Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Terrorverdächtige nicht vorverurteilt

“Terror – Heute vor fünf Jahren bekam das Gauen ein neues Gesicht”. Unter dieser Überschrift erinnert eine Zeitung an die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington. Folgende Passage ist in dem Beitrag enthalten: “Mohammed Atta, Terrorpilot und Kopf der Anschläge vom 11. September, wohnte hier mit dem Terror-Logistiker Said Bahaji und ihrem Komplizen Ramsi Binalschib”. Der Beschwerdeführer sieht eine Vorverurteilung von Bahaji und Binalschib. Ihre Täterschaft sei noch nicht festgestellt, weil sie noch nicht rechtskräftig verurteilt seien. Der Beschwerdeführer teilt mit, zwar habe Binalschib angeblich seine Beteiligung an den Anschlägen bei Verhören gestanden. Da jedoch nach Richtlinie 13.1 des Pressekodex auch bei einem Geständnis bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte, liege eine Vorverurteilung vor. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Rechtsabteilung der Zeitung zufolge stehen die Namen der beiden Verdächtigen ganz oben auf der Liste der meistgesuchten Personen. Binalschib sei mittlerweile festgenommen worden; Bahaji werde noch gesucht. Die den Verdächtigen zur Last gelegten Delikte seien so schwerwiegend, dass die Beschreibungen als “Terrorlogistiker” und “Komplize” keine Vorverurteilung im Sinne des Pressekodex seien. (2006)

Weiterlesen

“Endlich hat sie einen Papa”

Eine Zeitschrift aus dem Segment des Regenbogens berichtete unter der Überschrift “Willkommen, kleine Grimaldi!” über das Ergebnis eines Kampfes um die Vaterschaftsanerkennung. Im Text ist die Passage enthalten: “Endlich hat sie einen Papa: Trotzdem wird Jazmin Grace Grimaldi nicht Prinzessin”. Illustriert ist der Artikel mit einem Foto der Vierzehnjährigen. Der Beschwerdeführer sieht in dem Beitrag einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex. Die Minderjährige sei keine Person der Zeitgeschichte. Da sie auf dem Foto zu erkennen ist, komme dies einer Verletzung der Privatsphäre gleich. Er vermag auch kein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung zu erkennen. Bisher sei das Mädchen – ob uneheliches Kind des Fürsten von Monaco oder nicht – keine von sich aus in der Öffentlichkeit in Erscheinung getretene Person des Zeitgeschehens. Durch die Veröffentlichung würden die Rechte einer Minderjährigen missachtet. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift gibt an, das Blatt habe das Bild von einer international tätigen Fotoagentur erworben. Die Redaktion habe keinen Hinweis darauf gehabt, dass das Bild nicht zur Veröffentlichung frei gewesen sei. Dabei sei der Zeitschrift an der Wahrung der Persönlichkeitsrechte gerade bei Minderjährigen besonders gelegen. Sie achte streng darauf, Bilder von Minderjährigen nur dann zu veröffentlichen, wenn eine entsprechende Einwilligung vorliege bzw. die Fotos freigegeben seien. Im vorliegenden Fall habe die Redaktion keinen Anlass gesehen, daran zu zweifeln. Die Rechtsvertretung sieht ein berechtigtes öffentliches Interesse an den Nachkommen des Fürsten Albert von Monaco. Deshalb habe das Blatt nicht gegen die Persönlichkeitsrechte von Jazmin Grace Grimaldi verstoßen. Sollte ein Missverständnis vorliegen und die junge Dame mit der Veröffentlichung des Fotos nicht einverstanden sein, bedauert die Zeitschrift den Vorfall. Insgesamt hält sie die Beschwerde jedoch für unbegründet. (2006)

Weiterlesen

Berlin lässt sich nicht erpressen

“Wir lassen uns nicht erpressen” überschreibt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über eine Stellungnahme von Bundeskanzlerin Merkel zum Fall der im Irak als Geisel verschleppten Susanne Osthoff. In der Unterzeile heißt es: “Sprach Merkel schon das Todesurteil für Susanne Osthoff?” Im Text wird die Bundeskanzlerin zitiert: “Diese Bundesregierung, und ich denke auch dieses Parlament – wir lassen uns nicht erpressen”. Die Zeitung kommentiert den Satz mit den Worten: “Das könnte das Todesurteil für Susanne Osthoff sein”. Die Beschwerdeführerin, die den Deutschen Presserat einschaltet, ist der Meinung, dass mit den Feststellungen zum möglichen “Todesurteil” die Grenze des Respekts vor dem Leid des Opfers und den Gefühlen der Angehörigen überschritten sei, wenn diese lesen müssten, dass die Bundeskanzlerin ihre Tochter schon abgeschrieben habe. Zudem sei es ehrverletzend für die Bundeskanzlerin, wenn in dem Bericht darüber spekuliert werde, ob die Regierungschefin möglicherweise ein “Todesurteil” gesprochen habe. Die Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Die Redaktion habe den Sachverhalt sachlich dargestellt. Im Text werde berichtet, dass Frau Merkel bekräftigt habe, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, die Geisel und ihren Fahrer zu retten. Es sei aber auch über die Haltung der Bundesregierung berichtet worden, sich nicht erpressen zu lassen. Zulässigerweise sei daraus die realistische Schlussfolgerung “Das könnte das Todesurteil für Susanne Osthoff sein” erfolgt. (2005)

Weiterlesen

Wer austeilt, muss auch einstecken können

Eine Regionalzeitung berichtet über eine Entscheidung des Presserats. Es geht um eine Buchrezension in einer anderen Zeitung. Gegen diese hatte der Presserat wegen eines Verstoßes gegen Ziffer 2 des Pressekodex, in der die journalistische Sorgfaltspflicht definiert ist, einen Hinweis ausgesprochen. Der Autor der Rezension ist nunmehr mit dem Artikel in der Regionalzeitung nicht einverstanden. Vor allem wehrt er sich gegen den Vorwurf, er habe in seiner Rezension falsche Unterstellungen veröffentlicht. Er wendet sich nun seinerseits an den Deutschen Presserat. Er ist der Auffassung, dass die Regionalzeitung die Entscheidung des Presserats im Wesentlichen entstelle. Der Nachrichtenkern, in Dachzeile und Überschrift hervorgehoben, sei falsch und bewusst irreführend. In der Veröffentlichung seines Bildes sieht er eine Prangerwirkung. Der Chefredakteur der Regionalzeitung stellt fest, es sei nicht Sache des Beschwerdeführers zu entscheiden, was die Redaktion für berichtenswert hält. Der Beschwerdeführer begebe sich als Autor, Vortragsreisender und Teilnehmer an Diskussionspodien in die Öffentlichkeit und könne somit auch im Bild gezeigt werden. Der monierte Artikel gebe sachlich den Spruch der Beschwerdekammer wieder. Alle Fakten seien korrekt zitiert worden. Der Beschwerdeführer, der selbst Kritik austeile, sollte auch in der Lage sein, sich einer Debatte zu stellen. (2006)

Weiterlesen

Rezensenten als “Erfinder” bezeichnet

Eine Zeitschrift befasst sich mit dem Autor einer Buchrezension, die zuvor schon den Presserat beschäftigt und einen Hinweis nach sich gezogen hatte. Das Blatt bezeichnet den Rezensenten als “Erfinder”, unterstellt falsche Tatsachenbehauptungen und fordert eine Rüge wegen des Vorwurfes gegen den Buchautor, dieser arbeite mit erfundenen Zitaten. Der Angegriffene wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Bezeichnung “Erfinder” bezeichnet er als böswilliges und absichtsvolles Missverständnis. Der in der Zeitschrift benutzte Begriff “Rüge” suggeriere einen schweren Verstoß gegen den Pressekodex. Die Redaktion der Zeitschrift teilt mit, sie habe der Beschwerde entnommen, sie habe über eine Entscheidung des Deutschen Presserats ungenau berichtet. Der Mitarbeiter, der die falsche Formulierung geliefert habe, bedauere ebenso wie die Redaktionsleitung, dass diese Meldung im Blatt erschienen sei. Das Blatt bot gleichzeitig an, sich wegen einer Richtigstellung mit dem Beschwerdeführer zu verständigen. Die Beteiligten konnten sich im weiteren Verlauf nicht auf eine Korrekturmeldung einigen. (2006)

Weiterlesen

Mit Krankheit offensiv umgegangen

Unter der Überschrift “Deutschlands jüngste Bischöfin (48), Krebs – Heute Brust-OP!” berichtet eine Boulevardzeitung über die Krankheit einer Prominenten. Ein Leser des Blattes wendet sich gegen die Schlagzeile, die nach seiner Auffassung gegen die Menschenwürde verstößt und das Privatleben und die Intimsphäre der Frau missachtet. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Blattes beruft sich auf eine Absprache mit der Patientin, die mit dem Inhalt und auch mit der Art der Berichterstattung einverstanden gewesen sei. Auch die Zitate seien von ihr autorisiert worden. Die Zeitung erinnert daran, dass die Bischöfin ihre Erkrankung selbst über eine Agentur an die Öffentlichkeit gebracht habe. Bereits nach ihrer Genesung habe sie mehrere Interviews gegeben. (2006)

Weiterlesen

Der “Killer” war nicht der Täter

Die Tötung einer minderjährigen Schönheitskönigin in den USA und den Fahndungserfolg macht eine Boulevardzeitung zum Thema. Überschrift: “Er hat die kleine Schönheits-Königin ermordet”. Sowohl die Print- als auch die Online-Ausgabe nennen den mutmaßlichen Täter “Mörder” und “Killer” bzw. “Killer”. Ein Leser des Blattes kritisiert diese Bezeichnungen, obwohl DNA-Analysen den Vorwurf gegen den Tatverdächtigen nicht bestätigen. Im Online-Artikel heißt es, die DNA-Anlayse des Mannes müsse noch ausgewertet werden. Außerdem werde als feststehend berichtet, dass der mutmaßliche Täter seinem Opfer den Schädel eingeschlagen und es erdrosselt habe. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung beruft sich auf die Rechtsprechung, wonach geständige Täter als solche bezeichnet werden dürfen. Nach einer Agenturmeldung habe der mutmaßliche Täter gestanden, am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1996 das damals sechs Jahre alte Mädchen im Keller seines Elternhauses im US-Bundesstaat Colorado ermordet zu haben. In der Meldung habe es geheißen, er habe über Informationen verfügt, die nur der Mörder habe wissen können. Entsprechend habe die Redaktion den Printbeitrag verfasst. Nachdem sich auf Grund einer DNA-Analyse herausgestellt habe, dass er gelogen und das Geständnis erfunden habe, sei auch dies berichtet worden. (2006)

Weiterlesen

Über “Kofferbomber” korrekt berichtet

Die Kofferbomber des Sommers 2006 sind Thema in einem Nachrichtenmagazin. Im Text heißt es: “Sie kamen als Studenten, verhielten sich unauffällig – bis zu jenem Tag, als sie zwei Kofferbomben in Regionalzügen deponierten”. Weiter wird berichtet, dass der zweite Kofferbomber, Dschihad Hamad, wie er in Deutschland genannt werde, zur Fahndung ausgeschrieben sei. Der libanesische Innenminister habe die Weltpresse wissen lassen, dass Dschihad Hamad ein Teilgeständnis abgelegt habe. Die zitierten Passagen verstoßen nach Ansicht des Beschwerdeführers gegen Ziffer 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 13 (Präjudizierende Stellungnahmen bei Ermittlungsverfahren) des Pressekodex. Sie stellten nur eine Vermutung dar. Für die Planung der Anschläge sei bislang niemand verurteilt worden. Es handle sich um eine präjudizierende Vermutung, die das Blatt als solche hätte kenntlich machen müssen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Magazins beruft sich darauf, dass die Aufnahmen der Überwachungskameras, vorliegende DNA-Spuren, beweiskräftige Funde bei Hausdurchsuchungen und das Geständnis der Inhaftierten belegten, dass sich der Artikel auf Tatsachen gestützt habe. Derart zweifelsfrei feststehende Tatsachen müssten in der Berichterstattung nicht als zweifelhaft dargestellt werden, um der Unschuldsvermutung Genüge zu tun. (2006)

Weiterlesen

Nataschas Name durfte genannt werden

Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift “Natascha trauert am Sarg ihres Entführers” und nennt den vollen Namen der jungen Frau, die von dem durch Selbstmord geendeten Verbrecher jahrelang im Keller seines Hauses gefangen gehalten worden war. In der Gerichtsmedizin habe Natascha eine Kerze für ihren Peiniger angezündet. Dem Begräbnis habe sie nicht beigewohnt. Ein Leser sieht einen Verstoß gegen das in Ziffer 8 des Pressekodex enthaltene Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die junge Frau habe einen Anspruch auf den Schutz ihres Namens. Die Nennung des Namens diene weder dem öffentlichen Interesse an der Aufklärung der Straftat, noch ermögliche sie die Bestrafung des Täters. Die Veröffentlichung mache Natascha und ihr wie auch immer geartetes Verhältnis zu dem mutmaßlichen Täter zum Gegenstand öffentlicher und privater Spekulationen. Genau dies habe die junge Frau ausdrücklich verhindern wollen. Die Rechtsabteilung der Zeitung verweist darauf, dass fast alle deutschen und österreichischen Medien über die Bestattung des Entführers berichtet haben. Die Information, dass Natascha am Sarg Abschied genommen habe, sei sowohl von der Wiener Bundespolizei als auch vom Beraterteam des Entführungsopfers weitergegeben worden. Sie sei zur Veröffentlichung bestimmt gewesen. Die Redaktion habe sich also nicht über den Willen der Entführten hinweggesetzt. Dass sie den vollen Namen der jungen Frau gedruckt habe, liege an deren Bekanntheitsgrad. Schon seit ihrer Entführung im Jahr 1998 sei ihr Name in der Öffentlichkeit präsent. Auch ein weithin verbreitetes Fernsehinterview sei unter vollem Namen gelaufen. Deshalb habe ihn auch die Zeitung genannt. (2006)

Weiterlesen

Eine Kerze am Sarg des Peinigers

Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift “Natascha – Abschied von ihrem toten Peiniger” über die Beisetzung des Mannes, der das Mädchen jahrelang im Keller seines Hauses gefangen gehalten hatte. Der volle Name der jungen Frau wird genannt. Es wird berichtet, sie habe in der Gerichtsmedizin am Sarg ihres Entführers eine Kerze angezündet. Der Beisetzung selbst habe sie nicht beigewohnt. Ein Leser kritisiert, dass die Zeitung gegen Ziffer 8 des Pressekodex und das darin definierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen habe, und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Veröffentlichung mache die junge Frau und ihr wie auch immer geartetes Verhältnis zu dem mutmaßlichen Täter zum Gegenstand öffentlicher und privater Spekulationen. Genau dies habe Natascha ausdrücklich verhindern wollen. Die Rechtsabteilung der Zeitung rechtfertigt die Berichterstattung mit einem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über das Leben des Entführungsopfers. Dieses liege in der Einzigartigkeit dieses Kriminalfalles begründet. Es sei nicht erkennbar, inwieweit die Privat- oder gar Intimsphäre von Natascha durch die Schilderung ihres Abschieds in erheblicher Weise beeinträchtigt sein könnte. Die Zeitung habe ihre Berichterstattung auf die Auskunft eines österreichischen Kriminalbeamten gestützt, der in dem Artikel zitiert werde. Man habe das einstige Entführungsopfer also nicht behelligt, um an diese Informationen zu gelangen. (2006)

Weiterlesen