Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet über ein Drama im Fußballstadion: Ein junger Mann, Fußballfan und Platzwart, stürzt von einem Flutlichtmast in den Tod, nachdem sich zuvor die Feuerwehr unter Mithilfe einer Psychologin vergeblich um seine Rettung bemüht hat. Fotos zeigen, wie der Betroffene auf einem Flutlichtmast steht, dann ausrutscht und schließlich hinabstürzt. Auch ein Online-Beitrag der Zeitung enthält eine Fotogalerie, die das Opfer des Unglücks in mehreren Aufnahmen vor und beim Sturz von dem Flutlichtmast zeigt. Darüber hinaus hat der Online-Nutzer die Möglichkeit, unter dem Link „Das Video“ bewegte Bilder von dem Geschehen zu sehen. In der Druckausgabe finden sich Bilder auf der Titelseite und im Innenteil. Der volle Name des Toten wird genannt und es werden Spekulationen über die Ursache des Sturzes angestellt. So soll er es nicht verkraftet haben, dass sich seine Freundin von ihm getrennt hat, und er soll volltrunken gewesen sein. Drei Leser schalten den Deutschen Presserat ein. Sie halten übereinstimmend die Veröffentlichung für menschenverachtend. Einem von ihnen, Vereinskamerad des Verunglückten, fällt es schwer, sachlich mitzuteilen, was ihn bewege. Kamerateams einiger Privatsender hätten Szenen des tragischen Geschehens aufgenommen. Diese seien dann immer wieder, zum Teil in Zeitlupe, im Fernsehen gezeigt worden. Die Boulevardpresse sei am nächsten Tag mit Berichten in großer Aufmachung gefolgt. In der Online-Präsentation des vorliegenden Boulevardblattes sei sogar ein Video zum Herunterladen angeboten worden. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Ihrer Meinung nach ist das Ereignis mit dem tragischen Ausgang aus der Sicht aller Medien ein herausragendes, wie auch die zahlreichen Fernsehausstrahlungen belegen. Über das Ereignis hätte berichtet werden müssen, auf jeden Fall aber berichtet werden können. Die Presse und überhaupt die Medien könnten nicht immer auf eine Berichterstattung verzichten, auch wenn damit gerechnet werden könne, dass nicht alle damit einverstanden seien. Im übrigen sei die Einstellung von Bildern und Texten aus dem entsprechenden Printmedium in Online-Dienste branchenüblich.(2001)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „400 sahen die Tragödie – Todessturz vom Flutlichtmast“ über einen Unglücksfall in einem Fußballstadion. Ein Platzwart des Fußballvereins war von einem Flutlichtmast in den Tod gestürzt. Die Zeitung nennt den Namen des Verunglückten, bringt sein Porträt und veröffentlicht Fotos, die zeigen, wie er auf dem Flutlichtmast steht und sodann herunter fällt. Die Zeitung stellt schließlich Spekulationen über die Ursache des Sturzes an. Der Betroffene habe Liebeskummer gehabt. Die Freundin habe sich erst kürzlich von ihm getrennt. Am Fuße des Mastes habe man eine geleerte Whiskyflasche gefunden. Drei Leser des Blattes, darunter ein Vereinskamerad des Verunglückten, rufen den Deutschen Presserat an und beanstanden übereinstimmend die Berichterstattung als menschenverachtend. Die Veröffentlichungen deckten sich nicht mit den Regelungen des Pressekodex. Hier sei die Menschenwürde vermarktet worden. Geschäftsführung und Chefredaktion der Zeitung sind der Ansicht, dass ihr Blatt nicht gegen den Pressekodex verstoßen habe. Der junge Mann habe sich selbst an die Öffentlichkeit gewandt und sich mit seinem Selbstmordversuch in die Öffentlichkeit gestellt. Er sei zu einem Zeitpunkt, als 400 Fußballfans am Kartencenter für eine Dauerkarte anstanden, auf einen Flutlichtmast des Stadions geklettert und habe gedroht, dort herunter zu springen. Zum anderen sei die Zeitung von der Zulässigkeit einer identifizierenden Veröffentlichung ausgegangen. Gerade die sehr persönliche Note sei hier zu berücksichtigen. Insgesamt habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwogen. (2001)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „400 sahen die Tragödie – Todessturz vom Flutlichtmast“ über einen Unglücksfall in einem Fußballstadion. Ein Platzwart des Fußballvereins war von einem Flutlichtmast in den Tod gestürzt. Die Zeitung nennt den Namen des Verunglückten, bringt sein Porträt und veröffentlicht Fotos, die zeigen, wie er auf dem Flutlichtmast steht und sodann herunter fällt. Die Zeitung stellt schließlich Spekulationen über die Ursache des Sturzes an. Der Betroffene habe Liebeskummer gehabt. Die Freundin habe sich erst kürzlich von ihm getrennt. Am Fuße des Mastes habe man eine geleerte Whiskyflasche gefunden. Drei Leser des Blattes, darunter ein Vereinskamerad des Verunglückten, rufen den Deutschen Presserat an und beanstanden übereinstimmend die Berichterstattung als menschenverachtend. Die Veröffentlichungen deckten sich nicht mit den Regelungen des Pressekodex. Hier sei die Menschenwürde vermarktet worden. Geschäftsführung und Chefredaktion der Zeitung sind der Ansicht, dass ihr Blatt nicht gegen den Pressekodex verstoßen habe. Der junge Mann habe sich selbst an die Öffentlichkeit gewandt und sich mit seinem Selbstmordversuch in die Öffentlichkeit gestellt. Er sei zu einem Zeitpunkt, als 400 Fußballfans am Kartencenter für eine Dauerkarte anstanden, auf einen Flutlichtmast des Stadions geklettert und habe gedroht, dort herunter zu springen. Zum anderen sei die Zeitung von der Zulässigkeit einer identifizierenden Veröffentlichung ausgegangen. Gerade die sehr persönliche Note sei hier zu berücksichtigen. Insgesamt habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwogen.(2001)
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Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „400 sahen die Tragödie – Todessturz vom Flutlichtmast“ über einen Unglücksfall in einem Fußballstadion. Ein Platzwart des Fußballvereins war von einem Flutlichtmast in den Tod gestürzt. Die Zeitung nennt den Namen des Verunglückten, bringt sein Porträt und veröffentlicht Fotos, die zeigen, wie er auf dem Flutlichtmast steht und sodann herunter fällt. Die Zeitung stellt schließlich Spekulationen über die Ursache des Sturzes an. Der Betroffene habe Liebeskummer gehabt. Die Freundin habe sich erst kürzlich von ihm getrennt. Am Fuße des Mastes habe man eine geleerte Whiskyflasche gefunden. Drei Leser des Blattes, darunter ein Vereinskamerad des Verunglückten, rufen den Deutschen Presserat an und beanstanden übereinstimmend die Berichterstattung als menschenverachtend. Die Veröffentlichungen deckten sich nicht mit den Regelungen des Pressekodex. Hier sei die Menschenwürde vermarktet worden. Geschäftsführung und Chefredaktion der Zeitung sind der Ansicht, dass ihr Blatt nicht gegen den Pressekodex verstoßen habe. Der junge Mann habe sich selbst an die Öffentlichkeit gewandt und sich mit seinem Selbstmordversuch in die Öffentlichkeit gestellt. Er sei zu einem Zeitpunkt, als 400 Fußballfans am Kartencenter für eine Dauerkarte anstanden, auf einen Flutlichtmast des Stadions geklettert und habe gedroht, dort herunter zu springen. Zum anderen sei die Zeitung von der Zulässigkeit einer identifizierenden Veröffentlichung ausgegangen. Gerade die sehr persönliche Note sei hier zu berücksichtigen. Insgesamt habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwogen.(2001)
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Unter der Überschrift „Schlachten von gestern, heute geschlagen“ berichtet eine Tageszeitung über die Pommersche Landsmannschaft. In dem Beitrag findet sich die Anmerkung, dass die Pommersche Zeitung hart am rechten Rand des noch Erträglichen operiere. Die Chefredaktion des Blattes sieht sich durch diese Formulierung in die rechte Ecke gestellt und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Es handele sich hier um eine Meinungsäußerung, die aber als Tatsache erscheine. Insofern werde die Zeitung diffamiert. Die Geschäftsführung des betroffenen Verlages erklärt, dass der Autor des Beitrages die Berichterstattung und Kommentierung der Pommerschen Zeitung seit vielen Jahren verfolge. Auf Grund dieser sehr sorgfältigen Beobachtungen sei er zu einer Meinung gelangt, die er in der kritisierten Passage geäußert habe. Da es sich bei dem Beitrag um einen Namensartikel handele, sei für jeden Leser erkennbar, dass der Autor seine subjektive Meinung wiedergebe. Diese Meinungsäußerung sei zulässig, die Grenzen zur Schmähkritik würden nicht überschritten. (2001)
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Eine Lokalzeitung berichtet, dass sich zwei lebensmüde Männer innerhalb von drei Stunden vor Eisenbahnzüge gestürzt haben. In den Beitrag eingefügt ist ein Foto, dass Polizeibeamte bei ihren Ermittlungen zeigt, während im Vordergrund zwischen Eisenbahngeleisen die abgedeckte Leiche eines der Selbstmörder zu sehen ist. Ein Leser des Blattes, als Reisender in einem der beteiligten Züge besonders betroffen, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht besteht an einer Berichterstattung über Selbsttötung kein öffentliches Interesse. Nachahmungstäter würden durch solche Veröffentlichungen animiert. Auch inhaltlich sei der Bericht nicht richtig. Denn ein Ersatzzug wurde entgegen der Darstellung in der Zeitung nicht eingesetzt. Der beteiligte ICE konnte vielmehr weiterfahren. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, ihr Bericht beruhe auf zwei Pressemitteilungen der zuständigen Polizeidirektion. Die in Richtlinie 8.4 des Pressekodex gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötung sei gewahrt worden. Es seien weder Namen genannt noch nähere Begleitumstände geschildert worden. Die Redaktion sei sich der vom Beschwerdeführer angesprochenen Problematik durchaus bewusst, habe sich aber im Interesse der Öffentlichkeit für die Berichterstattung entschieden, da es teilweise zu erheblichen Behinderungen für die Bahnreisenden gekommen sei. Das aus der Entfernung aufgenommene Foto diene in Anbetracht der ungewöhnlichen Häufung zweier Suizide lediglich der Veranschaulichung der Berichterstattung. Eine Identifizierung des Opfers sei nicht möglich. Die vom Beschwerdeführer beanstandete Mitteilung, dass für den beteiligten ICE ein Ersatzzug eingesetzt worden sei, beruhe auf Polizeiinformationen. Der Redakteur habe keinen Anlass gehabt, diese in Zweifel zu ziehen. (2001)
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Ein Informationsdienst für Anlageberater, Banken, Initiatoren und Anleger bietet Firmen, über die in dem Dienst berichtet wurde, die Möglichkeit an, die entsprechende Ausgabe des Dienstes gegen Bezahlung an Kunden des Unternehmens zu verschicken. Der Herausgeber eines Researchdienstes wirft dem Unternehmen in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat vor, den Firmen damit die Gelegenheit zu geben, wohlwollende Berichterstattung gegen hohe Beträge einzukaufen. Die Rechtsvertretung des Informationsdienstes hält den Vorwurf für völlig unsubstantiiert und unzutreffend. Es komme vor, dass Nach- bzw. Mehrdrucke von Unternehmen, über die man berichtet habe, in Auftrag gegeben würden. Solche Mehrdrucke seien presseüblich und nicht zu beanstanden, solange nicht von demjenigen, der die Bestellung aufgebe, Einfluss auf die Redaktion genommen werde. Letzteres gebe es bei ihrem Mandanten nicht. Der Beschwerdeführer schließe allein aus der Tatsache, dass Unternehmen für eine Mehrauflage zahlen, dass die Berichterstattung käuflich sei. Dies sei jedoch falsch. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet im Zeitraum von September 2000 bis März 2001 in mehreren Beiträgen über einen Lokalpolitiker, dem vorgeworfen wird, als kommissarischer Leiter eines Klinikums Gelder veruntreut und Steuern hinterzogen zu haben. Die Zeitung nennt den vollen Namen des Mannes. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass die Nennung seines Namens nicht gerechtfertigt sei. Außerdem kritisiert er, dass die Zeitung ihn zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht befragt habe und dass er in dem Artikel vorverurteilt werde. Der Presserat konzentriert seine Prüfung auf eine Passage, in der es heißt: „In welchem Umfang sich kriminelle Bosse in die eigene Tasche gewirtschaftet haben könnten, zeigt nur ein Beispiel.“ Die Chefredaktion der Zeitung betont in ihrer Stellungnahme, dass in ihrem Beitrag lediglich der Erkenntnisstand von Staatsanwaltschaft und Polizei im Ermittlungsverfahren wiedergegeben werde. In der kritisierten Passage sei von „kriminellen Bossen“ die Rede. Und unter „Bossen“ würden im Sprachgebrauch allgemein Menschen in höheren Positionen verstanden, so dass keine Eingrenzung auf den Beschwerdeführer vorgenommen werde. Dem Leser werde zwar vermittelt, dass auch er zu den „Bossen“ gehören könnte, dies sei jedoch zulässige Verdachtsberichterstattung. (2000/2001)
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In mehreren Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über das Jahrestreffen einer Lagergemeinschaft, eines Verbandes von ehemaligen politischen Häftlingen, die von Sowjetischen Militärtribunalen in der ehemaligen DDR wegen antisowjetischer Tätigkeit oder Haltung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und nach der Verurteilung in die Strafgebiete des sowjetischen Gulag verschleppt worden sind. Unter dem Titel „Schlüsselloch“ lobt ein Kolumnist die Überlebenden von Workuta, dass sie den Schülern im Gymnasium der Stadt vom Stalin-Gulag erzählt und ihre Zuhörer vom „Wert der Demokratie“ überzeugt haben. Weniger dankbar aber seien Angestellte eines örtlichen Hotels, die miterlebt hätten, wie einige dieser Gäste aus der Rolle gefallen seien. Da sei der selbst angesichts des Grauens von Workuta kaum nachvollziehbare Satz gefallen: „Den Häftlingen in Buchenwald ging es gar nicht so schlecht, die hatten doch Pullover.“ Einer habe wissen wollen, ob denn das Hotel keine Zwangsarbeiter als Gepäckträger habe, er sei schließlich „kein Kaffer“. Ein anderer habe erzählt: „Ich hatte 11.000 Neger auf meiner Plantage, elf habe ich aufgehängt, seitdem darf ich in Simbabwe nicht mehr einreisen.“ Und als am 1.Mai die Anti-Nazi-Demo vorbeigezogen sei, sei eine Kellnerin aufgefordert worden, rauszugehen und „den Lärm abzustellen“. Schließlich hätte ein Teilnehmer den Aufsatz eines früheren Terroristen-Anwalts kopieren lassen, der anhand von Bibelzitaten belegen wolle, dass Juden bei uns nichts zu suchen hätten. Der Vorsitzende der Lagergemeinschaft beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die veröffentlichten Behauptungen nicht bewiesen seien, aber als Tatsachen dargestellt würden. In der Veröffentlichung sehe er eine Diskriminierung aller Mitglieder seiner Lagergemeinschaft. Zudem kritisiert er, dass die Redaktion der Zeitung nicht einmal den Versuch gemacht habe, mit ihm als Sprecher der Lagergemeinschaft Kontakt aufzunehmen. Auch das Bautzen-Komitee, ein Verband, der Opfer des Kommunismus vertritt, reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es protestiert gegen das in dieser Kampagne zum Ausdruck gebrachte unwürdige journalistische Verhalten. Eine dritte Beschwerde kommt von einer Bundestagsabgeordneten, die Vermutungen zu Tatsachen erhoben sieht. Hier werde diffamiert und eine Kampagne geführt. Die Chefredaktion der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die kritisierten Behauptungen auf den Aussagen von sechs Mitarbeitern des Hotels beruhen, in dem die Teilnehmer des Treffens zu Gast gewesen seien. Eine der Mitarbeiterinnen habe den Chefredakteur selbst bei einem Aufenthalt im Restaurant angesprochen und ihm den Sachverhalt erstmals dargelegt. In der folgenden Berichterstattung habe die Zeitung eine Diskussion von erheblichem öffentlichen Interesse angestoßen. Von einer Kampagne könne keineswegs die Rede sein. Auch eine Diffamierung liege nicht vor. In den Beiträgen sei stets von „Einzelnen“ die Rede gewesen. Der Vorfall sei also durchaus als eine Verwirrung empfunden und auch so dargestellt worden. (2001)
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In mehreren Beiträgen berichtet eine Regionalzeitung über das Jahrestreffen einer Lagergemeinschaft, eines Verbandes von ehemaligen politischen Häftlingen, die von Sowjetischen Militärtribunalen in der ehemaligen DDR wegen antisowjetischer Tätigkeit oder Haltung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und nach der Verurteilung in die Strafgebiete des sowjetischen Gulag verschleppt worden sind. Unter dem Titel „Schlüsselloch“ lobt ein Kolumnist die Überlebenden von Workuta, dass sie den Schülern im Gymnasium der Stadt vom Stalin-Gulag erzählt und ihre Zuhörer vom „Wert der Demokratie“ überzeugt haben. Weniger dankbar aber seien Angestellte eines örtlichen Hotels, die miterlebt hätten, wie einige dieser Gäste aus der Rolle gefallen seien. Da sei der selbst angesichts des Grauens von Workuta kaum nachvollziehbare Satz gefallen: „Den Häftlingen in Buchenwald ging es gar nicht so schlecht, die hatten doch Pullover.“ Einer habe wissen wollen, ob denn das Hotel keine Zwangsarbeiter als Gepäckträger habe, er sei schließlich „kein Kaffer“. Ein anderer habe erzählt: „Ich hatte 11.000 Neger auf meiner Plantage, elf habe ich aufgehängt, seitdem darf ich in Simbabwe nicht mehr einreisen.“ Und als am 1.Mai die Anti-Nazi-Demo vorbeigezogen sei, sei eine Kellnerin aufgefordert worden, rauszugehen und „den Lärm abzustellen“. Schließlich hätte ein Teilnehmer den Aufsatz eines früheren Terroristen-Anwalts kopieren lassen, der anhand von Bibelzitaten belegen wolle, dass Juden bei uns nichts zu suchen hätten. Der Vorsitzende der Lagergemeinschaft beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die veröffentlichten Behauptungen nicht bewiesen seien, aber als Tatsachen dargestellt würden. In der Veröffentlichung sehe er eine Diskriminierung aller Mitglieder seiner Lagergemeinschaft. Zudem kritisiert er, dass die Redaktion der Zeitung nicht einmal den Versuch gemacht habe, mit ihm als Sprecher der Lagergemeinschaft Kontakt aufzunehmen. Auch das Bautzen-Komitee, ein Verband, der Opfer des Kommunismus vertritt, reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Es protestiert gegen das in dieser Kampagne zum Ausdruck gebrachte unwürdige journalistische Verhalten. Eine dritte Beschwerde kommt von einer Bundestagsabgeordneten, die Vermutungen zu Tatsachen erhoben sieht. Hier werde diffamiert und eine Kampagne geführt. Die Chefredaktion der Zeitung teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass die kritisierten Behauptungen auf den Aussagen von sechs Mitarbeitern des Hotels beruhen, in dem die Teilnehmer des Treffens zu Gast gewesen seien. Eine der Mitarbeiterinnen habe den Chefredakteur selbst bei einem Aufenthalt im Restaurant angesprochen und ihm den Sachverhalt erstmals dargelegt. In der folgenden Berichterstattung habe die Zeitung eine Diskussion von erheblichem öffentlichen Interesse angestoßen. Von einer Kampagne könne keineswegs die Rede sein. Auch eine Diffamierung liege nicht vor. In den Beiträgen sei stets von „Einzelnen“ die Rede gewesen. Der Vorfall sei also durchaus als eine Verwirrung empfunden und auch so dargestellt worden. (2001)
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