror-Klassiker „Halloween – Die Nacht des Grauens“ – eindeutig auf das Thema „Halloween“ hinweise. Ein Bezug zu spektakulären Kriminalfällen der jüngsten Zeit sei daher auf keinen Fall gegeben. Bedingt durch die surreale Art der Fotografie werde deutlich, dass die Fotostrecke nicht die Realität abbilden oder gar zur Nachahmung animieren möchte, sondern dass es sich zweifelsfrei um eine künstlerische Interpretation eines jahrhundertealten Brauches handele, der in den USA mittlerweile Volksfestcharakter genieße. (1999)
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