Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Nachrichtenagentur veröffentlicht mehrere Meldungen zum Landrat von Ahrweiler, Dr. Jürgen Pföhler. Darin heißt es, der Landrat lege sein Amt nach der Flutkatastrophe vom Juli nieder. Das habe der CDU-Kreisverband Ahrweiler mitgeteilt. Die Meldungen geben Kritik der Partei am Landrat wieder. Der Schritt Pföhlers, sein Amt nicht mehr wahrzunehmen, sei „daher notwendig und unausweichlich“. Der Beschwerdeführer in diesem Fall trägt vor, der Landtagsabgeordnete im Bundesland Rheinland-Pfalz und Erste Kreisbeigeordnete im Landkreis Ahrweiler habe ihm im August gesagt, er vertrete den vorübergehend erkrankten Landrat. Der Landrat habe sein Amt nicht niedergelegt, und der CDU-Kreisverband habe dies auch nie behauptet. Der Geschäftsführer und Chefredakteur der Agentur teilt mit, die Redaktion habe die Erklärung der CDU-Fraktion im Kreistag von Ahrweiler nicht richtig interpretiert. Am Tage nach der ursprünglichen Berichterstattung habe die Redaktion korrekterweise geschrieben, dass Pföhler sein Amt krankheitsbedingt absehbar nicht mehr ausüben könne. Er sei krankgeschrieben. Es handele sich also nicht um einen formellen Rücktritt.
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Die Online-Version einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Gender-Wahn: Jetzt sollen wir sogar das Alphabet neu buchstabieren“ über Pläne, die Buchstabiertafel gendergerecht zu reformieren. Es geht um den Entwurf des Deutschen Instituts für Normung, nach dem die bisherigen Personennamen (Anton, Berta etc.) durch Städtenamen ersetzt werden sollen. Begründung: Auf der seit 1890 gebräuchlichen Buchstabiertafel würden 16 männliche, aber nur sechs weibliche Vornamen verwendet. Die Änderung in Städtenamen solle eine geschlechtergerechte Darstellung garantieren. Die Redaktion zitiert eine Professorin, die die angedachte Änderung für eine absurde „Sprachreinigung“ hält. Die Menschen sollten umerzogen werden, heißt es weiter im Zitat. Ein Leser der Zeitung wirft dieser vor, der Artikel unterstelle mehr als böswillig schon in der Überschrift, dass die Buchstabiertafel aus Gründen des Genderns geändert werde. Das sei eine „glatte Lüge“. Der wahre Grund sei eine Anregung des Antisemitismus-Beauftragten des Landes Baden-Württemberg, da die aktuelle Tafel aus der Nazi-Zeit sei. Dass die Änderung so wissentlich falsch dargestellt werde, hält der Beschwerdeführer für eine Verhöhnung des Anliegens. Passage aus einer Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Normung: „In der Zeit des Nationalsozialismus wurden alle jüdischen Namen in der Buchstabiertafel ersetzt. So wurde aus David Dora und aus Nathan Nordpol. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden diese Änderungen in der ehemaligen postamtlichen Buchstabiertafel nur teilweise rückgängig gemacht. Die Justiziarin des Verlages scheibt in ihrer Stellungnahme, bei der Aussage „Gender-Wahn“ handele es sich um eine nicht zu beanstandende Meinungsäußerung.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Beitrag, der sich mit der Gründung einer Projektgruppe zur Erhaltung der Überreste eines ehemaligen Kriegsgefangenenlagers in Moosburg befasst. Eine Leserin teilt mit, dass es sich bei der Veröffentlichung um eine Pressemitteilung des Landratsamtes Erding handele, die unbearbeitet veröffentlicht worden sei. Eine entsprechende Kennzeichnung habe die Redaktion nicht vorgenommen. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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Eine Regionalzeitung informiert online unter der Überschrift „Nachhaltig in die Zukunft: Der Landkreis Freising ist dabei eine Modellregion“ über die positive Entwicklung in ihrem Verbreitungsgebiet. Zwei Wochen später erscheint in der Zeitung ein Bericht über die Ernte-Aussichten der Hopfenbauern in der Hallertau. Die Zeitung schreibt, der Pflanzerverband habe wie in jedem Jahr vor Beginn der Hopfenernte die offizielle Hopfen-Einschätzung für Deutschland veröffentlicht. Ein Leser der Zeitung kritisiert in seiner Beschwerde, dass der erste Artikel wortwörtlich einer Pressemitteilung des Landratsamtes Freising entspreche. Der Hinweis auf diese Quelle sei jedoch unterblieben. Das gleiche gelte für den zweiten Beitrag – Eine nahezu wörtliche Wiedergabe einer amtlichen Mitteilung ohne erforderliche Kennzeichnung. Wenige Änderungen bei der Wortwahl kennzeichneten keine kritische Distanz der Redaktion. Vielmehr mache man sich die Pressemitteilung des Landratsamtes zu eigen. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe die Pressemitteilung übernommen, einfach deshalb, weil ihr Inhalt für die Leserschaft interessant gewesen sei. Zur Kennzeichnungsproblematik äußert sich der Chefredakteur nicht.
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„Familienstreit eskaliert“ – 39-Jähriger tot“ - unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über einen Mann, der seine Frau, seine Schwiegermutter und zwei Nachbarn mit einem Messer angegriffen habe. Bei der Festnahme sei er von der Polizei angeschossen worden und noch während der Versorgung durch den Notarzt verstorben. Die Zeitung teilt mit, dass der Täter ein Somalier gewesen sei. Ein anonym auftretender Leser der Zeitung kritisiert die Angabe der Nationalität des Getöteten. Diese sei nicht von begründetem öffentlichem Interesse. Die Rechtsvertretung der Zeitung, weist darauf hin, dass die monierte Meldung von einer Nachrichtenagentur stamme. Sie sei so abgedruckt worden, wie sie von der Agentur geliefert worden sei. Die Rechtsabteilung der Agentur habe eine Stellungnahme in dem Verfahren zugesagt. Unabhängig davon weist die Rechtsvertretung darauf hin, dass in dem Artikel über besonders schwere Straftaten informiert werde. Die Öffentlichkeit habe ein besonderes Interesse daran, umfassend informiert zu werden. Die Nennung der Nationalität des Täters erfolge weder in einer abwertenden Formulierung, noch werde sie unangemessen hervorgehoben. Es sei – so die Rechtsvertretung weiter – nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer anonymisiert worden sei. Sie spricht von mindestens fünf Beschwerden in der jüngsten Zeit, die anonymisiert worden seien. Man müsse daher davon ausgehen, dass eine gezielte Kampagne vorliege. Die Rechtsvertretung beantragt Einsicht in die Beschwerdeakte. In einem ergänzenden Schreiben teilt die Rechtsvertretung mit, dass nach Rücksprache der Zeitung mit der Agentur diese in der Angelegenheit keine weitergehende Stellungnahme abgeben werde, sofern die Agentur nicht in das Verfahren einbezogen werden sollte.
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Unter der Überschrift „Jugendliche verhöhnen verletztes Opfer“ berichtet eine überregionale Tageszeitung über einen Vorfall in München. Dem Bericht zufolge hätten Jugendliche einen Obdachlosen auf eine Treppe gelockt. Sie hätten ihren Spaß daran gehabt, als der Mann stürzte und sich dabei schwer verletzte. Die jungen Leute hätten dem Verletzten nicht geholfen. Im Gegenteil – sie hätten sich über den Mann lustig gemacht. Ob sie ihr Opfer auch filmten und fotografierten, um im Internet damit anzugeben, müssten die weiteren Ermittlungen zeigen, so die Polizei. Die Jugendlichen seien wegen Körperverletzung, unterlassener Hilfeleistung und Verstößen gegen den Infektionsschutz angezeigt worden. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass aufgrund der Ortsangabe und des Alters der jungen Männer er sofort eine Ahnung bekommen habe, um welche Gruppe es sich handeln könnte, nämlich Leute aus dem Bekanntenkreis seines Sohnes. Die Geschehnisse seien von Seiten der Jugendlichen deutlich anders geschildert worden. Der Beschwerdeführer sieht in der Art der Berichterstattung eine Verletzung der Ziffer 13, Richtlinie 13.3, des Pressekodex (Vorverurteilung). Er spricht von einer sensationsheischenden und reißerischen Art der Berichterstattung. Zwar würden keine Namen genannt, doch seien die Jugendlichen durch die Angabe ihres Alters und die präzise Ortsangabe zumindest für ihre Nachbarschaft identifizierbar. Die Rechtsabteilung des Verlages beruft sich auf eine Pressemitteilung der Polizei. Wenn auch die Polizei als privilegierte Quelle zu betrachten sei, habe der bearbeitende Redakteur die Pressemeldung nicht unkritisch übernommen, sondern habe der Pressestelle zahlreiche Fragen zu dem Vorkommnis gestellt. Es habe eine gewisse Öffentlichkeit (Zeugin, mehrere Polizeibeamte, Kameraaufzeichnungen) gegeben, unter deren Augen sich die Tat zugetragen habe. Völlig am Thema vorbei gehe der Einwand des Beschwerdeführers, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen seien durch die Darstellung zu identifizieren.
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Eine Wochenzeitung berichtet online unter der Überschrift „Führung als Farce“ über Auseinandersetzungen, die der ehemalige juristische Direktor einer Rundfunkanstalt mit der Redaktion führt. Der Autor nennt unter anderem Aussagen, die der Ex-Direktor der Redaktion untersagen lassen will. Beschwerdeführer ist der im Artikel namentlich genannte frühere Direktor. Er kritisiert, der Beitrag sei nach dem Erwirken einer einstweiligen Verfügung einfach im Text abgeändert worden, ohne dass dies kenntlich gemacht worden sei. Der Leser, der den Artikel heute abrufe, habe also den Eindruck, die heutige Fassung sei schon die frühere Version gewesen. Dies sei aus seiner Sicht ein klarer Verstoß gegen die Ziffer 3 des Pressekodex (Richtigstellung). Auf einen Brief habe die Chefredakteurin bislang nicht reagiert. Die Chefredaktion teilt mit, das Schreiben des Beschwerdeführers sei zu einem Zeitpunkt in der Redaktion angekommen, als die juristische Auseinandersetzung noch in einer akuten Phase war. Die Chefredaktion weist darauf hin, dass der kritisierte Beitrag auf eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdeführer zurückgehe. Dabei gehe es um einen Podcast, in dem ein Redakteur des Rundfunksenders mit dem langjährigen Rundfunkrat über den Umgang der Funkanstalt mit dem Vorwurf sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen spricht. Dabei werde auch der Beschwerdeführer als ehemaliger Justiziar des Senders genannt. Äußerungen eines Belästigungsopfers hätten Anlass gegeben, die Rolle des Justiziars zu beleuchten. Die Chefredaktion weist die Vorwürfe des Beschwerdeführers in allen Punkten zurück.
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