Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6644 Entscheidungen

Rauch über dem Schloss gibt Rätsel auf

Eine Boulevardzeitung berichtet online über den Brand des Berliner Stadtschlosses Anfang April 2020. Die Redaktion zeigt ein Drohnenfoto der Unglücksstelle mit Rauch über dem Dach des Gebäudes. Als Quelle des Fotos wird angegeben: „SplashNews.Com“. Ein Leser der Zeitung vermutet eine unzulässige Bildmanipulation. Das Ausgangsbild scheine authentisch zu sein. Offensichtlich wurde der Rauch nachträglich in das Bild manipuliert, wie man an Verlauf, Farbe und den scharfen Kanten erkenne. Auf Presserat-Nachfrage präzisiert der Beschwerdeführer seine Beschwerde folgendermaßen: Rauchverlauf und Kantenverlauf des Rauchs seien unstimmig. Wie man auf den Vergleichsaufnahmen erkennen könne, sei der Rauchverlauf physikalisch korrekt undurchsichtig, dicht, schwarz und mit weich auslaufenden Kanten. Er vermutet, dass im Nachhinein ein Rauchpinsel im Spiel gewesen sei. Er vermutet, dass das Ursprungsfoto dramatisiert und verfälscht worden sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung kontert mit einer einfachen Feststellung: Das Bild sei überhaupt nicht bearbeitet worden. Der Rauch auf dem Bild sehe aus, wie er aus der Optik der zu Demonstrationszwecken verwendeten Drohne nun einmal ausgesehen habe. Welchen Sinn sollte es aus Sicht der Redaktion auch haben, „einen scharfen Kantenverlauf“ in ein Foto einzuarbeiten? Dass es nach der Explosion am Berliner Stadtschloss Rauch über dem Gebäude gegeben habe, sei eindeutig – da müsse nicht in ein Foto „reingemalt“ werden. Die Beschwerde sei schlichtweg abwegig.

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Chefredaktion nimmt Serie aus dem Netz

Eine Regionalzeitung veröffentlicht eine Reihe von Artikeln, in denen der Autor über seine Ausbildungszeit als Finanzbeamter Anfang der 1960er Jahre berichtet. Dabei nennt er viele Personen mit vollem Namen. Er berichtet auch zum Teil über deren Krankheiten. Eine Beschwerdeführerin meldet sich als Vertreterin des Bayerischen Landesamts für Steuern. Sie sieht einen Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit). Beim Autor handele es sich um einen ehemaligen Finanzbeamten, der über seine Ausbildungszeit schreibe und dabei die Klarnamen der damaligen Kollegen nenne. Er bezeichne einen ehemaligen Kollegen als Alkoholiker, einen anderen outet er als Epileptiker. Insbesondere diese Passagen verletzten nach Ansicht der Beschwerdeführerin die genannten Personen in ihren allgemeinen Persönlichkeitsrechten. Sie wolle erreichen, dass die Namen der ehemaligen Kollegen in der Online-Version geschwärzt werden. Mit einer entsprechenden Kontaktaufnahme zur Zeitung habe sie keinen Erfolg gehabt. Die Redaktion erklärt, die Persönlichkeitsrechte der namentlich genannten Personen seien umfassend und unter Berücksichtigung der journalistischen Sorgfalt beachtet worden. Die mit Klarnamen benannten Personen seien dem Autor bekannt. Er habe vorab in Erfahrung gebracht, dass diese bereits verstorben seien. Die Namensnennung sei daher zulässig, da Grundrechtsträger nach Artikel 2, Absatz 1, des Grundgesetzes nur eine lebende Person sein könne. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht erlösche nach dem Tod. Die Nennung von Namen und Eigenschaften Einzelner diente der zeitgeschichtlichen Schilderung von Ereignissen in einem lokalen Finanzamt in der späten Nachkriegszeit und sei für die authentische Wiedergabe der beschriebenen Situation von Bedeutung. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse an den Vorgängen. Unabhängig davon habe die Redaktion entschieden, die Serie nicht fortzusetzen. Sie habe die beanstandeten Beiträge ohne Anerkennung von Rechtspflichten aus dem Netz genommen.

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Begriff „Täuschung“ nicht zu beanstanden

„Charité-Arzt wirft Merkel Täuschung vor“ so überschreibt eine Boulevardzeitung online ihren Bericht über den „Corona-Talk bei Maischberger“. Unter dem Zwischentitel „Überraschendste Kritik“ schreibt die Zeitung dann: „Über die Hoffnung der Bundeskanzlerin, die Zeit bis zur Verdopplung der Infektionen von sechs auf zehn Tage zu strecken, urteilt der Epidemiologe kühl: `Diese Zahl ist nicht belastbar. Ich glaube, sie ist in die Welt gesetzt worden, um das Durchhalten zu stimulieren.“ Beschwerdeführer in diesem Fall ist der im Artikel genannte Mediziner, Prof. Dr. Stefan Willich vom Institut für Sozialmedizin, Charité-Universitätsmedizin, Berlin). Der kritisiert, die Zeitung habe sein Foto und seinen Namen sowie seine Funktion benutzt um eine Schlagzeile zu publizieren, die seiner Argumentation in der Sendung widerspreche. Er habe der Bundeskanzlerin keine Täuschung vorgeworfen. Die Schlagzeile sei frei erfunden. Sie sei in hohem Maße rufschädigend und produziere Schaden für die gesamte Charité. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt auf die Beschwerde hin mit, ohne die gesamte Maischberger-Sendung Wort für Wort überprüft zu haben, scheine doch eines festzustehen. Die Bundeskanzlerin habe öffentlich offenbar die Hoffnung geäußert, dass die Corona-Verdopplungszeit von sechs auf zehn Tage gestreckt werden könne. Hierzu habe der Beschwerdeführer in der fraglichen Sendung ebenso unstreitig gesagt. „Diese Zahl ist nicht belastbar. Ich glaube, sie ist in die Welt gesetzt worden, um…“ Den Vorwurf, eine Information sei „in die Welt gesetzt“ worden, könne man als Veröffentlichung einer falschen oder jedenfalls unbewiesenen Information bewerten, mithin als „Täuschung“. Es sei die Freiheit der Presse, Sachverhalte bewertend und meinungsintensiv darstellen zu können. Es sei also abwegig, wenn der Beschwerdeführer von einer „frei erfundenen“ Schlagzeile spreche. Vielmehr lege er mit seiner unbestrittenen Äußerung („Zahl nicht belastbar“, „in die Welt gesetzt“) eine Anknüpfung für den wertenden Begriff „Täuschung“ vor. Das ist nicht nur presserechtlich, sondern auch presseethisch nicht zu beanstanden.

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Beschwerdeführer: Grafik gefälscht

Unter der Überschrift „Wer ist der typische Corona-Patient?“ berichtet eine Lokalzeitung über die Infektionszahlen in Baden-Württemberg. Zum Artikel gestellt ist eine Infografik unter dem Titel „Menschen in den Fünfzigern sind im Land besonders betroffen“. Laut Erklärung zeigt die Grafik den Anteil der Infizierten nach Alter im Vergleich zum Bevölkerungsanteil in Baden-Württemberg; Angaben in Prozent. Der Grafik ist zu entnehmen, dass bei Menschen in den Fünfzigern der Unterschied zwischen dem Anteil der Infizierten und dem Anteil an der Bevölkerung besonders groß ist. Die Personengruppen „75-80“ und „80+“ sind abgesetzt und mit einer eigenen Skalierung versehen. Beide Personengruppen liegen sowohl bei dem Wert „Anteil der Infizierten“ als auch bei „Bevölkerungsanteil“ deutlich über der Restbevölkerung. Ein Leser der Zeitung trägt vor, in der Grafik werde zur Beschönigung und optischen Täuschung der Aussage „Menschen in den Fünfzigern sind im Land besonders betroffen“ die Skalierung der X-Achse der Altersgruppe 75-80 und 80+ innerhalb der Grafik geändert. Das sei eine Verfälschung der Tatsachen. Auch die Aussage selbst sei falsch. Denn die Grafik sage, dass die Altersgruppe 75-80 etwa 3,6 Prozent Infizierte habe und die Gruppe 80+ fast sechs Prozent – also deutlich mehr als die Fünfziger. Der Chefredakteur nimmt Stellung und stellt fest, die vom Beschwerdeführer geäußerte Ansicht könne so nicht nachvollzogen werden. Die Grafik sei im Zusammenhang mit dem dazugehörenden Textbeitrag zu betrachten, der sich mit der besonderen Situation der 50- bis 60-Jährigen befasse. Die Überschrift eines Beitrages fasse üblicherweise dessen Kernaussage zusammen und bringe diese überspitzt und in jedem Fall verkürzt auf den Punkt.

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Foto verstößt gegen Menschenwürde

Ein regionales Internet-Portal berichtet, ein Krankenhaus in seinem Einzugsgebiet erweitere aufgrund der Corona-Pandemie seine Kapazitäten. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto von der Corona-Station. Die Bildunterschrift lautet: „Auf der rasch eingerichteten Covid-19-Station versorgen Ärzte und Pfleger der Asklepios-Klinik Schwererkrankte. Momentan sind acht Corona-Patienten in Behandlung.“ Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass zum Artikel ein Foto gestellt ist, das die Pflege eines Intensivpatienten abbilde. Der Intimbereich des Menschen sei deutlich sichtbar. Auch wenn die Person selbst nicht erkennbar sei, würden durch die Veröffentlichung doch die Persönlichkeitsrechte des Kranken verletzt. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Werbung für „besondere Lebensmittel“

Unter der Überschrift „Start-ups bieten etwas andere Lebensmittel an“ berichtet eine Regionalzeitung über einen namentlich genannten Hersteller von Fitnessriegeln auf Insektenbasis. Dieser habe sich in Reaktion auf die Corona-Pandemie mit anderen Produzenten zusammengetan und biete Kisten mit Lebens- und Genussmitteln für das Home-Office an. Es seien alles hochwertige und besondere Lebensmittel. Mit der Kiste, die 29,99 Euro koste, spare man zwölf Euro gegenüber dem üblichen Preis. Die Zeitung gibt diese Aussage eines der Start-up-Unternehmer an die Leser weiter. Im Internet gebe es weitere Informationen zu den Firmen und ihren Produkten. Dort könnten – so die Zeitung – die Produkte auch bestellt werden. Die Redaktion nennt die Internetadresse des Anbieters. Ein Leser der Zeitung sieht kein öffentliches Interesse für diese Veröffentlichung. Im Beitrag werde der Verkaufspreis nebst Rabatt erwähnt. Es werde auch auf die Bestellmöglichkeit mit einem Link hingewiesen. Der Beschwerdeführer kritisiert den Hinweis „Hochwertige und besondere Lebensmittel“ als Werbung im redaktionellen Teil. Die Redaktionsleiterin der Redaktionsgemeinschaft, zu der die Zeitung gehört, trägt vor, dieser Artikel sei in einer Phase der Corona-Krise erschienen. Seinerzeit habe das öffentliche Leben stillgestanden. Das Angebot des Start-ups, Lebens- und Genussmittel ins Homeoffice zu liefern, habe für die Leserinnen und Leser einen mehrfachen Informationswert gehabt. Den Vorwurf des werblichen Aspekts der Berichterstattung weist die Redaktion zurück. Man habe in dieser Hinsicht keinerlei Interessen. Sollte der Eindruck eines werblichen Hintergrunds entstanden sein, so bedauere die Redaktion das sehr.

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Wissenschaftler: Höhepunkt der Krise kommt noch

Das Internet-Portal einer Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Coronavirus in Deutschland: Fatale Prognose für den Sommer! Experten sind sich sicher, dass…“ über den Stand der Corona-Pandemie in Deutschland und Prognosen für den weiteren Verlauf. In einem Zwischentitel wird auf eine „Horror-Prognose“ von Wissenschaftlern der University von Washington in Seattle hingewiesen. Diese hätten für Deutschland berechnet, wie es in der Corona-Krise weitergehen könnte. Resultat: Der Höhepunkt der Krise stehe noch bevor. Ein Nutzer des Internet-Portals kritisiert eine nach seiner Ansicht fehlende Quellenrecherche. Der Autor stelle sowohl die prognostizierten Zahlen als auch den Zusammenhang grob fehlerhaft dar. Er berichte über Prognosezahlen, die denen der Quelle nicht entsprächen. Zum anderen beschreibe er unter Berufung auf diese Quelle den Höhepunkt der Corona-Krise für August. Tatsächlich vermittle die Quelle anschaulich, dass der Höhepunkt für Deutschland bereits Mitte April 2020 erreicht war. Dazu reicht der Beschwerdeführer eine entsprechende Projektion ein. Die Rechtsvertretung des Internat-Portals teilt mit, zum Berichtszeitpunkt habe die Prognose der angegebenen Quelle den im Artikel wiedergegebenen Zahlen entsprochen. Erfreulicherweise habe es danach eine aus deutscher Sicht positive Entwicklung geben, die sich auch in der günstigeren Prognose der University of Washington niedergeschlagen habe. Wenn der Beschwerdeführer Tage später auf die entsprechend abgeänderte Prognose zugreife, ergebe sich zwangsläufig eine Diskrepanz zu den vorher im Artikel genannten Zahlen.

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Viren langlebiger als bislang angenommen

Ein Nachrichtenmagazin berichtet über eine Studie, der zufolge die Sars-CoV2-Viren langlebiger seien als zunächst angenommen. Überschrift: „16 Stunden in der Luft: US-Forscher finden heraus, wie lang Sars-CoV-2 infektiös bleibt“. Die gängige Meinung der Virologen sei, dass das Coronavirus zwar sehr ansteckend sei, aber fast nur durch Tröpfchen übertragen werde. Das heißt, ein Infizierter müsse einem anderen Menschen schon nahekommen, damit die Viren beim Husten, Niesen oder Sprechen ein neues Opfer fänden. Mehr als 1,5 bis zwei Meter könnten die Tropfen nicht fliegen. Dann sänken sie zu Boden, die Virenlast verdünne sich in der Luft und die Erreger verlören nach wenigen Stunden ihr Ansteckungspotential. Das Magazin fährt in seinem Bericht fort. So eindeutig und kurzlebig sei das Ansteckungsrisiko wohl nicht. Die Viren gelangten auch mit dem feinen Nebel, den jeder Mensch beim Ausatmen abgebe, in die Luft. Und dort hielten sie sich besser und länger als anfangs vermutet. Das legten zumindest mehrere Studien nahe. Ein Leser des Magazins kritisiert, im Artikel werde unterschwellig zwar darauf verwiesen, dass der Artikel auf einer ungeprüften Studie basiere. Aber mit der Überschrift werde eine Wahrheit suggeriert, die es nicht gebe. Die Rechtsvertretung des Magazins erwidert dem Beschwerdeführer, mehr Ausgewogenheit und Zurückhaltung – wie von der Redaktion in diesem Fall geübt – seien wohl kaum möglich. Es bleibe aber trotzdem eine für die Allgemeinheit bedeutsame Information: dass die Forschungsergebnisse auf Ansteckungswege hinwiesen, die möglicherweise noch nicht genügend berücksichtigt worden seien. Dies könne für den Einzelnen durchaus ein Grund sein, die Vorgaben (Abstand, Maske) ernster zu nehmen, als dies womöglich in Unkenntnis solcher Studien der Fall wäre. In jedem Fall habe die interessierte Öffentlichkeit das Recht darauf, von den Medien über die aktuelle Studienlage informiert zu werden.

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Ein Ring und seine Entstehungsgeschichte

Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter der Überschrift „Michael Wendler lässt es funkeln – mit einem Verlobungsring von der Pforzheimer Trauringmanufaktur Rauschmayer“. Im Mittelpunkt des Beitrages steht ein Verlobungsring, den ein ortsansässiger Juwelier für die Freundin des Schlagersängers Michael Wendler angefertigt habe. Der Juwelier beschreibt den Ring und seine Entstehungsgeschichte. Ein Replikat des Rings sei bei ihm für 59 Euro erhältlich. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung hinsichtlich des Juweliers und des Replikats des Verlobungsringes. Nach Auffassung des Chefredakteurs der Zeitung ist es hingegen von hohem öffentlichem Interesse, dass ein Sänger mit einem solchen Bekanntheitsgrad wie Michael Wendler den Verlobungsring für seine zukünftige Frau bei einem ortsansässigen Juwelier erworben hat. Der Hinweis auf die Möglichkeit, ein Replikat des Ringes in einer günstigeren Variante bei dem Juwelier zu kaufen, sei als Service und Mehrwert für den Leser der Zeitung zu sehen.

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Nach Prüfung ethnische Herkunft genannt

Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „28-Jähriger legt Geständnis ab“ über ein Tötungsdelikt. Gleich zu Beginn des Artikels heißt es, der Tatverdächtige mit moldawischer Staatsangehörigkeit habe die Tat gestanden. Der Tathintergrund solle nach Polizeiangaben ein Streit um finanzielle Verpflichtungen sein. Unter der Überschrift „Mann stirbt durch Stich ins Herz“ berichtet die Zeitung zwei Tage später erneut über die Tat. Auch hier ist vom Täter als moldawischem Staatsangehörigem die Rede. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Nationalität des Tatverdächtigen unangemessen herausgestellt werde. Ein Zusammenhang zwischen der Herkunft und dem Tatvorwurf werde nicht erläutert und sei auch nicht gegeben. Die bloße Erwähnung der ethnischen Zugehörigkeit schüre Vorurteile gegen Minderheiten und führe zu diskriminierender Verallgemeinerung von individuellem Fehlverhalten. Der Chefredakteur nimmt zu der Beschwerde Stellung. Die Redaktion berücksichtige, dass die Berichterstattung über individuelles Fehlverhalten zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung führen könne. Deshalb prüfe sie selbstverständlich im Einzelfall unter Berücksichtigung der Recherchen im Gesamtzusammenhang sehr genau die Veröffentlichung der Nationalität eines Tatverdächtigen. Dies gelte auch dann – wie in diesem Fall -, wenn die Nationalität von Polizei und Staatsanwaltschaft in Pressemitteilungen explizit genannt werde. Der Chefredakteur stellt fest, als Regionalzeitung habe man auch zu berücksichtigen, dass eine Nichterwähnung der Herkunft ebenfalls zu Fehlinterpretationen führen und der Glaubwürdigkeit der Zeitung schaden könne. Es laufe also meistens auf eine Abwägung hinaus. Nach Ansicht des Chefredakteurs handelt es sich gemäß den Presserats-Leitsätzen um ein „schwerwiegendes Verbrechen“. Außerdem sei der Wohnbezirk des mutmaßlichen Täters als sozialer Brennpunkt bekannt, der von ständig wechselnden Mietern mit Migrationshintergrund bewohnt werde. Hätte die Redaktion die Nationalität des Täters verschwiegen, hätte man die Tatsachen verzerrt.

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