Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Der Initiator einer “Klagemauer für den Frieden”, 1991 aus Protest gegen den Golfkrieg auf dem Platz vor einem westdeutschen Dom errichtet, wehrt sich durch Beschwerden beim Deutschen Presserat gegen die Veröffentlichungen zweier Zeitungen. Ein Boulevardblatt berichtet, er habe seine Zustimmung zum Umzug der Mauer zu einer evangelischen Kirche in der Altstadt gegeben. Dazu wird in einer Fotomontage der neue Standort gezeigt. In der Unterzeile heißt es: “So könnte es aussehen.” Unter dem Foto befindet sich ein Hinweis, dass es sich bei dem Bild um eine Montage handelt. Der Pfarrer der Kirche wird zitiert: “Ich halte die Klagemauer für richtig. Sie weist uns auf wichtige Dinge hin.” Ein weiteres Zitat lautet: “Die katholische Kirche hat eine Gelegenheit verpasst, ihr Image durch eine Duldung zu verbessern.” Zwei Wochen später berichtet eine der örtlichen Zeitungen, der Initiator der Klagemauer sei bei einem Polizeieinsatz gegenüber Beamten handgreiflich geworden. Der Betroffene sieht die Tatsachen falsch dargestellt. Beide Artikel stünden zeitlich im Zusammenhang mit gerichtlichen Verfahren um den Fortbestand der “Klagemauer”. Er habe nie seine Bereitschaft zum Standortwechsel signalisiert. Die Fotomontage suggeriere einen bereits vollzogenen Umzug. Die Zitate des Pfarrers seien in einen falschen Zusammenhang gestellt. Gegenüber Polizisten sei er nie handgreiflich geworden. Die Rechtsabteilung der Boulevardzeitung beruft sich auf ein Gespräch des Beschwerdeführers mit dem Bürgermeister. In diesem Gespräch, dessen Inhalt bislang nicht strittig gewesen war, sei der Eindruck entstanden, der Betroffene stimme einem Wechsel des Standorts zu. Die darauf beruhende Wertung durch die Redaktion könne daher nicht beanstandet werden. Weder Überschrift noch Text suggerierten einen bereits vollzogenen Standortwechsel. Die Zitate des Pfarrers seien richtig wiedergegeben. Keine der beiden Äußerungen könnten als Plädoyer für eine Räumung des Domplatzes verstanden werden. Die Rechtsabteilung der Lokalzeitung weist darauf hin, dass die Aussage des Beschwerdeführers im Widerspruch stehe zum Bericht der damit befassten Polizei. (1996)
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Ein italienischer Geschäftsmann, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt und italienische Haushaltsprodukte vertreibt, wird vor seiner Haustür erschossen. Die Zeitungen am Ort berichten in Wort und Bild über den Vorfall. Eines der Blätter beschreibt den Tatort, zeigt das Haus und nennt den Namen des Opfers. Für Verbindungen zu Mafia-Fällen in der Stadt gebe es bisher keine Hinweise, wird berichtet. “Wir schließen es aber nicht aus”, zitiert die Zeitung den Leiter der Sonderkommission der Polizei. Die Angehörigen des Erschossenen beanstanden in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat Namensnennung und Adressenangabe. Zudem sei die Erörterung möglicher Mafia-Verbindungen ehrverletzend, diskriminierend und präjudizierend. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, Name und Adresse des Opfers seien von Polizei und Staatsanwaltschaft aus Fahndungsgründen bewusst der gesamten Presse in der Region bekanntgegeben worden. Auf Nachfrage der Redaktion habe die Polizei mitgeteilt, dass nach ihrer Einschätzung die Tätersuche Vorrang vor den Interessen der Familie habe. (1997)
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Ein italienischer Geschäftsmann, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt und italienische Haushaltsprodukte vertreibt, wird vor seiner Haustür erschossen. Die Zeitungen am Ort berichten in Wort und Bild über den Vorfall. Eine der Zeitungen nennt den Namen des Opfers und macht die Familie identifizierbar. Die Nachbarn werden mit negativen Aussagen zitiert. So z.B. mit der Behauptung “Das war bestimmt die Mafia” und mit der Feststellung “... schon einer weniger”. Die Hinterbliebenen monieren in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht, ehrverletzende Behauptungen, Vorverurteilung und Diskriminierung. Die Chefredaktion der Zeitung weist auf die Begleitumstände des spektakulären Mordfalles hin. Nur bei einer Namensnennung hätte die Polizei die Mithilfe der Öffentlichkeit bei der Fahndung nach den Tätern erwarten können. Zudem sei die Bevölkerung durch Handzettel der Kriminalpolizei und deren Umfragen unter den Nachbarn vorab informiert gewesen. In diesem Falle habe das öffentliche Interesse vor dem Persönlichkeitsschutz der Betroffenen rangiert. An Spekulationen der Nachbarn habe man sich nicht beteiligt, sondern lediglich darüber berichtet und die Aussagen eindeutig als Meinungsäußerungen gekennzeichnet. (1997)
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Ein Boulevardblatt berichtet über die Festnahme dreier Deutscher in Italien, die in Süddeutschland eine alleinstehende 66 jährige Frau ermordet und ausgeraubt haben sollen. Die Namen der drei Verdächtigen, von denen zwei Jugendliche sind, werden genannt. Die Eltern eines der beiden Mädchen schreiben an den Deutschen Presserat. Sie halten die Namensnennung für einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht ihrer Tochter. Dadurch werde auch die ganze Familie belastet. Die Rechtsabteilung des Verlags teilt mit, die Redaktion sei aufgrund einer entsprechenden Pressemitteilung der zuständigen Polizeidirektion davon ausgegangen, dass sie die Namen der beiden Jugendlichen veröffentlichen durfte. Man bedauere diesen Fehler außerordentlich, habe sich jedoch bisher nicht bei den betroffenen Mädchen entschuldigen können, da sich diese immer noch in Haft befinden. (1997)
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Eine Karikatur im Dezemberheft einer Zeitschrift trägt den Titel “Schöne Bescherung” und zeigt den Besuch der heiligen drei Könige im Stall von Bethlehem: Maria und Josef sind verzweifelt. Das Kind ist ein Mädchen. Einer der drei Könige führt per Handy ein Telefonat mit einem fiktiven Gesprächspartner. Er sagt: “Zuerst die gute Nachricht: Es ist weiß. Und jetzt die schlechte: ...”. Ein Leser der Zeitschrift beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er hält diese Veröffentlichung für rassistisch. Die Rechtsabteilung des Verlages ist anderer Ansicht. Der Cartoon werfe gerade zur Weihnachtszeit die berechtigte Frage auf: Was würde es für das Christentum bedeuten, wenn Christus kein Junge, sondern ein Mädchen, wenn seine Hautfarbe nicht weiß, sondern schwarz gewesen wäre? Beides seien Fragen, die auch von der modernen Theologie gestellt und intensiv diskutiert würden. Insofern sei die Zeichnung alles andere als rassistisch und diskriminierend. Im Gegenteil, sie prangere vielmehr Rassismus und Diskriminierung mit satirischen Mitteln an. Auch eine religiöse Überzeugung werde keinesfalls lächerlich gemacht. Sie werde vielmehr in einer Weise in Frage gestellt, die zum Kern der Dinge vorstoße. So werde der Leser, der in der Vorweihnachtszeit eher an andere Dinge zu denken gezwungen sei, vielleicht einen Moment zum Nachdenken über die wahre Bedeutung der Weihnachtsgeschichte gebracht. (1996)
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Eine Lokalzeitung berichtet, dass der Stadtdirektor der im Stadtrat vertretenen Wählerinitiative Betrug bei der Abrechnung von Sitzungsgeldern vorwirft. Der Fraktionsvorsitzende habe nach Ansicht des Stadtdirektors versucht, Sitzungsgelder auch für jene Mitglieder zu kassieren, die zwar Aufgaben innerhalb der Wählerinitiative übernehmen, dafür aber nicht öffentlich legitimiert sind. Die Zeitung zitiert aus einem Schreiben des Stadtdirektors an den Fraktionsvorsitzenden: “...setzen Sie sich durch die Aufnahme eines nicht gewählten Mitgliedes in diese Liste des Verdachts des (versuchten) Betrugs gemäß § 263 StGB zum Nachteil der Stadt ... aus”. Die Wählerinitiative beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Zeitung habe bei ihr nicht nachgefragt, ob das Schreiben des Stadtdirektors der Wahrheit entspreche. So behaupte man falsche Tatsachen und erwecke den Eindruck, dass der Vorwurf bereits erwiesen sei. Der Autor des Artikels weist die Aussage, er habe die Betroffenen zu den Vorwürfen des Stadtdirektors nicht befragt, als unzutreffend zurück. Die Wählerinitiative habe mit Hinweis auf eine einige Tage später stattfindende Fraktionssitzung keine Erklärung abgegeben. Er ist der Auffassung, dass er damit seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nachgekommen sei. Am Tage nach der erwähnten Sitzung habe seine Zeitung berichtet, dass der Vorsitzende der Initiative die Vorwürfe des Stadtdirektors entschieden zurückweise. (1996)
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Eine deutsche Großstadt will probeweise einhundert Drogensüchtige mit Heroin versorgen. Unter der Überschrift “Ohne Gott hat jeder Verbrecher recht” schreibt der Verleger einer Zeitung dazu einen Kommentar. Darin stellt er u.a. fest: “Die Grünen sehen darin die Chance, über eine fast kostenlose Abgabe (10 DM pro Gramm Heroin) die Drogensucht weiter zu verbreiten und dadurch das Chaos, das uns überall wachsend begegnet, noch zu verstärken.” Der Verfasser schreibt ferner: “In Deutschland zum Beispiel arbeitet die ev. Kirche zielstrebig und zeitgeistorientiert einer Auflösung des christlichen Glaubens zu...”. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat kritisiert ein Leser des Blattes die Unterstellung, die Grünen bemühten sich gezielt um eine Förderung der Drogenabhängigkeit, als eine schlimme Entgleisung. Der Verleger teilt dem Presserat mit, dass er in seinem Kommentar Sachverhalte darstelle, die der Öffentlichkeit bekannt seien. Seinen Ausführungen habe er auch anlässlich der Beschwerde nichts hinzuzufügen. (1997)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über die Vorsitzende einer Initiativgruppe vom Zölibat betroffener Frauen, die in einem Schreiben an das zuständige Bistum mitgeteilt habe, sie kenne ein 15jähriges Mädchen, das von einem Pfarrer zum Sex gezwungen worden sei. Das Kind sei dabei geschwängert worden, so dass eine Abtreibung vorgenommen werden müsse. Die Zeitung unterstellt der Frau, dass sie den Pfarrer kennt. Sie unterstellt ihr auch, sie wolle der Staatsanwaltschaft den Namen nicht bekannt geben und sie nehme es lieber in Kauf, dass ein übler Verbrecher ungestraft bleibe. Auf Grund dieser – angenommenen – Verhaltensweise stellt die Zeitung die Frage, ob der ganze Vorgang möglicherweise nur erfunden sei. In der Überschrift heißt es daher “Wer lügt denn da, Frau ...?” Verbunden damit ist ein Wortspiel mit dem Namen der Sozialpädagogin. Die betroffene Frau beschwert sich beim Deutschen Presserat darüber, dass ihr Eigenname zur Unterstützung der Tendenz des Artikels in unzulässiger und journalistisch unredlicher Weise verunstaltet wurde. Ferner beklagt sie inhaltlich falsche Darstellungen. Bei einer einigermaßen seriösen Recherche wäre den Autoren nicht entgangen, dass ihr der Name des beschuldigten Priesters nicht bekannt sei. Etwas anderes hätte sie zu keinem Zeitpunkt angegeben. Die Rechtsabteilung des Verlags teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass der Hintergrund des Artikels eine öffentliche Erklärung der Beschwerdeführerin gewesen sei. In dieser Erklärung seien zwar weder der Name des Opfers noch der Name des Täters genannt worden. Die Beschwerdeführerin habe jedoch keinen Zweifel daran gelassen, dass ihr beide Personen bekannt seien. Die Staatsanwaltschaft habe daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet, weil die Frau sich weder zur Person des Geistlichen noch zu der des betroffenen Mädchens habe äußern wollen. Sie habe dem Mädchen Anonymität zugesichert, habe sie dazu zunächst gesagt. Dieses Verhalten der Gründerin einer Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, von Geistlichen “missbrauchten” Frauen zu helfen, sei nur schwer nachvollziehbar und habe Anlass zu Zweifeln gegeben. Dies um so mehr, als die Frau in der Folgezeit ihr Schweigen damit begründet habe, weder den Namen des beschuldigten Priesters noch den des betroffenen Mädchens zu kennen. Dieser offensichtliche Widerspruch zu ihrer früheren Aussage habe der Zeitung Anlass gegeben, den Sachverhalt und das Verhalten der Frau in Frage zu stellen. Der kritisierte Artikel artikuliere nur die Zweifel, zu denen die Beschwerdeführerin mit ihrem Verhalten selbst Anlass gegeben habe. Er enthalte weder unrichtige Behauptungen, noch verletze er die Ehre der Beschwerdeführerin. (1996)
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Vier Manager von Konzerttagen stehen vor Gericht. Sie sollen Künstler und Fördervereine betrogen und Urkunden gefälscht haben. Unter der Überschrift “In die falschen Tasten gegriffen” berichtet eine Lokalzeitung über das Strafverfahren. In dem Beitrag werden der Staatsanwaltschaft die beiden Zitate “Absahnfirmen” und “Sie mussten teilweise für einen Hungerlohn spielen, während die Angeklagten den großen Reibach machten” zugeschrieben. Der Anwalt eines der Angeklagten beschwert sich beim Deutschen Presserat. Weder in der Anklageschrift, noch in der mündlichen Verhandlung habe die Staatsanwaltschaft eine Erklärung des Inhalts abgegeben, dass die Künstler “teilweise für einen Hungerlohn” spielten, während die Angeklagten “den großen Reibach” machten. Der Autor des Artikels bleibt dabei: Das Zitat der Staatsanwaltschaft sei objektiv richtig und stamme aus der Beweiserhebung. Auf Anfrage teilt die Staatsanwaltschaft dagegen mit, dass sie keine Presseerklärung herausgegeben habe, in welcher das erwähnte Zitat enthalten sei. Auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft habe innerhalb und außerhalb der Hauptversammlung die wörtlich zitierte Äußerung nicht abgegeben. In der Anklageschrift seien die genannten Scheinfirmen der Angeklagten auch nicht als “Absahnfirmen” bezeichnet worden. Die Rechtsvertretung der Zeitung sieht in den beanstandeten Formulierungen keine Sinnverfälschung der Anklage. Die Tatsache, dass Künstler mit 2.500 D-Mark bezahlt wurden, demgegenüber 40.000 D-Mark beim Veranstalter abgerechnet wurden, belege augenscheinlich das krasse Missverhältnis, das man in Pointiertheit durchaus als “Hungerlohn” beschreiben könne. Dabei könne es keine entscheidende Rolle spielen, ob die Anklage von “Absahnfirmen” bzw. “Hungerlohn” gesprochen habe oder ob dies durch den Verfasser geschehen sei. (1996)
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