Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
In zwei Beiträgen befasst sich eine Lokalzeitung mit rechtsradikalen Aktivitäten. In beiden Berichten wird ein 23-jähriger Bürokaufmann namentlich erwähnt. Dass er Neo-Nazi sei und Mitgründer einer »Nationalfreiheitlichen Alternative«. Dass er mit einem Hakenkreuzflugblatt auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände aufgefallen sei. Dass man ihn wegen »Volksverhetzung« lediglich zu 80 Arbeitsstunden und einer Geldstrafe von tausend Mark verurteilt habe. Der Vater des Betroffenen beschwert sich beim Deutschen Presserat, dass man seinen Sohn mit vollem Vor- und Zunamen genannt habe. Durch die Veröffentlichung sei dem Jugendlichen die Aussicht auf einen Arbeitsplatz verbaut worden. Der Beschwerdeführer beanstandet auch die Wertung »lediglich« in Zusammenhang mit der Strafe, die sein Sohn erhalten habe. Bei einem Gesamteinkommen von 4.300 Mark im Jahre 1992 mit zusätzlichen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 2.300 Mark sei dies mehr als nur eine einfache Strafe. Die Zeitung verweist auf das Interesse der Öffentlichkeit an einer Aufklärung über die dubiose »Nationalfreiheitliche Alternative«. Der Sohn des Beschwerdeführers sei immerhin von Oktober 1992 bis zu ihrer Auflösung im Frühjahr 1993 der Vorsitzende einer weit agierenden politischen Partei gewesen, die vom Verfassungsschutz als politisch äußerst gefährlich eingestuft wurde. In ihrem Bericht über das Verfahren vor einem Jugendschöffengericht habe die Redaktion den Namen des Angeklagten nicht genannt. Dieser habe vielmehr in der Folge sein eigenes »Outing« betrieben. So bekannte er sich in einem Leserbrief mit Angabe von Namen und Adresse als Vorsitzender der NFA. Autonome verteilten Flugblätter mit seinem Porträt. In einer NFA-Zeitschrift wird er als Redakteur genannt. Spätestens Anfang 7993 hätte also jeder, der sich dafür interessierte, über die politischen Ansichten des jungen Mannes Bescheid wissen können: Es sei politisch notwendig, so die Zeitung, die Vernetzung neonazistischer Organisationen aufzudecken und dabei auch Namen zu nennen. (1993)
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Eine Boulevardzeitung kritisiert eine 35-jährige Kommunalpolitikerin, die aus der Alternativszene in den Stadtrat »gespült« worden sei. In der Überschrift wird sie als »grüne Giftschlange aus dem Rathaus« bezeichnet. In der Unterzeile wird ihr bescheinigt, dass sie mit ihrer hasserfüllten Radikalität rotgrüne Bündnis in die Handlungsunfähigkeit treibe. Im Text heißt es, sie verspritze Gift nach allen Seiten. Neben dem Beitrag findet sich ein Foto der Politikerin mit der Bildunterzeile: »Scharfe Worte, enges Leder, keine Freunde«. Die Fraktion der Betroffenen bittet den Deutschen Presserat, die Zeitung wegen dieser »Hetze« zu rügen. Da man den Autor des Beitrages wegen seiner fortwährend unseriösen Berichterstattung nicht mehr mit Informationen beliefere, könne sich seine Recherche nur auf Hörensagen beziehen. Die Zeitung erklärt, der Text sei ordnungsgemäß recherchiert. Hintergrund der Berichterstattung sei die politische Auseinandersetzung im Rathaus über die Kompetenz der beteiligten Parteien in der Asylfrage gewesen. Im Verlaufe dieser Streitigkeiten habe eine Stadtratsfraktion die Stadträtin der Nötigung und Erpressung bezichtigt. In ihrer Parteizeitung habe sie einem Kreisverwaltungsreferenten rassistische Tendenzen vorgeworfen. Dies und das wenig verbindliche Verhalten der Frau hätten zu den in dem Artikel wiedergegebenen Unmutsäußerungen geführt. Durch ihren unüblichen Kleidungsstil verfolge die Stadträtin u. a. die Absicht, Dritte zu provozieren. Insoweit müsse sie die Wirkung ihrer Kleidung auf weniger fortschrittliche Kräfte im Stadtrat und deren Reaktion darauf einkalkulieren. (1993)
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Das Verhalten und die Berufsauffassung von Busfahrern sind das Thema eines Zeitschriftenbeitrags, Unter der Überschrift »Fiese Busfahrer - Großstadt-Rocker mit Spatzenhirn« werden Fotos zu scheinbar typischen Berufssituationen der Busfahrer sowie diverse Zitate von anonym gebliebenen Interviewpartnern präsentiert. So wird z. B. geschildert, wie ein Busfahrer eine schwangere Frau sexuell `belästigt habe. »Busfahrer, so scheint es, werden immer fieser, immer gemeiner«: Andererseits wird aber auch festgestellt: »Natürlich gibt es auch eine Menge Busfahrer, die ihren Job anständig machen und sogar richtig Mitgefühl zeigen«. Zwei Verkehrsbetriebe treten in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat für die Ehre der Busfahrer ein. Sie halten den Artikel für eine Verunglimpfung und Diffamierung einer ganzen Berufsgruppe. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihm sei angesichts der Pauschalurteile nicht möglich. Der Rechtsvertreter des Zeitschriftenverlags widerspricht der Beschwerde. Der Beitrag greife konkret recherchierte, das Verhalten einzelner Angehöriger der betroffenen Berufsgruppe berührende Vorgänge auf und stelle damit keine allgemeine Verunglimpfung der Angehörigen eines bestimmten Unternehmens bzw. einer ganzen Berufsgruppe dar. (1993)
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Eine Tageszeitung berichtet über eine Pressekonferenz, die ein Landesminister einberufen hat, um sich gegen den Vorwurf zu wehren, er habe den Mandantenstamm seiner Rechtsanwaltskanzlei verpachtet. Die Zeitung verweist in ihrer Berichterstattung auf Unterlagen aus dem Bekanntenkreis eines Immobilienmaklers, wonach dieser den Minister monatlich mit 10.000 Mark finanziere. Außerdem will die Zeitung Belege dafür haben, dass die Immobilienfirma der Anwaltskanzlei, die des Ministers Mandantenstamm für 10.000 Mark monatlich gepachtet hat, halbjährlich insgesamt 60.000 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer bezahlt hat. Der Minister, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Kandidat um das Amt des Oberbürgermeisters, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Zeitung erwecke den Eindruck, dass ihr Anhaltspunkte für eine strafrechtlich relevante finanzielle Unterstützung des Ministers durch den Immobilienmakler vorgelegen hätten. Obwohl dies nicht der Fall sei, habe sie über die Vorwürfe berichtet. Damit habe die Zeitung Einfluss auf das Wahlverhalten der Leser genommen. Die Redaktion erklärt, sie hätte nicht die Absicht gehabt, über diese Fälle zu berichten. In der Pressekonferenz habe der Minister aber die Flucht nach vorne angetreten und selbst den Immobilienmakler erwähnt. Daraufhin habe sich die Zeitung zu einer ausführlichen Berichterstattung entschlossen. (1993)
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In vier Artikeln berichtet eine Boulevardzeitung über Autotests einer deutschen Universität mit Leichen. Eine der Überschriften lautet; »900 tote Kinder verkauft - für 200 bis 1500 Mark«. In dem dazugehörigen Text wird geschildert, dass Eltern ihre toten Kinder verkaufen, die später als Ersatz für Plastik-Dummys bei Crash-Tests fungieren. Zuvor war getitelt worden: »Professor Horror: Leichen besser' als Puppen«. Der Rektor der Universität schaltet den Deutschen Presserat ein. Er ist der Ansicht, die Zeitung habe nicht nur das betroffene Institut für Rechtsmedizin und dessen leitende Mitarbeiter an den Pranger gestellt, sondern auch dem Ansehen der Universität und den Belangen der Wissenschaft erheblichen Schaden zugefügt. Die Artikel enthielten nicht nur verschiedene unrichtige Angaben, sondern auch bewusst irreführende Informationen. So habe es nie Aufträge von ausländischen Autofirmen zu den Tests gegeben, die Untersuchungen seien auch nicht von diesen Auftraggebern finanziert worden und auch eine Richtigstellung sei nicht erfolgt. Die Schlagzeilen seien grob einseitig, die Texte durchweg tendenziös: »Darf Forschung so pervers sein?«, »Alptraum-Horror-Forschung«, »Die Ergebnisse seiner makabren Studien ...«. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf finanzielle Leistungen der Autoindustrie, die in den Etat des Instituts eingeflossen seien. Man habe nicht behauptet, dass die Eltern die toten Kinder an die Universität verkauft haben, sondern die Aussage eines Strafrechtlers wiedergegeben, dass seit Jahren in Deutschland mit Kinderleichen gehandelt wird und auf diese Weise der Forschung Millionen erspart werden. Ein Professor sei ausdrücklich mit dem Hinweis zitiert worden, dass etwa 150 Tote in der Unfallforschung verwendet worden seien, allerdings seit Jahren keine Kinder mehr. Weiter heißt es in der Stellungnahme der Zeitung: »Tatsächlich darf man sich sehr wohl gegen den Einsatz toter Kinder oder Erwachsener bei Crash-Tests aussprechen. Die Zugehörigkeit zur Menschheit endet nicht mit dem Tod. Der Tod macht den Verstorbenen nicht zu einer allseits verwendbaren Sache. Demzufolge kann derjenige, der sich aus ethischen Gründen gegen den Einsatz von Verstorbenen ausspricht, durchaus seine Meinung zum Ausdruck bringen, von »Horror« und von »makaber« sprechen und eine solche Forschung als pervers bezeichnen. Gleiches gilt auch für die Bezeichnung »Leichenprofessor«, wenn zugegeben wird, dass man in den Jahren ca. 750 bis 200 Leichen, seien es nun Kinder oder Erwachsene, für den Zweck der Verkehrsforschung verwendet hat«. (1993)
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Ein Leserbriefschreiber wendet sich an den Deutschen Presserat; weil sein Brief an ein Nachrichtenmagazin, in dem er Kritik an den Herausgeber geübt hatte; ohne sein Einverständnis sinnentstellend gekürzt worden ist. Die Redaktion räumt den Fehler ein, der durch ein zusätzliches Versäumnis in der Organisation auch noch zu spät bemerkt worden sei. Die beteiligten Mitarbeiter seien ermahnt worden, noch sorgfältiger mit Leserbriefen und mit den berechtigten Protesten von Lesern umzugehen. Die Chefredaktion und der zuständige Redakteur entschuldigten sich in zwei getrennten Briefen bei dem Beschwerdeführer. (1993)
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Der Inhaber eines Modehauses richtet eine Beschwerde an den Deutschen Presserat. Er hält zwei Veröffentlichungen in einer Lokalzeitung für unerlaubte Werbung. Im ersten Fall handelt es sich um die Ankündigung, dass die Senioren zweier Gemeinden und die Mitglieder der VdK-Ortsgruppen eine Einkaufsfahrt zu einem namentlich genannten Textilwerk unternehmen.. In einer zweiten Meldung wird über eine Kinderbescherung durch den Nikolaus in einem namentlich genannten Modehaus berichtet. Die Zeitung erklärt, mit der ersten Nachricht sei man dem veranstaltenden Verein entgegengekommen. Auch die zweite Meldung hält die Redaktion nicht für unerlaubte Werbung. Es handele sich lediglich um die Herausstellung einer besonders kinderfreundlichen Idee eines Einzelhandelsgeschäfts. In letzterem Falle liege nur ein Nachbericht und keine Werbung vor. (1993)
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Eine Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift »Geschäfte mit dem Menschenhass« über zwei Geschäftsinhaber, die Tonträger mit rechtsextremistischem und neonazistischem Inhalt produziert und, vertrieben haben sollen. In dem Beitrag werden die Beschuldigten mehrfach namentlich genannt. In einem Kommentar zu dem Artikel unter der Überschrift »Braune Soße« wirrt festgestellt: »Das sind keine Bubenstreiche. Und dahinter stecken gefährliche Volksverhetzer. Ob sie nun aus Überzeugung oder möglicherweise aus reiner Gewinnsucht Rechtsextremes verbreiten.« Einer der Betroffenen nimmt die mehrfache Nennung seines Namens zum Anlag einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Ausdruck »gefährliche Volksverhetzer« stelle eine Vorverurteilung zum Zeitpunkt eines laufenden Strafverfahrens dar. Die Redaktion sieht in der Formulierung eine Meinungsäußerung zur Gefährlichkeit des Rechtsradikalismus generell, nicht jedoch eine Vorverurteilung im einzelnen. Die Zeitung räumt ein, dass es nicht zwingend geboten gewesen wäre, den Namen des Verdächtigen zu nennen.(1993)
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Unter der Rubrik »Polizeibericht« schildert eine Lokalzeitung einen Fall von unsachgemäßer Aufbewahrung von Waffen. Gegen den Waffenbesitzer sei Anzeige erstattet worden. Seine sechsjährige Tochter lebe mit ihm im Haus. Um sie vor möglichem Schaden zu bewahren, so der Bericht, sei das Kreisjugendamt verständigt worden. Der Betroffene wirft der Zeitung in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat unlautere Methoden vor. Er lebe mit seiner Frau in Scheidung und arbeite am Wochenende außerhalb seines Wohnortes. Seihe Frau habe seine Abwesenheit genutzt, um zusammen mit einer befreundeten Journalistin der örtlichen Zeitung in sein Haus einzudringen und eine unrechtmäßige Aufbewahrung der Jagdwaffen zu fingieren. Anschließend hätten die beiden die Polizei benachrichtigt. Der in der Zeitung veröffentlichte »Polizeibericht« solle also den Eindruck eines amtlichen Berichts erwecken. Er sei so verfasst, dass jeder, der ihn kenne, sofort wisse, wer gemeint sei. Er sei somit zum »Gespött der Leute« gemacht worden. Die Redaktion übermittelt die schriftliche Stellungnahme des Polizeibeamten, der den Vorgang bearbeitet hat. Darin wird geschildert, dass ein Redakteur von einer freien Mitarbeiterin der Zeitung, die Augenzeugin der Vorfälle gewesen sei, benachrichtigt worden ist: Daraufhin habe der Redakteur den Beamten angerufen und den Vorgang so beschrieben, wie er in den Bericht übernommen wurde. (1993)
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Eine Zeitschrift kritisiert die Berufung einer Studienleiterin eines neuen kirchlichen Frauenstudien- und -bildungszentrums, die für die kirchliche Segnung von Gruppensex votiert habe. Eine Leserin sieht in dieser Textpassage eine öffentliche Diffamierung. Sie beschwert sich beim Deutschen Presserat; Der zitierte Satz sei eine sinnentstellende Bezugnahme auf eine Studie der Betroffenen überlesbische Frauen in der Kirche. Die Redaktion verweist darauf, dass sie Auszüge aus dieser Studie bereits veröffentlicht habe. Somit hätten die Leser den Zusammenhang selbst sehen können, auf den sich der kritisierte Satz bezieht. Befremdlich findet die Redaktion den Vorwurf, die 'Zeitschrift habe die schutzwürdige Privatsphäre der Studienleiterin in grober Weise missachtet, da die Frau selbst in zahlreichen Veröffentlichungen für ihre Lebensweise eingetreten sei. (1993)
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