Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Brisante Aussagen im „Sachsensumpf“

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Deckname Asterix“ über die Vernehmung der Sozialarbeiterin und Geschäftsführerin des Vereins „Karo“ im Untersuchungsausschuss „Sachsensumpf“ des sächsischen Landtags. Die geheime Informantin, um die es im Ausschuss geht, habe sich als die „Karo“-Chefin entpuppt. „Karo“ berate und helfe seit zwei Jahrzehnten Opfern von Zwangsprostitution, Menschenhandel und sexueller Ausbeutung in Sachsen und Tschechien. Die Frau sagt im Ausschuss aus, sie habe zwei Jahre lang Erfahrungen aus ihrer Tätigkeit als Sozialarbeiterin an das Landesamt für Verfassungsschutz weitergegeben. Sie habe sich in dieser Funktion als eine Art Informationsgeberin gesehen. Eine Verpflichtungserklärung oder so etwas Ähnliches habe sie nicht unterschrieben. Allerdings habe sie Geld erhalten, eine Art pauschale Auslagenerstattung. Die Zeitung berichtet, die Zeugin sei vage geblieben, als sie über die Art der Informationen befragt worden sei. Es sei um Dinge gegangen, mit denen sie bei ihrer Arbeit konfrontiert worden sei, zum Beispiel Erlebnisse ihrer Klienten oder Informationen aus Foren und Netzwerken, in denen sie mitgearbeitet habe. Die Zeitung schreibt, die Frau habe ein intimes Verhältnis zu einem Verfassungsschützer unterhalten. Die Beschwerdeführerin, im Artikel der Zeitung „Asterix“ genannt, wendet sich gegen die Aussage der Zeitung, sie habe für den Verfassungsschutz gearbeitet. Es sei aber richtig, dass sie Informationen über schwere Verbrechen an Kindern und Frauen, die sie während ihrer Arbeit als Sozialpädagogin erhalten habe, an Mitarbeiter des Referats Organisierte Kriminalität des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz in den Fällen weitergeleitet habe, in denen es ihr richtig erschienen sei. Dabei habe sie stets ihre Verschwiegenheitspflicht gegenüber ihren Probandinnen gewahrt. Sie sei auch nicht, wie von der Zeitung behauptet, „enttarnt“ worden. Die Autorin des Artikels sei in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses gar nicht anwesend gewesen. Teile des Artikels seien wörtlich aus dem Protokoll der Sitzung zitiert. Teilweise seien Passagen wiedergegeben worden, die aus nichtöffentlichen Sitzungen stammten. Die Berichterstattung über ein persönliches Verhältnis – besprochen in nichtöffentlicher Sitzung – greife zudem in ihre Persönlichkeitsrechte ein. Der Anwalt der Zeitung rechtfertigt die Berichterstattung. Diese sei von der ersten bis zur letzten Zeile korrekt.

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Einer Beilage fehlt die Kennung als Werbung

Die Beilage einer Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Für die Menschen der Heimat im Einsatz“ das Porträt eines Staatssekretärs im Finanzministerium eines Bundeslandes. Am Ende des Beitrages werden die Kontaktdaten des Bürgerbüros des Politikers veröffentlicht. Ein Leser der Zeitung vermutet, dass es sich bei der Veröffentlichung um eine Anzeige handelt. Außerhalb des Wahlkampfes sei so etwas nach seiner Meinung untersagt, mindestens jedoch moralisch fragwürdig. Der Beschwerdeführer sieht den Trennungsgrundsatz nach Ziffer 7 des Pressekodex verletzt. Der für die Beilage zuständige Redaktionsleiter teilt mit, bei dem kritisierten Beitrag handele es sich um eine bezahlte Anzeige. Das gehe „aus den Umständen“ der Veröffentlichung eindeutig hervor. Das Journal mit dem kritisierten Beitrag sei eine anzeigenfinanzierte Sonderbeilage, die der Zeitung beigelegt sei. Die Beilagen würden von der Zeitung mit PR-Inhalten gefüllt. Sie seien kein redaktioneller Teil der eigentlichen Zeitung. Der Leser kenne das Format seit Jahren und wisse daher, dass es sich um Werbung handele. Soweit der Beschwerdeführer in der Beilage die Anzeigenkennung vermisse, sei man der Auffassung, dass sich die erforderliche Abgrenzung von redaktionellen Inhalten und Werbung durch die eindeutige äußere Gestaltung ergebe. Dies sei schließlich auch dem Beschwerdeführer aufgefallen.

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Magazin führt Nutzer in die Irre

„Katze rettet Baby vor Prügel-Papa“ titelt die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins und kündigt damit ein verlinktes Video an. Immer wieder schlage ein Vater auf das Tragebett seines Neugeborenen ein. Das wecke in einer Katze den Beschützerinstinkt. Der „Stubentiger“ stürze sich auf den brutalen Vater und erteile ihm eine schmerzhafte Lektion. Im Video heißt es dann: „Ganz klar, ein Baby schlägt man nicht. Der Mann in diesem Breakcom-Video macht das natürlich auch nicht. Ganz zur Freude des Babys klopft er nur mit der flachen Hand auf die Baby-Schale.“ Doch die Katze könne das nicht wissen. Sie gehe dazwischen und verteidige das kleine, unschuldige Kind. Ein Nutzer des Internet-Auftritts kritisiert die Berichterstattung. Der Artikel zum Video erwecke den Eindruck, dass ein Haustier ein Kleinkind vor handgreiflichen Übergriffen des Vaters schütze. Dem sei nicht so. Außerdem sei in der Vorschau das Gesicht des Vaters neben der Überschrift zu erkennen. Dadurch können falsche Rückschlüsse aus der Überschrift und dem Bild gezogen werden. Der Chefredakteur des Magazins widerspricht. Er hält die Beschwerde für unbegründet. Es werde nicht der Eindruck erweckt, dass das Haustier ein Kleinkind vor (echten) handgreiflichen Attacken des Vaters beschütze. Im Vorspann heiße es ausdrücklich: „Unermüdlich schlägt ein Vater auf das Tragebett seines Neugeborenen ein.“ Kein Nutzer werde auf die Idee kommen, ein Vater habe sein Kind vor laufender Kamera misshandelt. Im Video könne man sehen, wie die Katze auf die vorgetäuschten Schläge reagiere und den Vater davon abzuhalten versuche. Das sei eine durchaus interessante Beobachtung, weshalb der Vater das Video vermutlich auch angefertigt und veröffentlicht habe. Er habe in dem Video den „Prügel-Papa“ verkörpert, weshalb auch die Bezeichnung in der Überschrift in Ordnung sei. Wer das Video ansehe, erkenne sowieso den kompletten Sachverhalt. Man bedauere, dass der Beschwerdeführer von dem Video offenbar etwas anderes erwartet habe. Der Presserat sei im Übrigen nicht zu der Beurteilung berufen, ob Medien das Leserinteresse angemessen befriedigen. Jeder Nutzer habe die Wahl, welche Inhalte er konsumiere.

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Folge der Beschwerde: Foto entfernt

Unter der Überschrift „Familien-Drama im Rotklinker“ berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung über ein Tötungsdelikt. Ein Einfamilienhaus, gebaut aus roten Klinkersteinen, in einer namentlich genannten Straße sei Schauplatz eines schlimmen Familiendramas geworden. Im Keller des Hauses sei die Leiche einer Frau, Mutter eines vierjährigen Kindes, gefunden worden. Der Ehemann und Vater ist tatverdächtig. Der Autor erwähnt den Vornamen, den abgekürzten Nachnamen sowie Beruf und Alter des Opfers. Auch Alter und Herkunft des Ehemannes werden genannt. Von vier Fotos zeigt eines das Opfer mit dem Kind und ein anderes das Haus, in dem die Familie gelebt hat. Auf dem ersten Foto ist das Gesicht des Opfers sichtbar, das Gesicht des Kindes hingegen ist verpixelt. Die Veröffentlichung des Opfer-Fotos verstoße gegen dessen Persönlichkeitsrechte nach Ziffer 8 des Pressekodex. Diese Meinung vertritt die Beschwerdeführerin, eine Leserin der Zeitung. Außerdem sei das Foto dem Facebook-Profil des Opfers entnommen worden. Ob es dafür eine Genehmigung der Hinterbliebenen gegeben habe, sei sehr fraglich. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, nach Bekanntwerden der Beschwerde habe die Redaktion das beanstandete Foto aus dem Internet-Angebot des Blattes entfernt. Die Zeitung bedauert, dass der beanstandete Beitrag die Beschwerdeführerin verstört habe. Die Berichterstattung über Fälle wie diesen sei immer eine Gratwanderung. Die Redaktionen müssten zurückhaltend und nicht zu drastisch, gleichzeitig aber vollständig, ungefiltert und zeitnah berichten. Nach sorgfältiger Abwägung sei die Redaktion zu dem Ergebnis gekommen, mit einem öffentlich auf Facebook einsehbaren Foto dem schrecklichen Geschehen ein Gesicht zu geben. Das könne man mit guten Gründen natürlich auch anders sehen.

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Zeitschrift konstruiert ein Familiendrama

Eine Frauenzeitschrift beschäftigt sich mit der Tochter eines bekannten Sängers, von der es heißt, sie arbeite in einem Verein, der Menschen in Grenzsituationen mit Shiatsu helfe, einer speziellen Massagetechnik aus Fernost. Da bei Shiatsu nicht nur der Körper, sondern auch der Geist eine Rolle spiele, könne es sein, dass die junge Frau sich möglicherweise einer asiatischen Glaubensrichtung zuwenden könnte. Dies wäre für den Vater als überzeugtem Christen schlimm. Es sei offensichtlich, dass es ihm in letzter Zeit schlecht gehe. Er wirke müde; sein Gesicht sei aufgedunsen. Das sei möglicherweise auf Sorgen um seine Tochter zurückzuführen. Ein Leser der Zeitschrift vermutet, dass aus harmlosen Tatsachen eine vermeintliche Sensationsgeschichte konstruiert worden sei. In der Überschrift werde die Frage gestellt, ob die Tochter des Sängers „vom rechten Weg“ abkomme. Damit werde ein Familiendrama konstruiert. Im Artikel selbst finde sich davon keine Spur. Aus einem herkömmlichen Massagejob würden ein Scheitern und ein Verlassen des „rechten Weges“. Die Zeitschrift deute ein moralisch verwerfliches Fehlverhalten an. Außerdem werde der Buddhismus geschmäht, da er als „Abkommen vom rechten Weg“ dargestellt werde. Der Chefredakteur der Zeitschrift vermutet, dass der Beschwerdeführer den Presserat missbrauche, in dem er versuche, ihn sich in seiner Profilierungssucht dienstbar zu machen. Dies zeigten die Einträge im Blog „topfvollgold“, in dem der Community suggeriert werde, dass die Betreiber den Presserat mit einer Vielzahl von Beschwerden vor sich her trieben. Zur Sache: Der Chefredakteur spricht davon, dass der Sänger tiefgläubiger Katholik sei. Wenn sich seine Tochter nun vom Glauben ab und einer fernöstlichen Philosophie zuwende, könne dies durchaus einen Keil in die Familie treiben. Von nichts anderem als dieser Befürchtung handele der angesprochene Artikel. Von einem „Familiendrama“ sei in dem Beitrag nicht die Rede. Der Beitrag sei nicht unangemessen sensationell, sondern lege den „rechten Weg“ aus der Sicht eines gläubigen Katholiken dar und berichte über eine Abweichung davon. Im Übrigen werde der Buddhismus an keiner Stelle verächtlich gemacht. Er werde nur als etwas anderes geschildert als das, woran der Vater glaube.

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Name des Piloten darf genannt werden

Die Hintergründe des Germanwings-Absturzes im Frühjahr 2015 sind Thema in einer Regionalzeitung. Sie veröffentlicht eine Seite mit mehreren Beiträgen zu dem tragischen Unglück. Der zentrale Artikel auf der Seite steht unter der Überschrift „Wenn alle Ordnung zerbricht“. Er unternimmt den Versuch, aus einer Beschreibung der Heimatstadt des Todespiloten, Montabaur, und des Eindrucks des Wohnumfeldes eine Erklärung für das Verhalten von Andreas L. abzuleiten. In einem weiteren Artikel unter der Überschrift „Viele Fragen sind noch offen“ wird aufgezählt, wo und wie möglicherweise weitere Erkenntnisse zu dem Absturz gewonnen werden könnten. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Redaktion den vollen Namen des Co-Piloten nennt. Er hinterfragt den Zweck dieser Namensnennung und weist auf die Folgen hin, die dies für die Familie des Andreas L. habe. Eine so personalisierte Berichterstattung über den Täter im Zusammenhang mit seinem Suizid und dem damit verbundenen Tod von 148 Flugzeuginsassen sei außerdem dazu geeignet, potentielle Nachahmer zu animieren. Die Chefredaktion der Zeitung meint zu der Beschwerde, es werde sich niemals mit absoluter Gewissheit aufklären lassen, was an Bord von 4U9525 wirklich geschehen sei. Alle mittlerweile gewonnenen Erkenntnisse deuteten jedoch darauf hin, dass der Co-Pilot Suizid begangen und 148 Menschen mit in den Tod gerissen habe. Schon in der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Marseille unmittelbar nach der Katastrophe sei der Co-Pilot durch die Nennung seines Namens, seines Alters und seins Wohnortes zu einer Person der Zeitgeschichte geworden. Das Unglück mit 149 Toten habe weltweit Aufsehen erregt mit einer schon jetzt historischen Dimension. Im Interesse der Öffentlichkeit und der Wahrheitsfindung sei es unerlässlich gewesen, zu berichten, wer für die Tat verantwortlich gewesen sei. Somit läge kein Verstoß gegen presseethische Grundsätze vor.

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Herangerückt und dann das Handy geklaut

Eine Regionalzeitung berichtet über einen Handy-Diebstahl. Überschrift: „Mann bedrängt 15-Jährige in (…) Tram – Handy geklaut“. Der Autor schreibt: „Der Mann war der Polizei zufolge mit einer Gruppe von Freunden eingestiegen, alle im Alter von 20 bis 28 Jahren und ausländischer Herkunft.“ Der Mann sei an das Mädchen herangerückt und habe ihm an den Arm gegriffen. Die junge Frau sei in einen anderen Teil der Tram zu einer Bekannten gegangen. Nachdem beide ausgestiegen seien, hätte das Mädchen den Verlust seines Handys bemerkt. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – vermutet einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Ohne Grund habe die Zeitung die Bezeichnung „ausländische Herkunft“ verwendet. Dies sei für die Berichterstattung über den Diebstahl unerheblich. Der Chefredakteur nimmt Stellung. Die beanstandete Passage sei der Polizeimeldung entnommen worden und bedauerlicherweise aufgrund eines Versehens in die Zeitung geraten. Sie sei aus dem Internet-Angebot der Zeitung gelöscht worden.

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Der Nutzer merkt nichts von der Werbung

Ein für Mütter eingerichtetes Internet-Portal veröffentlicht einen Beitrag über Homöopathie. Die Überschrift lautet: „Diese acht Sätze können Fans von Homöopathie nicht mehr hören!“ Die Vorurteile werden genannt. Gleichzeitig wird ihnen widersprochen. In der Dachzeile heißt es: „PARTNERINHALT: Wir danken unserem Partner DHU für die folgenden Inhalte“. Bei DHU handelt es sich um die Deutsche Homöopathische Union, einen Hersteller von homöopathischen Präparaten. Ein Nutzer des Online-Portals bezeichnet die Veröffentlichung als Werbung, die nicht als solche erkennbar ist. Der Hinweis auf einen „Partnerinhalt“ und die Autorenschaft der DHU reiche nicht aus, um dem Laien den Werbecharakter der Veröffentlichung zu verdeutlichen. Dem widerspricht eine Vertreterin des Internet-Portals. Gerade die angegebenen Merkmale der Berichterstattung verdeutlichten den werblichen Charakter in ausreichendem Maße. Der Nutzer merke auf den ersten Blick, dass die nachfolgenden Inhalte nicht journalistisch unabhängig erstellt worden seien, sondern direkt vom Hersteller von homöopathischen Präparaten stammten.

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„Unzulässige Verdachtsberichterstattung“

Konflikte in einem Jugendheim beschäftigen die Justiz. Die Regionalzeitung berichtet über mutmaßliche Misshandlungen. Ehemalige Bewohner der Einrichtung hätten Strafanzeige gegen die Betreiber gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses. Die Zeitung zitiert die Mutter eines Mädchens, das in der Einrichtung untergebracht war und einen ehemaligen Mitarbeiter des Heims. Ihre Namen sind im Text verfremdet. Die Zeitung schreibt, die Betreiber hätten die Vorwürfe zurückgewiesen. Einer der Geschäftsführer der privaten Einrichtung, der im Text namentlich genannt wird, habe zunächst ein Treffen mit einem Vertreter der Zeitung zu einem klärenden Gespräch zu- und dann aber abgesagt. Der Geschäftsführer hält die Berichterstattung für nicht objektiv. Die Redaktion bekommt eine E-Mail des Anwalts des Heimbetreibers, in der der Zeitung unzulässige Verdachtsberichterstattung vorgeworfen wird. Beschwerdeführer ist die Leitung des Jugendheims. Sie spricht ebenfalls von unzulässiger Verdachtsberichterstattung über „ein inszeniertes Ermittlungsverfahren“, in dem noch keine Anklage erhoben worden sei. Eine Strafanzeige sei nicht ausreichend, um eine Verdachtsberichterstattung zu rechtfertigen, da eine Strafanzeige ungeprüfte Vorgänge betreffe. Die Aussagen der im Text erwähnten anonymen Zeugen werden in der Beschwerde als „unrichtig“ bezeichnet. Der namentlich genannte Geschäftsführer werde in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Behauptung der Zeitung, der Geschäftsführer habe ein Treffen abgesagt, sei unwahr. Dem Betroffenen sei entgegen vorheriger Zusicherung der Anwälte der Zeitung keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Presserat beschränkt das Verfahren auf die Prüfung, ob die Darstellung des abgesagten Treffens zutreffend ist und ob der genannte Geschäftsführer hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen der Redaktion erhalten hat. Im Übrigen liegt kein Verstoß gegen den Pressekodex vor. Die Chefredaktion berichtet, bei dem beanstandeten Text handele es sich um die erste investigative Arbeit einer Volontärin, das von der Chefredaktion und einem Volontärbetreuer intensiv begleitet worden sei. Der Beschwerdeführer habe der Autorin schon im Vorfeld der Veröffentlichung gedroht. Die Redaktion habe sich deshalb vor der Veröffentlichung anwaltlich beraten lassen und einige Passagen verändert. Ein vorbeugendes Unterlassungsbegehren des Beschwerdeführers habe man zurückweisen lassen. Die Autorin des Artikels habe sich – so der Chefredakteur weiter – selbstverständlich bemüht, auch die Sichtweise der Betreiber der Jugendeinrichtung gründlich zu erforschen. Ein verabredetes Treffen sei kurzfristig von der Heimleitung abgesagt worden. Stattdessen habe deren Anwalt die Redaktion per E-Mail angeschrieben. Darin enthalten gewesen seien Drohungen, Belehrungen und Unterlassungsbegehren.

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Ein OB-Kandidat bleibt außen vor

Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung startet eine Umfrage. Dabei geht es um Wünsche und Erwartungen der Bürger an den neuen Oberbürgermeister der Stadt, in der die Zeitung erscheint. Dessen Wahl steht unmittelbar bevor. Drei der OB-Kandidaten werden genannt, ein vierter nicht. Ein Vertreter der Partei, deren Kandidat nicht genannt worden ist, wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht darin eine unwahrhaftige Berichterstattung und teilt mit, dass der vierte Kandidat von der Redaktion auch in der übrigen Berichterstattung nicht erwähnt werde. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass die Redaktion selbstverständlich auch auf den vierten Kandidaten in diversen Berichterstattungen aufmerksam gemacht habe. Er legt entsprechende Veröffentlichungen vor. Das redaktionelle Konzept – so schreibt der Chefredakteur in seiner Stellungnahme weiter – sehe allerdings vor, dass nicht alle Kandidaten gleichrangig behandelt werden könnten. Man habe sich zur Leitlinie gemacht, besonders Bewerber in den Vordergrund zu stellen, die von einer Fraktion im Gemeinderat getragen würden. Dies treffe nur auf drei der vier Bewerber zu. Deshalb habe die Redaktion über den vierten Kandidaten nicht so ausführlich berichtet.

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