Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet, dass ein bekannter Schlagersänger, der sich zur Zeit in Geldnöten befinde, seine Freundin für ein Jahr einem Millionär überlasse, der dafür 500.000 DM zahle. Die Freundin selbst äußert in dem Bericht ihr Einverständnis. Vielleicht könne sich ihr Lebensgefährte dann eine neue Leber leisten. Aus Liebe zu ihm würde sie einfach alles tun. Alle Beteiligten sind abgebildet. Ein weiterer Beitrag berichtet über die Vertragsunterzeichnung, die im Foto gezeigt wird. Auch der Vertrag wird im Faksimile veröffentlicht. Ein Leser der Zeitung findet die Wortwahl der Beiträge entwürdigend. Vermutlich sei diese Zeitung die erste in Deutschland, die einen Zuhältervertrag wortwörtlich veröffentliche. Die Chefredaktion der Zeitung betont, dass alle drei Beteiligten in die Berichterstattung eingewilligt hätten. Sie hätten dafür sogar eigens einen kleinen Pressetermin arrangiert. Die Frau habe im übrigen selber Wert darauf gelegt, als „Dummchen“ zu erscheinen. Man könne geteilter Auffassung darüber sein, ob die von dem Sänger initiierte PR-Aktion besonders geschmackvoll sei. Es entspreche aber der Chronistenpflicht einer Tageszeitung, auch über die Absurditäten des Lebens zu berichten. (2001)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über die Reaktion eines „Homo-Paares“ auf den Spruch des Bundesverfassungsgerichts: Sie dürften eine Art Ehe schließen, eine Lebensgemeinschaft für Gleichgeschlechtliche. Die Hochzeitsreise der beiden, welche die reichsten Homos der Stadt seien, gehe nach Hawaii und werde an die 50.000 DM verschlingen. Entsprechend lautet die Schlagzeile: „Vor der Reise eine Party für 800 Gäste“. Zwei Wochen später werden die beiden Männer wieder im Bild gezeigt. Anlass ist ihr öffentlicher Protest mit 30 weiteren Homo-Paaren gegen den Sonderweg ihres Bundeslandes bei der Homo-Ehe. Auch in dieser Veröffentlichung ist vom reichsten Schwulen-Paar der Stadt die Rede. Der Anwalt der beiden Betroffenen stellt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat fest, dass die Veröffentlichungen sachliche Falschdarstellungen enthalten. So seien die beiden Männer keineswegs das reichste Homo-Paar der Stadt. Bei der erwähnten Party seien auch nicht 800, sondern wesentlich weniger Gäste eingeladen gewesen. Schließlich habe die gemeinsame Hochzeitsreise nicht 50.000 DM, sondern lediglich 10.000 DM gekostet. Die Redaktionsleitung der Zeitung stellt fest, dass allein der Umstand, dass die Beschwerdeführer als die reichsten Homos der Stadt vorgestellt würden, nicht bedeute, dass die Zeitung sie in die Nähe des Jet-Set gerückt habe, mit dem sie nichts zu tun haben wollten. Bei der Angabe der Gästezahl habe es wohl ein Missverständnis gegeben. Das Haus, in dem die Feier stattgefunden habe, fasse 800 Personen. Deshalb sei man davon ausgegangen, dass auch 800 Gäste eingeladen würden. Die Summe von 10.000 DM sei dem Autor des Artikels nie genannt worden. Im Hinblick auf eine Reise nach Hawaii sei dieser Preis extrem billig. Wenn sich die Beschwerdeführer etwas übertrieben dargestellt sähen, betone man, dass dies nicht beabsichtigt gewesen sei. (2001)
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Eine Lokalzeitung erklärt ihren Leserinnen und Lesern in zwei Beiträgen eine neue Verordnung zur Hundehaltung, die am 1. September 2001 in Kraft treten solle. Dabei erwähnt sie in Überschrift und Vorspann, dass das Züchten und Halten von Bullterriern künftig verboten sei, weil auch diese zur Klasse der Kampfhunde gezählt würden. Eine Leserin des Blattes beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Aussage der Zeitung nicht korrekt sei. Zwar sei künftig die Zucht, aber nicht die Haltung von Bullterriern verboten. Die Redaktionsleitung hält die Überschrift „Auch Bullterrier ab September verboten“ für eine vertretbare Verkürzung des Artikelinhalts. Die Zucht von Bullterriern sei künftig tatsächlich verboten und ihre Haltung nur noch unter bestimmten, sehr strengen Bedingungen erlaubt. Sie habe der Beschwerdeführerin angeboten, ihre Stellungnahme zu diesem Thema zu veröffentlichen. (2001)
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In einer Zeitschrift erscheint unter der Überschrift „Ich bin Hetero“ ein Kommentar zum Thema „Homosexualität“. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Homo-Ehe stellt der Autor fest: „Auch davon wird das Abendland wieder einmal nicht untergehen. Wie es noch nie durch eine Vergewaltigung, Abtreibung, Mord oder Völkermord untergegangen ist“. Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Meinung, dass diese Passage des Kommentars diskriminierende Wirkung hat. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, den Eilantrag Bayerns gegen die eingetragene Partnerschaft zurückzuweisen, werde in eine Linie gesetzt mit Vergewaltigung, Abtreibung, Mord oder Völkermord. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift bekundet, dass es sich bei dem Artikel um einen zulässigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung handele. Dabei stehe es dem Autor selbstverständlich frei, seine inhaltliche Kritik sprachlich in plakative Form zu kleiden. Der Redaktion als bloßer Verbreiterin eines solchen Gastbeitrages könne der Vorwurf einer Missachtung journalistischer Grundprinzipien daher nicht gemacht werden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werde keineswegs in eine Linie mit Vergewaltigung, Abtreibung, Mord oder Völkermord gesetzt. Es werde lediglich darauf hingewiesen, dass auch andere – tiefgreifendere – Anfechtungen der gesellschaftlichen Werteordnung über die Maßen kritikwürdig seien, ohne dass diese den Untergang des Abendlandes nach sich zögen. Doch selbst wenn man den Beitrag im Sinne des Beschwerdeführers interpretieren würde, wäre die in Rede stehende Textpassage ein zulässiger Beitrag zum öffentlichen Meinungskampf. Dem Medium, das einen solchen Beitrag verbreite, aber nicht selbst formuliere, könne kein Verstoß gegen journalistische Standesregeln vorgeworfen werden, da es zu den wesentlichen Aufgaben der Massenmedien gehöre, auch fremde Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Dabei müsse einem Gastbeitrag die größtmögliche inhaltliche und gestalterische Freiheit eingeräumt werden. Im übrigen habe man dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, in einem Leserbrief zu der Veröffentlichung Stellung zu nehmen. (2001)
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In einer Glosse beschäftigt sich eine Tageszeitung kritisch mit der Haltung des bayerischen Ministerpräsidenten zur Einwanderungspolitik. Sie bezieht sich dabei auf eine Agenturmeldung, laut der Edmund Stoiber vor einem Schnellschuss bei der Einwanderung gewarnt hat. Der Autor der Glosse schreibt u.a.: „Erst mal reinlassen und prüfen, wen man braucht. Dann die anderen schön langsam totmachen. Bloß keinen Schnellschuss Munition vergeuden. Da haben Sie, Doktor @mund Stoiber, völlig Recht. Noch besser wäre es, sie würden sich persönlich in Breeches und Schaftstiefeln an die Rampe stellen und die ‚durchrasste Gesellschaft‘ verhindern. Wie bitte, Doktor @mund Stoiber? Das hätten Sie wörtlich gar nicht gesagt. Die Agentur habe ihre Worte unzulässig wiedergegeben. Und ‚verboten‘ (Titel der Kolumne) würde Ihnen mit dieser Interpretation bitteres Unrecht zufügen? Doktor Stoiber! Sie reden doch sonst wie ein Herrenmensch!“ Ein Leser des Blattes hält die Glosse für ehrverletzend und schaltet den Deutschen Presserat ein. Stoiber werde offensichtlich mit den Selektoren an der Rampe von Auschwitz gleichgestellt. Das sei unanständig und einer Demokratie unwürdig. Der Leser fragt schließlich, ob dieser Stil tatsächlich durch Pressefreiheit und Recht auf freie Meinungsäußerung abgedeckt sei. Die Chefredaktion der Zeitung entgegnet, der Beitrag sei deutlich erkennbar eine Glosse. Dieser sei eigen, dass sie Kritik mit den Stilmitteln der Ironie und Satire übe. Anlass für den Beitrag sei eine Agenturmeldung unter der Überschrift „Stoiber warnt vor Schnellschuss bei Einwanderung“ gewesen. Diese Meldung habe man im Zusammenhang mit hinlänglich bekannten Aussagen von Stoiber zum Thema „Zuwanderung“ zum Anlass für eine Glossierung seines Sprachduktus genommen. Stoiber sei bei dem Thema „Asylfrage“ nicht vorurteilsfrei und in seiner Wortwahl wenig zimperlich. Bei Gelegenheit habe er u.a. auch schon von einer „durchrassten Gesellschaft“ gesprochen. Die vorliegende Glosse übertreibe in durchaus zulässiger Weise den Sprachgebrauch von Edmund Stoiber und drücke ihn ironisch in die Nähe offenbar historischer Vorbilder, ohne ihn mit diesen gleichzusetzen. Die Glosse verstoße daher nicht gegen den Pressekodex und sei durch das Recht auf freie Meinungsäußerung abgedeckt. (2001)
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In einer Serie erklärt eine Boulevardzeitung den Islam. In einem der Artikel ist ein Bild eingefügt, das den Propheten Mohammed darstellen soll. Die Koordinierungsräte der Türkischen Vereine in Deutschland schreiben an den Deutschen Presserat und teilen mit, dass in den Quellen der islamischen Religion kein Bild des Propheten existiere. Die Muslime würden mit Wut und Zorn reagieren, wenn irgendwo ein Bild gezeigt werde, auf dem angeblich der Prophet Mohammed dargestellt sei. Gerade in einer Zeit, in der wegen der traurigen Ereignisse in den USA die Stimmung sehr angeheizt sei, hielten sie es für unverantwortlich, ein Bild von Mohammed zu drucken. Dies würde nur jenen Kreisen nutzen, die einen offenen Konflikt zwischen den Religionen wünschten. Die Rechtsabteilung des Verlages stellt fest, dass die veröffentlichte Holzschnittzeichnung des Propheten Mohammed als Bildnis im Rahmen eines Beitrages einer deutschen Zeichnung nicht den Regeln des Islam unterworfen sei. Generell treffe es auch nicht zu, dass niemals in der Geschichte des Islam Abbildungen des Propheten aufgetaucht seien. Einem Gutachten von Dr. Hans-Peter Raddatz, Autor des Buches „Von Gott zu Allah?“ und Co-Autor der Encyclopedia of Islam, könne man entnehmen, dass figurale Darstellungen einschließlich der des Propheten Mohammed vor allem auch Eingang in die Buchkunst gefunden hätten. Darin seien sie bis ins 12. Jahrhundert gepflegt worden. Auch die Quellen des Islam enthielten keine klaren Anweisungen, dass Prophetenbilder generell verboten seien. Im Grundsatz könne es allerdings unabhängig von der gutachterlichen Stellungnahme nicht angehen, dass es nicht zum Islam gehörenden Personen verboten sei, in ihrem geistigen und religiösen Raum Abbildungen des Propheten Mohammed zu zeigen, und sie sich damit Regeln einer anderen Religion unterwerfen müssten. Hinzu komme, dass es der abendländischen Kultur eigen sei, religiöse Figuren einschließlich der Gottvaterfigur bildhaft darzustellen. Im Anschluss an die kritisierte Veröffentlichung habe die Zeitungen einen Beitrag unter der Überschrift „Warum darf Mohammed nicht abgebildet werden?“ mit Begründungen der an der Serie beteiligten Autoren abgedruckt, warum Mohammed aus islamischer Sicht nicht abgebildet werden dürfe. In diesem Zusammenhang habe die Zeitung erklärt, dass man mit dem kritisierten Beitrag Muslime nicht habe verletzen wollen und die Veröffentlichung der Abbildung bedauere. (2001)
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Unter der Überschrift „Mein Papa ist in Amerika, meine Mami tröstet mich“ berichtet eine Boulevardzeitung über die Trauerfeier einer deutschen berufsbildenden Schule für die Attentatsopfer von New York. In dem Beitrag wird erwähnt, dass sich bei der Feier Jugendliche auch jubelnd in die Arme gefallen seien. Eine „geschockte Mutter“ wird dahingehend zitiert, dass es an der Schule 80 bis 100 palästinensische Kinder gebe, von denen viele die ganze Nacht durch gefeiert hätten. Weiterhin heißt es, dass sieben muslimische Freundinnen triumphierend die Schweigekundgebung verlassen hätten. Der Leiter der genannten Schule wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat und beklagt darin ein falsches Zitat. Seine neutrale Aussage sei einer nicht existenten Mutter in den Mund gelegt und mit einem unerträglichen Zusatz versehen worden. Während der Feier habe es keine Jubelszenen gegeben. Es sei im Gegenteil eine sehr würdige und ruhige Versammlung gewesen. Die Redaktionsleitung der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, die Autorin des Beitrages habe nicht nur mit einer Mutter, sondern mit mehreren Personen gesprochen. Diese hätten bestätigt, dass nicht alle Schüler die Trauer anlässlich des Terroranschlages geteilt hätten. Sie hätten berichtet, dass Schüler an Stelle von Trauer die Nacht durchgefeiert hätten. Auch in der örtlichen Zeitung sei unter Bezugnahme auf Lehrer berichtet worden, dass es Schüler gegeben habe, die durchgefeiert und Genugtuung empfunden hätten. (2001)
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Unter der Überschrift „Fauler Postbote – 1400 Briefe in Garage versteckt“ berichtet eine Boulevardzeitung über einen Postboten, der 19 Jahre ein braver Briefträger gewesen sei, bis ihn Frau und Kinder verlassen hätten. Seitdem beschwerten sich immer mehr Postkunden über verspätete oder ausgebliebene Sendungen, so die Zeitung. Post-Ermittler und Polizei hätten schließlich in der Garage des Mannes acht gefüllte Postsäcke gefunden. Er habe halt pünktlich um 12.30 Uhr Feierabend gemacht, zitiert das Blatt den Mann. Was mittags nicht zugestellt sei, müsse eben warten. Die Polizei halte den Mann für krank. Die Nachbarn hätten gesagt, er sei faul. Die Zeitung zeigt ein Foto des Betroffenen, abgedeckt mit einem Augenbalken. Sie nennt Vornamen, Initial des Nachnamens und Alter, gibt die Orte an, in denen er tätig war und zeigt Haus und Garage, in der die nicht ausgetragene Post gelagert war. Die Veröffentlichung löst eine Beschwerde beim Deutschen Presserat aus. Nach Ansicht eines Lesers wird der Briefträger durch die Angaben und die Fotos identifizierbar. Gleiches gelte für seine Frau und seine Kinder. Die Redaktionsleitung äußert sich dahingehend, dass mit der Beschreibung der vorgeworfenen und auch strafrechtlich relevanten Tat die Menschenwürde weder des Briefträgers noch die seiner Familie attackiert worden sei. Dass bei mutmaßlichen Straftaten eines Familienmitgliedes auch die Familie in Mitleidenschaft gezogen werden könne, sei generell nicht auszuschließen. Dies könne aber nicht dazu führen, dass deshalb eine Berichterstattung unterlassen oder so verfremdet werde, dass niemand mehr mit korrekten Fakten konfrontiert werden dürfe. Eine Identifizierung des Mannes sei nicht möglich, da er auf dem Foto eindeutig „gebalkt“ abgebildet worden sei. Auch die Ansicht der Garage sei ohne weiteres Merkmal gezeigt worden. Sämtliche in der Berichterstattung wiedergegebenen Fakten seien unstreitig. Selbst der betroffene Postbote habe dies gegenüber der Zeitung bestätigt. Von einer Vorverurteilung könne deshalb keine Rede sein. (2001)
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Ein 26-jähriger lebensmüder Mann auf dem Dach eines Parkhauses hält eineinhalb Stunden 40 Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in Atem. Um Schaulustige fern zu halten, wird die Straße gesperrt. Spezialisten der Polizei verhandeln mit dem Mann . Erst nachdem der per Hubschrauber herbeigeholte Vater mit dem Sohn gesprochen hat, gelingt es, die Situation zu entspannen. Die Zeitung am Ort berichtet ausführlich über den Vorgang, zeigt im Foto die abgesperrte Straße und den Betroffenen – von hinten fotografiert – auf dem Dach im Gespräch mit seiner Betreuerin. In dem Beitrag wird darauf hingewiesen, dass der Betroffene psychische Probleme hat. Ausgelöst worden sei seine Kurzschlussreaktion laut Polizei durch private Probleme. Seine schwangere Freundin soll ihm am Morgen mitgeteilt haben, dass sie sich von ihm trennen wolle. Schließlich wird berichtet, dass der Mann der Polizei nicht unbekannt sei. Aufgefallen sei er bereits durch Gewaltdelikte. Als Bewährungsauflage müsse er zur Zeit in einer Werkstatt für psychisch Kranke arbeiten. Einem Leser missfällt diese Art der Berichterstattung. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat mit der Anmerkung, dass hier die bei Selbstmordversuchen gebotene Zurückhaltung nicht beachtet worden sei. Die Chefredaktion der Zeitung versichert, dass die ihr in Richtlinie 8.4 (=> heute Richtlinie 8.5) gebotene Zurückhaltung in solchen Fällen bewusst sei. Im konkreten Fall habe sich der Suizidversuch allerdings in der stark frequentierten Fußgängerzone der Stadt abgespielt und sei demzufolge von vielen Menschen beobachtet worden. Insofern habe man der Chronistenpflicht nachkommen und darüber berichten müssen. Die Persönlichkeitsrechte des jungen Mannes seien gewahrt geblieben. Man habe seinen Namen nicht genannt und auf dem Foto sei er nur von hinten zu sehen und somit nicht zu erkennen. (2001)
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Eine Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Jagd auf Europas Angsthasen“ über Männer-Ängste, welche die Gesundheit betreffen. In der Unterzeile heißt es, das sei typisch Europa: Vor allem werde gewarnt – vor zuckenden Kühen, strahlenden Handys, Antibiotika im Fleisch und dem Tod in der Economy Class. Doch die meisten Risiken würden völlig überschätzt. Über den „Neo-Klassiker“ Aids berichtet das Blatt, dass sich dank eines neuen Medikamenten-Cocktails die Gesundheitsprognose von Aidskranken in den vergangenen sechs Jahren verbessert habe. Es sei jedoch ungewiss, ob das Immunsystem dadurch auf Dauer wiederhergestellt werden könne. Die eigentliche Hoffnung sei ein Impfstoff gegen die gut 180 Unterarten des Virus. Optimistische Forscher glaubten daran, dass es bis zum Ende dieses Jahrzehnts klappe. Bis es so weit sei, bleibe uns als einzig sicherer Schutz das Kondom. Ein Leser reicht den Beitrag in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat weiter. Er ist der Ansicht, dass durch die Überschrift und den Vorspann Aids verharmlost werde. Die Chefredaktion erklärt, der Artikel stelle Aids mitnichten als überschätztes Gesundheitsrisiko dar. Aufhänger des Artikels seien verbreitete Ängste. Von denen, sage der Vorspann, würden die meisten Risiken völlig überschätzt. Dass Aids nicht unter diese Wertung falle, mache der betreffende Abschnitt in dem Artikel deutlich. Keineswegs werde dadurch der Eindruck erweckt, dass Aids durch Medikamente heilbar sei. Vielmehr werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es fragwürdig sei, ob die Medikamente auf Dauer helfen. (2001)
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