Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Aufruf zur Jagd

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht auf ihrer Titelseite ein Foto von Osama bin Laden und blendet die Schlagzeile „Jagt ihn! 10 Millionen für seinen Kopf“ ein. Ein Beitrag im Innenteil der Ausgabe unter der Überschrift „Bin Laden – die Blutspur des Terrors“ beginnt mit dem Satz „In den zerklüfteten Bergen im Süden Afghanistans wohnt das Böse“. Die Veröffentlichung löst eine Beschwerde beim Deutschen Presserat aus. Eine Leserin ist der Ansicht, dass die Schlagzeile populistisch und nahezu volksverhetzend ist. Mit dieser Schlagzeile und der Einleitung des Beitrages im Innenteil finde eine Polarisierung statt, die dazu beitrage, weitere Gräben zwischen ethnischen und religiösen Gruppen aufzutun. Die Darstellungen seien absolut undifferenziert und ließen jegliche journalistische Sorgfaltspflicht außer acht. Die Rechtsabteilung des Verlages stellt fest, zum Zeitpunkt der Berichterstattung hätten dem FBI bereits Beweise vorgelegen, dass Anhänger Osama bin Ladens an den Anschlägen beteiligt gewesen seien. Zugleich werde bin Laden vom FBI als Terrorist gesucht. Für seine Ergreifung seien von den Vereinigten Staaten 5 Millionen Dollar ausgesetzt worden. Die Schlagzeile „Jagt ihn! 10 Millionen für seinen Kopf“ gebe den Fahndungsaufruf des FBI wieder. Mit dem Ziel der Ergreifung bzw. Verhaftung bin Ladens sei die Bevölkerung zu jeder denkbaren Hilfe aufgerufen. Von einer vorverurteilenden, volksverhetzenden und undifferenzierten Berichterstattung könne keine Rede sein. Selbst wenn man die Titelseite sowie den angegriffenen Artikel isoliert betrachte, könne man erkennen, dass die Zeitung ihren Lesern nur eine Person und nicht etwa eine Religionsgemeinschaft oder bestimmte Volksgruppe als möglichen Drahtzieher der Terroranschläge in den USA präsentiere. Sowohl Titelseite als auch Artikel beschäftigten sich ausschließlich mit der Person bin Ladens. Auf ihn und niemand sonst beziehe sich auch der von der Beschwerdeführerin offenbar als besonders verwerflich eingestufte Satz „In den zerklüfteten Bergen im Süden Afghanistans wohnt das Böse“. Insgesamt leiste die Berichterstattung nicht Feindbildern Vorschub, sondern spreche aus, was nicht zuletzt George Bush in seiner Rede an die Nation formuliert habe, nämlich dass er die Verantwortlichen der Terroranschläge bis zuletzt jagen werde, und dass er ihre Ergreifung wünsche und fordere – dead or alive. (2001)

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Bezeichnung „Terror-Bestie“

Unter der Überschrift „Terror-Bestie: wir wünschen dir ewige Hölle!“ berichtet eine Boulevardzeitung über den Attentäter Mohamed Atta, der acht Jahre in Deutschland gelebt und jetzt das erste Todesflugzeug in einen der Türme des World Trade Centers gesteuert habe. In den Titel montiert ist ein Foto des Arabers. Ein Leser des Blattes reagiert auf die Veröffentlichung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass der Ausdruck „Terror-Bestie“ gegen Ziffer 1 des Pressekodex verstoße. Dem mutmaßlichen Attentäter werde das Menschsein abgesprochen, da er durch die Verwendung des Begriffs „Bestie“ zum Tier herabgewürdigt werde. Die Rechtsvertretung der Zeitung führt an, es bestehe kein Zweifel daran, dass Mohamed Atta einer der Todespiloten gewesen sei, die zur Durchführung des Attentats am 11. September 2001 in New York Flugzeuge zu einer Bombe umfunktioniert hätten. Bestialischer könnte sich ein Mensch nicht verhalten. Wer ein solches im Grunde nicht mehr fassbares Verbrechen begehe, sei eine Bestie. (2001)

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Fingierter Leserbrief

Leser einer Tageszeitung debattieren in Zuschriften über den angeblich umstrittenen Erziehungsstil der „Katholischen Pfadfinder Europas“ (KPE). In einem der Briefe, welche die Zeitung veröffentlicht, reagiert Dr. med. Agnes Furtwanger auf einen der Kritiker. Sie verteidigt die KPE und verweist auf die große Zahl extrem fähiger Akademiker, die ihre „Karriere“ deren Erziehungsstil verdankten. Die Pfadfinder seien doch nicht der Lückenbüßer für die fehlgeschlagene Erziehung des Leserbriefschreibers. Der Vater hätte seiner Tochter Gehorsam beibringen müssen. Dann wäre sie auch nicht auf und davon. Umgekehrt habe die Tochter alle Annehmlichkeiten der KPE in Anspruch genommen. So sei sie in einem Studentinnenheim bevorzugt zu einem Zimmer gekommen. Die Betroffene reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie habe mit der Leserbriefschreiberin Kontakt aufnehmen wollen und dabei festgestellt, dass die Absenderin des Briefes unbekannt ist. Dies habe sie der Redaktion mitgeteilt, aber keine Reaktion darauf erhalten. Aus diesem Grunde kritisiere sie, dass die Zeitung einen Leserbrief abgedruckt habe, ohne zu prüfen, ob dem angegebenen Namen eine reale Person entspreche. Nach Angabe eines Redakteurs kenne die Redaktion nur die E-Mail-Adresse der Autorin. Dies sei aber offenkundig kein ausreichender Nachweis für die Existenz der Absenderin. Ihre Bitte um Klärung ignoriere die Zeitung seit Wochen. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass es ein Fehler gewesen sei, den Leserbrief abzudrucken. Dass er dennoch veröffentlicht worden sei, sei darauf zurückzuführen, dass der Name Furtwanger dem Namen des Ortes ähnele, der in dem hinter der Leserzuschrift sich verbergenden Fall eine wichtige Rolle spiele. In der Eile der Bearbeitung habe dann eine gedankliche Fehlassoziation dazu geführt, dass die Zuschrift gedruckt worden sei. Der Beschwerdeführerin sei daraufhin Gelegenheit gegeben worden, auf den Leserbrief mit einer Richtigstellung zu reagieren. Nachdem die Betroffene in einer E-Mail ihren Zweifel an der Existenz der Leserbriefschreiberin geäußert habe, habe die Redaktion recherchiert und festgestellt, dass die angebliche Unterzeichnerin Dr. med. Agnes Furtwanger nicht existiere und der Brief per E-Mail von einem Rechner einer amerikanischen Universität gekommen sei. Dort habe sich die Spur jedoch verloren. Nach diesen Erkenntnissen habe die Redaktion ihren Lesern mitgeteilt, dass sie einen fingierten Leserbrief abgedruckt habe. Des weiteren sei man nach wie vor bemüht, die Sache aufzuklären. (2001)

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Autorisierung eines Interviews

Unter der Überschrift „Lügt ‚Bild‘ wieder?“ veröffentlicht eine Sonntagszeitung einen Beitrag über die falsche Beschriftung eines Trittin-Fotos in der Boulevardzeitung. In diesem Zusammenhang dränge sich allmählich die Frage auf, schreibt das Blatt, welche Rolle „Bild“ selbst bei der Eskalation der Gewalt in den 60er Jahren gespielt habe. Die Antwort, Mitte der Woche wenn auch zögerlich im Interview mit der Sonntagszeitung gegeben, wolle der Chefredakteur Ende der Woche nicht mehr lesen. Nämlich: Dass es ihm nicht zustehe, über das zu urteilen, was damals im Verlag gewesen sei, weil er 1968 doch erst vier Jahre alt gewesen sei und das Ganze nur historisch betrachten könne. Da der Chefredakteur der Boulevardzeitung diese Aussage bei der Autorisierungsabsprache aus dem Interviewtext herausgestrichen hatte, legt die Rechtsabteilung des Verlages Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es widerspreche der journalistischen Sorgfaltspflicht, Passagen eines Interviews, die von dem Interviewten gestrichen worden seien, in einem anderen Beitrag zu veröffentlichen. In diesem Vorgehen sehe der Verlag zudem eine unlautere Recherchemethode. Die Chefredaktion der Sonntagszeitung bestätigt, dass mit dem Chefredakteur des Boulevardblattes eine Autorisierung verabredet worden sei. Im Rahmen dieser Autorisierung habe dieser das Interview jedoch nicht auf Unrichtigkeiten hin geprüft, sondern inhaltlich geändert. Er habe Dinge, die er nicht gesagt habe, hineingeschrieben und andererseits Gesagtes herausgestrichen. Die Chefredaktion verstehe unter Autorisierung eines Interviews jedoch die Überprüfung auf Richtigkeit und nicht inhaltliche Veränderung. Die hier praktizierte Art der Autorisierung habe man demzufolge als ungewöhnlich empfunden und dies in dem kritisierten Text darstellen wollen. In diesem Zusammenhang seien zwei Äußerungen, die der Interviewte gemacht, aber herausgestrichen habe, exemplarisch dargestellt worden. Dies sei nur inhaltlich geschehen. Ein wörtliches Zitat sei nicht veröffentlicht worden. (2001)

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Bildunterzeile

Unter der Überschrift „Wertanlage mit Zahnspange“ berichtet ein Nachrichtenmagazin am Beispiel einer 12-jährigen Tennisspielerin über Tenniskinder, die Vermarktungsmanager magisch anziehen. Der Beitrag ist u.a. illustriert mit einem Foto, das den Tennis-Bundestrainer mit dem jungen Talent zeigt. Unter dem Foto steht das Zitat: „Nur eine Ware“. Der Anwalt der 12-jährigen Schülerin reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Bildunterzeile vermittele den Eindruck, der Bundestrainer habe geäußert, das Mädchen sei „nur eine Ware“. Das vollständige Zitat, das im Text enthalten sei, laute jedoch gänzlich anders: „Für die Vermarkter, sagt ... verächtlich, sind die jungen Spieler doch nur eine Ware.“ Der Sinn dieses Zitats sei in der Bildunterschrift damit völlig entstellt und verfälscht worden. Neben einem Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht liege hier eine Verletzung der Menschenwürde seiner minderjährigen Mandantin vor. Das Justitiariat des Verlages übersendet dem Presserat einen Brief an den Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin. Darin bedauert der Verlag, wenn sich das Mädchen und seine Eltern durch die Bildzeile verletzt fühlten. Allerdings könne man in der Unterzeile des Fotos keinen Verstoß gegen den Pressekodex erkennen. Sie sei erkennbar Teil eines Zitats, welches sich nach der Tradition des Magazins in vollem Umfang im Artikel wiederfinde. Der Magazinleser wisse, dass eine Bildzeile nicht den Bildinhalt beschreibe, sondern Aussagen aus dem Text aufgreife. Ohne Kenntnis des Textes sei die Bildzeile beliebig interpretierbar. Es sei völlig offen, wer zitiert werde und auf wen sich das Zitat beziehe. Der gründliche Leser stoße bei der Lektüre des Beitrages auf das vollständige Zitat, so dass ein Missverständnis ausgeschlossen sei. Selbst der flüchtige Leser verstehe, dass in dem Beitrag nicht das Verhältnis Trainer/Schülerin, sondern das Gebaren der Vermarktungsmanager beschrieben werde. (2001)

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Unsichere Quellenlage

Urheberrechtsfrage

Foto illegal beschafft

Eine Zeitschrift schildert das Millenniumsjahr im Zeitraffer. Unter der Schlagzeile "Jeder Tag ein Bild“ wird im Titel und im Bildteil das Foto einer im Januar 2000 an Lassa-Fieber gestorbenen deutschen Studentin veröffentlicht. Das Foto wurde vor ihrer Erkrankung aufgenommen und zeigt die Betroffene bei einer Ballettaufführung. Die Veröffentlichung veranlasst die Hinterbliebenen zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Ihr Anwalt teilt mit, dass dieses Foto von drei Mitarbeitern eines privaten TV-Senders aus einer Ballettschule entwendet worden sei. Dies sei bereits im Januar 2000 geschehen und in den Medien breit diskutiert worden. Somit sei der Redaktion der Zeitschrift bei Abdruck des Fotos bekannt gewesen, dass das Bild mittels unlauterer Recherchemethoden beschafft worden sei. Unabhängig davon werde durch die Veröffentlichung des Bildes das Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen verletzt. Sie sei – zumindest im Dezember 2000 – keine relative Person der Zeitgeschichte gewesen. Somit verstoße ihre Identifizierung gegen Ziffer 8 des Pressekodex. In der Veröffentlichung sieht die Rechtsvertretung zudem einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex, da dadurch die Gefühle der Angehörigen verletzt würden. Der Anwalt der Hinterbliebenen reicht einen Bescheid des zuständigen Generalstaatsanwaltes nach, aus dem hervorgeht, dass das Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Recht am eigenen Bild auch wegen des in der Zeitschrift veröffentlichten Fotos fortgesetzt wird. Dies unterstreiche die Bedeutung der Angelegenheit. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, dass das in Rede stehende Foto nicht rechtswidrig erlangt worden sei. Ein von Hinterbliebenen gegen drei Journalisten initiiertes Strafverfahren sei eingestellt worden. Für ein etwaiges rechtswidriges Verhalten Dritter, von dem die Redaktion zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Kenntnis gehabt habe, müsse die Zeitschrift nicht eintreten. Aus einer Erklärung des beteiligten Privatsenders gehe hervor, dass das Foto von Mitarbeitern der Ballett-Schule freiwillig an die Journalisten herausgegeben worden sei. Unabhängig von der rechtlichen Fragestellung sei die Veröffentlichung auch nicht im Sinne des Pressekodex zu beanstanden. Im Kontext von Jahresrückschauen müsse es möglich sein, auch auf bereits länger zurückliegende Ereignisse des Jahres im Bild Bezug zu nehmen. Andernfalls wären Jahresrückblicke generell unmöglich. Es könne nicht ernsthaft in Frage stehen, dass die Einschleppung des Lassa-Fiebers und der erstmalige Tod eines Menschen an dieser Krankheit in Deutschland ein zeitgeschichtliches Ereignis darstelle. Der Vorfall habe ein erhebliches öffentliches Aufsehen erregt und die Öffentlichkeit habe großen Anteil am Schicksal der Studentin genommen. Die Publikation sei ohne Namensnennung sowie zurückhaltend, seriös und ohne jede Effekthascherei erfolgt. Auf Anfrage des Presserats übersenden die Beschwerdeführer sowie die zuständige Staatsanwaltschaft Unterlagen zu dem Vorgang in der Ballettschule, in dessen Verlauf Journalisten in den Besitz von Fotos der verstorbenen Studentin gelangt sind. Der Leiter des Ballettstudios sowie seine Lebensgefährtin betonen darin, dass die Journalisten sie anfänglich nicht darüber in Kenntnis gesetzt hätten, dass es sich bei der Tänzerin um die in Lassa-Fieber erkrankte Studentin handele. Dies habe sich erst im Laufe des Gesprächs in der Ballettschule herausgestellt. Die Lebensgefährtin des Inhabers der Schule habe den Journalisten zwei Fotos zur Ansicht übergeben, die diese dann abgefilmt und ohne Zustimmung mitgenommen hätten. Der Aufforderung, die Bilder in der Schule zu lassen, seien sie nicht gefolgt. Einige Tage später seien die Fotos dann per Post zurückgeschickt worden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt in Ergänzung ihrer ersten Stellungnahme mit, dass ihrer Mandantin das Foto arglos von einer Boulevardzeitung erworben habe. Eine Mitarbeiterin der Redaktion habe das Foto in der Zeitung gesehen und angefragt, ob es für eine Zweitverwertung erhältlich sei. Für ein moderates Honorar habe man daraufhin das Bild zur Verfügung gestellt bekommen. Erst nach der Veröffentlichung sei bekannt geworden, dass es wegen Herkunft bzw. Beschaffung des Fotos Schwierigkeiten gegeben habe. (2000)

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Unbewiesene Behauptung

Recherche mit Sorgfalt