Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Vorverurteilung einer Bordellbesitzerin

Unter der Überschrift „Sie zwangen 300 Mädchen zum Sex!“ informiert ein Boulevardblatt seine Leserinnen und Leser über den ersten Tag einer Gerichtsverhandlung gegen eine „Puffmutter und ihre schöne Tochter“. Im Vorspann stellt die Autorin des Artikels fest, hinter den schönen Gesichtern der beiden Frauen verberge sich die hässliche Fratze der Sex-Sklaverei. Ein Leser der Zeitung wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Autorin des Beitrages übernehme in ihre Berichterstattung die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft als bewiesene Tatsachen und suggeriere der Öffentlichkeit in der Anfangsphase des Prozesses eine Schuld der Angeklagten. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, der Beschwerdeführer sei wenige Tage vor der Veröffentlichung wegen Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch von Jugendlichen, Drogenhandel und Körperverletzung zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Auf die Berichterstattung über seinen Fall habe er mit diversen Briefen beleidigenden Inhalts reagiert. Er sei als notorischer Nörgler und Querulant bekannt. Die beiden betroffenen Damen hätten mit Hilfe ihrer Anwältin aktiv an der Veröffentlichung mitgewirkt und sich auch freiwillig fotografieren lassen. (2002)

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Namensnennung in einem Leserbrief

Unter der Überschrift „An den Lehrer denken“ veröffentlicht eine Lokalzeitung den Brief einer Leserin, die sich über die Art und Weise beklagt, wie die Zeitung über einen Lehrer berichtet, gegen den wegen des Verdachts der Kinderpornografie durch die Staatsanwaltschaft ermittelt wird. Während ihr Wettbewerber den Fall anonym darstelle, nenne die Zeitung Name und Standort der Schule und nehme damit keine Rücksicht auf die Familie des Betroffenen. Im letzten Satz des Leserbriefes wird sogar der Name des Lehrers genannt. Ein Redakteur des Konkurrenzblattes hält diese Veröffentlichung für eine grobe Verletzung der Sorgfaltspflicht. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf ihre Berichterstattung, in welcher der Name des Verdächtigen nicht genannt worden sei. Erst als der Leserbrief einer Verwandten des Betroffenen eingegangen sei, habe die Redaktion dessen Inhalt als Spiegel einer ganz anderen Sichtweise der Dinge gesehen. Zuvor seien vier andere Leserbriefe an die jeweiligen Verfasser zurückgegangen, weil sie offensichtlich gegen die Grundsätze des Presserats verstießen. Die Namensnennung im letzten Satz des Leserbriefes sei sicherlich ein Problem. Bei einem den Verdächtigen wie auch immer belastenden Leserbrief hätte die Redaktion den Namen gestrichen. (2002)

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Verallgemeinerung

Unter der Überschrift „Dach-Haie kassieren ab“ veröffentlicht eine Lokalzeitung eine Warnung des Dachdeckerverbandes vor unseriösen Handwerkern, die ahnungslosen Hausbesitzern an der Haustür eine Dachreparatur oder aber gleich eine Dachsanierung, eine Umdeckung oder eine Fassadenkleidung andrehen. Nach der Manier von Drückerkolonnen würden derzeit ganze Gemeinden generalstabsmäßig abgearbeitet. Die Zeitung zitiert den Hauptgeschäftsführer des Landesinnungsverbandes mit der Feststellung, Pfusch werde zu weit überhöhten Preisen verkauft und Reparaturen würden ausgeführt, die überhaupt nicht notwendig seien. Er rate, von solchen Haustürgeschäften grundsätzlich Abstand zu nehmen und die Verbraucherschutzverbände oder die örtliche Dachdeckerinnung einzuschalten. Ein Berufsverband Unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker kritisiert in einer Beschwerde beim Presserat eine starke Einflussnahme der Dachdeckerinnung auf die Berichterstattung der Zeitung. Diese vermittele den falschen Eindruck, dass Dachdeckerarbeiten im Reisegewerbe gar nicht frei angeboten werden dürften. Außerdem werde in dem Artikel behauptet, viele dieser Betriebe seien noch nicht einmal in der Handwerksrolle zugelassen. Die Redaktionsleitung des Blattes beruft sich auf eine Pressemitteilung des Dachdeckerverbandes. Der Geschäftsführer der Landesinnung habe glaubhaft versichert, über Dachdecker im Reisegewerbe werde häufig geklagt. Der Artikel greife ersichtlich nicht alle Handwerker, die mit einer Reisegewerbekarte arbeiten, pauschal an, sondern beziehe sich lediglich auf unseriöse Handwerkerkolonnen. Auf keinen Fall suggeriere der Artikel, dass reisende Gewerbetreibende unseriös seien. (2002)

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Foto einer Hundehalterin

Zwei Hundehalter streiten vor Gericht. Honni, ein Golden Retriever-Mischling, soll Xinni, einen Yorkshire-Terrier, und dessen Frauchen, die im gemeinsamen Haus ein Stockwerk tiefer wohnen, mehrfach angesprungen und einmal sogar auf dem kleineren Hund herumgetrampelt haben. Daraufhin hatten Xinnis Herrchen und Frauchen bei Gericht die Einstweilige Verfügung durchgesetzt, dass Honni im öffentlichen Straßenverkehr und bei Begegnungen mit der Antragstellerin an der Leine zu führen sei. Eine Boulevardzeitung berichtet über den Einspruch der Betroffenen und den daraus resultierenden Prozess mit vielen Zeugen. In der Schlagzeile des Beitrages stellt sie fest, dass Xinni und Honni die Einzigen mit gesundem Menschenverstand, aber ihre Besitzer wie Hund und Katze seien. Die Besitzerin von Xinni trägt dem Deutschen Presserat ihren Ärger über diesen Artikel mit. Sie findet ihn tendenziös, diffamierend und einseitig zu Gunsten ihrer Nachbarn. Weiterhin kritisiert sie, dass die Zeitung ein Foto von ihr veröffentlicht hat. Die Redaktionsleitung der Zeitung entgegnet, die Beschwerdeführerin habe sich bereitwillig mit ihrem Hund fotografieren lassen. Sie sei auch mit der Veröffentlichung des Bildes einverstanden gewesen. Schließlich habe sie der Autorin mitgeteilt, dass sie in dem geplanten Bericht nur mit abgekürztem Namen erscheinen wolle. Dies sei in der Veröffentlichung auch so umgesetzt worden. Ein späteres Faxschreiben, in dem sie mitteile, dass man den Yorkshire-Terrier zeigen könne, sie selbst aber nicht im Foto erscheinen wolle, habe der Redaktion zum Zeitpunkt der Produktion nicht vorgelegen. Es gebe heute auch keine Möglichkeit mehr, den Zeitpunkt des Faxeinganges zu prüfen. Von einer Tendenz in der Berichterstattung könne keine Rede sein. Die Beschwerdeführerin könne nicht erwarten, dass – entgegen der Verfahrenssituation – nur in ihrem Sinne berichtet werde. (2002)

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Kommerzieller Auftragsdienst

„Handys in Kinderhand für Eltern kein Problem“ steht über einem Beitrag, den eine Regionalzeitung veröffentlicht und der eine große Agentur als Quelle nennt. Ein Leser stellt fest, dass es sich bei dem Artikel um den Beitrag eines kommerziellen Auftragsdienstes handelt und deshalb die Agenturangabe falsch sei. Damit werde der falsche Eindruck von Seriosität vermittelt. Im übrigen sei der Inhalt des Artikels ethisch verwerflich, da allgemein vor einer Nutzung von Handys durch Kinder gewarnt, hier jedoch eine positive Haltung der Eltern zu diesem Thema geschildert werde. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Zeitung lässt die Beschwerde durch eine Firma beantworten, die ihr fertige Seiten zuliefert. Die Agenturangabe sei ein Versehen gewesen, doch werde das Thema Handynutzung durch Kinder korrekt wiedergegeben. Die dem Beitrag zugrunde liegende Umfrage sei seriös. (2002)

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Beschuldigung nicht geprüft

In einem Rettungsdienst, beheimatet in einer Großstadt, hängt der Haussegen schief. Die Zeitung am Ort berichtet ausführlich über den „erbitterten Machtkampf“ in dem Verein, dessen Kreisgeschäftsführer der Zeitung einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht vorwirft. In einem Bericht heißt es: „In den letzten 15 Jahren müssen Gelder in zweifacher Millionenhöhe verschleudert worden sein.“ Eine Klage – nicht mehrere, wie die Zeitung schreibt – liege gegen den Dienst vor. Gemeinsam mit den Gläubigerbanken sei ein Sanierungskonzept erarbeitet worden. Außerdem sei die Behauptung falsch, dass seit drei Jahren keine Mitgliederversammlung mehr stattgefunden habe. Der Rettungsdienst wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Zu den Vorwürfen erklärt die Rechtsabteilung der Zeitung, der Rettungsdienst sei immer wieder um Stellungnahmen gebeten worden. Diese seien jedoch von der Mitgliederversammlung abgelehnt worden. Ein Beitrag mit der Überschrift „Neue Struktur für den Fall der Pleite“ basiere auf einem Schreiben des Landesgeschäftsführers des Rettungsdienstes. Daraus gehe hervor, dass Anlass für Neugründungen die drohende Zahlungsunfähigkeit des Landesverbandes sei. Die Zeitung erklärt ihre nach wie vor bestehende Bereitschaft, mit dem Beschwerdeführer zu sprechen. Er habe jedoch das Angebot, zu den erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen, nicht angenommen. (2002)

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Chronistenpflicht

Mordprozess in einer deutschen Großstadt. Eine Boulevardzeitung zitiert den Angeklagten, der in Sicherheitsverwahrung sitzende frühere Anwalt H. habe den ihm zur Last gelegten Mord in Auftrag gegeben. H. ruft den Deutschen Presserat an. Er beschwert sich über die Zeitung, die sich die Aussage des Angeklagten zu eigen gemacht habe. Ein Verfahren, in dem diese Vorwürfe überprüft wurden, sei bereits zwei Jahre zuvor eingestellt worden. Er ist der Ansicht, dass die Zeitung kein Recht hatte, seinen vollen Namen zu nennen, ohne zumindest auf die Verfahrenseinstellung hinzuweisen. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Redaktion habe sich nicht die Aussage des Angeklagten zu eigen gemacht. Die Verfasserin äußere sogar deutliche Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Der Beschwerdeführer – der einstige Anwalt H. – sei eine „kriminelle Person der Zeitgeschichte“, da er schon mehrfach vor Gericht stand und mittlerweile sogar in Sicherungsverwahrung gehalten werde. Schon im Ermittlungsverfahren sei immer wieder der Verdacht aufgekommen, dass H. der Auftraggeber des wegen Mordes Angeklagten gewesen sei. (2002)

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Falscher Sachverhalt

Berichterstattung zulässig

„Terror im Namen des Herrn“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Zeitschrift über Vorgänge in einem Nonnenkloster und in der dazu gehörenden Realschule. In dem Artikel heißt es, die Nonnen des Klosters seien von einem Mitglied des Geheimbundes „Engelwerk“ beeinflusst und hätten sich mittlerweile in eine gefährliche Sekte verwandelt. Von „Terror im Kloster“ ist die Rede. Zudem heißt es, dass einige Nonnen das Kloster verlassen hätten. Andere seien weggesperrt worden; manche seien medikamentenabhängig oder dem Alkohol verfallen. Die Provinzoberin des Klosters sieht in dem Artikel eine Verleumdung und beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Zeitschrift. Keine der Nonnen gehöre dem erwähnten Engelwerk an. Sie weist darauf hin, dass sich ein Fotograf der Zeitschrift zweimal ohne Erlaubnis in Kloster und Realschule aufgehalten habe. Er habe dort fotografiert, bis er Hausverbot erhalten habe. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift hält dem Vorwurf entgegen, der Fotograf sei nicht in die Privatsphäre der Nonnen eingedrungen. Auch sei keine der Nonnen auf den Fotos zu identifizieren. Die Einschätzung, dass sich die Nonnen von einer anerkannten religiösen Vereinigung in eine gefährliche Sekte verwandelt haben könnten, sei eine zulässige Meinungsäußerung und von Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt. Die veröffentlichte Passage über Alkohol und Medikamente habe die Zeitschrift durch Quellenhinweise belegt. (2002)

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Namensnennung einer Nonne

In einem von Nonnen betriebenen Kloster-Kindergarten wird ein kleines Mädchen von einer der Erzieherinnen mit dem Tode bedroht. Das ist der Hauptvorwurf im Bericht einer Tageszeitung. Außerdem wird der Werdegang der Nonne vor ihrem Eintritt ins Kloster kritisch beleuchtet. Die Provinzoberin des Ordens, dem die Schwester angehört, erklärt den Vorwurf der Todesdrohung für falsch und wendet sich an den Deutschen Presserat. Es handele sich um eine unbewiesene Tatsachenbehauptung, mit der die Erzieherin fertig gemacht werden solle. Die Oberin kritisiert zudem die volle Namensnennung in dem Beitrag. Die Redaktionsleitung der Zeitung teilt mit, sie habe erst berichtet, als Ermittlungsergebnisse der Behörden vorlagen. Die Redaktion habe sich dem Thema sehr vorsichtig und verantwortungsbewusst genähert. Insgesamt sei der Sachverhalt in objektiver Weise dargestellt worden. Auch habe die Zeitung darauf hingewiesen, dass die betreffende Schwester die Vorwürfe bestreite. Den vollen Namen habe man genannt, um nicht andere Mitschwestern einem Verdacht auszusetzen. Die Redaktionsleitung merkt schließlich an, dass sie die aufgezeigten Missstände nicht aus der Luft gegriffen habe. Mittlerweile seien nämlich in allen Bereichen des Klosters (Kindergarten, Grundschule, Hauptschule, Realschule) Schwestern von ihren Posten abberufen und zum Teil mit einem Berufsverbot belegt worden. (2002)

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