Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6739 Entscheidungen

Kritik an einem Ratsherrn

In mehreren Artikeln beschäftigt sich eine Lokalzeitung mit dem „handfesten Eklat“ eines örtlichen CDU-Ratsherrn. Der Kommunalpolitiker hatte einen Artikel der Zeitung, der unter der Überschrift „Man könnte Juden als Tätervolk bezeichnen“ Auszüge aus der Rede des umstrittenen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann zum 3. Oktober enthielt, mit dem handschriftlichen Vermerk „Man darf in Deutschland nie mehr die Wahrheit sagen“ versehen und in der Geschäftsstelle der CDU ausgehängt. In dem Beitrag wird der Betroffene mit einer Begründung seiner Aktion zitiert. Ferner wird berichtet, dass der Ortsvorsitzende der CDU es auf Grund des Vorfalls ablehne, dass der Urheber der Aktion wie ursprünglich vorgesehen als sein Nachfolger im Amt kandidiere. In einem Kommentar unter der Überschrift „Mehr als eine Dummheit“ vertritt der Autor u.a. die Ansicht, dass derjenige, der einem Bundespolitiker, der Juden als „Tätervolk“ bezeichne, öffentlich zustimme, in dieser Stadt kein politisches Amt bekleiden dürfe. Beiden Veröffentlichungen folgen weitere Artikel über die weiteren Ereignisse: Der umstrittene Ratsherr legt sein Mandat nieder, ein Parteigericht berät über seinen Ausschluss aus der CDU, der Betroffene verliert seinen Arbeitsplatz als Assistent eines Bundestagsabgeordneten, verlangt schließlich von der Zeitung und einer Ratskollegin Schmerzensgeld, zieht vor Gericht. Schließlich wendet sich der Kommunalpolitiker auch an den Deutschen Presserat, beklagt in einer Beschwerde neben einer Fülle von Kodexverstößen vor allem mangelnde Sorgfalt in der Berichterstattung und eine mögliche Befangenheit des stellvertretenden Lokalchefs, mit dem er bei einer gemeinsamen Arbeit in der katholischen Pfarrgemeinde Differenzen gehabt habe. Dabei sei es zu einem Versäumnisurteil gekommen. Und er habe eine Gehaltspfändung einleiten müssen.

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Gerichtsentscheidung

Eine Stadt plant, in ihrem Schlosspark von einem privaten Investor ein Einkaufszentrum mit einer an das historische Schloss erinnernden Fassade errichten zu lassen. Eine Bürgerinitiative Schlosspark setzt sich für den Erhalt des Schlossparks als Parkanlage und Erholungsfläche ein und reicht ein entsprechendes Bürgerbegehren mit mehr als 31.000 Unterschriften bei der Stadtverwaltung ein. Da der Verwaltungsausschuss der Stadt die Entscheidung trifft, das Bürgerbegehren sei unzulässig, will die Initiative mit einer Klage beim Verwaltungsgericht erreichen, dass das von ihr eingeleitete Bürgerbegehren zugelassen wird. Unter der Überschrift „Gericht: Schloss in ... darf gebaut werden“ teilt die Zeitung am Ort ihren Leserinnen und Lesern mit, dass das Verwaltungsgericht die Klage des „Bürgerbegehrens Schlosspark“ gegen den Verwaltungsausschuss der Stadt abgewiesen habe. Damit sei der Versuch der Bürgerinitiative gescheitert, den Bau des Einkaufszentrums Schloss-Arkaden samt Schloss-Rekonstruktion zu verhindern. Ein Leser der Zeitung, in der Initiative anscheinend engagiert, beschwert sich beim Deutschen Presserat und beklagt sich über die Überschrift, die den Eindruck erwecke, dass das Gericht über den Bebauungsplan entschieden habe. Dies sei nicht korrekt, da lediglich über das Bürgerbegehren eine Entscheidung getroffen worden sei. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass Fehlinformationen, die den Eindruck erweckten, dass die Bebauung des Schlossparks beschlossene Sache sei, natürlich Proteste aus der Bevölkerung unterdrückten. Solche Fehlinformationen über den Stand des Bebauungsplans würden von der Lokalzeitung mit Methode verbreitet. Weiterhin erwecke die Überschrift den Eindruck, als solle der Schlosspark mit einem Schloss bebaut werden. In dem Bebauungsplan gehe es jedoch um ein Einkaufszentrum, dessen Fassade lediglich in Teilbereichen an ein historisches Schloss erinnern solle. Mit der Darstellung des Kaufhauses als Schloss sollten Sympathien für den Bebauungsplan geworben werden. (2004)

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Gerichtsentscheidung

Eine Stadt plant, in ihrem Schlosspark von einem privaten Investor ein Einkaufszentrum mit einer an das historische Schloss erinnernden Fassade errichten zu lassen. Eine Bürgerinitiative Schlosspark setzt sich für den Erhalt des Schlossparks als Parkanlage und Erholungsfläche ein und reicht ein entsprechendes Bürgerbegehren mit mehr als 31.000 Unterschriften bei der Stadtverwaltung ein. Da der Verwaltungsausschuss der Stadt die Entscheidung trifft, das Bürgerbegehren sei unzulässig, will die Initiative mit einer Klage beim Verwaltungsgericht erreichen, dass das von ihr eingeleitete Bürgerbegehren zugelassen wird. Unter der Überschrift „Gericht: Schloss in ... darf gebaut werden“ teilt die Zeitung am Ort ihren Leserinnen und Lesern mit, dass das Verwaltungsgericht die Klage des „Bürgerbegehrens Schlosspark“ gegen den Verwaltungsausschuss der Stadt abgewiesen habe. Damit sei der Versuch der Bürgerinitiative gescheitert, den Bau des Einkaufszentrums Schloss-Arkaden samt Schloss-Rekonstruktion zu verhindern. Ein Leser der Zeitung, in der Initiative anscheinend engagiert, beschwert sich beim Deutschen Presserat und beklagt sich über die Überschrift, die den Eindruck erwecke, dass das Gericht über den Bebauungsplan entschieden habe. Das Gericht habe lediglich über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens geurteilt. Es habe nicht entschieden, dass das „Schloss“ jetzt gebaut werden dürfe. In diesem Zusammenhang sei zudem auch der Begriff „Schloss“ irreführend. In Wirklichkeit solle der Schlosspark mit einem Einkaufscenter überbaut werden, welches lediglich eine dem ehemaligen Schloss nachempfundene Fassade erhalten solle. Nach Ansicht des Beschwerdeführers solle wohl mit der Überschrift suggeriert werden, dass jeglicher Widerspruch zu den Bauplänen des Einkaufscenters jetzt sinnlos sei, da ein Gericht geurteilt habe. (2004)

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Eigenmarketing einer Zeitung

Eine Boulevardzeitung kündigt einen “Sommer-Knaller” an: “Heute Eis für alle – Eins kaufen, eins geschenkt !” Das “Doppelschlecken” wird als eine Gemeinschaftsaktion der Zeitung und einer Supermarktkette mit über 2.400 Filialen präsentiert. Jeder Leser, der den Artikel ausschneidet, zu dem genannten Discounter geht und dort ein Eis kauft, erhält an der Kasse zwei Eis und bezahlt nur eins. Ein Leser wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Nach seiner Ansicht haben diese Veröffentlichung nichts mehr mit redaktioneller Berichterstattung zu tun. Der Name der Firma werde nicht schlicht geschrieben, sondern mit einem farbigen Firmenlogo dargestellt. Es handele sich um eine reine Werbeaktion für das Handelsunternehmen, das zudem auf Seite 9 der Zeitung noch mit einer Anzeige vertreten sei. (2004)

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Überschrift ohne Textbezug

Eine Boulevardzeitung wartet „exklusiv“ mit einem Skandal auf. Im Knast der Stadt könnten Triebtäter für 100 Euro Sex-DVDs kaufen, kündigen die Schlagzeilen an. Die Berichterstattung beruht auf der Tatsache, dass bei einer Durchsuchung in der Justizvollzugsanstalt Sexfilme gefunden wurden, sowie auf der Aussage eines ehemaligen Häftlings, der behauptet, dass in dem Gefängnis ein schwunghafter Handel mit Kinderpornos betrieben werde. Ein Journalist schreibt an den Deutschen Presserat und beschwert sich. Die Darstellung des angeblichen Skandals sei eine Mischung aus Un- und Halbwahrheiten und Fakten, die aus dem Sachzusammenhang gerissen worden seien. Der ganze Vorgang werde sensationsheischend aufgebauscht. Der Beschwerdeführer übermittelt dem Presserat einen Beitrag aus der Gefängniszeitung, in dem die Seriösität des Informanten der Zeitung bezweifelt wird. Nur bei zwei Gefangenen in einer Teilanstalt, in der keineswegs nur „Lebenslängliche“ untergebracht seien, seien tatsächlich DVD-Player und einige Porno-DVDs gefunden worden. Die Rechtsvertretung der Zeitung berichtet von einer Durchsuchung in der Haftanstalt, die Monate vor der Berichterstattung mit dem konkreten Verdacht durchgeführt worden sei, dass in den Zellen mit pornografischem Material gehandelt werde. Kurz vor der Veröffentlichung habe sich der im Artikel genannte Häftling an die Autorin des Beitrags gewandt und den Handel mit Kinderpornos glaubhaft bestätigt. Die Redakteurin habe daraufhin bei der Senatsverwaltung für Justiz nachgefragt, woraufhin in der JVA eine erneute Durchsuchung gestartet worden sei. Dabei habe man tatsächlich Dutzende pornografischer Filme auf DVD sowie Abspielgeräte gefunden. Im Innenteil des Blattes werde über die Vorgänge differenzierter berichtet. Dort werde strikt zwischen Tatsachen und Vermutungen unterschieden, zum Beispiel mit Formulierungen wie „sollen DVDs kopiert und verkauft worden sein“. Durch diese differenzierte Darstellung werde das Versäumnis ausgeglichen, dass auf der Titelseite nicht auf den bislang nur bestehenden Verdacht des Vorwurfs der Kinderpornografie hingewiesen worden sei. (2004)

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Selbsttötung

In großer Schlagzeile verkündet eine Boulevardzeitung, dass sich ein 16-jähriges Mädchen im Wald erhängt hat. Sie teilt den Leserinnen und Lesern den Vornamen, den Anfangsbuchstaben des Familiennamens, das Alter und den Wohnort der Betroffenen mit. Detailliert wird geschildert, wie sich das Mädchen an dem Ast eines Baumes erhängt hat. Das Waldstück, in dem die Tat geschah, wird im Bild gezeigt. Das Mädchen habe mit Freunden Urlaub im Süden machen wollen. Laut Staatsanwaltschaft seien die Tickets schon gekauft gewesen. Doch die Mutter habe den Urlaub gestrichen. „Ich kann doch einem so jungen Mädchen nicht erlauben, ohne Eltern in den Urlaub zu fliegen“, solle sie gesagt haben. Der Ortsvorsteher der Gemeinde, in dem die Familie wohnt, beschwert sich bei der Zeitung und beim Deutschen Presserat. Seiner Meinung nach weist die Zeitung der Mutter des Mädchens die Schuld an der Selbsttötung zu. Die Mitarbeiter der Zeitung hätten Familie, Freunde und Bekannte des Mädchens tagelang verfolgt, um mit aller Gewalt Stoff für eine Geschichte zu bekommen. Das angebliche Zitat der Mutter sei falsch. Sie habe sich nie so geäußert, sondern vielmehr erklärt, dass sie nicht mit der Presse reden wolle. Weiterhin sei auch die Darstellung nicht korrekt, dass das Mädchen nach einem Streit mit Tränen in den Augen zur Oma gegangen sei. Sie habe ihre Großmutter an besagtem Tag überhaupt nicht gesehen. Die Chefredaktion entgegnet, die Mutter des Opfers habe sich gegenüber einem Redakteur des Blattes genauso wie wiedergegeben geäußert. Sie habe erklärt, dass sie ihrer Tochter doch nicht hätte erlauben können, ohne Eltern in Urlaub zu fahren. Die Aussage, dass die Reise in die Türkei gehen sollte, sei dem Mitarbeiter des Blattes durch die Mutter eines weiteren Reiseteilnehmers bestätigt worden. Die Chefredaktion sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der Darstellung des Redakteurs zu zweifeln. Eine Verfolgung der Familie oder der Freunde des Opfers sei der Chefredaktion nicht bekannt. Dass die Großmutter sich mit ihrer Enkelin vor der Tat getroffen habe, sei der Akte der Staatsanwaltschaft zu entnehmen. Die Großmutter sei nach dem Suizid von der Polizei befragt worden und habe die in dem Beitrag wiedergegebenen Aussagen über die Umstände des Zusammentreffens mit ihrer Enkelin und die dabei ausgesprochene Ankündigung eines Suizids auch in dieser Form gemacht. (2004)

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Zitat ohne Nachfrage

Eine Regionalzeitung meldet, dass der Vorstand eines großen Verkehrsbetriebs der Region intern unter Beschuss stehe. Während den Mitarbeitern immer mehr finanzielle Opfer abverlangt würden, bekämen „unsere Direktoren sehr hohe Prämien für Einsparungen aller Art“, heiße es in einem allerdings nicht unterzeichneten Offenen Brief an den Oberbürgermeister und die Parteien im Stadtrat. Ein Vorstandsmitglied koste einschließlich üppiger Ruhestandsbezüge um die zwei Millionen Euro im Jahr. In dem Brief werde die Frage aufgeworfen, ob es nicht an der Zeit sei, statt mit drei nur noch mit zwei Vorstandsherren auszukommen. Diese Anregung stoße beim Vorsitzenden des Aufsichtsrates durchaus auf Verständnis. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann würde es heute in dem Unternehmen einen Arbeitsdirektor nicht geben. Zum ersten Mal habe der Aufsichtsratsvorsitzende auch signalisiert, dass sich das Unternehmen grundlegend verändern müsse. Ein Vertreter der Unternehmenskommunikation legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor und moniert, dass die Zeitung ein anonymes Schreiben zur Grundlage ihrer Berichterstattung gemacht habe. Die Belegschaft wisse angeblich nichts von einem solchen Brief. Die Zeitung habe beim Unternehmen auch nicht gegenrecherchiert. Der Beschwerdeführer kritisiert ferner die Verwendung von Aussagen des Aufsichtsratsvorsitzenden, die dieser nicht oder nicht mit dieser Bedeutung gemacht habe. Als Beispiel nennt er die angebliche Auffassung des Zitierten, das Unternehmen müsse sich grundlegend verändern, und fügt ein Schreiben des Betroffenen bei, in dem dieser seine Aussage relativiert. Zudem sei es nicht richtig, dass es – wie in dem Artikel wiedergegeben – einen Arbeitsdirektor nicht geben würde, wenn es nach dem Willen des Aufsichtsratsvorsitzenden gegangen wäre. Dies sei falsch, da der Vorsitzende vor drei Jahren selbst für die Wiederwahl des Stelleninhabers gestimmt habe. Der Chef vom Dienst der Zeitung teilt in seiner Stellungnahme mit, dass der in dem Artikel zitierte Brief tatsächlich existiere und auch seine Adressaten erreicht habe. Die Tatsache, dass er anonym gewesen sei, sei in dem Artikel erwähnt worden. Der Beschwerdeführer behaupte, mit Bezug auf den Brief würden unbegründete Behauptungen und Beschuldigungen veröffentlicht. Dies sei jedoch nicht richtig, da die in dem Brief enthaltenen Informationen nicht verfälscht, sondern nur ergänzt worden seien. Korrekt sei, dass auch der Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens für die Verlängerung des Vertrages des Arbeitsdirektors gestimmt habe. Es sei aber auch richtig, dass der Vorsitzende im Vorfeld der Wahl versucht habe, den Vorstand auf zwei Personen zu verkleinern. Dies unterschlage der Beschwerdeführer. Die Aussage, dass sich das Unternehmen grundlegend verändern müsse, und der Brief, den der Aufsichtsratsvorsitzende der Lokalredaktion übermittelt habe und der auch der Beschwerde beigefügt worden sei, seien einer gesonderten Betrachtung wert . Zuerst werde dementiert, dann werde die eigene Person kritisch analysiert, dann befinde sich der Verkehrsbetrieb mitten in einem Veränderungsprozess. So werde, was zunächst dementiert worden sei, dann doch Realität. Dies sei ein gelungenes Beispiel für politischen Schreibstil. (2004)

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Bezeichnung „Lump“

In einem Kommentar, der u.a. zum Ausgang der Landtagswahlen im Saarland Stellung nimmt, schreibt eine Regionalzeitung: „Dass Oskar Lafontaine charakterlich gesehen ein Lump ist, hat sich herumgesprochen – nicht mal ein PDS-Anhänger würde noch ein Auto von ihm kaufen.“ Diese Formulierung veranlasst eine Leserin zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Dass Oskar Lafontaine Emotionen wachrufe, sei nicht neu und müsse wohl hingenommen werden. Aber es gelte Grenzen zu beachten. Die Bezeichnung „charakterlich ein Lump“ liege außerhalb dieser Grenze. Lafontaine sei einer der ganz wenigen Politiker aus der Mitte, die Alternativen zu der gemeinsamen Linie der Volksparteien einschließlich der Grünen aufzeigten. Werde er mundtot gemacht, sammele sich alle Kritik bei den Extremen. Das sollten auch Leute bedenken, die ihn nicht mögen. Der Bezeichnung „Lump“ seien bereits etliche vergleichbare Benennungen des Saarländers in der Zeitung vorausgegangen, darunter „Saar-Napoleon“, „Populist“ und „Kameradenschwein“. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass es sich hier in der Tat um eine harte Meinungsäußerung handele. Allerdings habe man sich zu der Formulierung berechtigt gefühlt, da – wie in dem Kommentar auch erwähnt – Lafontaine seine Partei schnöde im Stich gelassen habe, Geld mit seiner Stimmungsmache gegen die alten Mitstreiter verdiene und seine politische Meinung so oft wechsele, wie es die politische Windrichtung erfordere. Man habe Lafontaine aber auch gegen Vorwürfe der SPD in Schutz genommen, er sei an dem Ergebnis der Landtagswahl im Saarland schuld. Insgesamt ist die Chefredaktion der Ansicht, dass es sich noch um eine zulässige Meinungsäußerung handele. Eine politische Person, die sich derart in den Mittelpunkt des Interesses rücke, müsse sich auch die am Schluss der Beschwerde zitierten Ausdrücke gefallen lassen. Jedoch sei der Autor darauf hingewiesen worden, bei der Wahl solcher Bezeichnungen künftig Zurückhaltung zu üben. (2004)

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Richtigstellung einer Kunstkritik

Eine Lokalzeitung berichtet am 8. September 2004 über eine Kunstausstellung im Museum. Gezeigt werden Werke einer westfälischen Malerin. Das Blatt lobt die Symbolkraft ihrer Bilder. Die Künstlerin male, wie es im 15. bis 17. Jahrhundert üblich gewesen sei. Auf einem Ei-Tempera-Fundament würden in bis zu 20 Schichten Ölfarben aus feinstem Steinmehl in handwerklicher Sorgfalt aufgetragen. Eines betrübe allerdings: Die versprochenen Kunstwerke des spanischen Malers Dali seien einzig als Kunstdrucke zu sehen, die lieblos in Wechselrahmen aufgehängt seien. Die Galerie, welche die Veranstaltung organisiert habe, hätte sich besser dazu durchringen sollen, die Künstlerin alleine in den Mittelpunkt der Ausstellung zu rücken. Auch wenn dann der große Name Dalis weggefallen und vielleicht weniger Interessierte zur Eröffnung gekommen wären. Doch das wäre ehrlicher gewesen, schließt die Kritik. Fünf Tage später veröffentlicht das Blatt einen Kurzbeitrag, in dem mitgeteilt wird, dass es sich bei den ausgestellten 14 Dali-Grafiken doch um Originale handelt. Die Kunstagentur, welche die Ausstellung organisiert hat, bezeichnet in ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat die erste Veröffentlichung als ärgerlich und hinderlich. Es sei falsch, dass in der Ausstellung keine Original-Kunstwerke von Dali zu sehen gewesen seien. Man habe die Zeitung am Tage des Erscheinens der Kritik auf diesen Fehler aufmerksam gemacht. Auf Nachfrage habe die Redaktion nachrecherchiert und erkannt, dass der erste Bericht falsche Angaben enthalten habe. Die Korrektur sei dann nicht am darauf folgenden Samstag, sondern erst am Montag danach erschienen. Damit sei die Chance verhindert worden, am letzten Wochenende, an dem die Ausstellung noch geöffnet war, weitere Interessenten anzusprechen. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf zurück, die Zeitung habe einen größeren Besuch der Veranstaltung aus der Region verhindert. Die Ausstellung sei dreimal im Blatt angekündigt worden, und zwar am 24. August, 2. und 4. September. Die von der Redaktion mit der Kritik beauftragte Journalistin sei examinierte Kunsthistorikern. Zudem habe sie ein abgeschlossenes Zeitungsvolontariat. Die Redaktion hätte daher davon ausgehen können, dass sie über die Veranstaltung sachkundig, auch im Hinblick auf die Werke von Salvador Dali, berichten würde. Als der Galerist die Redaktion auf die fehlerhafte Darstellung hingewiesen habe, habe man sich entschuldigt und angeboten, dass die zuständige Ressortleiterin die Ausstellung besucht und erneut berichtet. Dieser Artikel sei am 13. September erschienen. Kunstinteressierte Leser seien dabei darauf hingewiesen worden, dass die Bilder noch bis zum 19. September zu sehen seien. Die Redaktion sei davon ausgegangen, dass damit die Angelegenheit erledigt worden sei. Die Beschwerde beim Presserat verwundere sie daher. (2004)

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Anonyme Informanten

Unter der Überschrift “Hoher Anspruch, leere Säle” gibt eine Regionalzeitung in ihrer Stadtausgabe die Kritik zahlreicher “Kulturmacher” an der “elitären Politik” der städtischen Kulturreferentin wieder. Die Kulturbürgermeisterin habe kein persönliches Interesse an guter Breitenkultur, sondern lebe in einem Elfenbeinturm. Zu viele Millionen würden in Image-Projekte wie Textilmuseum oder Kunstzentrum gesteckt. Doch die Welt biete mehr. Die Stadt sei längst multikulti. Kunst als Integrationshilfe sei gefragt, auf der Straße, in ungewöhnlichen Formen, für alle Generationen. Kultur als Spaßfaktor. Doch für offene Projekte im sozio-kulturellen Sektor fehle das Geld. Und wohl das Verständnis. Ein einflussreicher Stadtrat nenne die Kulturpolitik der Referentin schwammig. Und ein erfahrener Szenekenner klage, sie rede von Frieden, doch sie säe Unfrieden. Viele Kritiker wollten unerkannt bleiben. “Wer aufmuckt, muss bluten”, sage einer. Ein Leser äußert sich kritisch gegenüber dem Deutschen Presserat. Es sei nicht mit der Sorgfaltspflicht vereinbar, wenn ausschließlich Bezug auf anonyme Informanten genommen werde. Stil und Eindruck des Beitrages seien unseriös. Er werde hellhörig, wenn Intellektualität als etwas Negatives dargestellt werde. Der Chefredakteur der Zeitung betont, Grundlage des Beitrages sei eine ausführliche Recherche in der Kulturszene gewesen. Alle Gesprächspartner seien zwar bereit gewesen zu informieren, wollten ihren Namen aber auf keinen Fall in der Zeitung veröffentlicht haben. Sie hätten offenbar Repressalien von Seiten der Kulturreferentin befürchtet. (2004)

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