Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Anlage-Betrug“ warnt ein Wirtschaftsdienst vor „falschen Genossenschaften“, die als „Betrügerfirmen“ vor allem Familien übervorteilen. In diesem Zusammenhang werden zwei Genossenschaften mit Namen genannt. Eine von ihnen beschwert sich beim Deutschen Presserat, nachdem sie mit einem Darstellungsbegehren keinen Erfolg hatte. Sie wehrt sich gegen den Vorwurf des Betrugs und macht geltend, dass sie in jeder Hinsicht rechtlich einwandfrei arbeite. Die Rechtsabteilung des Wirtschaftsdienstes erklärt, in den Prospekten der genannten Genossenschaft werde der Eindruck erweckt, dass es sich bei dem Beitritt zur Genossenschaft um eine verzinsliche Anlage handele, bei welcher der Anleger am Ende einer Frist seine anfangs investierte Summe in voller Höhe zurück erhalte. Dieses Versprechen sei ein Indiz für eine hohe Risikobereitschaft. Da es keinen funktionierenden Zweit-Markt für Genossenschaftsanteile gebe, sei die Gefahr groß, dass der Anleger für seinen Anteil nichts erhalte. Diese Einschätzung werde auch von einem weiteren renommierten Wirtschaftsdienst geteilt. (1998)
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Eine Lokalzeitung kommentiert einen offenen Brief, mit dem eine am Ort tätige Soziale Offensive auf die Räumung einer nur teilweise geduldeten Obdachlosensiedlung durch die Polizei reagiert hatte. „Dass das Gebiet ... nicht noch in ‘Platz des himmlischen Friedens umbenannt wurde“, schreibt der Autor, „ist wohl nur der Tatsache zu verdanken, dass in Peking die roten Brüder gemetzelt haben.“ Die Soziale Offensive erhebt Beschwerde beim Deutschen Presserat. Sie sieht sich diffamiert, da in ihr engagierte Menschen mit dem mörderischen Regime in Peking, das auf wehrlose Menschen schießen lässt, gleichgesetzt werden. Der stellvertretende Chefredakteur des Blattes sieht durch die Kommentierung keine publizistischen Grundsätze verletzt. Der Beitrag blicke kommentierend und glossierend auf die Geschehnisse zurück. Dazu habe ihn auch die von der Sozialen Offensive praktizierte Polemik veranlasst. (1998)
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„Landfahrerin bleibt weiter unter Verdacht“ berichtet eine Lokalzeitung. Die Frau habe einer 83jährigen Tischdecken verkaufen wollen. Danach habe diese zwei Ringe im Werte von 4.000 Mark vermisst. Die Polizei habe die Schmuckstücke jedoch nicht entdecken können, ermittele aber weiter. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma äußert in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat die Feststellung, dass eine Erwähnung der ethnischen Zugehörigkeit der Verdächtigten für das Verständnis des Vorganges nicht notwendig gewesen sei. Die Redaktion der Zeitung weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück. Ziffer 12 des Pressekodex dürfe nicht im Umkehrschluss so ausgelegt werden, dass in keiner Veröffentlichung berichtet werden könne, welcher Bevölkerungsgruppe ein Beschuldigter angehöre. (1998)
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Zwei Männer und eine Frau stehen vor Gericht, weil sie laut Anklage eine Million Mark Falschgeld an den Mann hatten bringen wollen. Der Abnehmer sei jedoch ein verdeckter Ermittler der Polizei gewesen. Die Zeitungen am Ort berichten über den Fall. Die erste Zeitung bezeichnet einen der Angeklagten als Oberhaupt einer großen Sinti-Familie und beschreibt ihn wie folgt: Dünne Haarsträhnen, über den Kopf pomadisiert und zum Pferdeschwanz gebunden. Analphabet. Blaues Cashmere-Sakko, goldene Armbanduhr. Während sie den zweiten Angeklagten den lieben Onkel mit dem Spitznamen „Büffel“ nennt, spricht die zweite Zeitung von einem Rentner und Sinti-Geiger, der auf Rat aus Roma-Kreisen eine Sporttasche voller falscher Hunderter besorgt habe. Die selbe Zeitung hebt in einem zweiten Artikel über den Ausgang des Verfahrens die Zugehörigkeit der zu Gefängnisstrafen Verurteilten zur Gruppe der Sinti hervor. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hält die Erwähnung der ethnischen Zugehörigkeit für einen Missbrauch der Pressefreiheit und beantragt eine Rüge des Deutschen Presserats. Die Rechtsabteilung des Verlags, in dem beide Zeitungen erscheinen, erklärt, im Vordergrund ihres Artikels stehe die Tat selbst, nämlich der Handel mit gefälschten Banknoten. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Tat und der ethnischen Zugehörigkeit werde nicht her- und vor allem nicht herausgestellt. Der Fall sei bestimmt anders zu beurteilen, hätte es in der Schlagzeile geheißen „Sinti-Trio“ statt „Rentner-Trio“ oder „Hohe Strafen für Sintis“ anstatt „Hohe Strafen für Blüten-Händler“. Die Erwähnung der ethnischen Zugehörigkeit sei nach Inhalt und Aufmachung des Artikels insgesamt zu unbedeutend, um bei dem nach der Rechtsprechung maßgeblichen flüchtigen Durchschnittsleser etwaige Vorurteile erwecken zu können. (1998)
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In zwei Artikeln berichtet eine Boulevardzeitung über die bevorstehende Gerichtsverhandlung gegen einen ehemaligen Gefängniswärter, dem mehrfache Körperverletzung vorgeworfen wird. Die Zeitung zählt die Vorwürfe auf, die gegen den „wohl grausamsten Knastwärter der untergegangenen DDR“ erhoben werden. Zu beiden Berichten werden Fotos des Betroffenen veröffentlicht, der Vorname sowie das Alter des Mannes werden genannt und seine Adresse wird bekanntgegeben. Die Anwälte des Beschuldigten rufen den Deutschen Presserat an. Sie beklagen sensationelle Darstellung sowie Vorverurteilung und sehen durch die Wiedergabe der Fotos und die Adressenangabe das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzt. Die Chefredaktion der Zeitung gesteht ein, dass die Artikel zwar emotional geschrieben seien, eine Vorverurteilung aber nicht vorgenommen werde. Man berichte über einzelne Vorfälle, die zur Anklage geführt hätten, weise aber darauf hin, dass es sich um Vorwürfe handele. Diese Vorwürfe seien so gravierend, dass Mann 1990 aus dem Justizdienst entlassen worden sei. (1996)
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Eine Fachzeitschrift für Ärzte bittet einen Professor der Medizin um einen Beitrag über die Fußbehandlung von Diabetikern. Der Mediziner entspricht dem Wunsch, stellt aber später zu seinem großen Ärger fest, dass sein Text ohne seine Zustimmung gekürzt und dadurch seines kritischen Inhalts beraubt wurde. Er trägt den Fall dem Deutschen Presserat vor. Der betroffene Verlag räumt ein, dass es im vorliegenden Fall richtig und zweckmäßig gewesen wäre, mit dem Autor über die geringfügige Kürzung seines Beitrages zu sprechen. Dies sei jedoch aus Zeitgründen nicht geschehen. Als Begründung für die Kürzung des Textes führt der Verleger an, er habe sich verpflichtet gefühlt, eine überspitzte und den neuesten Forschungsergebnissen nicht mehr entsprechende Bewertung einer verbreiteten Behandlungsmethode durch den Autor nicht abzudrucken, weil dies Ärzte, die nach dieser Methode behandeln, verunsichert und mögliche Erfolge therapeutischer Maßnahmen in Frage gestellt hätte. Zudem sei der kritische Grundtenor des Beitrags nicht verändert worden. (1996)
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Ein 18jähriger, gerade erst im Besitz eines Führerscheins, verursacht einen Autounfall, bei dem zwei seiner Freunde ums Leben kommen, während er selbst überlebt. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Unfall und zeigt die beiden Unfallopfer im Bild. Die Vornamen werden genannt, die Familiennamen sind abgekürzt. Die Schlagzeile des Berichts lautet „Führerschein-Neuling fuhr zwei Freunde in den Tod“. In der Dachzeile dazu ist von einer „Wirtshaus-Tour“ im Wohnbereich der Betroffenen die Rede. Der Vater eines der beiden Unfallopfer schaltet den Deutschen Presserat ein. Durch den Begriff „Wirtshaus-Tour“ in der Dachzeile werde dem Leser suggeriert, dass die Beteiligten unter Alkoholeinfluss gehandelt hätten. Tatsächlich sei jedoch bei keinem der Fahrzeuginsassen Alkoholgenuss festgestellt worden. Es habe auch keine Wirtshaustour gegeben, sondern man habe sich nur in einem Gasthaus getroffen, um von dort weiter in ein Kino zu fahren. Mittels einer reißerischen Überschrift sei hier eine Falschdarstellung erzeugt worden, welche die Ehre der Unfallopfer erheblich verletze. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte erkennt der Beschwerdeführer auch in der Veröffentlichung der beiden Fotos. Der Redaktionsleiters der Zeitung sieht seinen Artikel fehlinterpretiert. Nur wenn man ausschließlich die Überschrift lese und darauf verzichte, den kompletten Beitrag zu lesen, könne man auf die Idee kommen, dass eine Wirtshaustour zu dem tödlichen Ausgang, möglicherweise bedingt durch Alkohol, geführt habe. Aus dem Artikel ergebe sich aber eindeutig, dass Alkohol bei dem Unfall überhaupt keine Rolle gespielt habe. (1996)
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Unter der Schlagzeile „Wählt sie nie wieder!“ ruft eine Boulevardzeitung ihre Leser auf, vier Bundestagsabgeordnete nicht mehr zu wählen, denen die dramatische Staatsverschuldung völlig egal sei. Während der Bundestag zu einer Sondersitzung zusammengekommen sei, hätten sich die vier lieber im Spielerparadies Las Vegas vergnügt. Die Zeitung spricht von einer Zocker-Reise. Sowohl in Las Vegas als auch später in Chicago seien die Abgeordneten in Luxussuiten untergebracht gewesen. Eine der genannten Abgeordneten wehrt sich mit einer Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen im Artikel enthaltene falsche Tatsachenbehauptungen. Zum Zeitpunkt der Sitzung sei sie nicht mehr in Las Vegas, sondern bereits in Chicago gewesen. Sowohl hier wie dort sei sie in normalen Hotelzimmern untergebracht gewesen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin enthält der Artikel ehrverletzende Beschuldigungen und kommt einem Rufmord gleich. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, die Politikerin verkenne völlig den Inhalt des Beitrags. Entscheidend sei doch, dass die auf die Initiative ihrer Partei einberufene Sondersitzung des Parlaments für die Beschwerdeführerin kein Anlass war, ihre im Verhältnis zu der Bedeutung der Sondersitzung völlig unwichtige Reise abzubrechen, um in den Bundestag zurückzukehren. Es sei völlig unerheblich, wo sie zum Zeitpunkt der Sitzung gewesen sei. Wichtig sei vielmehr, dass sie an dieser Sitzung nicht teilgenommen, sondern lieber eine „Glücksspielreise“ in die USA unternommen habe. Die Aussage über die Unterbringung in Luxussuiten entspreche dem Sachstand. Zudem sei es wohl zweifelsfrei eine Meinungsfrage, was eine Suite sei. (1996)
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Ein 19jähriger Junge wirft sich aus unerklärlichen Gründen vor einen Zug. In einem Abschiedsbrief an seine Familie erklärt er, er werde in Michael Jackson weiterleben. Eine Boulevardzeitung berichtet über die Selbsttötung in großer Aufmachung. Dem Text ist ein Foto des Selbstmörders beigestellt, dessen Gesicht mit einem Balken verdeckt ist. Die Mutter des Jungen beschwert sich beim Deutschen Presserat über die hartnäckigen Recherchemethoden des mit der Sache befassten Redakteurs, der sie bedrängt und sich bei ihrer 72jährigen Mutter ein Foto ihres Sohnes erschlichen habe. Der Leiter der örtlichen Redaktion habe ihr schließlich zugesagt, dass er das Bild nicht veröffentlichen werde. Der Text werde aber auf jeden Fall erscheinen. Auch wenn die „Geschichte“ ihres Sohnes sachlich stimme, diese Art von Journalismus empöre sie zutiefst, erklärt die Mutter. Die Chefredaktion des Blattes bestreitet, dass ihr Mitarbeiter die Angehörigen des Selbstmörders unter Druck gesetzt habe. (1996)
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„Falls es jemand noch nicht gemerkt haben sollte: Vorsicht Satire!“, schreibt eine Zeitschrift zu einer Karikatur von Helmut Kohl im Dienstwagen und einer fast nackten Hannelore Kohl auf dem Kotflügel des Fahrzeugs. Her K. sei Deutscher Meister im Kanzlertiteltragen. Das Schicksal einer jeden Kanzler-Gattin sei es bekanntlich, das Show-Girl des Kanzler-Amtes zu sein. Und diese Rolle habe Frau K. in den 14 Jahren Regentschaft des Herrn K. klaglos gespielt und stets eine gute Figur gemacht. Der Leiter des Arbeitsstabes für Öffentlichkeitsarbeit und Medienpolitik im Bundeskanzleramt reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die Veröffentlichung verletze Würde und Persönlichkeitsrecht von Hannelore und Helmut Kohl. Das Bild und der dazugehörige Text seien gegen das auf der Verfassung beruhende Amt des Bundeskanzlers gerichtet. Die Chefredaktion der Zeitschrift weist darauf hin, dass es sich bei der beanstandeten Zeichnung eindeutig um eine Karikatur handele, woraus sich auch die Berechtigung der Veröffentlichung ableite. Auch der Zeichner meldet sich zu Wort. Das Blatt sei Bestandteil einer satirischen Prominenten-Galerie, welche seit mehreren Jahren in dieser Zeitschrift erscheine. Nur dem leichtfertigen Betrachter könne die Fehlinterpretation unterlaufen, Frau Kohl sei auf dem Bildnis irgendwie „halbseiden“ gekleidet und in ein entsprechend schummriges Licht gerückt. Sie sei vielmehr im „klassischen Revue-Girl-Outfit“ dargestellt und daran sei nichts unschicklich. (1997)
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