Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Fotograf im Konflikt mit der Polizei

Weil er sein Lebenswerk zerbrochen sieht, erschießt sich ein prominenter Winzer in der Nähe seines Schlosses. Eine Boulevardzeitung berichtet darüber auf der Titelseite und im Innenteil der Ausgabe. In beiden Beiträgen wird ein Foto der blutüberströmten Leiche gezeigt. Ein Rundfunkjournalist ruft den Deutschen Presserat an und kritisiert die Recherchemethoden des Fotografen, der die Absperrungen durch die Polizei missachtet haben soll. Der Fotograf bestreitet den Vorwurf, er habe mehrmals versucht, die Absperrungen der Polizei zu unterlaufen. Hätte er sich so verhalten, wäre er des Platzes verwiesen worden. Den Hinweis des Beschwerdeführers, ihm sei ein Polizeibeamter zur Seite gestellt worden, bezeichnet er als “Schwachsinn”. Er sei auch niemals von Beamten gebeten worden, nicht zu fotografieren. Das später veröffentlichte Foto sei in einer sehr frühen Phase der polizeilichen Untersuchung entstanden, da er bereits seit 45 Minuten am Tatort gewesen sei. Der zuständige Polizeipräsident teilt auf Anfrage mit, dass die Pressestelle des Präsidiums die Medienvertreter betreut, vom Fundort der Leiche ferngehalten und darum ersucht habe, keine Details zu fotografieren. Der Pressefotograf, dessen Verhalten der Presserat zu beurteilen hat, sei einmal innerhalb der polizeilichen Absperrung angetroffen und sofort dieses Bereiches verwiesen worden. Deshalb und wegen seiner erkennbaren Versuche, Aufnahmen aus kurzer Distanz zu fertigen, sei ihm schließlich ein Polizeibeamter “persönlich” zugewiesen worden. Die Polizei vermute, dass der Mann das Foto, das später veröffentlicht wurde, bereits zuvor mittels eines Teleobjektivs, möglicherweise aus der Deckung von hochgewachsenen angrenzenden Weinreben heraus, gemacht habe. (1997)

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Vergleich mit Harald Juhnke

Selbsttötung

Ein 21 jähriger Mann erhängt sich. Ein Boulevardblatt berichtet anderntags darüber. Es verkündet in der Schlagzeile das “Ende einer unglücklichen Liebe” und zeigt in einem großflächigen Foto den Toten, an einem Strick hängend. In dem Text ist zu lesen, dass Anlass für die Selbsttötung ein Brief der Freundin war, der nur aus einem Wort bestand: “tschüs”. Der Vater des Mädchens schaltet den Deutschen Presserat ein. Das Foto sei eine unerhörte Geschmacklosigkeit und verletze das Persönlichkeitsrecht des Toten. Dessen Vater habe Mitarbeitern der Zeitung am Tatort die Veröffentlichung des Fotos verboten. Bis auf den 21. Geburtstag und den Ort der Tat seien alle in dem Artikel enthaltenen Aussagen frei erfunden. Als Beispiel führt er an, dass seine Tochter nie einen Abschiedsbrief mit “tschüs” geschrieben habe. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass das Foto auch aus ihrer Sicht nie hätte veröffentlicht werden dürfen. Sie bringt ausdrücklich ihr Bedauern über die Veröffentlichung zum Ausdruck. (1996)

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Wahlforum einer Zeitung

Eine Regionalzeitung richtet in ihrem Blatt ein Wahlforum ein, in dessen Rahmen sie – zur Vorbereitung auf die Kommunalwahl – Repräsentanten der Parteien GRÜNE, CDU, Freie Bürger, SPD und FDP zu Wort kommen lässt. Der Kreisverband der Republikaner und ein Leser beschweren sich daraufhin beim Deutschen Presserat. Sie beanstanden, dass willkürlich Politiker dieser fünf Parteien bzw. Wählergruppen gefragt werden, nicht aber Vertreter der ebenfalls zur Wahl des Kreistages kandidierenden Parteien Christliche Mitte, PDS und Republikaner. Eine faire und objektive Berichterstattung dürfe auch diese Gruppierungen nicht ausschließen. Eine ausgewogene Berichterstattung finde hier nicht statt. Die Zeitung nehme vielmehr durch ihre einseitige und parteiische Berichterstattung auf die Wahl des Kreistages unzulässig Einfluss. Die angegriffene Zeitung stellt richtig, dass sie ein Wahlforum zum Thema „Müllverbrennung“ nicht veranstaltet hat, äußert sich aber nicht zur Sache selbst. (1997)

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Gerichtsberichterstattung

Ein wegen Rauschgiftschmuggels in Haft befindlicher Mann soll versucht haben, einen Mithäftling zum Mord an einem angeblichen Komplizen anzustiften. So berichtet es ein Boulevardblatt. Die Zeitung erwähnt auch, dass der Mann dem Mithäftling gesagt habe, er wolle alles versuchen, den Richter zu eliminieren, der in seinem Prozess den Vorsitz gehabt habe. Zum Schluss wird mitgeteilt, dass die Polizei die Aussage des Zeugen für glaubhaft hält und Schutzmaßnahmen für den Richter getroffen hat. Der betroffene ehemalige Häftling beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in den Behauptungen eine Ehrverletzung seiner Person. Alle Beschuldigungen seien erlogen. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ihn in dieser Angelegenheit sei bereits fünf Wochen vor Erscheinen des Artikels eingestellt worden. Die Redaktionsleitung der Zeitung hält die Bedrohung eines Richters im Zusammenhang mit einer Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe für ein so herausragendes Ereignis, dass darüber auch noch nachträglich, wenn die Angelegenheit bekannt werde, berichtet werden dürfe. Zudem sei das Verfahren nicht eingestellt worden, weil sich die Unschuld des Beschwerdeführers herausgestellt habe, sondern weil noch im Anfangsstadium die Bedrohung bekannt geworden sei und rechtzeitig entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden konnten. In einer Mitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft an die Rechtsabteilung des Verlags heißt es, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden sei, weil dessen Verhalten noch keinen Straftatbestand erfüllt habe. (1996)

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Fahndungshilfe

In drei Artikeln berichtet eine Regionalzeitung über die Flucht eines mutmaßlichen Sexualstraftäters aus der psychiatrischen Abteilung des Bezirksklinikums. In allen drei Beiträgen wird der volle Name des Mannes genannt. Zwei der Veröffentlichungen enthalten sein Foto. Die Überschriften lauten “Polizei sucht .... Sextäter”, “Flucht aus Psychiatrie” und “´Brutaler Sextäter flieht aus Psychiatrie”. Der Anwalt des Betroffenen sieht in den Bezeichnungen “Sextäter” und “brutaler Sextäter” eine Vorverurteilung, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Namensnennung und die Veröffentlichung der Fotos seien Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht seines Mandanten. Insbesondere deshalb, weil der Betroffene möglicherweise schuldunfähig sei. Der Anwalt legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Grund für die Berichterstattung sei der Wunsch der Polizei um Mithilfe gewesen, betont die Chefredaktion des Blattes. Der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine rechtskräftige Verurteilung vorlag, habe man durch den Hinweis im Text Rechnung getragen, dass es sich um einen “mutmaßlichen” Sextäter handele . Bei den Überschriften sei es aber hauptsächlich um die Warnung der Öffentlichkeit gegangen. Die Chefredaktion legt frühere Berichte über den Betroffenen bei, aus denen nach ihrer Ansicht hervorgeht, dass der Beschwerdeführer selbst zumindest in einem Fall den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs gestanden habe. Insofern sei nach dem deutschen Strafrecht der objektive Tatbestand der Täterschaft erfüllt. Die Frage der subjektiven Schuldfähigkeit und der Rechtskraft des Urteils musste nach Auffassung der Chefredaktion im vorliegenden Fall eindeutig hinter den Schutz der Öffentlichkeit zurücktreten. Name und Foto des Betroffenen seien auf Bitten der Polizei veröffentlicht worden. Dabei habe nicht die Frage der Schuldfähigkeit, sondern die offensichtlich mögliche Gefährdung Unbeteiligter im Vordergrund gestanden. (1997)

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Register

Ein Informationsdienst berichtet u.a., dass in der Bundesrepublik ein Zentralregister für Finanzdienstleistungen nicht existiere. An anderer Stelle des Beitrags wird diese Behauptung mit der Mitteilung relativiert, dass es das Zentralregister nach neuesten Meldungen “noch” nicht gebe. Der Geschäftsführer einer Firma, die ein solches Zentralregister angeblich seit einem Jahr betreibt, wehrt sich gegen die Veröffentlichung mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Informationsdienst gesteht ein, über das Register des Beschwerdeführers bereits unzählige Male berichtet zu haben. Tatsache sei aber, dass es ein Zentralregister für Finanzdienstleister nicht gebe und höchstwahrscheinlich auch nie geben werde, da noch zwei weitere Register existierten. Deshalb habe man in dem beanstandeten Beitrag auch darauf hingewiesen, dass die Öffentlichkeit getäuscht werde, indem die Existenz eines Zentralregisters fälschlicherweise behauptet werde. (1996)

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Versicherungsgewerbe

Versicherungsberater im US-Bundesstaat Texas müssen Fingerabdrücke leisten, bevor ihnen eine Lizenz erteilt wird. Das berichtet eine Fachzeitschrift. “In Deutschland brauchen hauptberufliche Versicherungsvermittler einen Gewerbeschein”, schreibt die Zeitschrift weiter. “Dafür prüfen die Ordnungsämter anhand von Führungszeugnissen, ob der Kandidat wegen persönlicher Unzuverlässigkeit abgewiesen werden muss.” Ein Versicherungsfachwirt beschwert sich beim Deutschen Presserat darüber, dass in dem Artikel eine unzulässige Gleichsetzung von Versicherungsberatern und Versicherungsvermittlern erfolge. Außerdem sei die Darstellung des Gewerbeanmeldungsverfahrens unkorrekt. Schließlich macht er geltend, dass in den Hinweis auf die Fingerabdruckpraxis in Texas eine Diskriminierung der Versicherungsberater und Versicherungsvermittler liege. Dadurch würden diese als potentielle Kriminelle abgestempelt. Die Zeitschrift erklärt, sie habe nicht behauptet, dass die Bezeichnungen “Versicherungsberater” und “Versicherungsvermittler” für den Versicherungsmarkt in Deutschland gleichbedeutend seien. Sie weist darauf hin, dass wegen der unterschiedlichen Rechtssysteme in Deutschland und den USA die Bezugnahme auf Versicherungsberater einerseits und Versicherungsvermittler andererseits gerechtfertigt sei. Die den Versicherungsberatern in den USA entsprechende Berufsgruppe in Deutschland seien die hauptberuflichen Versicherungsvermittler. In der kurzen Meldung habe sie nicht ausführlich auf alle gesetzlichen Bestimmungen bei der Erteilung eines Gewerbescheins eingehen können. In Kern sei die mitgeteilte Tatsache, dass Versicherungsvermittler einen Gewerbeschein benötigen, jedoch zutreffend. (1997)

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Alkoholkonsum im Schauspielhaus

Unter der Überschrift “Theater: Druff im Suff” thematisiert eine Tageszeitung den Alkoholkonsum in Schauspielerkreisen. Als Beispiel für den offenbar zunehmenden Einfluss des Alkohols auf die Umgangsformen an den Bühnen wird unter Berufung auf die Meldung einer Nachrichtenagentur berichtet, dass zu später Stunde der Intendant eines Schauspielhauses den Hausregisseur verprügelt haben soll. Beide seien wahrscheinlich schwer alkoholisiert gewesen. Die Zeitung nennt Namen und Ort. Ein Kommunikationswissenschaftler wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Zeitung habe die zugrunde liegende faktische Darstellung der Nachrichtenagentur zu einer bloßen Vermutung umformuliert. Die Nachricht eines einzelnen Vorganges werde zum Anlass genommen, “vielen” Theatermachern in undifferenziert-diffamierender Diktion Abhängigkeit vom Alkohol zu unterstellen. Die Zeitung erklärt dazu, die Meldung sei von der Intendanz des betreffenden Theaters ihr gegenüber mit keinem Wort je beanstandet worden. (1997)

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Begriff “Bio”

Unter der Überschrift “Natur pur” berichtet ein Nachrichtenmagazin über den Krankheitserreger EHEC. In diesem Zusammenhang heißt es, dass der Trend zur Bio-Kost eine der Ursachen für das Ansteigen der durch die EHEC-Erreger ausgelösten Krankheit sei. Als Quelle für diese Behauptung wird der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums eines deutschen Bundeslandes genannt. Dieser Sprecher soll ferner sinngemäß gesagt haben, dass dabei unbehandelte Lebensmittel wie Bio-Möhren, an denen die Ackerkrume schon aus Imagegründen häufig noch klebe, besonders gefährlich seien, wenn sie nicht gründlich gereinigt würden. Der Bundesverband für organisch-biologischen Landbau erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Wie aus einer Anfrage der Grünen im Landtag des Bundeslandes hervorgehe, habe der zitierte Sprecher des Landwirtschaftsministeriums den Begriff “Bio”, der – so der Beschwerdeführer – durch die EU-Richtlinie 2092/91 gerichtlich geschützt sei, in dem Interview nicht benutzt. Der zuständige Redakteur habe auf Nachfrage angegeben, dass der Begriff “Bio” von ihm eingebracht worden sei. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, die Aussagen des Pressesprechers seien korrekt wiedergegeben worden. Dieser habe den Begriff “Bio-Trend” zur Beschreibung eines Verbraucherverhaltens, das mit der Hoffnung verbunden ist, durch weitgehend naturbelassene Kost gesünder zu leben, benutzt. Wenn sich in dem Artikel die Begriffe “Natur” und “Bio” abwechseln würden, so habe dies für den Leser erkennbar nur stilistische Gründe. Die gedankliche Verbindung zu einer gesetzlich festgelegten Bedeutung des Begriffs “Bio” ergebe sich dabei für den Leser nicht. Überschrift und Schluss des Berichts bildeten die Klammer für die unmissverständlich übermittelte Botschaft, dass der Trend “Natur pur” und “Roh ist schick” gefährlich sei. (1997)

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