Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet über einen schweren Motorradunfall. Zum Artikel gestellt ist eine Bildstrecke. Sie zeigt Rettungskräfte bei ihrer Arbeit am Unfallort und beschädigte Fahrzeuge. Auf einem der Bilder ist das Kennzeichen eines der beteiligten Motorräder zu erkennen. Dessen Fahrer sei bei dem Unfall verletzt worden. Ein anderes Bild zeigt Motorradstiefel, die deren Träger entweder bei dem Unfall verloren habe oder die ihm von den Rettungskräften ausgezogen worden seien. Eine Leserin der Zeitung sieht einen Verstoß unter anderem gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex, in der der Opferschutz geregelt ist. Sie stört sich daran, dass die Kennzeichen der am Unfall beteiligten Fahrzeuge teilweise nicht unkenntlich gemacht worden seien. Die Zeitung zeige auch Opfer während der medizinischen Versorgung. Dabei sei davon auszugehen, dass eine Einwilligung der Beteiligten zur Veröffentlichung nicht vorgelegen habe. An der bildlichen Darstellung der Versorgung der Verletzten bestehe kein öffentliches Interesse. Zu der Beschwerde nimmt der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung Stellung. Der beschriebene Unfall habe seinerzeit größte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gefunden. Die Online-Ausgabe habe, anders als die gedruckte Zeitung, mit einer Bilderstrecke berichtet. Bei der Fotoauswahl würden in der Redaktion strenge Maßstäbe gelten, an die man sich auch in diesem Fall gehalten habe. Verletzte oder Verstorbene würden nicht gezeigt. Auch verzichte man auf Bilder mit abgedeckten Verstorbenen oder Fotos, die den Abtransport von Särgen zeigten. Diese Grundsätze seien auch in diesem Fall befolgt worden. Die Erkennbarkeit des Kennzeichens auf einem der Fotos führe nicht zur Identifizierbarkeit des Fahrers. Die Abbildung der Stiefel, die weder beschädigt noch gar blutverschmiert seien, diene lediglich der „Symbol-Illustration“, um Folgen des Unfalls zu beschreiben.
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Einem Polizeibeamten wird vorgeworfen, ausgerastet zu sein, als er mit einer Falschparkerin aneinandergeraten sei. Er soll die Frau mit seiner Dienstwaffe bedroht haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm auch vor, einen jungen Kollegen zu einer Falschaussage angestiftet zu haben. Die örtliche Zeitung berichtet, dass der Mann zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden sei. Ein Leser der Zeitung vermutet einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Der Polizist sei wegen angeblicher Androhung des Schusswaffengebrauchs verurteilt worden. So habe die Zeitung auch früher berichtet. Die Zeitung berichte jetzt aber von einer Verurteilung wegen Bedrohung mit einer Dienstwaffe. Das sei ein großer Unterschied. Außerdem sei im Prozess festgestellt worden, dass ein Polizeianwärter vor dem Amtsgericht falsch ausgesagt haben soll. Die Behauptung der Zeitung, er sei durch den Polizisten dazu angestiftet worden, entbehre jeglicher Grundlage. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung sieht keinen Grund, die Korrektheit der Berichterstattung in Zweifel zu ziehen. Entscheidend sei für den Autor des Beitrages die Quintessenz, die die Richterin gezogen habe: Ein Polizeibeamter, der unbescholtene Bürger drangsaliere, eine Falschparkerin mit einer Schusswaffe bedrohe und dann auch noch einen jungen Kollegen zu einer Falschaussage vor Gericht anstifte, der schade der Polizei. Soweit die Urteilsbegründung. Die Richterin sehe also eine Bedrohung mit einer Schusswaffe. Es gehe nicht darum, ob die Waffe gezielt auf eine Person gerichtet worden sei. Das sei im Text auch nie behauptet worden, fährt der stellvertretende Chefredakteur fort. Es gehe darum, dass ein Polizist gedroht habe, mit seiner Dienstwaffe zu schießen. Das sei in diesem Fall eine Nötigung. Eine Verurteilung wegen angeblicher Androhung des Schusswaffengebrauchs, wie sie der Beschwerdeführer erwähne, gebe es nicht. Der stellvertretende Chefredakteur schließt seine Stellungnahme mit dem Hinweis, dass die Redaktion zutreffend und in Bezug auf den Verurteilten zurückhaltend berichtet habe. Keinesfalls werde durch die Berichterstattung ein ganzer Berufsstand in Misskredit gebracht.
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Ein Betrugsfall ist Thema in einer Regionalzeitung. Überschrift des Artikels: „An Haustür überrumpelt: Dachdecker wollten 6800 Euro“. Die Arbeiter hätten von einer 55-jährigen Frau für die Erneuerung der Dachrinne 6800 Euro verlangt. Dabei habe die Frau – so die Zeitung – gar nicht um die Arbeit gebeten. Sie sei an der Haustür von den Unbekannten überrumpelt worden. Auf dem Weg zur Bank sei die Frau misstrauisch geworden und den begleitenden Männern gesagt, sie habe die Polizei verständigt. Daraufhin seien sie geflüchtet. Die Zeitung teilt mit, bei „reisenden Dachdeckern“ handele es sich nach Darstellung der Polizei um Betrüger im Zusammenhang mit Reparaturarbeiten an Dächern, die überteuert, unfachmännisch oder gar nicht ausgeführt würden. Ein Vertreter des Berufsverbandes unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker kritisiert, in dem Beitrag werde in unzulässiger Weise vor der Berufsgruppe der reisenden Dachdecker und ausdrücklich vor einer Auftragsvergabe an der Haustür gewarnt. Die Zeitung behaupte außerdem, bei reisenden Dachdeckern handele es sich um Betrüger. Diese Formulierung sei eindeutig zu pauschal und verletze die Persönlichkeitsrechte von reisenden Dachdeckern. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung hält es für völlig rechtens und in Ordnung, dass seine Zeitung generell vor schnellen, also nicht geplanten Vertragsabschlüssen warne. Diese Verbraucherhinweise sollten insbesondere ältere Menschen vor einer Überrumpelung an Haustür oder Gartenzaun schützen. In ähnlicher Weise habe sich auch die Polizei mehrfach geäußert. Mit diesen Hinweisen werde in keiner Weise irgendeine Berufsgruppe diskriminiert. Im Bericht habe der Autor nicht von allen reisenden Handwerkern geschrieben, sondern – in Anführungszeichen gesetzt – von „reisenden Dachdeckern“. Gemeint gewesen seien Kriminelle, die vorgäben, echte Handwerker zu sein. Weder Polizei noch Zeitung hätten die Absicht, alle Wanderarbeiter zu diskriminieren. Sie beziehe sich bei ihrer Warnung auf einen konkreten Fall.
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An einer geplanten Asylbewerberunterkunft entzünden sich die Gemüter. Ein regionaler Blog berichtet über Demonstrationen von Asylanten-Gegnern und Gegendemonstrationen eines Vereins, dessen aktive Mitglieder und Sympathisanten zuweilen durch verfassungsfeindliche Äußerungen auffallen. Diese richteten sich vor allem gegen die Polizei und das vom Grundgesetz geschützte Recht auf Versammlungsfreiheit. Gewalt werde verharmlost und als „legitim“ betrachtet, sofern diese gegen „Nazis“ gerichtet werde. Problematisch sei es – so heißt es weiter in dem Blog – dass auch Stadträte und Verwaltungsangestellte und somit offizielle Vertreter der Stadt, deren Namen die Organisation im Titel führt, ein Klima der Gewaltbereitschaft schafften und die Polizei diskreditierten. Der Blog zählt einige dieser Personen auf und fährt fort: „Diese Personen äußern sich überwiegend nicht verfassungsfeindlich, distanzieren sich aber auch nicht von entsprechenden Äußerungen oder Handlungen…“. Ein Stadtrat wird zitiert. Der habe eine Körperverletzung gegen einen AfD-Stadtrat gerechtfertigt. Der Mann sei „selbst schuld“, wenn er an einer Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit teilnehme. Ein Beschwerdeführer führt aus, der Blog betreibe einen persönlichen Rachefeldzug an etlichen Personen des Vereins. Auslöser der Diskreditierungen, Beleidigungen und Gewaltandrohungen sei die Tatsache gewesen, dass man das Demonstrationsrecht hochhalte und nicht gegen Gesetze verstoße. Bei einer Demonstration habe der Verein einige Personen zugelassen, die versprochen hätten, sich ordnungsgemäß zu verhalten. Dies sei dem Autor ein Dorn im Auge gewesen. Die Schriftführerin des Vereins bemängelt, der Autor unterstelle ihr rechtswidrige Handlungen. Die von ihm unterstellten Zitate habe sie nicht geäußert. Der Chefredakteur des regionalen Blogs weist die Vorwürfe zurück. Es stehe außer Frage, dass einige der Organisatoren der Demonstration potenziell gewaltbereite Gruppen als offizielle Unterstützung zugelassen hätten. Dies habe der Autor problematisiert. Durch die Zulassung würden potenziell gewaltbereite Gruppen als quasi demokratisch legitimiert. In einer der beiden Beschwerden heiße es, es gebe „keine Belege und Verweise“. Das sei glatt und geradezu vorsätzlich hinterhältig gelogen.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den schweren Unfall eines jungen Mannes. Der war nach einer ersten Darstellung der Polizei zwischen zwei Straßenbahnwagen über die Kupplung hinweggesprungen, unter die anfahrende Straßenbahn geraten und zehn Minuten lang mitgeschleift worden. Die Zeitung druckt mehrere Fotos vom Unfallort. Eines davon zeigt eine Blutlache und einen Schuh des Opfers. Außerdem ist ein gepixeltes Foto des jungen Mannes zu sehen. Eine Zeichnung verdeutlicht das Geschehen. Die Bildunterschrift lautet: „So sieht die (…)-Zeichnerin den Moment vor dem Unfall. Kurz darauf wird Jan N. unter die Achse gezogen.“ Ein Leser der Zeitung hält die Bebilderung des Unfallberichts für unangemessen sensationell. Vor allem die Zeichnung habe keine Sachkenntnisse als Grundlage, sondern bediene offenkundig nur ein Sensationsinteresse. Es handele sich um eine voyeuristische Darstellung. Gäbe es Bildmaterial vom tatsächlichen Geschehen, hätte dieses niemals veröffentlicht werden können. Ähnlich verhalte es sich – so der Leser abschließend – mit dem Foto von der Blutlache und dem Schuh des Opfers. Die Rechtsabteilung der Zeitung verwahrt sich gegen die Vorwürfe. Die Zeichnung sei nach ersten Erkenntnissen der Polizei und Aussagen von Augenzeugen entstanden. Zunächst habe die Polizei vermutet, der junge Mann sei zwischen zwei Waggons hindurchgesprungen und dabei verunglückt. Einen Tag später habe der unter Schock stehende Freund des Opfers ausgesagt. Danach sei der Freund in Wahrheit neben der Straßenbahn gestolpert und seitlich unter die Bahn geraten. Nach dieser Wendung der Sachlage habe – so die Rechtsabteilung – die Redaktion die Zeichnung sofort aus dem Internet genommen. Von einer falschen Darstellung könne somit keine Rede sein. Die Zeichnung habe zunächst auch einen Nachrichtenwert gehabt und nicht lediglich einem voyeuristischen Interesse gedient.
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„Ex-Sprint-Star Katrin Krabbe“ trauert um Ehemann Michael Zimmermann“ titelt die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins. Sie berichtet, der Ehemann der ehemaligen Leichtathletin sei in einem Waldstück tot aufgefunden worden. Die Polizei gehe von einem Suizid durch eine Überdosis Insulin aus. Im Beitrag heißt es weiter: „Die beiden Söhne Bruno (19) und Aaron Zimmermann (16) sind talentierte Nachwuchshandballer. Der ältere gehört zur deutschen U20-Auswahl.“ Zwei Beschwerdeführer werfen der Redaktion einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte) vor. Die Nennung der Namen der beiden Söhne sei in keiner Weise nachzuvollziehen. Auf die derzeitigen Lebensumstände der Kinder hinzuweisen, sei ebenso unverständlich wie instinktlos. Die Kinder seien keine Personen des öffentlichen Lebens. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe weist die Vorwürfe zurück. Zimmermanns Tod sei im persönlichen Umfeld seiner Familie sehr schnell allgemein bekannt geworden, zumal seine Ehefrau eine bekannte ehemalige Sportlerin sei. In diesem Umfeld kenne man natürlich auch die Kinder. Katrin Krabbe sei wahrscheinlich die bekannteste Einwohnerin ihrer Heimatstadt Neubrandenburg (60.000 Einwohner). Die Redaktion gehe davon aus, dass für die Kinder durch die Berichterstattung keinerlei Nachteile entstanden seien. Seit dem Tod von Michael Zimmermann sei das Interesse an der Berichterstattung gesunken. Deshalb habe die Redaktion den Satz über die Kinder gestrichen.
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Eine Online-Zeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Unverschämt: Wie Flüchtlinge Griechenland-Touristen den Jahresurlaub verderben“. Der Beitrag, der zum größten Teil den Artikel einer englischen Zeitung zur Grundlage hat, beschäftigt sich mit der Flüchtlingssituation auf der griechischen Insel Kos. Dabei kommen Bewohner und Touristen, die ihren Urlaub auf der Insel verbringen, zu Wort. Sie äußern sich kritisch über die Flüchtlinge. Ein Leser der Zeitung hält die Überschrift für unangemessen und falsch. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass der Beitrag in Teilen ironisch gemeint sei. Insbesondere mit der Überschrift, aber auch mit einigen anderen Formulierungen, habe der Autor Fremdenfeindlichkeit, Alltagsrassismus und Rechtsextremismus mit dem Stilmittel der Ironie zum Ausdruck bringen und kritisieren wollen. Daher habe er völlig deplatzierte Formulierungen verwendet. Man habe eigentlich gedacht, dass dies nicht missverständlich sei. Sobald der Redaktion aber klar geworden sei, dass dies doch der Fall sein könne, habe man den Beitrag mit einem Zusatz versehen. In diesem sei auf die ironischen Elemente hingewiesen worden. Damit habe die Redaktion Klarheit geschaffen.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über einen Fall von Selbstjustiz in Guatemala. Eine 16-Jährige, die angeblich in einen Mord verwickelt sein soll, wird von einer Menschenmenge bei lebendigem Leib verbrannt. Ein Zeuge des Geschehens – so die Zeitung – habe die Tat mit seinem Handy gefilmt. Die Redaktion schildert, was auf dem Video zu sehen ist. Über den Beitrag kann das Video angeklickt werden. Es zeigt, wie das Mädchen verprügelt und mit Benzin übergossen wird. Zwei Leser der Zeitung werfen der Redaktion vor, mit ihrer unangemessen sensationellen Berichterstattung gegen den Pressekodex verstoßen zu haben. Die Begründung dieses Vorwurfs: Die Zeitung zeige die Ermordung eines Menschen. Die Rechtsabteilung der Zeitung widerspricht. Video und Wortberichterstattung seien nicht reißerisch, sondern zeigten die traurige Realität in Guatemala. Dort herrsche der Ausnahmezustand. Die Regierung sei überfordert, die Bevölkerung wütend, die Kriminalitätsrate außerordentlich hoch. Über diese Missstände informiere auch das Auswärtige Amt. Das Video zeige die Reaktion der Bevölkerung auf die Zustände. Allein in diesem Jahr habe es etwa 20 vergleichbare Vorkommnisse gegeben. So schockierend die Berichterstattung auch sei, so sei sie doch nicht sensationsheischend. Ziel sei es, durch den Aufschrei, den die Veröffentlichung ausgelöst habe, Veränderungen herbeizuführen. Die Hoffnung, durch internationale Aufmerksamkeit die guatemaltekischen Behörden zum Handeln zu bewegen, bleibe bis zuletzt. Die Redaktion habe sich bewusst zur Verpixelung des Opfers entschieden und auf die Szenen, die die Verbrennung des Mädchens zeigen, verzichtet.
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Eine 29-jährige Frau wird in einem Tierpark von einem Löwen angefallen und getötet. Darüber berichtet die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung unter der Überschrift „Hier tötet eine Löwin Katherine Chappell (29).“ Mehrere Fotos zeigen den Vorgang und in Form von Porträtaufnahmen die Frau. Am Ende der Veröffentlichung erhält der Leser die Möglichkeit auszudrücken, was er bei der Lektüre des Artikels und dem Anschauen der Bilder empfindet. Er hat die Antwortmöglichkeiten „Lachen“, „Weinen“, „Wut“ „Staunen“ und „Wow“. Eine Nutzerin der Ausgabe hält die Überschrift, die Fotos und die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten für menschenverachtend und unangemessen sensationell. Der Presserat erweitert die Beschwerde im Hinblick auf eine mögliche Verletzung der Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, bei der Getöteten habe es sich um eine Mitarbeiterin der TV-Serie „Games of Thrones“ gehandelt. Damit habe das Ereignis eine zeitgeschichtliche Relevanz besessen. Somit sei auch die Veröffentlichung der Fotos presseethisch zulässig. Auch der Text des Beitrages sei nicht zu beanstanden. Der Chefredakteur rechtfertigt das sogenannte „Moodtagging“ mit den diversen Antwortmöglichkeiten. Damit könne der Leser seine Stimmung zu dem jeweiligen Beitrag ausdrücken und auch die anderer Leser ablesen. Dass die Kategorie „Lachen“ nicht zu jedem Artikel passe, möge sein. Die entsprechende Auswahl erfolge durch die Leser und nicht durch die Redaktion. Der Chefredakteur beruft sich auf das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, wonach der Leser das Recht habe, sein Empfinden zu dem jeweiligen Artikel zu äußern.
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Ein Tiroler (24) hängt für seine deutsche Freundin (32) eine Hängematte auf und befestigt sie an einem Baum und an der Säule einer Heiligenstatue. Die Säule gibt nach und erschlägt die Frau. Die Polizei wird mit der Information zitiert, bei den beiden habe sich um ein Liebespaar gehandelt. Gegen den Mann werde wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. So berichtet eine Boulevardzeitung online über den Fall unter der Überschrift „Heiligenstatue erschlägt Frau (32) in Hängematte“. Die Dachzeile lautet: „“Beim Sex?“ Eine beigestellte Zeichnung zeigt das Paar in der Hängematte liegend, als die Säule der Statue schon zu kippen beginnt. Die Frau hebt abwehrend ihre Arme. Ein Text erläutert die Zeichnung: „So sieht der (…)-Grafiker den Unfall. Das Liebespaar liegt in der Hängematte, die zwischen Baum und Säule gespannt ist. Da kracht die Säule aus der Verankerung.“ Ein Foto zeigt die Heiligenstatue samt Säule vor dem Unfall. Im erläuternden Bildtext wird mitgeteilt, dass die Statue dem heiligen Joachim gewidmet ist, dem Schutzpatron der Eheleute, Schreiner und Leinenhändler. Ein Nutzer der Online-Ausgabe kritisiert die nach seiner Ansicht unangemessen sensationelle Berichterstattung. Er meint vor allem die Illustration, die den Augenblick des Todes der Frau darstellen solle. Der Vorgang des Sterbens sei spekulativ und für die Berichterstattung unerheblich. Er sehe einen Verstoß gegen Richtlinie 11.1 (Unangemessene Darstellung) des Pressekodex. Dazu trage auch die Dachzeile „Beim Sex?“ bei. Die Berichterstattung gebe die Frau nach ihrem Tod der Lächerlichkeit preis. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Nur in der Dachzeile und dort mit Fragezeichen sei von Sex die Rede. Im Hinblick auf die Zeichnung stellt sie fest, dass diese für das Verständnis des Geschehenen durchaus wichtig sei, da sie dem Leser ermögliche, sich eine Vorstellung vom Unglücksort zu machen. Die Zeitung sei nicht nur ihrer Informationspflicht nachgekommen, sondern habe auch den Versuch unternommen, ähnlichen und künftigen Unglücksfällen vorzubeugen. Von dem bevorstehenden Unglück zeuge in der Illustration allein der angedeutete Einsturz der Säule. Es werde niemand der Lächerlichkeit preisgegeben. Auch werde nicht der Moment des Todes abgebildet.
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