Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Eine Lokalzeitung berichtet unter der Überschrift “Landfahrerin betäubte Opfer mit K.o.-Tropfen” über den Beginn eines Gerichtsverfahrens wegen schweren Raubes. Die Angeklagte wird mit Vornamen und abgekürztem Nachnamen genannt und als “Landfahrerin” bezeichnet. Der Artikel schildert den Hergang der Taten, die sich Anfang 1993 ereigneten und an denen mehrere Personen beteiligt waren. Laut Zeitung fahndete die Kriminalpolizei eineinhalb Jahre nach den Täterinnen, die als “Angehörige einer Landfahrersippe” gekennzeichnet werden. Diese hatten alte Frauen in unterschiedlichen Städten auf der Straße angesprochen, sie in deren Wohnungen besucht und mit K.o.-Tropfen betäubt. Anschließend raubten sie ihren Opfern Ersparnisse und Schmuck. Die Zeitung berichtet auch über den Ausgang des Gerichtsverfahrens. Der Abschlussbericht hat die Schlagzeile: “Neun Jahre Gefängnis für Landfahrerin, die alte Frauen ausraubte”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma moniert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Auffassung, in den Artikeln sei weder eine Stigmatisierung noch eine Diskriminierung von Minderheiten enthalten. Die Verfasserin habe bewusst die Bezeichnung “Sinti” oder “Roma” vermieden. Und für die Verwendung des Begriffs “Landfahrer” sei ein begründeter Sachbezug gegeben. Die Taten seien dadurch gekennzeichnet gewesen, dass die Täterinnen des Familienverbandes durch ganz Deutschland gereist seien und ihre Straftaten an alten Menschen begangen hätten. Die Chefredaktion nimmt die Beschwerden zum Anlass, die angesprochene Thematik in den Redaktionen zu aktualisieren. (1995)
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Ein prominenter Politiker steht vor Gericht. Die Anklage wirft ihm vor, ein Falschgeldgeschäft vermittelt zu haben. Zehn Millionen falscher Schweizer Franken sollten gegen echte DM-Scheine getauscht werden: in Koffern, klammheimlich, eins zu eins. Eine Zeitschrift berichtet über den Prozess. Den Belastungszeuge beschreibt sie als einen Mann mit geölten schwarzen Haaren und hochhackigen Lackschuhen. Sie nennt ihn mit Vornamen und schreibt, er sei ein Roma und gehöre zur Spitze eines jugoslawisch-polnischen Ganoven-Quartetts. Er belaste (den Angeklagten) immer mehr, “während seine goldkettengeschmückte Roma-Sippe hinten im Zuschauerraum hockt”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht keinen zwingenden Sachbezug, der den Hinweis auf die Gruppe der Roma gerechtfertigt hätte. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung des Verlags sieht die beanstandeten Formulierungen durch ein legitimes Informationsinteresse gedeckt. Sie bestreitet eine Diskriminierung und weist darauf hin, dass die eher negative Darstellung der Familienangehörigen auf das konkrete Geschehen bezogen sei. U.a. seien die Angehörigen des Zeugen vom Gericht mehrmals wegen ihres ruhestörenden Verhaltens gerügt worden. Ein Pauschalurteil über “die” Roma sei mit der Beschreibung aber nicht verbunden. Der Hinweis auf die Zugehörigkeit des Zeugen zu der ethnischen Gruppe habe einen selbständigen Informationswert. Sie illustriere den Hintergrund des dubiosen Geschäftes des Abgeordneten und beleuchte die “Internationalität” des beteiligten Ganoven-Quartetts. (1995)
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Das Bundeskriminalamt ermittelt gegen bundesweit tätige Teppichhändler. Eine Zeitschrift berichtet darüber. Unter der Überschrift “Großbetrug mit Plastik-Persern – Roma-Clans verkaufen an der Haustür Ramsch zu Phantasiepreisen” führt sie u.a. aus: “Auffällige Gemeinsamkeit: Fast alle sind Roma ... Die Roma-Clans haben Deutschland unter sich in Einflussgebiete aufgeteilt und tauschen Adressen potentieller Teppichkäufer aus, die sie sich durch Bestechung von Angestellten etablierter Teppichhäuser oder in den orientalischen Urlaubsländern besorgen.” Als Quellen nennt die Zeitschrift einen Beamten des BKA und ein reuiges Mitglied der “Perser Connection”. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung der Roma-Zugehörigkeit der Verdächtigten. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift verweist auf eine Auskunft des Bundeskriminalamtes, dass alle Tatverdächtigten aus der kriminellen Teppichszene Roma seien. Die mafiosen Strukturen, die dem Großbetrug zugrunde liegen, rechtfertigten eine Aufklärung der Öffentlichkeit darüber, wie sich die Organisation der Täter zusammensetze. Deren ethnische Zugehörigkeit sei jedoch nicht genannt worden, um zu stigmatisieren oder gar rassistische Vorurteile zu verbreiten. (1995)
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In zwei Meldungen berichtet eine Nachrichtenagentur über Fälle von umfangreichem betrügerischem Devisenaustausch. An einer Stelle zitiert sie einen Polizeibeamten, der dem Täterkreis 60 Personen zuordnet, von denen die meisten Roma-Angehörige seien. Zwei Zeitungen, welche die Meldungen nachdrucken, ändern diese Mitteilung in die Aussage um: “Die Täter gehören einer Roma-Sippe an”. In einer Beschwerde darüber beim Deutschen Presserat spricht der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma von einer schlimmen journalistischen Praxis, die rassistische Vorurteile schüre. Die Agentur erklärt, dass sie Zitate aus einer Pressekonferenz so zu verbreiten habe, wie sie gefallen seien. Der Bezug auf Roma sei von ihr als ein konjunktivisch gekennzeichnetes Zitat des Polizeisprechers wiedergegeben worden, und zwar – anders als von den beiden Zeitungen – in der Textmitte und mit der Einschränkung “die meisten ...”. (1995)
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Eine Lokalzeitung berichtet über betrügerische Devisen-Tauschgeschäfte, die einer Geldschieberbande zur Last gelegt werden. Dabei soll ein Schaden von mindestens 30 Millionen Mark entstanden sein. Die Zeitung gründet ihre Mitteilung, dass es sich bei dem Täterkreis um eine etwa 60-köpfige Roma-Sippe jugoslawischer Herkunft handele, auf Erkenntnisse der Polizei. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht die Gruppe der Roma durch diesen Hinweis stigmatisiert und ruft den Deutschen Presserat an. Eine sorgfältige und umfassende Berichterstattung gebietet nach Auffassung der Chefredaktion, dass bei Delikten von Schwerstkriminalität der Täterkreis so genau wie eben möglich beschrieben werden muss. Von dem Hinweis auf die Herkunft der Täter hätte sich die Polizei zudem eine Verhinderung weiterer Straftaten und eine Beschleunigung der Ermittlungen erhofft. Zugleich sollten potentielle neue Opfer gewarnt werden. (1995)
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“Er ist wahrscheinlich 19 Jahre alt, in Rumänien geboren, nach Ablehnung des Asylantrags seiner Familie staatenlos und gehört dem Clan der Roma an.” So beginnt der Gerichtsreport einer Lokalzeitung, der den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat veranlasst. Dem Angeklagten werden neun Fälle von Diebstahl zur Last gelegt. Zum familiären Umfeld schreibt die Zeitung, die Sippe des 19jährigen lebe von der Sozialhilfe und der Vater betreibe einen fliegenden Teppichhandel. Ferner wird berichtet, dass die Vertreterin der Jugend-Gerichtshilfe um Anwendung des Jugendstrafrechts gebeten habe, da man den Angeklagten nicht mit deutschen Heranwachsenden vergleichen könne. So sei beispielsweise die Tendenz der Loslösung von der Familie bei ihm nicht so ausgeprägt wie bei einem gleichaltrigen Deutschen. Die Rechtsabteilung des Verlags ist der Ansicht, dass die Nennung der ethnischen Zugehörigkeit des Angeklagten begründet sei. Die Art und Weise, wie die Straftaten begangen worden seien, aber auch die Gründe, die in der Hauptverhandlung zur Entlastung des Angeklagten angeführt worden seien, könne man nicht verstehen, wenn nicht die Herkunft des Beschuldigen erklärt werde. (1995)
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