Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein mutmaßliches Tötungsdelikt. Unter der Schlagzeile „Anja K von Mitbewohner getötet? Marvin K. (24) in Holland festgenommen“ zeigt die Redaktion ein Polizeifoto des Tatverdächtigen mit Augenbalken sowie ein unverpixeltes Foto des Opfers. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung des Fotos des getöteten Mädchens einen ethischen Verstoß gegen den Opferschutz nach Richtlinie 8.2 des Pressekodex, da das Wissen um die Identität des Opfers in diesem Fall unerheblich sei. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass es zwar keine ausdrückliche Einwilligung etwa von Angehörigen der Verstorbenen zur Veröffentlichung des Fotos gegeben habe. Allerdings sei das betreffende Foto auf der öffentlichen Facebook-Seite des Opfers für jedermann abrufbar gewesen, weshalb von einem Einverständnis zur Veröffentlichung des Fotos auszugehen sei.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über einen Hausarzt, der seine Patienten mit einer Vitamin-D-Therapie behandelt. In der Überschrift steht die Aussage: „Vitamin D schützt vor Tod an Corona“. Im Beitrag legt der Arzt ausführlich seinen Ansatz dar, wonach das Ausmaß der Pandemie auf eine chronische Unterversorgung eines Großteils der Bevölkerung mit Vitamin D zurückzuführen sei. Der Arzt beruft sich dabei auf eine RKI-Studie zum Vitamin-D-Mangel in Deutschland. „Der stärkste Schutzfaktor gegen den Tod an Corona ist die gezielte Gabe von Vitamin D“, wird der Arzt zitiert. Die Zeitung berichtet, dass der Mediziner Vitamin-D-Präparate entwickelt habe, “berechnet nach seiner eigens entwickelten Formel“. Ein Leser der Zeitung legt seiner Beschwerde die Mahnung zugrunde, gerade in Zeiten der Pandemie sollten Medien ehrlich agieren und auch kritisch berichten. Dieser Artikel sei nichts Anderes als eine Werbeanzeige für einen Arzt, der sich mit der Leichtgläubigkeit der Menschen die Taschen fülle. Die Rechtsvertretung der Zeitung bezeichnet den kritisierten Artikel als ausgewogen und journalistisch sorgfältig aufbereitet. Eine Anpreisung der bei dem Mediziner erhältlichen Vitaminpräparate finde nicht statt. Auch werde die Web-Site des Arztes nicht genannt. Der Artikel konzentriere sich stattdessen auf die Grundaussage des Mediziners, dass viele - besonders ältere - Menschen an einem Vitamin-D-Mangel leiden und dieser einen Einfluss auf den Verlauf von Atemwegserkrankungen habe. Bei dem beanstandeten Artikel handele es sich keinesfalls um eine unkritische Berichterstattung oder gar Werbung für den Arzt. Den Lesern werde auch keine unbegründete Hoffnung auf eine einfache und schnelle Beendigung der Pandemie gemacht.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online ein Interview mit dem Fußballspieler Jerome Boateng. Es geht dabei um die Trennung von seiner Partnerin Kasia Lenhardt. Überschrift und Unterzeile lauten: „Trennung von Klum-Model: Boateng rechnet mit seiner Ex ab. Es geht um Alkohol, Druck und Erpressung“. Er habe die Öffentlichkeit kurz und knapp informiert, dass er sich getrennt habe. Sie habe auf Instagram geantwortet, dass sie ihrerseits die Beziehung beendet habe „aufgrund all deiner Lügen und dauernden Untreue“. „Der Teufel gibt sein Bestes“, habe sie in einem später gelöschten Post bei Instagram hinzugefügt und angekündigt, dass sie sich später konkreter äußern werde. Das wollte Boateng nicht so stehen lassen und äußerte sich dazu in diesem Interview. Darin wird viel schmutzige Wäsche gewaschen. Zwei Leserinnen der Zeitung treten in diesem Fall als Beschwerdeführerinnen auf. Nach ihrer Ansicht greift der Beitrag massiv in die Privatsphäre von Kasia Lenhardt ein und diffamiere diese. Eine der beiden Leserinnen ist schockiert von diesem Interview „voller Lügen, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, Verleumdungen und Falschaussagen“. Der Artikel sei der Ausgangspunkt eines Shitstorms gegen die Frau gewesen, die eine Woche später gestorben sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung nimmt Stellung. Grundsätzlich bestehe für die Presse bei der Verbreitung von Interviewäußerungen Dritter keine Recherchepflicht Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die Presse verpflichtet wäre, sämtliche Äußerungen eines Interviewten vor der Verbreitung auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
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Eine Gesundheits-Zeitschrift veröffentlicht ein „Dossier Gelenke“ unter dem Titel „Trotz Arthrose aktiv in den Frühling“. Dem Thema Arthrose widmet das Blatt fünf Seiten. Die Redaktion empfiehlt dabei vor allem ein namentlich genanntes Präparat. Eine Leserin der Zeitschrift kritisiert, dass dieses Dossier nicht als Anzeige oder Sonderveröffentlichung gekennzeichnet ist. In nahezu jedem der redaktionell aufbereiteten Artikel wird ein bestimmtes Präparat detailliert beschrieben und ausdrücklich empfohlen. Die Rechtsvertretung des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Bei dem Arthrose-Dossier handele es sich um eine Anzeigensonderveröffentlichung, die durch Inhalt, Aufmachung, Haptik (Wahrnehmung durch Berührung) und Einbindung in die Heftausgabe als solche zu erkennen ist.
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„Was den Gelenken im Winter guttut“ – so überschreibt eine Programm-Zeitschrift einen doppelseitigen Bericht über Behandlungsmöglichkeiten von Arthrose. Im Vorspann heißt es: „Ein einfaches Mittel verschafft Linderung“. Oben links und unten rechts auf der Doppelseite sind jeweils mit „Anzeige“ gekennzeichnete Dreiecke platziert, in denen für ein bestimmtes Präparat geworben wird. Drei Heft-Ausgaben später findet sich eine Doppelseite mit gleicher Aufteilung, wiederum mit Anzeigen für das erneut beworbene Präparat. Innerhalb der Doppelseite steht ein Artikel unter der Überschrift „Endlich wieder beweglich!“ Passage aus dem Vorspann: „Doch bei Arthrose helfen Sport und ein einfaches Mittel.“ Wiederum drei Ausgaben später gibt die Redaktion unter der Rubik „Hallo, Doktor!“ unter der Überschrift „Woher kommen meine Knieschmerzen?“ die Antwort eines Heilpraktikers auf eine Leserfrage zu Knieschmerzen wieder. Auch hier wird das Präparat lobend erwähnt. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert, dass diese immer wieder Werbung für ein bestimmtes und stets namentlich genanntes Präparat mache. Die Zeitschrift weist die Vorwürfe des Beschwerdeführers zurück. Die Werbung für das Präparat sei außerhalb des redaktionellen Inhalts platziert und mit dem „Hinweis Anzeige“ gekennzeichnet. Redaktion und Anzeigenabteilung arbeiteten strikt getrennt voneinander. Eine Gegenleistung für die Erwähnung des Präparats oder seines Wirkstoffs sei weder gewährt noch vereinbart worden. Ein irgendwie gearteter Zusammenhang zwischen den Beiträgen und den Anzeigen sei nicht gegeben. Eine Beeinflussung der Redaktion durch ökonomische Interessen sei mithin ausgeschlossen.
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Eine Programmzeitschrift widmet sich unter der Überschrift „Augen ganz natürlich schützen“ dem Thema Augengesundheit. Im Text heißt es unter anderem: „Doch wir können dem Alterungsprozess in unseren Augen entgegenwirken. Dafür benötigen wir unter anderem bestimmte Vitalstoffe. Bewährt hat sich eine Kombination aus den Vitaminen A, C und E, Zink, Selen, Lutein und Zeaxanthin sowie Omega-Fettsäuren (enthalten z. B. in “Doppelherz System Augen plus Sehkraft +Schutz, Apotheke“). In einem weiteren Bericht geht es um Nagelpilz. Auch hier wird ein bestimmtes Präparat namentlich genannt. Ein Leser der Zeitung fügt seiner Beschwerde noch weitere Beispiele aus der Zeitschrift an. Mehrmals werden Produkte genannt und empfohlen. Er stellt fest, die Zeitschrift veröffentliche seit Langem redaktionelle Beiträge über körperliche Beschwerden, die mit dem Namen eines rezeptfreien Medizinprodukts verwoben werden. Auffallend sei, dass die Berichte in Kombination mit entsprechenden Anzeigen veröffentlicht würden. Der Verlag stellt fest, er sehe keinen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Ziffer 7 des Pressekodex. Die Presse sei berechtigt, über medizinische und wissenschaftliche Themen frei zu berichten. Dafür dürfe sie auch redaktionelle Empfehlungen aussprechen und beispielhaft Produkte nennen. Eines Alleinstellungsmerkmals bedürfe es für eine redaktionelle Empfehlung nicht zwingend. Die beanstandeten Veröffentlichungen seien allein mit Blick auf das begründete öffentliche Interesse bzw. das Informationsinteresse der Leser an Gesundheitsthemen entstanden. Sie seien weder von dritter Seite bezahlt worden noch seien geldwerte Vorteile im Spiel gewesen.
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„Kurz vor George-Floyd-Urteil: US-Cop erschießt 15-Jährige vor laufender Kamera – Sie soll andere mit einem Messer in der Hand attackiert haben!“ So überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Bericht. Aufnahmen einer Body Cam zeigen die schreckliche Tat. Die 15-Jähige sei zuvor auf zwei Frauen mit einem Messer losgegangen. Ein Polizist habe daraufhin auf sie geschossen. „Die folgenden Aufnahmen können verstörend wirken“, warnt ein Hinweis vor dem beigefügten Video. Es werden zweimal die Aufnahmen von der Erschießung aus der Body Cam des Polizisten gezeigt, insbesondere, wie das Opfer vor dem Auto zusammenbricht. Es wird ein Foto des Mädchens gezeigt. Als Quelle gibt die Zeitung „privat“ an. Eine von zwei Beschwerdeführerinnen sieht in dem Video einen Verstoß gegen die Ziffern 1, 8 und 11 des Pressekodex. Das Mädchen sei angeschossen worden, später gestorben und minderjährig gewesen. Das Video und der damit verbundene Artikel solle nach Ansicht der Beschwerdeführerin gelöscht werden, damit die Familie des getöteten Mädchens ihren Frieden finden könne. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Die Berichterstattung verstoße in keinem der von der Beschwerdeführerin genannten Punkte gegen den Kodex. Es bestehe ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit dem Floyd-Prozess. Polizeigewalt gegen Menschen US-amerikanischer Herkunft sei ein Thema, das viele Menschen auch hierzulande emotionalisiere und beschäftige. Es sei von großem öffentlichem Interesse. Insofern sei der Beitrag ledglich ein weiteres Zeitzeugnis von großem öffentlichem Interesse.
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Zwei Boulevardzeitungen aus einem Verlag berichten online und gedruckt über einen erweiterten Suizid. Die Online-Version titelt: „Der Soldat, der seine Familie in (…) auslöschte. Daniel K. ließ nur die Hunde leben“. Im Bericht geht es um einen Familienvater, der seine Familie – die Ehefrau, die beiden Töchter und die Schwiegermutter – erstochen und sich dann selbst umgebracht habe. Vorher habe er noch Feuer im Haus gelegt. Bebildert ist der Artikel mit Fotos von Daniel K., dessen Ehefrau und einer Tochter, deren Hinterkopf gezeigt wird. Auch die gedruckte Zeitung zeigt das Bild des mutmaßlichen Täters und berichtet unter der Schlagzeile „Soldat tötet ganze Familie“. Sie veröffentlicht auch weitere identifizierende Fotos der Betroffenen. Als Fotoquelle wird jeweils „privat“ angegeben. Das Bild der Außenansicht des Hauses, in dem der erweitert e Suizid geschah, ist von einer Nachrichtenagentur übernommen worden. In einem zweiten Artikel unter der Überschrift „Die heile Welt war nur eine Fassade“ zeigt die Zeitung ein Foto des Ehepaares, das die Redaktion einem privaten Facebook-Account des mutmaßlichen Täters entnommen hat. Ein weiteres Foto zeigt das Ehepaar mit einem seiner Schäferhunde. Schließlich veröffentlicht die Redaktion ein Foto des abgesperrten Tatorts, als gerade ein Sarg durch ein Fenster gehoben wird. Mehrere Beschwerdeführer kritisieren die Berichterstattung. Sie stören sich vor allem an der Veröffentlichung von unverfremdeten Bildern der Beteiligten. Besonders kritisch sehen einige die Veröffentlichung von unverfremdeten Kinderbildern. Diese Bilder seien vom Facebook-Account eines der Beteiligten heruntergeladen worden. Das Justitiariat des Verlags, stellt sich auf den Standpunkt, dass die Fotos ausschließlich von öffentlich zugänglichen Webseiten stammten und dort bis heute von jedermann angeschaut werden könnten. Es vertritt die Auffassung, dass presse ethische Grundsätze mit diesen Veröffentlichungen nicht verletzt worden seien. In diesem Fall seien auch keine Angehörigen vorhanden, deren Zustimmung zur Veröffentlichung man habe einholen können.
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Zwei Beschwerdeführer legen zahlreiche Exemplare einer Lokalzeitung vor. Sie kritisieren die Praxis der Redaktion, ihre Beiträge auf der Titelseite mit „xx“ bei einem Autor und mit „xx/yy“ bei mehreren Autoren zu kennzeichnen. Die Beschwerdeführer kritisieren, dass diese Praxis fortgeführt werde, obwohl der Presserat in einem früheren Verfahren diese moniert habe. Sie nennen Artikel, die von Redakteuren und Kommunalpolitikerinnen und -politikern gemeinsam verfasst worden seien, ohne dass auf diese Tatsache aufklärend hingewiesen werde. Einer der Beschwerdeführer verweist auf Artikel, die im zur Zeitung gehörenden Anzeigenblatt als Anzeige gekennzeichnet seien. In der Zeitung fehle dieser Hinweis. Die Redaktion drucke komplette Seiten mit Beiträgen ab, bei denen es sich offensichtlich um reine Werbung handele, ohne dass darauf erläuternd hingewiesen werde. Der Geschäftsführer des Verlags lehnt eine Stellungnahme zu den Beschwerden ab und verweist auf eine frühere Stellungnahme in einem vorangegangenen Beschwerdeverfahren. Der Geschäftsführer weist darauf hin, dass einer der Beschwerdeführer auf Facebook Stimmung gegen den Verlag mache. Grund sei die Ablehnung der Redaktion, ausschweifende und Drittpersonen herabwürdigende Leserbriefe des Beschwerdeführers zu veröffentlichen. Das sei der Leserschaft der Zeitung nicht zuzumuten.
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„Jetzt wird´s richtig schmutzig bei der Boateng-Trennung: Die privaten Nachrichten von Kasia an Boatengs Ex“. So überschreibt eine Boulevardzeitung online ihren Bericht über das „Liebes-Ende“ von Fußball-Weltmeister Jerome Boateng und Model Kasia Lenhardt. Seit ihrer Trennung machten sich die beiden gegenseitige Vorwürfe. Nun mische eine dritte Person mit – Boatengs „EX“ Rebecca Silvera. Ihre „Waffe“: Private Sprachnachrichten und Chats, angeblich zwischen Kasia und ihr. Die Zeitung dokumentiert diesen Nachrichtenaustausch. Ein Leser der Zeitung wirft der Redaktion vor, sie veröffentliche im öffentlichen Rosenkrieg illegal verbreitete Sprachnachrichten, deren Veröffentlichung die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten verletze. Er verweist auf den späteren Suizid Kasia Lenhardts. Die Berichterstattung heize die Stimmung weiter an und führe unvermeidlich zu Cybermobbing. Die Zeitung - so der Beschwerdeführer – müsse sich ihrer moralischen Verantwortung bewusst sein. Die Rechtsabteilung des Verlags teilt mit, die Redaktion habe zwischenzeitlich zu der Beschwerde Stellung genommen und mitgeteilt, dass alle seinerzeit veröffentlichten Nachrichten von Rebeccas Instagram-Account stammten, auf dem sie öffentlich einsehbar seien. Die Redaktion habe diese Nachrichten mithin nicht als erste veröffentlicht. Außerdem habe die Redaktion das Management von Kasia Lenhardt befragt. Die Zusammenarbeit sei stets fair und transparent gewesen. Frau Lenhardt habe im Übrigen auf Instagram ebenfalls mehrere öffentliche Aussagen im Hinblick auf Jerome Boateng getätigt.
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