Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Ein Satiremagazin stellt auf seinem Titelblatt Helmut Kohl als „Single des Jahres“ vor und fragt „Wen heiratet Kohl jetzt?“ In ein Foto Kohls sind die Porträts von vier denkbaren Heiratskandidatinnen eingeblendet. Ein fünftes Foto zeigt Hannelore Kohl, deren Porträt mit roten Balken durchgestrichen ist. Eine Leserin hält die Veröffentlichung für pietätlos und bittet den Deutschen Presserat, die Darstellung zu rügen. Wie jeder Mensch in einer solchen Lage habe auch der Altbundeskanzler das Recht, um seine verstorbene Frau zu trauern, und er habe ein Anrecht darauf, dass diese Trauer von allen respektiert werde. Die Chefredaktion der Zeitschrift nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung. (2001)
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Weil er eine behinderte Frau gefesselt und vergewaltigt hat, wird ein 53-jähriger Mann, der bislang 17 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht hat, zu vier Jahren Haft verurteilt. Vom Vorwurf der fünffachen Vergewaltigung hat ihn der Bundesgerichtshof wegen einiger Probleme in der Beweisführung in vier Fällen inzwischen befreit. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Verlauf des neuen Prozesses und charakterisiert den Angeklagten als einen penetranten Selbstdarsteller. Entsprechend lautet die Überschrift: „4 Jahre Knast für den Vergewaltiger mit der großen Klappe“. In den Artikel eingefügt ist ein Porträt des Mannes. Die Zeitung nennt zudem Vornamen, Initial des Familiennamens und Alter. Sie hatte dies in der Berichterstattung über ein früheres Verfahren gegen den Mann schon einmal getan und für diesen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex vom Presserat eine Missbilligung kassiert. Der Betroffene beschwert sich erneut beim Deutschen Presserat. Er beanstandet auch in diesem Fall die Veröffentlichung des Fotos und findet den Text herabwürdigend. Die Redaktionsleitung erklärt, ihr sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des zweiten Beitrages die vorherige Entscheidung des Presserates noch nicht bekannt gewesen. Unabhängig davon sei das Verfahren gegen den Beschwerdeführer über das Normale hinausgegangen. Einmal habe sich der BGH im Rahmen einer Revision mit dem Strafverfahren befasst. Zum anderen gebe sich der Mann selbst die Rolle eines außergewöhnlichen, nämlich durch ein unobjektives Gericht unschuldig Verurteilten. Dies hier sei kein Fall, in dem zum Täterschutz eine besondere Zurückhaltung geboten sei. (2001)
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Unter der Überschrift „Stürmen statt pauken“ berichtete eine Zeitschrift über einen 12-jährigen Jungen, der einen Vertrag mit einem Bundesligaverein abgeschlossen habe. Die Ablöse für Deutschlands jüngsten Fußballprofi betrage angeblich 600.000 DM. Die Zeitschrift zitiert dazu den Vater: „Mit Geld hatte das nichts zu tun. Das ist Schwachsinn. Marcos Herz schlägt für den FC und wir glauben, dass er hier die besten Möglichkeiten hat, einmal Profi zu werden.“ Auch der Junge wird zitiert: „Auf Schule habe ich keinen großen Bock. Vor allem Mathe finde ich doof.“ Die Rechtsvertretung des Vaters teilt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat mit, dass die Zitate frei erfunden seien. Die Redaktion habe dies auch bereits eingeräumt. Der Anwalt legt der Beschwerde einen Beitrag aus einem Nachrichtenmagazin zum Thema Jugendförderung in Bundesligaclubs bei. Darin heißt es, dass der Trend zur Jugendpflege absurde Züge annehme. So habe ein Club einem Rivalen einen Zwölfjährigen abgeworben. Angeblich sollten 200.000 DM an die Eltern fließen. Dies verdeutliche, so der Anwalt, von welcher Bedeutung der Vorgang für seinen Mandanten sei. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift weist darauf hin, dass bereits vor Erscheinen des kritisierten Artikels in zahlreichen Medien über den 12-jährigen Fußballer berichtet worden sei. Einer der Verfasser, ein freier Journalist, sei von der Redaktion der Zeitschrift gebeten worden, auch für sie eine entsprechende kleine Geschichte über den jungen Fußballer zu schreiben. Die darin veröffentlichten Zitate seien das Ergebnis der Recherche des Journalisten. Dieser habe nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die veröffentlichten Zitate voll und ganz zutreffend seien. Die Zeitschrift habe auch zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Beschwerdeführer selbst bzw. dessen anwaltlichem Vertreter erklärt, dass die in den Artikel veröffentlichten Zitate „hinzugefügt“ worden seien. (2001)
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Eine Frauenzeitschrift zeichnet unter der Überschrift „Endstation Nervenklinik?“ ein Porträt des Popstars Michael Jackson, der sich mit seiner dunklen Hautfarbe nie habe identifizieren können. Früher habe man über seine Macken noch lachen können, mittlerweile sei der Zustand des Sängers erschreckend. Sein Gesicht sei nach unzähligen Schönheitsoperationen zu einer Maske erstarrt, die Nase sei nur noch zu erahnen, die Haut kalkweiß. Auch der seelische Zustand von „Jacko“ sei bedenklich. Seine wenigen engen Freunde hielten es nur noch für eine Frage der Zeit, bis er in der Nervenklinik lande. Auf den Inhalt eines Vortrages, den die Pop-Ikone unlängst in Oxford über das Thema „Wie Eltern und Kinder sich wieder näher kommen“ gehalten habe, habe niemand geachtet. Nach einem Weinkrampf am Mikrofon habe der Künstler allen Ernstes ein Gute-Nacht-Geschichten-Gesetz gefordert. Die Vizepräsidentin eines Michael-Jackson-Fanclubs wendet sich an den Deutschen Presserat. Die in dem Beitrag zitierten Aussagen von Jackson seien völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden. Zudem sei die Beschreibung des Popstars ehrverletzend. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift sieht in der Überschrift des Artikels eine zulässige Meinungsäußerung. Die Rede des Künstlers sei auszugsweise wiedergegeben worden, die Zitate seien nicht aus dem Zusammenhang gerissen. Es sei Aufgabe der Presse, öffentlich zu hinterfragen, wenn ein Superstar wie Michael Jackson sich so wie geschehen verändere. Hier seien Fragen negativer Art erlaubt. Solche Fragen habe die gesamte Presse gestellt, erklären die Anwälte unter Hinweis auf entsprechende Belege. Der Fanclub der Beschwerdeführerin habe inzwischen eine Hetzjagd auf den zuständigen Redakteur eingeleitet. Im Internet seien sein Name, sein Foto, seine Telefonnummer und seine E-Mail-Adresse veröffentlicht. Dabei würden Sätze wie „Das ist der Michael-Hasser“ oder „Das ist der Gossip-Schreiber“ gebraucht. (2001)
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Eine Regionalzeitung begleitet seit Jahren ausführlich und kritisch das Wirken und den Führungsstil eines Stahl-Managers, der bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender der Salzgitter AG gewesen ist. In einem der Beiträge berichtet sie, dass der geplante Verkauf des damals zum Preussag-Konzern gehörenden Stahlwerkes derzeit Gegenstand heftiger politischer Spekulationen und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen sei. Der frühere Stahl-Manager werfe dem Konzern-Chef indirekt Bestechung vor. Dieser habe jedem Mitglied des Preussag-Vorstandes eine Million Mark bei einem problemlosen Verkauf an British Steel angeboten. Ein jetzt aufgetauchtes Papier aus dem Jahre 1996 wecke jetzt aber Zweifel an der Glaubwürdigkeit des ehemaligen Salzgitter-Chefs. So habe auch dieser Ende 1996 einen Verkauf des niedersächsischen Stahlwerkes an British Steel angepeilt. Dies gehe aus einem streng vertraulichen Papier des früheren Stahlwerkchefs hervor, das der Zeitung vorliege. In einem weiteren Artikel informiert die Zeitung ihre Leserschaft über die letzte Hauptversammlung des Stahlkonzerns. Darin habe der frühere Konzernchef versucht, nochmals die Gründe für seinen spektakulären Rücktritt vor zwei Jahren aufzurollen. Mit dem Verweis, nur das Geschäftsjahr 1999/2000 stehe zur Debatte, habe der Chef des Aufsichtsrates das Intermezzo unter kräftigem Beifall der Aktionäre beendet. Der betroffene Manager beschwert sich beim Deutschen Presserat und übt Kritik an der Berichterstattung der Zeitung. Da ein Teil der Veröffentlichungen zeitlich weit zurückliegt, konzentriert sich der Presserat nach eingehender Vorprüfung auf die beiden genannten Beiträge. Dazu erklärt der Beschwerdeführer, es sei falsch, dass das Papier aus dem Jahre 1996 erst jetzt aufgetaucht sei. Ein Nachrichtenmagazin habe es bereits im Jahre 1998 umfänglich erwähnt. Der Artikel über die Hauptversammlung enthalte insofern eine Falschmeldung, als ein großer Applaus der über tausend Aktionäre eingesetzt habe, nachdem er, der Beschwerdeführer, die hervorragende Arbeit des Vorstandes unter der Leitung seines Nachfolgers gewürdigt habe. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass der Magazinbericht aus dem Jahre 1998 dem Verfasser des Beitrages offensichtlich nicht präsent gewesen sei. Über die Hauptversammlung habe eine Redakteurin der Zeitung berichtet, die persönlich vor Ort gewesen sei. Er habe keinen Anlass, an der Richtigkeit ihres Berichts zu zweifeln. (2000/2001)
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„Er hat Julia ermordet“ lautet die Schlagzeile auf der Titelseite einer Boulevardzeitung. Im Text heißt es, dass die Fahnder der Polizei sich zu 99,9 Prozent sicher seien, das ein 33-jähriger Buchhalter und Familienvater das 8-jährige Mädchen verschleppt und ermordet habe. Der mutmaßliche Täter und das Mädchen sind abgebildet. Der Mann wird mit Vornamen und Initial des Nachnamens genannt. Der Anwalt der Ehefrau des Verdächtigen beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat eine Vorverurteilung des Betroffenen. Zudem verletze die Veröffentlichung des Bildes das Persönlichkeitsrecht des Mannes. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, der zuständige Staatsanwalt habe gegenüber der Redaktion erklärt, dass der Fall als gelöst gelte. Das Foto ohne Balken stamme aus der Sendung eines Privatsenders. Damals habe sich der Verdächtige als unbeteiligter Nachbar der Diskussion über den Fall gestellt. Auf Grund der kaum vorstellbaren Situation, dass sich ein mutmaßlicher Täter zunächst als unbeteiligter Nachbar in einem Mordfall über das Fernsehen der Öffentlichkeit präsentiere und dann auf Grund der Indizienlast selbst als Täter in Frage komme, habe man im Rahmen der kritisierten Veröffentlichung auf eine Anonymisierung durch einen Balken über der Augenpartie verzichtet. In der folgenden Berichterstattung habe man dann doch die Fotos des Verdächtigen durch Augenbalken unkenntlich gemacht und auch von einem mutmaßlichen Täter gesprochen. Die Zeitung habe sich also in der Berichterstattung deutlich zurückgenommen und die Darstellung des Falles im Sinne des Pressekodex geregelt. (2001)
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Stadtratsfraktion und Basisgruppe der PDS haben zu einer Informationsveranstaltung „Gegen Rassismus und rechte Gewalt“ eingeladen. Die Zeitung am Ort berichtet darüber. In der zweieinhalbstündigen Veranstaltung sei zwar viel geredet und debattiert worden, doch letztlich sei die Frage offen geblieben, wie sich die Bürger nun angesichts eines erneuten Aufmarsches der Neonazis in der Stadt diesen entgegen stemmen sollten. In einem Kommentar dazu skizziert der Autor die antifaschistischen und antirassistischen Aktivitäten des Landeschefs der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, der auch an der Informationsveranstaltung beteiligt gewesen sei und in einem an die Medien gerichteten Rundbrief auf die Rechtsentwicklung in der Stadt hinweise und Möglichkeiten der Gegenwehr aufzeige. Der umtriebige Sizilianer gelte als Sprachrohr der Antifa-Szene. Er fühle sich angesichts des offenen Rassismus im Osten als Kanake, bekenne er. Der Kommentator wirft dem Gewerkschaftler und dessen Gesinnungsfreunden vor, mit ihrer Einschätzung der Situation in der Stadt zu überziehen und ein Feld zu bereiten, von dem sich vielleicht nun erst recht die rechte Brut angezogen fühle. Wer fernab jeder Realität behaupte, die Stadt sei rechts, lüge und gefährde ihre weitere ohnehin schwierige Entwicklung. Schließlich kritisiert der Autor des Kommentars die Verpflichtung des Hauptreferenten der Informationsveranstaltung. Warum man ausgerechnet ein DVU-Gründungsmitglied und einen früheren Aktivisten der Neonazis zum Zeugen der Anklage gegen Rechts gemacht habe, bleibe das Geheimnis der Veranstalter. Nicht nur der smarte homosexuelle Wanderprediger habe im Saal deplatziert gewirkt. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft beklagt sich beim Deutschen Presserat über eine falsche Darstellung der Veranstaltung. Zudem sieht er in den Formulierungen „umtriebiger Sizilianer“ und „smarter homosexueller Wanderprediger“ ehrverletzende Behauptungen. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass die beiden Formulierungen problematisch seien und man ihre Verwendung ausdrücklich missbillige. Man habe sich bei dem Beschwerdeführer dafür entschuldigt sowie den Verfasser des Kommentars mündlich und schriftlich gerügt. In dem Schreiben an den Beschwerdeführer heißt es, der Autor des Beitrages habe geltend gemacht, erst Äußerungen der Betroffenen hätten ihm diese Formulierungen nahe gelegt. So habe der Beschwerdeführer betont, dass er sich angesichts des offenen Rassismus im Osten als „Kanake“ fühle. Und der ehemalige Neonazi und Aussteiger habe sich in der Veranstaltung selbst als Homosexueller geoutet. Die Chefredaktion weist dazu darauf hin, dass das die verwendeten Formulierungen erkläre, sie aber nicht entschuldige. (2001)
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In einer Notiz meldet ein Boulevardblatt, dass ein Frührentner einen Prozess beim Arbeitsgericht verloren und danach den Richter als „Rechtsbeuger“ beschimpft hat. Jetzt habe das Amtsgericht den Pöbler wegen Beleidigung zu 1000 DM Strafe verdonnert. Der betroffene Mann bittet den Deutschen Presserat um Prüfung, ob die Auffassung der Zeitung vertretbar sei. Er selbst sieht sich durch die Bezeichnung „Pöbler“ beleidigt. Richtig sei, dass er einen Berufsrichter als „Rechtsbeuger“ bezeichnet habe. Dadurch werde jedoch die Bezeichnung „Pöbler“ nicht gedeckt. Diese sei eine Herabsetzung seiner Person. Die Rechtsvertretung des Verlages hält den Vorwurf der Rechtsbeugung für eine deutliche Beleidigung, welche die Verwendung des Begriffs „Pöbler“ durchaus rechtfertige. (2001)
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Unter der Überschrift „Männerwünsche“ offeriert eine Zeitschrift ihren Leserinnen und Lesern auf acht Seiten in Wort und Bild Produkte, die sich als Weihnachtsgeschenke für Männer eignen. Die Ideen schließen High Tech und Genuss, Praktisches und Verspieltes ein. Ein Leser bittet den Deutschen Presserat um Prüfung. Nach seiner Ansicht verstößt die Veröffentlichung gegen Ziffer 7 des Pressekodex und ist ein besonders schlimmes Beispiel der immer mehr um sich greifenden Vermischung von redaktionellen Inhalten und bezahlter Werbung. Es werde alles getan, die Seiten redaktionell aussehen zu lassen, jedoch handele es sich um den typischen Fall einer Weihnachtspromotion, die nicht als Anzeige gekennzeichnet worden sei. Zudem werde mit den einleitenden Sätzen der Eindruck erweckt, als handele es sich um Produktempfehlungen der Redaktion. Weitere Indizien dafür, dass es sich um bezahlten Anzeigenraum handele, seien die klassische Aufteilung in ganze, halbe und viertel Seiten sowie die fehlenden Seitenzahlen. Die Texte seien absolut werblich und nicht im Inhaltsverzeichnis aufgeführt, was sonst ebenfalls nur bei Anzeigen der Fall sei. Die Rechtsabteilung des Verlages bestätigt die Vermutung des Beschwerdeführers. Die Anzeigenleitung habe vor der Veröffentlichung die Anweisung gegeben, jede Seite der Strecke mit der Kennzeichnung „Anzeige“ zu versehen. Dies sei bei der Reproduktion jedoch leider versäumt worden. Dies bedauert man, sieht jedoch keine arglistige Täuschung, da kein Täuschungswille vorgelegen habe. (2001)
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