Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Der schreckliche Krebs-Arzt – Selbstmord im Feuer“ berichtet eine Boulevardzeitung über einen Arzt, der Selbstmord verübt hat. Dem Artikel beigestellt sind ein Porträt des Mannes sowie ein Foto der verbrannten Leiche. Ein Leser des Blattes sieht die Menschenwürde des Betroffenen durch die Veröffentlichung des Leichenfotos verletzt und wertet die Überschrift als eine Vorverurteilung. Im Text selbst sei nur von einem Verdacht die Rede, dass der Arzt Diagnosen verfälscht habe. Das Foto sei von einer Nachrichtenagentur verbreitet worden, entschuldigt sich die Chefredaktion der Zeitung. Es sei ein bislang anerkannter Grundsatz, dass Redaktionen das von Nachrichtenagenturen verbreitete Material nicht mehr prüfen müssten. Dennoch habe man das Foto „entschärft“. (1997)
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Ein Mann fährt mit dem Rad durch die Stadt, schreibt Falschparker auf und meldet diese der Polizei. Eine Autozeitschrift berichtet über sein Tun, nennt ihn „Petzer“, „Wichtigtuer“, „Schrat“, „Loser“ und „Deutschlands Ober-Autohasser“, der 2.400 Mitbürgern zu Tickets verholfen habe. Der Autor des Artikels äußert schließlich sein „Fast-Verständnis“ für eine Erschießung des Mannes. Ein Leser der Zeitschrift legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Nach seiner Ansicht wird der Betroffene herabgewürdigt und es wird gegen ihn gehetzt. Das „Fast-Verständnis“ für seine Erschießung geht ihm entschieden zu weit. Die Chefredaktion der Zeitschrift gesteht ein, dass der Beitrag deftig, angesichts des außergewöhnlichen Verhaltens des Betroffenen jedoch gerechtfertigt sei. Über den Mann sei schon in anderen Blättern berichtet worden und er sei auch schon in einer Fernsehsendung aufgetreten. Er finde sich in seiner Rolle so gut, dass er jede öffentliche Beschreibung und jeden öffentlichen Auftritt suche. Es müsse die Meinung gestattet sein, ihn auf Grund seines Verhaltens Mitmenschen gegenüber auch negativ zu sehen. Insofern beschreibe der Beitrag eine, gelinde gesagt, außergewöhnliche Person, die selbst die Akzente für eine kritische Betrachtung gesetzt habe. (1997)
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Ein Bürgerverein veranstaltet eine Umfrage zum öffentlichen Personennahverkehr. Die örtliche Zeitung berichtet darüber unter der Überschrift „Fragespiel in eigener Sache“. Einem Professor der Sozialwissenschaften würde es den kalten Schweiß auf die Stirn treiben, was sich der Bürgerverein als Umfrage zurechtgezimmert habe, meint sie. So habe man den Satz „Bei einem verbesserten Angebot des ÖPNV würde ich mein Auto öfter stehen lassen“ mit zwei Ankreuzkästchen versehen. Dies habe stolze 90 Prozent der Befragten zu einem Ja veranlasst, das so sicher auch noch ein Ferrari-Vorstand abgegeben hätte. In der Unterzeile zur Überschrift stellt die Zeitung fest, die Umfrage habe am Ende den eigenen Ideen des Bürgervereins total recht gegeben. Der Vorsitzende des Vereins schaltet den Deutschen Presserat ein. Er sieht in der Veröffentlichung in unzulässiger Art und Weise Nachricht und Kommentar vermischt. Die Mitglieder seines Vereins fühlten sich durch den Beitrag persönlich diffamiert. Auch die Chefredaktion des Blattes hält den Einstieg in den Artikel und die darin praktizierte Vermischung von Tatsachen und Meinung für nicht besonders glücklich. Der Beitrag habe jedoch nichts lächerlich gemacht oder gar Personen diffamiert, geschädigt oder ihre berufliche Reputation in Zweifel gezogen. Die Zeitung ist der Ansicht, dass eine Bürgerbefragung, deren Fragestellung so aufgebaut sei, dass eine positive Beantwortung durch nahezu jeden Befragten zu erwarten sei, eine redaktionelle Stellungnahme geradezu herausfordere. (1997)
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Eine Lokalzeitung kommentiert das Bauprojekt eines Unternehmers, rückt ihn in die Nähe eines bundesweit bekannten Bankrotteurs, nennt sein Vorhaben eine „Luftnummer“. Eine Woche später berichtet sie über den Selbstmord eines Lokalpolitikers, der beim selben Unternehmen Büroflächen angemietet hat. Die Zeitung zitiert die Polizei, die das Motiv der Tat in verschiedenen privaten Geldgeschäften und deren Ergebnissen sieht. Der Mann habe sich wahrscheinlich bei Immobiliengeschäften übernommen. Der Unternehmer sieht in der Berichterstattung einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Selbstmord des Lokalpolitikers und seinem Unternehmen hergestellt. Er selbst werde mit einem bekannten Bankrotteur verglichen, seine Firma negativ dargestellt. Der Betroffene legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, die kritische Begleitung des genannten Bauprojekts habe sich in den vergangenen drei Jahren aus unzähligen Versprechungen, Vertröstungen, Verwirrungen und Ungereimtheiten ergeben. Die Angelegenheit habe sich inzwischen zu einem handfesten öffentlichen Skandal entwickelt. Dieser führe im politischen wie im gesellschaftlichen Leben der Region zu weiteren Spekulationen. Der Kommentar stelle eine Meinungsäußerung dar, die in ihrer überzogenen Verallgemeinerung zwar streitbar sei, aber keinesfalls überraschend die Firma in den vom Beschwerdeführer formulierten Misskredit bringe. (1997)
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Eine Familie verliert ihren Hund, weil ein Autofahrer ihn übersah. Sie schaltet eine Traueranzeige für „Strolchi“. Der Redakteur einer Zeitung am Ort entdeckt den Nachruf und fragt die Familie, ob er über den Unfall berichten dürfe. Die Familie erklärt sich einverstanden und händigt der Redaktion auch Fotos aus. In dem Artikel unter der Überschrift „Die Sekunde, in der Strolchi starb“ erscheinen zusätzlich zwei Fotos, welche die Besitzerin des Hundes kurz nach dem Unglück auf der Straße gebeugt über den in einer Blutlache liegenden Hund zeigen. Dem Bericht beigestellt ist ein kurzer Beitrag, in dem sich eine Expertin unter der Überschrift „Der Hund – Partner fürs Leben“ über das Verhältnis des Menschen zu „Vierbeinern“ äußert. Die Besitzerin des Hundes ist der Ansicht, daß durch die Veröffentlichung der beiden Fotos ihre Intimsphäre und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt wurde. Zudem würde ihre Familie dadurch unnötig belastet. Daß die Fotos vom Unfall aufgenommen wurden und veröffentlicht werden sollten, hatte sie nicht gewußt. Sie beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung führt aus, er habe mit der Beschwerdeführerin ausführlich telefoniert und dabei über Möglichkeiten der Wiedergutmachung gesprochen. Die Redaktion habe davon ausgehen müssen, daß die Frau mit der Veröffentlichung der Fotos einverstanden war, da sie mit dem Thema auch öffentlich umgegangen sei. Dafür spreche die Veröffentlichung einer „Grußpost“, in der sie von ihrem Hund Abschied nehme, vor allem aber die Tatsache, daß sie einer Mitarbeiterin der Zeitung in einem zur Veröffentlichung freigegeben Interview über den Vorfall genauestens Auskunft gegeben habe. In einem zweiten Gespräch habe ihr die Chefredaktion garantiert, daß die Fotos nicht mehr veröffentlicht und auch nicht weitergereicht werden. (1997)
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Ein 27jähriger Motorradfahrer verunglückt tödlich. Unter der Überschrift „Polizei-bericht“ schildert die Zeitung am Ort das Unglück. Der Meldung sind zwei Fotos beigefügt, deren eines den Getöteten in Großaufnahme zeigt. Das Gesicht des jungen Mannes ist abgedeckt. Der Bruder des Unfallopfers empfindet die Veröffentlichung des Bildes als pietätlos. Er sieht die Ehre seines Bruders verletzt und ihn auch identifiziert, da die Stadt nur 8.000 Einwohner hat. Die Zeitung erklärt, sie habe das Foto auf ausdrücklichen Wunsch der Polizei veröffentlicht. Auf Nachfrage habe ihr der verantwortliche Polizist gesagt, wenn sich jemand beschweren sollte, möge man ihn zur Polizei schicken. In dem Bericht sei kein Name genannt, die Unfallursache nicht angegeben. Man habe den Kopf des Verunglückten abgedeckt und die Kennzeichen auf den Fahrzeugen der Unfallbeteiligten geschwärzt. Der Artikel gehe auch nicht auf die Schuldfrage ein. (1997)
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Eine Lokalzeitung berichtet, dass ein Türke während eines Feuerwehreinsatzes einen Feuerwehrmann mit einem Stein beworfen habe. Der Mann habe bei den Löscharbeiten zufälligerweise Wasser abbekommen. Im selben Beitrag wird ferner erwähnt, dass einen Tag später ein Türke einen Busfahrer angegriffen und verletzt habe. Insgesamt wird fünfmal die Nationalität der beiden Betroffenen genannt. Ein Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht war die Nennung der Staatsangehörigkeit der beiden Betroffenen nicht notwendig. Der Leiter der Lokalredaktion sieht für die Angabe der Staatsbürgerschaft einen begründbaren Sachbezug in der Vorgeschichte zu dem Artikel. Die Stadt habe einen überdurchschnittlichen Ausländeranteil. Die Berichterstattung seiner Zeitung sei daher generell auch von dieser Situation geprägt, ohne jedoch ausländerfeindlich zu sein. Bei einer Umfrage über die Sorgen und Ängste von älteren Mitbürgern habe sich u.a. eine vermeintliche Bedrohung durch ausländische Jugendliche herauskristallisiert. Dies habe in der Folgezeit zu Leserbriefen geführt, in der sich einige Leser gegen die sich breit machende Abneigung gegen Ausländer gewandt hätten. Wieder andere hätten angeregt, dass den Ängsten der Senioren entgegengewirkt werden müsse, indem für eine bessere Integration der ausländischen Mitbürger gesorgt werden solle. Zu diesem Zweck habe die Gemeinde einen Gesprächskreis gegründet mit dem Ziel, zu der Integration der ausländischen Mitbürger in das gesellschaftliche Leben der Gemeinde beizutragen. Das Oberhaupt der türkischen Gemeinde habe jedoch signalisiert, dass an einer Mitarbeit daran kein Interesse bestehe. Als daraufhin in der Folgezeit überdurchschnittlich häufig Übergriffe türkischer Jugendlicher zu verzeichnen gewesen seien, habe die Zeitung die Staatsbürgerschaft der Täter in einigen Artikeln genannt. In diesem Kontext sei auch die kritisierte Veröffentlichung zu sehen. (1997)
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Unter der Überschrift „Mein Mann wurde mit Zellstoff ausgestopft“ berichtet eine Boulevardzeitung über die unerlaubte Obduktion einer Leiche. Anlass war die Suche nach der Todesursache des Patienten. Bei einer amtlich verfügten Nachobduktion sei festgestellt worden, so die Zeitung, dass alle wichtigen Organe fehlten und der Leichnam mit Zellstoff „ausgestopft“ war. Der Chefpathologe des Krankenhauses, in dem die erste Obduktion durchgeführt worden war, weist in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, dass das Einverständnis der Familie für die Obduktion vorlag. Als Beweis dafür legt er die Aussage eines Arztes vor. Er kritisiert die reißerische Aufmachung des Artikels und erklärt, dass die Entnahme von Organen eine normale Verfahrensweise bei einer Obduktion sei. Durch den Artikel werde jedoch einem Laien suggeriert, dass es sich im vorliegenden Fall um etwas Besonderes handele, das ausschließlich in seinem Institut für Pathologie praktiziert werde. Die Rechtsabteilung des Verlags betont, die Veröffentlichung habe inhaltlich in vollem Umfang den Angaben der Hinterbliebenen entsprochen. Sie seien war mit der Obduktion des Verstorbenen einverstanden gewesen, hingegen nicht mit der „Totalausräumung“ der Leiche. Darüber seien sie vor der Obduktion nicht informiert worden. Der Chefarzt der Pathologie könne nicht davon ausgehen, dass die Angehörigen des Verstorbenen oder auch die Journalisten unter einer Obduktion das völlige Ausräumen eines Leichnams und das Ausstopfen desselben mit Zellstoff verstehen würden, obwohl dies aus medizinischer Sicht vielleicht zutreffen möge. Eine Einwilligung in eine Explantation sei keineswegs eine Einwilligung in eine Multiorganentnahme. (1997)
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Unter der Überschrift „Der Kranke ist Nebensache“ veröffentlicht eine Zeitschrift das Tagebuch eines Kassenarztes. Darin heißt es u.a.: „Jeder Depp mit weißem polizeilichem Führungszeugnis darf die Zulassung als Heilpraktiker beantragen und bekommt sie, wenn er ein paar Seiten auswendig lernt...“. Der Fachverband Deutscher Heilpraktiker ruft den Deutschen Presserat an. Nach seiner Ansicht könnte man dem ersten Halbsatz noch zustimmen, der weitere Satz sei jedoch belegbar falsch und zudem diskriminierend. Die Chefredaktion der Zeitschrift bleibt dabei, dass die Aufzeichnungen des Kassenarztes über die Zugangsvoraussetzungen zum Beruf des Heilpraktikers zutreffen. Sie macht darauf aufmerksam, dass die Voraussetzungen zur Erlangung einer Berufserlaubnis als Heilpraktiker im Heilpraktikergesetz geregelt seien. Danach habe der Interessent kein besonderes Fachwissen nachzuweisen. Ein Berufsanwärter müsse lediglich Kenntnisse darüber nachweisen, was er als Heilpraktiker behandeln dürfe und was nicht. Einheitliche Regelungen über Prüfungsmaßstäbe und Prüfungsverfahren gebe es nicht. Diese Situation stelle einen erheblichen Missstand im Gesundheitswesen dar, da die Anforderungen für die Ausübung einer Tätigkeit als Heilpraktiker im Verhältnis zu dem ihm anvertrauten Gut – der körperlichen Unversehrtheit – zu gering seien. In Erfüllung ihres öffentlichen Informationsauftrages sei die Zeitschrift verpflichtet, darauf hinzuweisen. (1997)
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