Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Ein Journalist, diplomierter Theologe, setzt sich in einem Beitrag in einer Wochenzeitung mit der Personalpolitik eines Erzbistums auseinander. Anlass ist die Absicht des Kardinals, den 70jährigen Schriftleiter eines Pastoralblattes in den Ruhestand zu schicken, nach Ansicht des Autors “mundtot” zu machen. Die Veröffentlichung veranlasst den Chefredakteur der Kirchenzeitung des Erzbistums zu einem Kommentar seinerseits. Unter der Überschrift “Papier ist geduldig” bescheinigt er dem Verfasser eine Herkunft aus katholischem Milieu. Er wirft ihm mangelnde Sorgfalt und Wahrhaftigkeit vor und nennt seinen Beitrag ein Machwerk, ihn selbst einen “Artikelhausierer”, dem die Wochenzeitung auf den Leim gegangen sei. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Er sieht sich beleidigt und diffamiert und legt eine Liste seiner Recherchen vor. Der Chefredakteur der Kirchenzeitung sieht in der Veröffentlichung des Beschwerdeführers einen Rufmord am Kardinal. In den Formulierungen “katholisches Milieu” und “Machwerk” kann er keine Diffamierung erkennen. (1996)
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Unter der Überschrift “Lebende Hunde auf glühenden Grillspießen geröstet!” berichtet eine Zeitschrift über die Praxis der Zubereitung von Hundefleisch in Korea. Der Autor enthüllt u.a., wie ein Hund bei lebendigem Leib gebraten wird. Angeprangert werden auch Missstände bei der Tierhaltung. Eine Zwischenzeile zum Text lautet: “Grinsend übergießt der dickbäuchige Asiaten-Koch das sterbende Tier mit heißem Bratenfett!”. In der Unterzeile zu zwei der Fotos schreibt die Zeitschrift: “... schmierige Koreaner nehmen den Hund aus”. Drei Leser der Veröffentlichung, darunter ein Journalist, legen Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie monieren Passagen, die der Aufstachelung zum Rassenhass Vorschub leisten. Ihre Kritik machen sie an Formulierungen wie “perverse Schlitzaugen”, “schmierige Koreaner” und “dickbäuchiger Asiaten-Koch” fest. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift erklärt, die kritisierten Attribute würden nicht generell der Bevölkerung von Südkorea zugeordnet, sondern nur den hier geschilderten Personen. Deren Verhalten werde nach den hier geltenden Wertvorstellungen beurteilt. Der Text richte sich ausschließlich gegen die Tatsache, dass in den südostasiatischen Ländern Hunde verspeist würden und dagegen, wie dies geschehe. (1996)
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Ein sechsjähriges Mädchen wird auf brutale Art missbraucht und getötet. Eine Boulevardzeitung berichtet über das Verbrechen in großer Aufmachung. Sie erwähnt Namen von Angehörigen des Opfers und gibt den Hinweis: “Der Opa erlitt nach der Nachricht einen Herzinfarkt.” Die Ausländerhilfe beklagt, der Artikel sei darauf ausgerichtet, das ganze Leid der betroffenen Familie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Damit widerspreche er den Grundsätzen einer humanen, das Andenken wahrenden Berichterstattung. Für unzulässig hält die Beschwerdeführerin die Nennung der Namen von Opfer und Mutter sowie die Veröffentlichung eines Fotos des Kindes. Ferner seien die Angaben über den Herzinfarkt des Opas unrichtig. Die Zeitung führt an, in den Berichten der Staatsanwaltschaft und der Mordkommission seien Vor- und Nachnamen des Kindes genannt worden. Auch das Fotomaterial sei von der Polizei zur Verfügung gestellt worden in der Hoffnung, durch die Abbildung des Opfers könnten entscheidende Hinweise auf den Täter kommen. Im übrigen könne keine Rede davon sein, dass der Beitrag die Privatsphäre der Familie verletze. Der Artikel schildere ein tragisches Ereignis, das nicht verschwiegen werden dürfe, auch wenn nachvollziehbar das Leid der Hinterbliebenen groß sei. (1996)
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Unter Berufung auf den Sprecher des Flughafens berichtet eine Nachrichtenagentur, Mitarbeiter einer Boulevardzeitung seien daran gehindert worden, in dem abgesperrten Terrain mit Angehörigen und Freunden der Opfer einer Flugzeugkatastrophe in der Dominikanischen Republik zu sprechen. Sie hätten sich als Verwandte ausgegeben. Ein Leser der Nachricht beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Journalisten hätten die Situation der leidenden und trauernden Angehörigen schändlich ausgenutzt. Die Redaktionsleitung der Boulevardzeitung erklärt, dass die beiden Mitarbeiter der Redaktion nicht mehr angehörten. Die Kontrolle am Eingang des besagten Raums habe ein “Anschleichen” nicht zugelassen. Die damaligen Mitarbeiter seien mit einem Passagier befreundet gewesen und hätten deshalb die Sperre passieren dürfen. Der Name des Freundes, der offensichtlich auch auf der Passagier-Liste festgestellt worden ist, ist der Redaktionsleitung nicht geläufig. Der späteren Aufforderung, den abgesperrten Raum zu verlassen, seien die Mitarbeiter nachgekommen. Sie hätten keinen journalistischen Auftrag gehabt, sondern sich aus rein persönlichen Gründen in dem Raum für die Angehörigen der Opfer aufgehalten. (1996)
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Die Berichterstattung einer Lokalzeitung über den Besuch des israelischen Staatsoberhauptes Weizman in der Bundesrepublik löst einen Leserbrief aus. Auf diesen Brief reagiert ein weiterer Leser mit Ausführungen, in denen er den Schreiber des ersten Briefes als ehemaligen SS-Offizier bezeichnet. Die Zeitung veröffentlicht auch den zweiten Leserbrief, streicht aber vorher den Hinweis auf die SS. Der Verfasser und mit ihm die Jüdische Gemeinde am Ort beklagen in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat diese Verfälschung, die den Sinn des Satzes geändert habe. Der Leserbriefschreiber sei SS-Offizier gewesen und habe dies auch öffentlich bekundet. Die Zeitung sieht in der Streichung des Hinweises auf die SS keine Textfälschung. Der Redaktion und der breiten Öffentlichkeit sei sehr wohl bekannt, dass der Offizier der SS angehörte, aber er habe bis Anfang der 90er Jahre auch in der Bundeswehr gedient und sich hohes Ansehen erworben. Die Beteiligten hätten inzwischen in einem Gespräch beiderseitige Bedenken ausgeräumt. (1996)
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Eine Regionalzeitung schließt die Vorschau auf ein Schalke-Spiel am Fuß ihrer Sportseite mit dem Bild eines Stadions, dessen Fahnenschmuck das Signet einer Biermarke trägt. “Mich würde sehr befremden, wenn diese Art der Werbung Ihre Zustimmung finden würde”, schreibt ein Leser des Blattes an den Deutschen Presserat. Er sieht den redaktionellen Teil der Zeitung in auffälliger Weise “durchmischt”. Die Zeitung sieht das anders. Es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen redaktionellem Teil und Anzeigenraum. Daher sei eine Kennzeichnung mit dem Wort “Anzeige” nicht erforderlich. Die Chefredaktion verweist in diesem Zusammenhang auf einen Fachbeitrag in einer Zeitschrift, in dem darüber berichtet wird, dass mit den sogen. Flexformaten im Printbereich neue innovative Werbe- und Sponsoringformen entstehen. (1996)
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Eine Lokalzeitung berichtet über einen Ladendiebstahl in der Stadt. Eine 49-jährige Frau und ihr 14-jähriger Begleiter wurden von einer Angestellten des Drogeriemarktes beim Diebstahl von Kosmetika ertappt. Die Zeitung erwähnt, dass es sich um eine Roma-Frau handelt. Die Zeitung berichtet auch über ein Gerichtsverfahren wegen versuchten Diebstahls und Raubes. Den angeklagten Frauen werden mehrere Überfälle auf alte Menschen zur Last gelegt. In dem Artikel werden die Beschuldigten als Roma bzw. Roma-Frauen bezeichnet. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in der Nennung der ethnischen Zugehörigkeit einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Für die Nennung habe kein zwingender Sachbezug bestanden, um den berichteten Tathergang zu verstehen. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf ihre Pflicht einer sorgfältigen und wahrheitsgemäßen Berichterstattung. Die Zahl der von Roma begangenen Straftaten sei in der Stadt extrem hoch. Besonders häufig seien Taschendiebstähle durch Kinder, Diebstähle in Supermärkten und Kaufhäusern sowie das Ausrauben älterer und alleinstehender Menschen durch Roma-Frauen. Die Zeitung habe nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, ihre Leser vor bestimmten Tätergruppen zu warnen. Schlimmer wären die Folgen in der Bevölkerung, wenn die Medien die Straftaten gewisser Minderheiten grundsätzlich totschweigen würden. Eine saubere Nachrichtengebung kann nach Überzeugung der Chefredaktion dagegen Vorurteile abbauen. (1995/96)
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“Am vergangenen Dienstag sprachen zwei Frauen einer mobilen ethnischen Minderheit bei einer alleine anwesenden 88-jährigen Dame vor. Nach ihrem Weggang musste die betagte Dame feststellen, dass eine Damenarmbanduhr fehlte.” Eine Lokalzeitung veröffentlicht diesen Inhalt des Presseberichts der Polizeidirektion am Ort unter der Überschrift “Das Zitat”. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Tat “nach Einschätzung der Polizei von Zigeunern begangen wurde”. Einige Wochen später berichtet sie über einen Betrugsfall, der die Polizei veranlasst, die Öffentlichkeit vor Betrügerinnen zu warnen. Im Text findet sich die Passage: “Sie kaufte zwei ungepflegt wirkenden Zigeunerinnen fünf ‘Goldringe’ für 250 Mark ab.” Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in beiden Veröffentlichungen Verstöße gegen den Pressekodex. Er legt sie dem Deutschen Presserat vor. Die Zeitung äußert sich nicht dazu. (1995)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über die Razzia eines mobilen Einsatzkommandos der Polizei in einer Wohnanlage für Obdachlose. Gesucht wird ein Mann, der mit seinem Bruder eine 15jährige Schülerin vergewaltigt haben soll. Der eine mutmaßliche Täter sitzt bereits in Haft, der zweite wird entdeckt und festgenommen. In dem Beitrag wird erwähnt, dass es sich um zwei Roma-Brüder handele. Ihre Sippe gelte als gefährlich. Die Zeitung nennt Vornamen aus dem Clan, die “Schlagzeilen machten”. Zitiert wird ein Polizist, der annimmt, dass die Sippe bewaffnet ist. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma nimmt den Fall in eine Sammelbeschwerde beim Deutschen Presserat auf. Wie in allen anderen gleich gelagerten Fällen erinnert er an einen Erlass von Reichsinnenminister Wilhelm Frick im Jahre 1935, in dem dieser anordnete, “bei allen Mitteilungen an die Presse über die Straftaten von Juden die Rassenzugehörigkeit hervorzuheben.” Die Kennzeichnung der Verdächtigen im vorliegenden Zeitungsbericht entspreche diesem Geist und schüre rassistische Vorurteile. Die Chefredaktion hält die Beschwerde für unbegründet. In dem Beitrag seien keine Vorurteile geschürt worden. Man habe vielmehr eine Aktion der Polizei geschildert, deren Hintergrund der Verdacht war, ein Angehöriger der Roma-Sippe , deren Mitglieder schon mehrfach erheblich straffällig geworden seien, könne das 15-jährige Mädchen vergewaltigt haben. Eine solche Berichterstattung wäre unvollständig, müsse grundsätzlich im Sinne einer Verpflichtung darauf verzichtet werden, die Zugehörigkeit eines möglichen Täters zur Gruppe der Roma oder Sinti zu erwähnen. Dadurch würde letztlich die Pressefreiheit beschädigt, denn eine solche Verpflichtung würde darauf hinauslaufen, dass im Rahmen einer Berichterstattung Fakten unterdrückt werden müssten. Schließlich gehe es um die Pflicht, die Leser korrekt und vollständig zu unterrichten. (1995)
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