Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Ein stadtbekannter Galerist und Kunstsammler steht unter dem Verdacht, in zahlreichen Fällen Kinder missbraucht zu haben. Er sitzt in Untersuchungshaft. Die örtliche Zeitung berichtet mehrmals über den Fall. Eine Leserin kritisiert die Prangerwirkung der Beiträge, da der Betroffene eindeutig zu identifizieren sei. Sie glaubt, eine Vorverurteilung zu erkennen, und schaltet den Deutschen Presserat ein. Ein weiterer Vorwurf an die Zeitung: Der Autor eines Leserbriefes, der für den Beschuldigten Stellung nimmt und ihn eine integre Persönlichkeit nennt, sei durch eine gezielte Leserbriefaktion der Zeitung fertig gemacht worden. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt mit, der Beschuldigte sei eine Hauptperson der Gesellschaft in der Stadt. Es hätte nicht seiner Zeitung bedurft, die Verhaftung bekannt zu machen. Andere Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen hätten ausführlich über den Fall berichtet. Es sei notwendig gewesen, den Mann als Galeristen zu bezeichnen, da die Misshandlungen von Kindern nach Erkenntnis der Polizei in der Galerie gefilmt worden seien. Das Umfeld des Galeristen habe zudem die Kindesmisshandlungen mit Kunst in Verbindung gebracht. Vorgeworfene Tat und Beruf seien also miteinander verbunden. Der Chef vom Dienst gibt ferner zu bedenken, dass es in der Stadt mehrere Galerien gebe. Wäre der Beschuldigte nicht kenntlich gemacht worden, hätte die Gefahr bestanden, dass andere, die nichts mit dem Fall zu tun hätten, in Verdacht geraten wären. Den Vorwurf der Vorverurteilung weist die Zeitung zurück. In der Berichterstattung sei immer die Polizei als Quelle angegeben worden. Dem Gericht sei nicht vorgegriffen worden. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet, der Geschäftsführer einer städtischen Wohnbaugesellschaft habe illegale Geldbeträge in Briefumschlägen erhalten. Das Geld stamme aus doppelt bezahlten oder falschen Rechnungen des Unternehmens. Das Blatt untermauert seinen Artikel mit dem Hinweis, ihm liege eine eidesstattliche Versicherung vor, die diese Vorgänge bestätige. Der betroffene Geschäftsführer reicht über seinen Anwalt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein und beklagt darin eine Vorverurteilung. Sein Mandant – so der Anwalt – sei von dem Autor des beanstandeten Artikels nicht gehört worden. Der Redakteur habe das Angebot zur Akteneinsicht abgelehnt und keine Anstalten gemacht, den Verdacht zu verifizieren. Der Beschwerdeführer meint, in einem derart frühen Verdachtsstadium sei eine identifizierende Berichterstattung unzulässig. Der Rechtsanwalt weiter: Die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei haben zutage gefördert, dass der Autor des Beitrages in krasser Weise gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen und einen dubiosen Informanten vor seinen Karren gespannt habe. Dieser Informant – so die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers weiter – sehe sich mittlerweile mit einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wegen Verleumdung konfrontiert. Zudem habe der Redakteur von Anfang an gewusst, dass sein Informant ein starkes Motiv hatte, den Beschwerdeführer anzuschwärzen. Die Chefredaktion der Zeitung betont in ihrer Stellungnahme, der Redakteur habe aus Gründen des Informantenschutzes den Namen des Informanten und andere Einzelheiten nicht preisgeben können. Bei dem Informanten handle es sich um einen Handwerker, der von dem städtischen Unternehmen abhängig sei. Er habe bei Preisgabe seines Namens selbst mit einem Strafverfahren rechnen müssen. Nach Ansicht der Zeitung handelte es sich um eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Der Beschwerdeführer habe Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen zu äußern und sei in dem angegriffenen Artikel ausführlich zu Wort gekommen. Das Angebot des Geschäftsführers zur Akteneinsicht – so die Chefredaktion weiter – habe die Redaktion abgelehnt, weil die Befürchtung bestand, dass dadurch der gewährte Informantenschutz gegenüber dem Handwerker nicht mehr aufrechterhalten werden könne. (2001)
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Unter der Überschrift „Guten Morgen“ berichtet eine Boulevardzeitung, dass ein Rollkommando von Linksradikalen einen Jugendclub in Thüringen gestürmt und mit Baseballschlägern brutal drauflos geprügelt hat. Warum sollen Gewalttäter anonym bleiben, fragt das Blatt und nennt die Namen der acht mutmaßlichen Schläger, die alle volljährig seien. Die PDS-Fraktion im Thüringer Landtag meldet den Vorfall dem Deutschen Presserat. Sie sieht in der Veröffentlichung eine Vorverurteilung und kritisiert die Namensnennung. Zudem glaubt sie einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht zu erkennen, da etliche der genannten Personen den Jugendclub am genannten Tag nicht einmal aufgesucht hätten. Die Leitung der Redaktion erklärt, dass es sich bei den Verdächtigen nicht um Jugendliche, sondern um Erwachsene im Sinne des Strafrechts handele. Sie ist der Ansicht, dass – da Gewalttäter aus der rechtsextremistischen Szene in anderen Medien zu Recht mehrfach namentlich genannt worden seien – sich im Hinblick auf die Abschreckung gewaltbereiter Extremisten die Notwendigkeit ergeben habe, auch die erwachsenen Teilnehmer des Überfalls in Thüringen namentlich zu nennen. Nur so bleibe eine Chance, vielleicht weitere Gewaltakte zu verhindern. (2001)
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Unter der Überschrift „Wahlkämpfer steigen in den Ring“ berichtet eine Regionalzeitung, dass die Aufstellung eines Kandidaten für die Wahl des Stadtoberhauptes den zweiten Bürgermeister veranlasst habe, dem CSU-Ortsverband den Rücken zu kehren. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Die in dem Bericht aufgestellte Behauptung sei falsch, da er bereits fünfeinhalb Monate vorher aus ganz anderen Gründen diesen Schritt gegangen sei. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt dazu, der Beschwerdeführer habe zunächst den CSU-Ortsverband verlassen. Aus der CSU sei er dann etwa ein halbes Jahr später ausgetreten, als sein Kontrahent auch zum Bürgermeisterkandidaten gewählt worden sei. (2001)
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Unter der Überschrift „Tiefenwirkung“ beschäftigt sich ein Männermagazin mit dem Thema „Oralsex“. Frauen schlucken viel, aber eben nicht alles, heißt es in der Unterzeile. Schuld daran sei der Würgereflex, der durch die Berührung des hinteren Gaumenbereiches ausgelöst werde. Der Beitrag verweist auf eine Studie amerikanischer Zahnmediziner, die eine Lösung des Problems entdeckt hätten. Ausführlich wird ein Test mit 109 „übersensiblen“ Frauen beschrieben: „Man muss vorher lediglich den P6-Punkt stimulieren, und schon steckt sie so einiges weg.“ Illustriert ist der Text mit dem Foto einer Frau in aufreizender Pose. Eine Leserin sieht in der Veröffentlichung die Menschenwürde verletzt und bittet den Deutschen Presserat um Prüfung. Sie ist der Ansicht, dass in diesem Beitrag Frauen deutlich zu einem bloßen Objekt herabgewürdigt werden. Die Chefredaktion bietet der Leserin die Veröffentlichung eines Leserbriefes an. Diese lehnt das Angebot ab: „Sie müssen keine Sorge haben, meine Gefühle verletzt zu haben. Ich arbeite selbst in den Medien und habe eine gesunde Distanz zu allem, was in unserer Branche produziert wird. Es ärgert mich einfach nur, wenn in einer Zeitschrift, die keineswegs als Schmuddelblatt gilt, so leichtfertig über die Würde anderer hinweggegangen wird. Man muss schließlich nicht alles schlucken...“ In ihrem Brief an Beschwerdeführerin und Presserat betont die Chefredaktion, es gehöre zu den Kernkompetenzen der Zeitschrift, sämtliche Phänomene und mitunter skurrilen Funktionsweisen des menschlichen Körpers zu beschreiben, insbesondere dann, wenn sie mit dem Sexualleben zusammenhingen. Da bewege man sich geschmacklich natürlich oft auf schmalem Grad und könne in den Augen einzelner schon mal ins Geschmacklose abgleiten. (2001)
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Eine Zeitschrift verkündet in der Schlagzeile eines Aufmachers, dass ein bekannter deutscher Fernsehmoderator, seine Frau und seine Töchter in großer Gefahr seien. Das Villen-Viertel, in dem die Familie wohne, befinde sich im Fadenkreuz einer heimtückischen Verbrecherbande, die sich auf Einbruch spezialisiert habe. Die Polizei ermittele fieberhaft und fahre in den gefährdeten Straßen verstärkt Streife. Die Rechtsvertretung des Paares ist der Ansicht, dass der Artikel nicht das enthalte, was die als Sensation aufgemachte Überschrift verspreche. Für die Bewohner der „Promi-Gegend“ bestehe keine Gefahr, demzufolge auch nicht für die Familie des Fernsehmoderators. Dem Leser werde dies aber nicht verdeutlicht, weil sonst die ausschließlich auf den TV-Prominenten bezogene Aufmachung in sich zusammenbrechen würde und der Leser begreifen würde, dass Verlag und Redaktion ihn an der Nase herumgeführt hätten. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift weist darauf hin, dass innerhalb weniger Wochen in der nächsten Umgebung des Hauses der genannten Familie neunmal eingebrochen worden sei. Dass die Familie als Anlieger von diesen Vorgängen unmittelbar betroffen sei, stehe außer Frage. Es bestehe daher kein Zweifel an einer tatsächlichen Gefährdungslage. Dies gelte insbesondere in Ansehung der Anzahl der erfolgten Einbrüche, der Mentalität der vermuteten Täter, der Attraktivität des Anwesens und vor allem des Umstandes, dass Lebensgefährtin und minderjährige Tochter des Fernsehmoderators sich regelmäßig über längere Zeiträume allein in dem abgelegenen Haus aufhielten. Über diese Gefährdungslage habe die Zeitschrift in zulässiger Weise berichtet. Die Redaktion habe mit der Verwendung des Begriffs „Gefahr“ zutreffend und unzweideutig auf die bestehende Möglichkeit eines Schadenseintritts hingewiesen. Die Informationen entstammten ausnahmslos öffentlichen Quellen. Der Wohnort des Beschwerdeführers sei bekannt und von diesem selbst öffentlich gemacht. (2001)
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Eine Boulevardzeitung verkündet am 3. November 2001 auf ihrer Titelseite unter der Schlagzeile „Milzbrand – Groß-Alarm in Deutschland“, dass ein verdächtiger Brief in Thüringen und 30 Pakete in Schleswig-Holstein die Polizei alarmiert haben Erste Tests hätten gefährliche Milzbranderreger zu Tage gefördert. Erst eine neue Untersuchung im Berliner Robert-Koch-Institut habe Erleichterung gebracht. Wahrscheinlich enthalte die Post doch keine Milzbranderreger. Das Blatt schreibt: „Das endgültige Ergebnis wird erst heute vorliegen.“ Ein Leser sieht in der Schlagzeile Panikmache, da bereits am Abend des 2. November 2001 bekannt gewesen sei, dass ein Fehlalarm vorgelegen habe. Die dann veröffentliche Schlagzeile sei unverantwortlich. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, dass die Behörden in Thüringen und Schleswig-Holstein den Milzbrand-Verdacht verbreitet hätten. Alle Medien hätten über die Möglichkeit der Gefahr berichtet. Ihre Zeitung habe bereits auf der Titelseite darauf hingewiesen, dass wahrscheinlich doch kein Milzbrand vorliege. Das endgültige Ergebnis werde jedoch erst am Erscheinungstag der konkreten Ausgabe erwartet. Somit habe die Zeitung ihre Leser bereits am 3. November mit der positiven Hoffnung des Falschalarms konfrontiert. Eine endgültige Entwarnung sei allerdings noch nicht möglich gewesen. Dies gelte im übrigen für die gesamte Presse. (2001)
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Dem Geschäftsführer eines Klinikums wird Bestechlichkeit vorgeworfen. Gleichzeitig äußert eine Boulevardzeitung den Verdacht, die für die Klinik zuständige Dezernentin habe ihn gedeckt. Der mittlerweile aus seinem Amt ausgeschiedene Geschäftsführer sieht sich vor verurteilt. Er weist darauf hin, dass die ihm zur Last gelegten Vorwürfe nicht bewiesen seien, und schaltet den Deutschen Presserat ein. Er kritisiert zudem die Veröffentlichung seines Namens und seines Fotos. Falsch sei auch, dass er gemeinsam mit der Dezernentin ein Doppelhaus bewohne. Die Redaktionsleitung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass an der Berichterstattung ein hohes öffentliches Interesse bestanden habe. Der Beschwerdeführer sei als Kommunalpolitiker und als Chef einer großen Klinik im Zusammenhang mit Bestechung und Bestechlichkeit als relative Person der Zeitgeschichte einzustufen. Deshalb seien die Nennung seines Namens und der Abdruck seines Fotos gerechtfertigt gewesen. Eine Vorverurteilung liege nicht vor. Bereits am Anfang des Artikels werde durch den Gebrauch des Konjunktivs deutlich gemacht, dass es sich bei den geschilderten Vorgängen um Verdachtsmomente handle. (2001)
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Ein Fernsehstar besitzt mehrere Miethäuser in einer norddeutschen Stadt. Nachdem eine Frau mit drei Kindern ihre Miete nicht mehr zahlen kann oder will, wird ihr gekündigt. Nachbarn protestieren öffentlich mit Transparenten gegen die Kündigung. Eine Boulevardzeitung berichtet und bringt Zitate, die die Frau jedoch nicht geäußert haben will. Die Rechtsvertretung der Gekündigten teilt mit, dass die Zitate nicht von ihrer Mandantin stammen. So werde behauptet, sie bekomme 3040 Mark vom Staat, bezahle aber ihre Miete nicht. Sie arbeite als Wahrsagerin, was die Frau jedoch bestreitet. Die öffentlichen Vorwürfe veranlassen die Rechtsvertretung der Betroffenen, den Deutschen Presserat anzurufen. Die regionale Redaktion der Boulevardzeitung teilt mit, dass der Berichterstattung im wesentlichen Gespräche eines Redakteurs mit der Frau zugrunde gelegen hätten. Die Zitate seien korrekt wiedergegeben worden. In einem zweiten Telefonat habe sich die Frau zudem positiv über den ersten Artikel geäußert und keine Fehler moniert. Richtig sei allerdings der Einwand der Beschwerdeführerin, dass sie keine 3040 Mark vom Staat bekomme. Eine Teilsumme davon werde von den Kindsvätern aufgebracht und nicht vom Staat. Auch bezüglich des Mietrückstandes sei der Redaktion ein Fehler unterlaufen. So sei die Beschwerdeführerin nicht mit drei, sondern lediglich mit zwei Monatsmieten im Rückstand gewesen. (2001)
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