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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Betroffene nicht gehört

In mehreren Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über das Jahrestreffen einer Lagergemeinschaft, eines Verbandes von ehemaligen politischen Häftlingen, die von Sowjetischen Militärtribunalen in der ehemaligen DDR wegen antisowjetischer Tätigkeit oder Haltung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und nach der Verurteilung in die Strafgebiete des sowjetischen Gulag verschleppt worden sind. Unter dem Titel „Schlüsselloch“ lobt ein Kolumnist die Überlebenden von Workuta, dass sie den Schülern im Gymnasium der Stadt vom Stalin-Gulag erzählt und ihre Zuhörer vom „Wert der Demokratie“ überzeugt haben. Weniger dankbar aber seien Angestellte eines örtlichen Hotels, die miterlebt hätten, wie einige dieser Gäste aus der Rolle gefallen seien. Da sei der selbst angesichts des Grauens von Workuta kaum nachvollziehbare Satz gefallen: „Den Häftlingen in Buchenwald ging es gar nicht so schlecht, die hatten doch Pullover.“ Einer habe wissen wollen, ob denn das Hotel keine Zwangsarbeiter als Gepäckträger habe, er sei schließlich „kein Kaffer“. Ein anderer habe erzählt: „Ich hatte 11.000 Neger auf meiner Plantage, elf habe ich aufgehängt, seitdem darf ich in Simbabwe nicht mehr einreisen.“ Und als am 1.Mai die Anti-Nazi-Demo vorbeigezogen sei, sei eine Kellnerin aufgefordert worden, rauszugehen und „den Lärm abzustellen“. Schließlich hätte ein Teilnehmer den Aufsatz eines früheren Terroristen-Anwalts kopieren lassen, der anhand von Bibelzitaten belegen wolle, dass Juden bei uns nichts zu suchen hätten. Der Vorsitzende der Lagergemeinschaft beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die veröffentlichten Behauptungen nicht bewiesen seien, aber als Tatsachen dargestellt würden. In der Veröffentlichung sehe er eine Diskriminierung aller Mitglieder seiner Lagergemeinschaft. Zudem kritisiert er, dass die Redaktion der Zeitung nicht einmal den Versuch gemacht habe, mit ihm als Sprecher der Lagergemeinschaft Kontakt aufzunehmen. Auch das Bautzen-Komitee, ein Verband, der Opfer des Kommunismus vertritt, reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es protestiert gegen das in dieser Kampagne zum Ausdruck gebrachte unwürdige journalistische Verhalten. Eine dritte Beschwerde kommt von einer Bundestagsabgeordneten, die Vermutungen zu Tatsachen erhoben sieht. Hier werde diffamiert und eine Kampagne geführt. Die Chefredaktion der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die kritisierten Behauptungen auf den Aussagen von sechs Mitarbeitern des Hotels beruhen, in dem die Teilnehmer des Treffens zu Gast gewesen seien. Eine der Mitarbeiterinnen habe den Chefredakteur selbst bei einem Aufenthalt im Restaurant angesprochen und ihm den Sachverhalt erstmals dargelegt. In der folgenden Berichterstattung habe die Zeitung eine Diskussion von erheblichem öffentlichen Interesse angestoßen. Von einer Kampagne könne keineswegs die Rede sein. Auch eine Diffamierung liege nicht vor. In den Beiträgen sei stets von „Einzelnen“ die Rede gewesen. Der Vorfall sei also durchaus als eine Verwirrung empfunden und auch so dargestellt worden. (2001)

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Falsche Bildunterzeile

„Vorsicht, bissiger Affen-Mann!“ warnt ein Boulevardblatt seine Leserinnen und Leser. In Indiens Hauptstadt Neu-Delhi gehe die Angst um. Vor einer Bestie, halb Mensch, halb Affe. Über 1000 Bewohner des Vorortes Ghaziabad seien von dem „Affen-Mann“ angefallen, gekratzt und gebissen worden. Vier Bilder sind dem Beitrag beigestellt. Drei angebliche Opfer präsentieren Kratzwunden an Kopf, Arm und Rücken. Ein weiteres Foto zeigt eine dunkle Gestalt in verschwommenen Konturen. Im Text dazu heißt es: „Das erste Foto des mysteriösen Affenmenschen, der Neu-Delhi in Panik versetzt.“ Ein Leser der Zeitung bittet den Deutschen Presserat, sich dieser Veröffentlichung anzunehmen. Er hält die Darstellung für ein vermutlich seitenverkehrtes oder anderweitig manipuliertes Bild des so genannten nordamerikanischen „Bigfoot“, eines ähnlichen Fantasieprodukts wie der Yeti im Tibet. Es existiere davon ein Amateurfilm, der den Beweis für diesen Affenmenschen liefern sollte, aber von den Filmemachern selbst längst als primitive Fälschung enttarnt worden sei. Die Zeitung habe sich vermutlich dieses Materials bedient, um die Sensationslust zu befriedigen. Die Rechtsabteilung des Verlages gesteht ein, dass die Bildunterschrift unzutreffend sei. Die Redaktion habe damit eigentlich nur vorweisen wollen, dass ein solch mysteriöses Foto in Neu-Delhi die Runde mache. Damit sollte aber keineswegs gesagt werden, dass ein Nachweis für die Existenz eines Affenmannes vorliege. (2001)

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Quellenangabe

Der 31-jährige Sohn eines Oberbürgermeisters stirbt an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Drei Monate danach gibt der Vater drei Redakteuren einer Gratiszeitung ein Interview, in dem er in einer sehr persönlichen und offenen Weise schildert, wie er und seine Familie das schreckliche Geschehen zu verarbeiten versuchen. Tags darauf erscheinen in einer Boulevardzeitung Auszüge aus diesem Gespräch unter der Überschrift „Jetzt spricht er über den Tod seines Sohnes“. Im Vorspann heißt es, dass der Oberbürgermeister drei Journalisten ein Interview gegeben habe. Die drei Journalisten werden namentlich genannt. Einer von ihnen trägt den Fall dem Deutschen Presserat vor. Er kritisiert, dass seine Publikation in dem Vorspann des Artikels nicht als Quelle genannt wird. Außerdem seien er und seine Mitautoren nicht gefragt worden, ob sie mit der Veröffentlichung einverstanden seien. Die Rechtsabteilung des betroffenen Verlages erklärt, dass es aus rechtlicher Sicht zweifelhaft sei, ob eine Autorisierung notwendig gewesen sei. In der juristischen Literatur werde überwiegend die Meinung vertreten, dass in den Fällen, in denen das Interview inhaltlich ausschließlich von den Äußerungen des Befragten getragen werde, dieser als Urheber anzusehen sei. Eine solche Situation liege hier vor. Urheberschutz dürfe demnach allein dem interviewten Oberbürgermeister zustehen. Die Rechtsvertretung ist der Auffassung, dass das Interview in dieser Form wiedergegeben werden konnte, da die Veröffentlichung von § 49 Abs. 1 Urhebergesetz gedeckt sei. Danach seien die Vervielfältigung und Verbreitung vollständiger Artikel aus Zeitungen und anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern dieser Art sowie die öffentliche Wiedergabe solcher Artikel zulässig, wenn sie politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen betreffen und nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen seien. Das Interview sei nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen und stelle die erste öffentliche Stellungnahme des obersten repräsentativen Organs der Stadt zu einem Ereignis, nämlich dem Unfalltod seines Sohnes, dar. Die politische Seite sei bereits durch die Tatsache, dass es sich um den Oberbürgermeister handele, berührt. Zudem würden auch religiöse Fragestellungen angesprochen, da der Oberbürgermeister über seine Konsequenzen nach dem Tod seines Sohnes gesprochen habe. Keinesfalls werde in dem Beitrag der Eindruck erweckt, als sei das Interview im Auftrag der Boulevardzeitung geführt worden. In der Einleitung sei der Hinweis enthalten, dass die Zeitung das Gespräch in Auszügen „dokumentiere“. Dadurch werde klar, dass es sich nicht um ein eigenes Interview handele. Klar und deutlich seien auch die Namen der Interviewer genannt. Die Art und Weise, in der das Interview im eigenen Blatt veröffentlicht worden sei, insbesondere der Verzicht auf die Benennung der Zeitung, in welcher das Interview erstmals veröffentlicht worden sei, entspreche grundsätzlich nicht dem Stil des Hauses. Von einzelnen Mitarbeitern sei im konkreten Fall die namentliche Nennung der beteiligten Journalisten für ausreichend erachtet worden, da die betroffene Gratiszeitung ihr Erscheinen inzwischen eingestellt habe. So weit dadurch journalistische Standards missachtet worden sein sollten, bedauere man dies ausdrücklich. (2001)

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Recherche ohne Sorgfalt

Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Die Bestie biss Aysim ins Gesicht“ über den Angriff eines Kampfhundes auf ein zweijähriges Mädchen. Auf einem großen Straßenfest sei es passiert. Ein American Staffordshire, der gefährlichste Beißer unter den Kampfhunderassen, habe den vorgeschriebenen Maulkorb nur lose um den Hals baumeln gehabt und deshalb in der Menschenmasse zuschnappen können. Ohne Vorwarnung habe der aufgeregte Hund dem Kind ein Stück Fleisch aus dem Gesicht gerissen. Die Nase sei „zerfetzt“ worden. Die Zeitung zitiert einen Arzt: „Es wird immer eine Narbe bleiben“. Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Besitzer großer Hunde wendet sich an den Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht ist der Artikel unangemessen sensationell, da es sich bei der Wunde im Gesicht des Kindes lediglich um eine Schürfwunde handele. Dies habe er von der Polizei auf Rückfrage erfahren. Der Hund habe am Boden gelegen. Das Kind habe sich von hinten genähert und sei dem Tier auf den Schwanz getreten. Der Hund sei aufgesprungen, das Kind habe aus Schreck schlagende Bewegungen gemacht und Kind und Hund seien zusammengeprallt. Die Verletzung des Kindes stamme nicht von einem Biss, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach von dem Zusammenprall. Laut Aussage der Polizei habe der Hund keinerlei Aggressionen gezeigt. Die Rechtsabteilung des Verlages gibt an, der Arzt im Krankenhaus habe eine „Hundebissverletzung Nase“ diagnostiziert. Insofern sei die Darstellung der Zeitung richtig. Die Schilderung des Beschwerdeführers, das Kind habe sich dem Hund genährt, ihm auf den Schwanz getreten und daher eine Reaktion provoziert, sei durch nichts bewiesen. Die Mutter des Kindes bestreite diese Darstellung der Ereignisse und habe Strafanzeige gegen die Halterin des Hundes erstattet. Das zuständige Polizeipräsidium beantwortet eine Rückfrage des Presserats mit der Feststellung, dass in dieser Angelegenheit keine schriftliche Mitteilung herausgegeben worden sei. Die Schilderung des Herganges in dem Beschwerdeschreiben entspreche korrekt den Ermittlungen der Polizei, wie sie dem Beschwerdeführer nach Erscheinen des Artikels mündlich mitgeteilt worden seien. Hinzugefügt werden müsse jedoch, dass nachträglich eine Strafanzeige gegen die Hundeführerin erstattet worden sei. Die Verletzungen des Kindes seien nach der Begutachtung durch die Rettungssanitäter nicht so schwer gewesen, dass ein Transport in ein Krankenhaus erforderlich gewesen sei. (2001)

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Buchkritik

Unter der Überschrift „Wenn die Wirklichkeit nicht real ist“ bespricht eine Tageszeitung das Buch eines Kollegen zum Thema „So lügen Journalisten“. Wie sich eine Redaktion gegen dreist lügende Kollegen absichern könne und wann journalistische Ethik und Sorgfaltspflicht verletzt würden, diesen Fragen gehe der Autor nicht nach. Er präsentiere vielmehr ein schwer verdauliches Sammelsurium von „echten“ Falschmeldungen, von überzogenen Einschätzungen und mangelnden Recherchen, von Flüchtigkeitsfehlern und von politisch lancierten Berichten. In einer Fußnote bemerke er, dass er sich nach einer Nigeria-Reise, bei der er gemeinsam mit einigen Kollegen in einem von Shell bezahlten Hubschrauber gesessen habe, juristisch gegen den Vorwurf gewehrt habe, er habe sich mit seiner Berichterstattung „prostituiert“ und sei von dem Konzern „geschmiert“ worden. Dass er den Prozess jedoch verloren habe, sei in der Fußnote elegant versteckt worden. „So lügen Journalisten“ sei nicht nur höchst überflüssig. Es sei der Beleg einer dreisten Skrupellosigkeit. Der Kritiker belegt seine Feststellung mit Enten, die der Autor selbst in die Welt gesetzt habe. Schließlich weist die Zeitung unter der Überschrift „Verlogener Nestbeschmutzer“ auf eine Diskussion mit dem Buchautor in einer Buchhandlung hin. Wie Journalisten lügen, müsse er wissen. Schließlich dürfe man ihn wegen seiner Hofberichterstattung aus Nigeria „Prostituierte für Shell“ nennen. Der betroffene Journalist ersucht den Deutschen Presserat, die Veröffentlichung zu rügen. Er sehe sich in seiner Ehre verletzt und dem nach seiner Ansicht unberechtigten Vorwurf des Lügens ausgesetzt. In diesem Zusammenhang kritisiert er vor allem die Formulierung „Verlogener Nestbeschmutzer“. Die Chefredaktion der Zeitung macht deutlich, dass der Autor des Beitrages zahlreiche Beispiele aufzeige, die durchaus Anlass zur Kritik an der Arbeitsweise des Beschwerdeführers gäben und die logische Schlussfolgerung zuließen, das Buch sei Beleg einer dreisten Skrupellosigkeit. Diese Behauptung sei einer Wertung und keine Ehrverletzung im Sinne von Ziffer 9 des Pressekodex. Die Rechtsvertretung der Zeitung ergänzt, dass sie die kritisierte Überschrift „Verlogener Nestbeschmutzer“ für eine zulässige Meinungsäußerung hält. Sie überschreite nicht die Grenze zur ehrverletzenden Behauptung. Die Ankündigung könne nur im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Beschwerdeführers „So lügen Journalisten“ und seiner Rolle bei der Berichterstattung aus Nigeria gesehen werden, erst recht im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer diese in seinem Buch verschweige. (2001)

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Diskriminierung des Vatikans

Eine Boulevardzeitung kommentiert unter der Überschrift „Unheilige Allianz“ das Outing von Homosexuellen und bezieht sich dabei auf eine „Flachserei“ des SPD-Generalsekretärs Franz Müntefering, heute könne ein Schwuler gar Papst werden. Die Kirche sei sich erstaunlich sicher, dass ein schwuler Papst absurd wäre, stellt der Autor fest. Und fährt fort: „Erstaunlich – weil immer wieder hochrangige Vertreter des Katholikenmilieus (in Rom treffen die sich beim Petersdom) in die prächtigsten Sex-Skandale verwickelt sind. Würde der Vatikan schließen, Roms Stricher hätten ein Problem“. Ein Leser legt den Kommentar dem Deutschen Presserat vor. Nach seiner Ansicht diffamiert der Beitrag in seiner gesamten Intention weite Bevölkerungskreise, vor allem aber die katholische Kirche. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der Kommentar beruhe auf Tatsachen. Der Journalist leite seine Meinung aus fundierten, auf den Wahrheitsgehalt geprüften Informationen ab. Tatsache sei, dass immer wieder hochrangige Vertreter der katholischen Kirche in Sexskandale verwickelt seien und es im Vatikan Homosexualität gebe. Als Beweis fügt die Chefredaktion Beispiele von Berichten über Sexskandale bei. Sie räumt aber auch ein, dass die beanstandeten Äußerungen sehr scharf und überspitzt formuliert sind. Im Rahmen der Pressefreiheit müsse es jedoch möglich sein, seiner Überzeugung auch mit Hilfe solcher Formulierungen Ausdruck zu verleihen. In dem Kommentar werde auf Einzelfälle Bezug genommen und eine Verallgemeinerung sei nicht beabsichtigt. (2001)

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Diskriminierung von Homosexuellen

Eine Regionalzeitung kommentiert die erste Aids-Sonderkonferenz von 189 UN-Mitgliedsländern in New York. Spotte es nicht jeder Beschreibung, dass sogar regierende Politiker-Schein-„Größen“ hier bei uns in Deutschland ungeachtet der Welt-Aids-Tragödie lautstärker denn je diejenigen hofieren, die mehrheitlich Hauptüberträger des HIV-Virus seien, die männlichen Homosexuellen, fragt der Autor. Viele Jahre sei dieser Tatbestand heruntergespielt worden, aus politisch-ideologischen Beweggründen vor allem. Ein Leser des Kommentars sieht darin männliche Homosexuelle pauschal diffamiert. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung beruft sich auf offizielle Feststellungen der Weltgesundheitsorganisation, wonach die sexuellen Aktivitäten insbesondere homosexueller Männer maßgebliche Ursache für die Ausbreitung von Aids seien. Verursacher und Auslöser der Aids-Epidemien seien Homosexuelle in Nord- und Lateinamerika und der Karibik, ebenso in Westeuropa, Australien und Neuseeland. Dies spiegelten auch die mehrheitlichen Zahlenanteile an den Neuinfektionen des Jahres 2000 wider. Die Chefredaktion legt diverse Artikel sowie ein Programmheft der Aids-Hilfe zum Christopher Street Day im Juni 2001 vor, welche die Behauptung, dass männliche Homosexuelle Hauptüberträger des HIV-Virus sind, stützen sollen. (2001)

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Verdeckte Recherche

Eine Evangelische Akademie lädt ein interessiertes Publikum zu einer Tagung mit dem Thema „Wo bleibb da hummoooa ...? Religion, Kirche, Komik“ ein. Unter der Berufsbezeichnung „Student“ melden sich auch zwei Männer an, die der Veranstaltung aber nicht bis zu deren Ende beiwohnen. Zwei Monate später erscheint in einer Satire-Zeitschrift unter der Überschrift „Die Ignoranten und die Wahnsinnigen“ ein fünfseitiger Artikel, der ein protestantisches Akademiewochenende protokolliert. In dem Beitrag werden die Namen von Seminarteilnehmern genannt und Fotos veröffentlicht. Die Studienleiterin der Akademie, welche die Tagung geleitet hat, bittet den Deutschen Presserat, diese Berichterstattung zu rügen. Man möge im Blick auf Ausdrucksweise und menschenverachtende sowie sexistische Töne des Artikels geteilter Meinung sein oder sie gar mit Verweis auf die Freiheit der Presse achselzuckend hinnehmen. Dies möge auch im Blick auf namentlich genannte und im Foto abgebildete Personen gelten, soweit sie während der Tagung eine öffentliche Rolle eingenommen hätten. Für inakzeptabel im Sinne von Ziffer 8 des Pressekodex halte sie jedoch die Veröffentlichung von Namen und Fotos von Tagungsteilnehmern in Zusammenhang mit herabwürdigenden Urteilen – zumal jegliche Pressefreiheit und inhaltliche Mitteilung auch über eine Anonymisierung gewährleistet worden wäre. Diese Einschätzung würde sie selbst dann aufrecht erhalten, wenn die beiden – was sie nicht annehme – den betroffenen Personen Sinn und Zweck ihrer Recherchen und Aufnahmen mitgeteilt hätten. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt mit, dass sie keine Stellungnahme zu der Beschwerde abgeben werde. (2001)

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Ehre einer Managerin verletzt

In fünfspaltiger Aufmachung berichtet eine Lokalzeitung, dass der Bürgermeister der Stadt seiner City-Managerin kurz vor Ablauf ihrer sechsmonatigen Probezeit die Kündigung ausgesprochen habe. In der Schlagzeile ist von einem „Rausschmiss“ die Rede. Unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten zwischen der neuen Mitarbeiterin und großen Teilen der Gewerbetreibenden, wie die zukünftige Arbeit zu gestalten sei, hätten die Stadt zu diesem Schritt veranlasst. In einem Kommentar unter der Überschrift „Abschied ohne Tränen“ schreibt der Autor, bei einem geschätzten Jahresgehalt von 100.000 DM wäre es doch ziemlich vermessen, so einfach Adieu zu sagen. Für diese stolze Summe müssten die meisten anderen Arbeitnehmer eine Menge arbeiten. Überstunden, Verantwortung und reichlich Stress inbegriffen. Das treffe auf die City-Managerin ganz gewiss nicht zu. Ein Slogan und ein paar Ideen für Veranstaltungen. Mehr falle ihm, dem Verfasser, spontan nicht ein, was die Betroffene geleistet habe. In den folgenden Tagen erscheinen drei Leserbriefe. Einer der Autoren vermutet einen persönlichen Rachefeldzug. Ein anderer ist der Meinung, dass auf Grund seiner Erfahrung, dass in der Stadt jeder sein eigenes Süppchen koche, diese Entwicklung vorhersehbar gewesen sei. Der Bürgermeister selbst bekundet, für ihn sei nicht hinnehmbar, in welcher Weise in der Veröffentlichung mit einer Mitarbeiterin, gleich ob ehemals oder noch im Dienst, öffentlich umgegangen werde. In einer Anmerkung gesteht die Redaktion ein, dass Schlagzeile und Kommentar scharf formuliert worden seien, dass sie aber weiterhin der Meinung sei, dass die Entscheidung des Bürgermeisters richtig und angemessen gewesen sei. Die Frauenbeauftragte der Stadt bittet den Deutschen Presserat um Prüfung des Vorganges. Die Vertragsauflösung während der Probezeit werde hier als Medienspektakel aufgebauscht. Die Berichterstattung der Zeitung sei für viele Insider um so zweifelhafter, als der Vorsitzende des Gewerbevereins gleichzeitig auch der Herausgeber des Blattes sei. Als City-Managerin sei die Betroffene häufig mit dem Vorsitzenden des Gewerbevereins konfrontiert und auf Zusammenarbeit mit ihm angewiesen gewesen. Zahlreiche Leser hätten ihren Unmut in Leserbriefen kundgetan. Einige der Briefe seien leider nicht veröffentlicht worden. Andere habe man im Wortlaut gravierend verändert. Auch die Stellungnahme des Bürgermeisters, die dieser vorab allen Bediensteten der Stadt per Mail zugeleitet habe, sei inhaltlich abgemildert worden. Die Rechtsvertretung der Zeitung betont, dass der Wahrheitsgehalt des Berichtes offenbar nicht in Frage gestellt werde. Der Kommentar sei eine Meinungsäußerung in scharfer Form, die allerdings durch die Umstände gerechtfertigt sei. Ein Leserbrief sei zwar gekürzt worden. Dies sei jedoch nicht sinnentstellend geschehen. Der Brief des Bürgermeisters sei in der Form veröffentlicht worden, wie dieser selbst ihn autorisiert habe. (2001)

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Foto eines Praxisschildes

Eine Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift „Experten: Psychologin macht unverzeihliche Fehler“ über die Kritik von Experten an der Methode einer Psychologin bei der Feststellung des Intelligenzquotienten von Hochbegabten. Wie die Zeitung schreibt, halten Fachleute die Testergebnisse der Kollegin für falsch. Schulbehörden, geschädigte Eltern und die Deutsche Gesellschaft für das hoch begabte Kind würden die Arbeit der umstrittenen Psychologin mit Argusaugen beobachten. Die Vorwürfe reichten von „unprofessionell“ bis „jenseits der Legalität“. Sie werden in dem umfänglichen Text im Detail erläutert. Der Beitrag schließt mit der Mitteilung, dass zwei Familien jetzt rechtlich gegen die Psychologin vorgehen, weil sie sich betrogen fühlen. Beigestellt ist eine Wiedergabe des Praxisschildes der betroffenen Fachfrau. Diese sieht sich in dem Beitrag vorverurteilt und an den Pranger gestellt. Sie reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein und beanstandet darin auch den Abdruck ihres Praxisschildes, auf dem zwar ihr Name unkenntlich gemacht worden, ihr Signet jedoch erkennbar sei. Dadurch werde sie identifizierbar. Die Chefredaktion teilt dem Presserat mit, der Autor habe die vermittelten Informationen geprüft, indem er den Schulpsychologischen Dienst der Bezirksregierung und anerkannte Hochschulexperten um Stellungnahmen gebeten habe. Er habe mit betroffenen Eltern gesprochen und die Vorwürfe in einem ausführlichen Gespräch mit der Beschwerdeführerin erörtert. In dem Artikel greife die Zeitung das subjektive Empfinden der Eltern auf und stelle dieses als deren Meinung dar. In dem Artikel werde nicht behauptet, dass die Psychologin Betrug begangen habe. Bezüglich der Schadenersatzansprüche teilt die Chefredaktion mit, dass einen Monat vor Erscheinen des Artikels eine Familie einen Anwalt mit der Wahrung ihrer Interessen beauftragt habe. Eine zweite Familie sei zu diesem Schritt entschlossen. Die Abbildung des Signets mache die Beschwerdeführerin nur im engen Kreis der Personen, die mit hoch begabten Kindern zu tun hätten, erkennbar. Die Veröffentlichung halte man zum Schutz anderer Personen für notwendig, die im selben Berufsfeld praktizierten und ein Recht darauf hätten, nicht durch zufällige Ähnlichkeiten unter falschen Verdacht zu geraten. (2001)

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