Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6657 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Tausende Hitze-Tote befürchtet – Tödliche Gluthitze in den Altenheimen“ über mögliche Folgen der Hitzewelle, die im Juli 2019 in Deutschland herrschte. Im Beitrag geht es auch um eine Aussage des Gesundheitsministeriums, dass insbesondere älteren Menschen, Alleinlebenden und Pflegebedürftigen eine erhöhte Sterberate drohe. Eine Leserin der Zeitung kritisiert die obengenannte Schlagzeile. Die darin behauptete tödliche Gluthitze in den Altenheimen und die tausenden befürchteten Hitzetoten würden durch den Artikel nicht belegt. Die Überschrift erzeuge einen völlig falschen Eindruck, da insbesondere in Altenpflegeeinrichtungen die Menschen durch qualifiziertes Personal die notwendige Betreuung erhielten. Der Chefredakteur der Zeitung merkt an, dass der beanstandete Beitrag sich sachlich mit einer vom Bundesgesundheitsamt prognostizierten erhöhten Sterblichkeitsrate auseinandersetze und in keiner Weise Kritik an dem Berufsstand der Altenpflege übe. Wenn überhaupt, werde eine Anpassung der Räumlichkeiten mithilfe einer finanziellen Unterstützung durch den Staat gefordert, die die Pflegeintensität bei Hitzeperioden verringern und eine Entlastung für das Pflegepersonal bedeuten würde. Der Chefredakteur fährt fort, in der Berichterstattung würden fundierte Aussagen verbreitet, die unter anderem durch empirische Studien des Robert-Koch-Instituts und Informationen des Bundesgesundheitsamtes bestätigt worden seien. Ausgangspunkt für die Recherche seien dabei die Hitzerekorde im Juli 2019 und die damit verbundenen gesundheitlichen Konsequenzen für ältere Menschen, vor allem in Altenheimen, gewesen. Das Robert-Koch-Institut habe mit einer Analyse der hitzebedingten Todesfälle in Deutschland prognostiziert, dass im Jahr 2019 noch mehr Tote zu erwarten seien als im bisherigen Rekordjahr 2003.
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In einer Regionalzeitung erscheint online eine Karikatur zu einer Aussage von US-Präsident Trump. Dieser hatte einem Kongressabgeordneten aus der Stadt Baltimore vorgeworfen, sich nicht ausreichend um seinen „ekelhaften, von Ratten befallenen“ Wahlbezirk zu kümmern. Der US-Präsident wird in der Karikatur als Ratte dargestellt. Ein Nutzer der Online-Plattform sieht in der Karikatur eine Verletzung der Menschenwürde und der Ehre von Donald Trump. Dieser werde durch die Darstellung entmenschlicht. Der Chefredakteur der Zeitung beruft sich darauf, dass Hintergrund der Karikatur eine Aussage von Trump über den afroamerikanischen Abgeordneten Elijah Cummings gewesen sei. Trump habe Cummings einen „brutalen Tyrannen“ genannt und seinen mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Wahlkreis in Baltimore als ein „widerliches, von Ratten und Nagern befallenes Drecksloch“ bezeichnet. Trump habe dabei offenkundig auf die Kritik von Cummings an seiner verschärften Asylpolitik an der Grenze zu Mexiko reagiert. Für seine Äußerung habe der US-Präsident einen Sturm der Entrüstung wegen seiner rassistischen Attacke geerntet. Zu diskutieren – so der Chefredakteur – wäre im konkreten Fall, ob die drastische Darstellung Trumps als Ratte ehrverletzend sei. Der Beschwerdeführer sei der Auffassung, dass der Präsident entmenschlicht werde. Gerade Trump jedoch beschimpfe seine Gegner regelmäßig ehrverletzend. Im vorliegenden Fall habe der Karikaturist Trumps eigene Aussagen gegen den Präsidenten selbst verwendet. Der Karikaturist äußert sich auch zu der Beschwerde. Der Mensch/Tier-Vergleich sei eines der ältesten Stilmittel von Kunst und Satire.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht online den Beitrag „Bürgeranliegen im Blickpunkt“. Sie berichtet über einen Ort ihres Verbreitungsgebietes. Dabei geht es um Sanierungen, die demnächst erledigt werden sollen. In dem Artikel wird der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – namentlich genannt. Er sieht durch die Veröffentlichung seinen Persönlichkeitsschutz verletzt. Die Nennung seines Namens im Artikel sei seinerzeit unproblematisch und er mit der Nennung einverstanden gewesen. Jedoch sei aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit – er arbeitet für die Bundespolizei – eine persönliche Gefährdung nicht mehr ausgeschlossen. Er lebe in der Kleinstadt, in der die Ortsbegehung stattgefunden habe. Aufgrund seines nicht alltäglichen Familiennamens sei er leicht zu identifizieren. Der Beschwerdeführer hat sich mit einer E-Mail an die Zeitung gewandt und gebeten, seinen Namen aus der Online-Berichterstattung zu löschen oder zumindest zu verfremden. Der Chefredakteur habe diese Bitte mit der Begründung abgelehnt, dass man grundsätzlich keine Online-Inhalte lösche. Daraufhin habe sich die Bundespolizei als Arbeitgeber erfolglos an den Verlag gewandt. Er habe die Antwort erhalten, dass die Ansprüche auf Löschung des Artikels derzeit von der Rechtsvertretung des Verlages geprüft würden. Man werde sich nach Vorliegen des Ergebnisses wieder melden. Später habe die Zeitung mitgeteilt, dass der fragliche Beitrag gelöscht worden sei. Dies sei dem Beschwerdeführer ohne Anerkennung einer Rechtspflicht mitgeteilt worden. Zu der Beschwerde nimmt die Rechtsvertretung der Zeitung Stellung. Sie habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Anspruch auf Löschung des fraglichen Beitrags ausgeschlossen sei. Dennoch habe sie sich bereit erklärt, den Namen des Beschwerdeführers für künftige Veröffentlichungen zu sperren und den seinerzeit noch abrufbaren Beitrag online nicht mehr zur Verfügung zu stellen.
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Die Ausgabe „Geschichte“ eines Nachrichtenmagazins kündigt auf dem Titel eines Heftes unter der Überschrift „Jüdisches Leben in Deutschland. Die unbekannte Welt von nebenan“ eine Berichterstattung über Juden in Deutschland an. Illustriert ist das Titelblatt mit einer Fotomontage, die im Vordergrund zwei ältere Männer in schwarz-weiß zeigt. Der Hintergrund ist rötlich eingefärbt und mit einem gelblichen Davidstern versehen. Unter der Fotomontage stehen folgende Anreißer: „ARCHÄOLOGIE Alltag im Mittelalter“, „JUDEN AN DER FRONT Sterben fürs Vaterland“ und „ANTISEMITISMUS Hassprediger Luther“. Drei Beschwerdeführer kritisieren die Illustration der Titelseite. Einige Kritikpunkte: Das Cover verstoße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Beim Coverbild handele es sich um ein Symbolfoto. Die Titelformulierung deute auf keinen zeitlichen Rahmen hin. Der Leser dieser Zeile müsse annehmen, dass das so überschriebene Bild heutiges „jüdisches Leben in Deutschland“ bzw. jüdisches Leben per se abbilde. Jedes Foto aus den zwanziger Jahren würde heute die abgebildeten Menschen fremd und unbekannt erscheinen lassen. Aktuelle Fotos hätten diesen Eindruck nicht vermittelt. Die Fotomontage suggeriere im Zusammenhang mit der Titelformulierung, dass Juden kein Teil der deutschen Gesellschaft seien. Sie kolportiere ein Klischeebild. Die Redaktion weist über ihre Rechtsvertretung darauf hin, dass sie die öffentliche Diskussion um das Heft begrüßt, auch wenn sie darin selbst kritisiert wird. Sie teilt mit, dass es selbstverständlich nicht ihre Absicht war, antisemitische Klischees zu bedienen und dass sie es bedauern würde, wenn dieser Eindruck entstanden sei. Das Titelbild solle vielmehr öffentliches, sichtbares jüdisches Leben zeigen, eine authentische Szene aus dem Berliner Scheunenviertel, einem der Zentren jüdischer Kultur in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Redaktion habe sich für das Foto als Titelbild entschieden, weil es eine Szene aus dem jüdischen Leben in Deutschland zur Zeit des größten jüdischen Bevölkerungsanteils zeige. Es zeige lebendiges und, auch der Kleidung und sonstigen Attribute der Männer wegen, nach außen als solches erkennbares jüdisches Leben, wie man es heutzutage in Deutschland kaum noch sehe. Das Titelblatt – so die Rechtsvertretung am Ende ihrer umfangreichen Stellungnahme – könne unterschiedlich verstanden und gewürdigt werden. Gegen presseethische Grundsätze verstoße es aber keinesfalls.
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Eine Lokalzeitung berichtet in ihrer E-Paper-Ausgabe unter der Überschrift „Rechts umtrieben?“ über Kontakte von Pastorenkindern zur rechtsradikalen Szene in einer benachbarten Großstadt. Der Beitrag erscheint auch gedruckt und online. Auslöser für die Berichterstattung ist ein Flugblatt, das Antifaschisten aus der Großstadt vor einiger Zeit im Umfeld einer Kirche in der Kleinstadt verteilt haben. Darin werden schwere Vorwürfe gegen die Kinder des namentlich genannten Pastors erhoben. Die Redaktion zitiert aus dem Flugblatt, dass die Pastorenkinder enge Kontakte in die rechtsextreme Szene pflegten. Die Tochter soll an mehreren rechten Veranstaltungen teilgenommen haben. Für eine Stellungnahme gegenüber der Zeitung sei sie nicht zu erreichen gewesen, schreibt die Redaktion. Der Bruder habe der Redaktion gesagt, er wolle keinen Kommentar zu den Vorwürfen abgeben. Er habe bei der Polizei Anzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung gestellt. Die Redaktion berichtet darüber hinaus, auf Bildern, die der Redaktion vorlägen, posiere die Tochter mit einer Freundin in Wehrmachtsuniform. Zwei Leser der Zeitung reichen eine gemeinsame Beschwerde ein. Sie kritisieren einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines Unbeteiligten und seiner Kinder. Es bestehe in der Kleinstadt kein öffentliches Interesse an der politischen Haltung von Erwachsenen, die 60 Kilometer entfernt in einer Universitätsstadt studierten. Der Chefredakteur der Lokalzeitung weist auf den Anlass der Berichterstattung hin, die Verteilung des Flugblattes am Ort. Die Aktion habe in der Kleinstadt für erhebliches Aufsehen gesorgt. Über die Flugblattaktion habe auch eine Zeitung in einer benachbarten Stadt berichtet, so dass man sich ebenfalls zur Berichterstattung entschlossen habe. Die Kinder des Pastors hätten in den sozialen Netzwerken mehrfach ihre Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut zur Schau gestellt. Die Recherchen der Redaktion – so der Chefredakteur – hätten zweifelsfrei ergeben, dass die Kinder eine Verbindung zur rechten Szene hätten.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Spielt HSV-Profi Jatta mit falscher Identität?“ über einen Fußballer aus Gambia, der 2015 unter den Namen Bakery Jatta nach Deutschland eingereist war und dabei den 6. Juni 1998 als sein Geburtsdatum angegeben hatte. Laut Recherchen der Redaktion heiße der Spieler Bakary Daffeh und sei bereits am 6. November 1995 geboren worden. Die Angabe seines richtigen Namen und seines Geburtsdatums hätte das Verfahren um eine Aufenthaltsgenehmigung erschwert. Der HSV kommt im Bericht zu Wort. Ein Club-Vertreter erläutert, dass ihm der gültige Reisepass Jattas inklusive Aufenthaltsgenehmigung vorliege und man ihn als Spieler und als Menschen schätze. Zwei Leser der Zeitung sehen eine Verdachtsberichterstattung, die nur auf Indizien beruhe bzw. falsch sei. Der Spieler werde in Misskredit gebracht. Er werde in seiner Menschenwürde verletzt. Es werde Hass gegen Flüchtlinge geschürt. Die Redaktion teilt mit, man habe sich zu einer Berichterstattung entschieden, weil die Zweifel an der Identität des Spielers offensichtlich gewesen seien. In Anbetracht eines Fußball-Profis, der jede Woche live im Fernsehen zu sehen sei, gebe es ein besonders öffentliches Interesse. Sollte „Jatta“ nicht „Daffeh“ sein, wäre es einfach gewesen, dies im Gespräch mit der Redaktion zu belegen. Daran habe aber offenbar kein Interesse bestanden. Nur ein Reisepass, der im Flüchtlingschaos 2015 wie auch immer beschafft sein könnte, reiche definitiv nicht als Beweis.
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„Gericht verurteilt Eltern wegen veganer Ernährung der Tochter“ titelt ein Nachrichtenmagazin online. Im Beitrag heißt es, in Australien seien die Eltern eines Kleinkindes verurteilt worden, da sie ihre kleine Tochter „streng vegan“ ernährt hätten. Die Kleine habe mit 19 Monaten noch keine Zähne gehabt und nicht einmal fünf Kilogramm gewogen. Das Mädchen habe nur Obst, Haferflocken, Kartoffeln, Reis, Tofu, Brot, Erdnussbutter und Reismilch bekommen. Acht Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer berufen sich im Wesentlichen darauf, dass Überschrift bzw. Text irreführend und schlichtweg falsch seien. Durch den Artikel würden diffuse Ängste gegen vegane Ernährung geschürt. Der Artikel sei nicht bzw. schlecht recherchiert. Das Kind habe an Unterernährung gelitten. Dies sei kein Problem einer veganen Ernährung, sondern könne bei jeder Ernährungsform vorkommen. So gebe es zahlreiche Fälle von unterernährten omnivoren Kindern, bei denen Jugendämter und Gerichte einschreiten müssten. (Omnivor: Lateinisch Omnis für „alles“ und vorare für „fressen“ – vulgo also „Allesfresser“). Die Beschwerden beziehen sich auf vermeintliche Verstöße gegen acht Ziffern des Pressekodex. In der Vorprüfung wurden die Beschwerden auf Ziffer 2 des Kodex beschränkt (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins stellt fest, im Bericht über das Gerichtsurteil gehe es nicht um Nahrungsmangel, unter dem das Kind gelitten habe. Vielmehr habe es an den Folgen einer falschen, in diesem Fall streng veganen Ernährung mit einem Mangel an bestimmten Nährstoffen gelitten. Es sei allgemein anerkannt, dass eine rein vegane Ernährung gerade für Kinder im Prozess der körperlichen Entwicklung infolge der beschränkten Auswahl bestimmter Nährstoffquellen mit erheblichen Risiken behaftet sei. Das sei vor allem dann der Fall, wenn nicht sorgsam darauf geachtet werde, dass die Defizite einer unkontrollierten veganen Ernährung anderweitig kompensiert würden. Ohne dass dies durch Erwägungen zu presseethischer Sorgfalt veranlasst gewesen sei, habe die Redaktion die Überschrift geändert in „Gericht verurteilt Eltern wegen veganer Mangelernährung der Tochter“. Dies habe nur der Verdeutlichung des ohnehin schon Klaren gedient und dem Anliegen einer Reihe von Zuschriften von Lesern aus der Gemeinde der Veganer Rechnung getragen. Im Übrigen teilt die Rechtsvertretung mit, dass die Berichterstattung auf Agenturmeldungen zurückgehe. Damit gelte das Agenturprivileg. Das heißt, dass die Redaktionen sich auf die Korrektheit der Nachrichten aus diesen privilegierten Quellen verlassen können müssen.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Artikel, in dem berichtet wird, dass der namentlich genannte Leiter des Ordnungsamtes einer Stadt seinen Posten räumen müsse, weil er – so die Zeitung – ein Alkoholproblem habe. In der Überschrift ist die Formulierung „Suffskandal im Rathaus“ enthalten. Ein Vorfall habe das Fass zum Überlaufen gebracht: Der Ordnungsamtsleiter sei betrunken bei einer Sicherheitsbegehung anlässlich des Altstadtfestes gewesen. Tags darauf erscheint der Artikel auch in der Print-Ausgabe. Darin enthalten ist ein großformatiges Foto des Betroffenen. Eine Leserin der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Verstöße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Der Name des Ordnungsamtsleiters werde vollständig genannt. Die Nummernschilder mehrerer Autos seien zu erkennen. Dies sei eventuell ein Verstoß gegen die Datenschutzverordnung. Ein weiterer Beschwerdeführer sieht die Persönlichkeitsrechte und die Ehre des Behördenleiters verletzt. Er kritisiert vor allem, dass in der Printausgabe ein Foto des Betroffenen abgedruckt worden sei, das von der Homepage der Stadt stamme. An dieser Art der Berichterstattung bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse. In der Vorprüfung beschränkt der Presserat die Beschwerde auf die Ziffer 8 des Kodex, weil die Zeitung die Alkoholprobleme genannt habe. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu den Beschwerden Stellung. Der presseethische Schutzgedanke der Ziffer 8, Richtlinie 8.6, möge zwar durch den Bericht berührt sein. Er sei aufgrund der zutreffenden Abwägungsentscheidung der Redaktion aber gerade nicht verletzt worden. Denn bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiege in diesem Fall das Interesse der Öffentlichkeit, über einen Fall sicherheitsrelevanten Fehlverhaltens im städtischen Ordnungsamt informiert zu werden. Die Zeitung – so der Chefredakteur weiter – habe keinen einmaligen „Ausrutscher“ thematisiert. Vielmehr sei der Ordnungsamtsleiter schon mehrmals auch bei öffentlichen Ratssitzungen alkoholisiert auffällig geworden.
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„Kein Fußball-Witz“ so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Kommentar, der sich auf die Berichterstattung der Zeitung über eine mögliche falsche Identitätsangabe des gambischen Fußballers Bakery Jatta bei seiner Einreise nach Deutschland bezieht. Der Autor stellt es als wahrscheinlich dar, dass die Vorwürfe zutreffen. Er kritisiert die Ahnungslosigkeit und Sorglosigkeit der Behörden in diesem Fall. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung eine Verletzung der Unschuldsvermutung nach Ziffer 13 des Pressekodex. Der Chefredakteur Sport der Zeitung stellt fest, dass der Presserat aus gutem Grund keine Meinungsäußerungen überprüfe, solange es sich nicht um Beleidigungen jenseits der zulässigen Schmähkritik handele. Eine solche liege jedenfalls dann nicht vor, wenn hinreichende Anknüpfungstatsachen für die jeweils in Rede stehende Meinungsäußerung vorlägen. Dies sei bei dem vorliegenden Kommentar zweifelsohne der Fall. Der Chefredakteur schildert ausführlich die umfangreichen Recherchen seiner Zeitung im Fall des gambischen Fußballspielers.
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„Er erstach ein Ehepaar - Sohn klagt an: ´Von der Beute kaufte der Killer Weihnachtsgeschenke´“- unter dieser Schlagzeile berichtet eine Boulevardzeitung online über einen Mordprozess in Thüringen. Der mutmaßliche Täter war nach einer öffentlichen Fahndung festgenommen worden. Ein Foto zeigt den Angeklagten Uwe W. ungepixelt. Zwei weitere Fotos zeigen die namentlich genannten Opfer. Einen Tag später schreibt die Zeitung erneut über den Prozess. Sie berichtet, dass die Verhandlung aufgrund einer Panikattacke des Angeklagten zu platzen gedroht habe. Die Bebilderung ist die gleiche wie am Vortag. Eine Leserin der Zeitung hält die Veröffentlichung der Fotos und der abgekürzten Namen der Opfer für einen Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Pressekodex. Das gleiche gelte für den mutmaßlichen Täter. Aus Sicht der Beschwerdeführerin verstößt der Beitrag auch gegen Richtlinie 13.1, da noch kein Urteil ergangen sei. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Er sieht die Berichterstattung auch in dieser Form durch ein großes öffentliches Interesse gerechtfertigt. Das Ausmaß des öffentlichen Interesses an dem grausamen Doppelmord sei auch an der anhaltenden und ausführlichen Berichterstattung in vielen Medien zu erkennen. Insbesondere bei spektakulären Geschehnissen und schweren Kapitaldelikten habe die Öffentlichkeit ein besonderes Interesse daran, von den Medien umfassend unter Einbeziehung von Einzelschicksalen und dann auch gegebenenfalls personalisierend informiert zu werden. Eine Veröffentlichung, in der Beteiligte identifizierbar werden könnten, begegne zumindest dann keinen presseethischen Bedenken, wenn im Einzelfall das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiege. Der Beitrag sei auch nicht vorverurteilend nach Ziffer 13 des Kodex. Wegen des Geständnisses des Angeklagten sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung völlig unstrittig gewesen, dass der Angeklagte seine Opfer in deren Wohnung grausam erstochen habe.
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