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Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

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Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Wettbewerb mit Holocaust-Karikaturen

Im Iran wird ein Karikaturenwettbewerb veranstaltet. Gewinner sind jene Zeichner, die sich „am besten“ über den systematischen Mord an sechs Millionen Juden durch die Nazis lustig machen, den Holocaust leugnen oder zumindest relativieren. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über die Aktion. Danach winkt dem Zeichner, der „die beste“ judenfeindliche Karikatur abliefert, eine Prämie von 12.000 Dollar. Für den zweiten und dritten Platz verspreche der Veranstalter – ein Kulturzentrum der Mullahs - 8.000 bzw. 5000 Dollar. Die Ausrichter begründeten den Wettbewerb mit dem Abdruck einer Mohammed-Karikatur in der französischen Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“. Dieser Veröffentlichung seien die brutalen islamistischen Anschläge von Paris gefolgt. Am Ende des Artikels heißt es: „Der damalige iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte den Holocaust als Erfindung der Juden bezeichnet – und wüste Drohtiraden ausgesprochen: Ahmadinedschad sagte, er wolle Israel vernichten und die Atombombe bauen.“ Ein Leser der Zeitung sieht durch den Artikel in der Boulevardzeitung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Laut der Ausschreibung zu dem Karikaturenwettbewerb werde nur die Frage gestellt, warum man als Historiker nicht über den Holocaust forschen dürfe. Dass „ein Holocaust“ stattgefunden habe, werde auch im Iran nicht geleugnet. Lediglich dessen Instrumentalisierung werde im Iran in Frage gestellt. Nicht „die Mullahs“ hätten den Wettbewerb veranstaltet, sondern eine bestimmte Einrichtung. Die Ausschreibung enthalte keinen Hinweis auf die Anschläge von Paris bzw. die Karikatur in der Zeitschrift „Charlie Hebdo“. Schließlich teilt der Beschwerdeführer mit, die Ahmadinedschad zugeschriebenen Äußerungen seien so nicht gefallen. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist sämtliche Vorwürfe des Beschwerdeführers als unzutreffend zurück. Die Leugnung des Holocausts durch die iranische Führung stehe außer Frage. Vor allem der zitierte Ex-Präsident habe in seiner Amtszeit mehrmals den millionenfachen Mord an den Juden „als Märchen“ bezeichnet. Die Zeitung belegt auch den Zusammenhang mit den Mohammed-Zeichnungen der Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo. So habe der Veranstalter des Karikaturen-Wettbewerbs diesen auf einer Pressekonferenz als Protest gegen deren Titelseite bezeichnet. Der Justiziar merkt an, dass der Beschwerdeführer es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht habe, im Internet zum Boykott gegen die Zeitung und ihren Verlag aufzurufen. Auf seiner Facebook-Seite spreche er davon, dass man dem Verlag „jeden einzelnen Ast absägen“ müsse, „Stück für Stück“.

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„Im Rahmen der ethischen ´Leitplanken´“

„Atemlos Shoppen!“ titelt eine Illustrierte. Es geht um Helene Fischer und ihre bei einem Kaffeeröster erhältliche Mode- und Schmuckkollektion. Die Produkte werden im Bild und mit Preisangabe beschrieben. Am Ende des Beitrages steht ein Hinweis auf das Datum des Verkaufsstarts und die Webseite der Kaffee-Kette. Ein Professor – beruflich im Medienbereich unterwegs – sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung im Sinne der Ziffer 7 des Pressekodex. Mehrfach werde der Anbieter genannt. Der Text enthalte werbliche Formulierungen. Die Angabe von Preisen, Bezugsquellen und Produktabbildungen überschreite die Grenze zur Schleichwerbung. Für den Artikel sei PR-Material verwendet worden. Der ganze Beitrag habe keinerlei Nachrichtenwert. Die Chefredaktion der Illustrierten meint, der Beitrag halte sich im Rahmen des öffentlichen Interesses bzw. des Informationsinteresses der Leser. Diese sähen in Helene Fischer den größten deutschen Popstar, über den sie alles wissen möchten. Das wahrscheinlich größte Interesse beziehe sich dabei auf Mode-Fragen. Für viele Menschen sei es ein Ereignis, wenn Helene Fischer eine eigene Mode- und Schmuckkollektion auf den Markt bringe. Buchstäblich Millionen von Fischer-Fans wollten wissen, wie die Gegenstände aussähen, die unter ihrem Namen angeboten würden. Die Texte seien nicht werblich gehalten, sondern allenfalls wohlwollend. Die Nennung des Kaffeerösters sei geboten, da die Ware ausschließlich bei ihm zu kaufen sei. Insgesamt halte sich der Beitrag im Rahmen der presseethischen „Leitplanken“.

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Brite tötet pädophilen Deutschen

Ein pädophiler Deutscher wird von einem Briten in einer Ferienanlage zu Tode geprügelt, weil er dessen Tochter gefilmt hat. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Vorfall. Der Brite habe das spätere Opfer zur Rede gestellt, nachdem er auf dessen I-Pad kinderpornografische Filme gefunden habe. Er habe ihn niedergeschlagen. Der Mann sei dabei so schwer verletzt worden, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste. Dort sei er gestorben. Die Zeitung berichtet weiter, bei einer Durchsuchung des Opfer-Hauses seien 150 Dateien mit pädophilen Aufnahmen von Mädchen im Alter von acht bis zwölf Jahren auf seinem Computer gefunden worden. Die Polizei habe den Deutschen deshalb zeitweise festgenommen. Der Brite sei in Untersuchungshaft. Er müsse sich wegen Totschlags vor Gericht verantworten. Die Redaktion erwähnt den Deutschen mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen, Alter und Beruf. Der Brite und seine Freundin werden mit vollem Namen und Alter genannt. Der Artikel ist mit zwei Fotos illustriert. Auf dem einen ist der Deutsche zu sehen, wie er ein etwa dreijähriges Mädchen auf dem Arm hält, dessen Gesicht verpixelt ist. Das andere ist ein Porträtfoto des mutmaßlichen Totschlägers. Ein Leser der Zeitung ist der Ansicht, dass der Beitrag die Persönlichkeitsrechte sowohl des Opfers als auch des Täters verletze, indem er beider Identität offenlege. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die identifizierende Berichterstattung für zulässig. Es handele sich hier um einen „noch nie dagewesenen Fall“ von Selbstjustiz. Da der mutmaßliche Täter aus dem nichtdeutschen Sprachraum stamme, sei nicht zu befürchten gewesen, dass er durch die deutschsprachige Berichterstattung in seinem persönlichen Umfeld betroffen sein könnte. Außerdem sei die Tat in aller Öffentlichkeit geschehen. Auch die identifizierende Berichterstattung über den Deutschen sei gerechtfertigt gewesen. Der Fall sei deshalb bemerkenswert, weil das „Opfer“ zugleich Täter gewesen sei. Der Deutsche habe auf seinem I-Pad und auf seinem heimischen PC viel kinderpornografisches Filmmaterial gehortet. Auch habe der Verdacht nahegelegen, dass er – als er die Tochter des Täters gefilmt habe – zu einer schweren Straftat angesetzt habe. Da es sich jedoch nur um einen Verdacht gehandelt habe, habe die Redaktion bewusst auf die Nennung des Nachnamens verzichtet.

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Überschrift macht aus These eine Tatsache

Die Online-Ausgabe einer Wochenzeitung berichtet unter der Überschrift „Pegida verstärkt die rechte Gewalt“ über die Zunahme rechtsextremer Gewalttaten seit dem vierten Quartal 2014. In dieser Zeit sei beschlossen worden, viele Flüchtlinge aufzunehmen. Die AfD sei erstarkt, und in Dresden habe sich Pegida gebildet. Aus Sicht von Experten – so die Zeitung weiter – würden sich Rechtsextreme durch die hohe öffentliche Aufmerksamkeit bestärkt fühlen. Sie gäben vor, zu vollziehen, was das Volk wolle. Nach Zählungen von Pro Asyl und der Amadeu Antonio-Stiftung sei die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten deutlich höher, als es sie amtlichen Zahlen zufolge sei. In der Statistik fehlen zum Beispiel Fälle wie ein Brandanschlag auf drei Häuser im bayerischen Vorra, in denen Flüchtlinge untergebracht werden sollten. Der Artikel beginnt mit einem Fallbeispiel. Danach soll ein Wachmann in einem Flüchtlingsheim ein Zimmer unaufgefordert betreten haben, woraufhin er angegriffen worden sei. Diesen Angriff soll der Wachmann mit „Scheiß-Asylanten“ beantwortet haben. Die Schuldfrage in diesem Fall sei noch nicht geklärt. Nach Ansicht eines Lesers der Zeitung versucht der Autor des Textes, einen Zusammenhang zwischen Pegida und angeblich ausländerfeindlichen Taten herzustellen. Die Zeitung nenne zum Teil nicht aufgeklärte Vorkommnisse. Dennoch würden sie als Beispiele für rechte Gewalt herangezogen. Der Autor versuche, einen Zusammenhang zwischen dem Pegida-Bündnis und fremdenfeindlichen Taten herzustellen. Der Artikel beruhe lediglich auf Thesen. Er hätte als Meinungsbeitrag gekennzeichnet werden müssen. Der Beschwerdeführer sieht mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Der Beschwerdeausschuss beschränkt das Verfahren auf einen möglichen Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Rechtsvertretung der Zeitung weist auf einen Zusammenhang zwischen einem veränderten gesellschaftlichen Klima und der Zunahme von rechter Gewalt hin. Der beanstandete Beitrag beleuchte Entwicklungen wie die Gründung von Pegida und national-konservativen Strömungen innerhalb der AfD. In dem Zeitraum, in dem bei Pegida-Kundgebungen bis zu 25000 Menschen auf die Straße gegangen seien und der national-konservative AfD-Flügel erstarkt sei, habe auch die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten gegen Asylbewerber und Flüchtlinge zugenommen. Diese Fakten würden von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in einem Zusammenhang gesehen. Die wachsende Zahl von Demonstrationen gegen Moslems erzeuge – so die Rechtsvertretung – ein gesellschaftliches Klima, in dem es Ausländerfeinde besonders leicht hätten. Die Überschrift „Pegida verstärkt die rechte Gewalt“ sei eine zulässige meinungsgeprägte Aussage. Sämtliche Quellen, Informationen und Statistiken, die der Beurteilung zugrunde gelegt worden seien, habe der Autor offengelegt. Von einem Verstoß gegen das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht könne demnach keine Rede sein.

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„Fans“ lassen Schwarzen nicht in U-Bahn

Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Hinweis auf ein Video unter dieser Überschrift „´Wir sind Rassisten, weil wir es so wollen´: Schockierendes Video: Fußballfans stoßen schwarzen Mann vor U-Bahn in Paris“. In der Dachzeile steht der Satz: „Wir können nicht glauben, was wir hier sehen!“ Der Link führt zu einem Artikel unter der Überschrift „Schockierendes Video: Fußballfans stoßen schwarzen Mann aus U-Bahn in Paris“. Im Text heißt es, ein afroamerikanischer Mann habe in die U-Bahn einsteigen wollen, sei aber von rassistischen Chelsea-Fans daran gehindert worden. Sie hätten ihn mehrfach zurückgestoßen. Entsetzte Zeugen hätten den Vorfall gefilmt. Im Artikel wird auf das Video verwiesen. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert die definitiv falsche Überschrift. Das sei der Redaktion auch bewusst, weil im Text der wahre Sachverhalt geschildert werde. Er äußert den Verdacht, dass die Überschrift mit Absicht so gestaltet worden sei, um möglichst viele Klicks zu generieren. Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins gibt dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die falsche Überschrift Recht. Ein Kollege habe bei der Texteingabe einen Fehler gemacht. Dieser sei schnell erkannt und beseitigt worden. Die neue Schlagzeile habe gelautet: „Fußballfans stoßen schwarzen Mann aus U-Bahn in Paris“. Bedauerlicherweise sei die falsche Überschrift bereits bei sozialen Netzwerken gelandet, was man nicht mehr habe rückgängig machen können. Die Redaktion bedauert den Fehler umso mehr, als ihr eine klare Positionierung bei Themen wie rassistischen Straftaten sehr wichtig sei. Man wolle die eigene Glaubwürdigkeit durch übertriebene oder irreführende Darstellungen nicht in Gefahr bringen. Vollkommen verfehlt sei die Annahme des Beschwerdeführers, die Redaktion habe bewusst eine falsche Überschrift gemacht, um ihre Klickzahlen zu erhöhen. Der Chefredakteur bittet den Presserat, den Vorfall als das zu bewerten, was er gewesen sei: Ein Versehen in der Alltagshektik eines Onlinemediums.

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Ein Foto regt weltweit Diskussionen an

Eine überregionale Tageszeitung beschäftigt sich mit dem Gefühl der Empathie, das die derzeitige Flüchtlingsdebatte beherrscht. Zum Beitrag gestellt ist ein Bild, das um die Welt ging. Es zeigt den vierjährigen syrischen Jungen Aylan, der auf der Flucht ertrank und dessen Körper am Strand des türkischen Bodrum angeschwemmt wurde. Der Junge ist von der Seite zu sehen. Weitere Bilder beschäftigen sich mit dem Projekt eines indischen Künstlers, der die Pose des am Strand liegenden Jungen nachgestellt hat. Außerdem berichtet die Zeitung über Demonstrationen und Aktivtäten von Menschen in aller Welt. Diese halten Plakate hoch, auf denen der tote Aylan zu sehen ist. Außerdem zeigt die Redaktion eine Szene aus dem US-Senat in Washington: Der Republikaner John McCain mit dem Bild des toten Jungen. Eine Leserin kritisiert die Veröffentlichung der Bilder des Ertrunkenen. Sie sieht ethische Grundsätze verletzt, so Ziffer 1 (Achtung der Menschenwürde), Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit) und Ziffer 11 (Unangemessen sensationelle Berichterstattung) des Pressekodex. Das vom Unglück betroffene Kind werde durch die Berichterstattung und die Veröffentlichung des Fotos noch einmal zum Opfer, diesmal eines der Neugier. Die Rechtsabteilung der Zeitung berichtet von ausführlichen Diskussionen innerhalb der Redaktion. Der Chefredakteur habe Lesern geantwortet, die sich mit diesem Problem an die Redaktion gewandt hätten. Auf der einen Seite habe die Frage gestanden, ob man einem Toten die Würde nehme, wenn man ihn in der Zeitung abbilde. Auf der anderen Seite sei es der Zeitung wichtig gewesen zu zeigen, welche Diskussionen das Foto ausgelöst habe. Ein Bild und seine Geschichte – da müsse das ursprüngliche Foto ebenso gezeigt werden wie Bilder, auf denen zu sehen ist, was die Abbildung rund um die Welt ausgelöst habe.

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Polizistin „schnüffelt“ auch im Rundfunk

Über eine verdeckt arbeitende Polizistin seien neue Details bekannt geworden. Das berichtet eine Tageszeitung. Danach soll das „Schnüffeln“ der Beamtin des Landeskriminalamtes von der Polizei einer Großstadt geleitet worden sein. Die LKA-Beamtin habe die autonome Szene unter einem Decknamen ausspioniert. Sie solle tief in die Strukturen der Szene eingedrungen sein und sich an verschiedenen Projekten beteiligt haben, so auch bei einem nicht kommerziellen alternativen Radiosender. Eine Abgeordnete der Linksfraktion hält dies für einen schweren Eingriff in die Pressefreiheit. Während der Tätigkeit der verdeckten Ermittlerin habe die Polizei eine Razzia im Sender durchgeführt, weil dieser unerlaubt zwei Mitschnitte von Telefongesprächen mit einem Polizeisprecher ausgestrahlt habe. Die Durchsuchung sei vom Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzbeschluss 2011 für verfassungswidrig erklärt worden. Der Artikel nennt Klar- und Tarnnamen der verdeckten Ermittlerin. Beschwerdeführer ist der Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei. Er wendet sich gegen die Namensnennung. Andere Medien, die über den Fall berichtet hätten, hätten den Namen abgekürzt oder einen anderen fiktiven Namen verwendet. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, diverse Zeitungen und Radiosender hätten über den Fall berichtet. Die Nennung des Klarnamens der Ermittlerin sei im Interesse der Öffentlichkeit, der Medien und der Mediennutzer nach vollständiger Aufklärung. Das Persönlichkeitsrecht und der Schutz der Privatsphäre der Beamtin seien dagegen abzuwägen. Wer sich aber mit falscher Identität und falschen Absichten Zugang zu einem großen Personenkreis verschaffe, müsse damit rechnen, aufzufliegen. Der Einsatz der Beamtin stelle einen Angriff auf Quellen- und Datenschutz, auf die Unabhängigkeit von Redaktionen und auf die Pressefreiheit schlechthin dar. Er sei vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft worden. Eine Aufklärung des ungeheuerlichen Vorgangs sei nur möglich, wenn auch der Klarname der handelnden Beamtin genannt werde. Der Versuch der Polizei, bzw. ihres Pressesprechers genau dies zu verhindern, sei an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Er diene dazu, diesmal nicht nur Journalisten eines alternativen Regionalsenders, sondern gleich bundesweit diverse Medien einzuschüchtern.

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Heftiger Streit um Wolfspopulation

„Wölfe jagen Spaziergängerin - Frau kollabiert“ – so überschreibt eine Jagdfachzeitschrift einen Bericht. Darin geht es um eine 59-jährige Frau, die mit ihren Hunden im Wald unterwegs gewesen und von mehreren Wölfen verfolgt worden sei. Die Spaziergängerin sei in Panik geraten und habe einen Nervenzusammenbruch erlitten. Sie sei von einem Notarzt versorgt worden. Ein Wolfsberater wird von der Zeitschrift zitiert. „Sieben Stück sollen es gewesen sein“ sagt er und meint damit Wölfe. Diese hätten die Frau und die sie begleitenden Hunde verfolgt und sich ihr bis auf wenige Meter genähert. Die Frau habe Angst bekommen und geschrien. Noch immer hätten die Wölfe nicht ihre „berühmt-berüchtigte“ Scheu abgelegt. Im Gegenteil: Sie hätten die Frau und ihre beiden Golden Retreiver auf Schritt und Tritt verfolgt. Die Spaziergängerin sei schließlich mit ihrem Wagen zu einem Nachbarn gefahren. Dieser habe sofort gesehen, dass die Frau Todesangst gehabt habe. Sie sei dann medizinisch versorgt worden. Die Zeitschrift setzt sich auch mit der Aussage des Wolfsberaters auseinander, der nicht glaubt, dass Wölfe für den Menschen gefährlich seien. Der Mann wird von der Redaktion als „Nichtjäger und Wolfsfreund“ bezeichnet. „Wenn der sich da mal nicht täuscht“, schreibt der Chefredakteur. Erstaunlich sei, dass die Polizei nicht informiert worden sei. Auch habe die regionale Landesjägerschaft keine Pressemitteilung herausgegeben. Das zuständige Landesamt für Naturschutz hülle sich gegenüber der Redaktion in Schweigen. Der Autor verspricht seinen Lesern, an der Sache dran zu bleiben. Beschwerdeführerin ist in diesem Fall die Pressesprecherin des Landesamtes für Naturschutz. Sie spricht von einem reißerisch aufgemachten Artikel der Jägerzeitschrift, der dem wahren Sachverhalt nicht gerecht werde. Diese habe die Sorgfaltspflicht grob verletzt. Auch die betroffene Frau habe sich von dem Artikel distanziert. Der Chefredakteur habe auch beim Landesamt recherchiert – zunächst telefonisch und dann – nach entsprechender Bitte - per E-Mail. Obwohl das Amt unverzüglich geantwortet habe, schreibe das Blatt, die Behörde hülle sich in Schweigen. Die Art der Anfrage und spätere Kommentare ließen vermuten, dass es der Jägerzeitschrift von Anfang an nicht darum gegangen sei, objektiv zu informieren. Vielmehr habe sie Stimmung machen wollen gegen die Rückkehr der Wölfe in diesem Bundesland. Der Chefredakteur rechtfertigt die Art seiner Berichterstattung und beruft sich dabei auf Aussagen des Wolfsberaters, mit dem er mehrfach gesprochen habe. Als Ergebnis seiner Recherchen stehe fest, dass er die Vorkommnisse im Wald korrekt wiedergegeben habe. Naturschutz-Landesamt und Polizei hätten sich mit Stellungnahmen tagelang Zeit gelassen. Sie hätten sich erst nach Erscheinen des Artikels geäußert. Das Landesamt sei politisch durch Nabu (Naturschutz-Bund) und Grüne unterwandert und bemühe sich, die Angst der Landbevölkerung vor einer sich immer weiter ausdehnenden Wolfspopulation zu ignorieren. Statt die wenigen Medien, die die Sorgen der Menschen auf dem Land ernst nehmen, mundtot machen zu wollen, sollten sich die öffentlichen Einrichtungen lieber Gedanken machen, wie sie der „marodierenden“ Wolfspopulation Herr werden können. Die Vorwürfe der Beschwerdeführerin seien politisch motiviert und spiegelten „mustergültig“ eine Ideologie des grünen Tugendfurors wider. Es werde mittlerweile versucht, Einfluss auf die Presse- und Meinungsfreiheit zu nehmen.

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Zwanzig Medikamente im Labor getestet

Eine Wochenzeitung berichtet gedruckt und online unter der Überschrift „Die Rache aus dem Stall“ über die Zunahme von Infektionen durch multiresistente Keime. Ursache sei die Massentierhaltung. Nach Darstellung der Zeitung sterben jährlich bis zu 15.000 Menschen an diesen Infektionen. In viehreichen Gebieten seien fast 80 Prozent der Landwirte von solchen gefährlichen Keimen besiedelt. Bauern kippten Antibiotika in das Trinkwasser der Tiere. Besonders betroffen von der Kolonisierung mit Keimen seien insbesondere Landwirte und Veterinäre, aber auch ökologisch lebende Naturfreunde, die Eier und Milch direkt auf Bauernhöfen kaufen. Die Zeitung berichtet vom Vorsitzenden der britischen Sepsis-Stiftung, der ein erschreckendes Szenario vorgestellt habe. Danach könnte die Zahl der Todesopfer durch bakterielle Infektionen um das Zehnfache steigen, nämlich innerhalb von drei Jahren auf eine Million. Das wäre ein nationaler Notfall, der mit einem Terrorangriff vergleichbar sei. Schuld sei das System, denn keine Lobby sei in Deutschland so mächtig wie die Agrarlobby. Im Text wird das Beispiel einer Patientin erwähnt, die wegen einer Harnwegserkrankung beim Arzt gewesen sei. Dieser habe erst ein Medikament, dann andere verschrieben. Insgesamt hätten 20 Medikamente nicht geholfen. Die Frau sei gestorben. In einem später veröffentlichten Leserbrief stellt der genannte Arzt klar, dass die Medikamente nicht nacheinander verschrieben worden seien. Vielmehr seien 19 Proben im Labor getestet worden, von denen nur eine verwendbar gewesen sei. Beschwerdeführer ist der Deutsche Bauernverband, der sich anwaltlich vertreten lässt. Er wendet sich gegen eine ganze Reihe von Behauptungen der Redaktion. Die Anmerkung der Zeitung, Bauern kippten Antibiotika ins Trinkwasser von Tieren, sei ehrverletzend. Dadurch werde der Eindruck erweckt, Bauern nähmen das Risiko von Erkrankungen bewusst hin. Die Gefahr durch multiresistente Keime werde unangemessen sensationell dargestellt. Die Passage über den Arzt, der einer später verstorbenen Patientin mehrere Antibiotika verschrieben habe, sei entweder falsch oder basiere auf unsachgemäßer Behandlung. Spätestens nach dem zweiten Medikament hätte ein Antibiogramm durchgeführt werden müssen. Die Rechtsvertretung der Zeitung beruft sich auf eine Untersuchung der Uniklinik Münster, der die Behauptung zugrunde liege, dass in viehreichen Regionen fast 80 Prozent der Landwirte mit gefährlichen Keimen besiedelt seien. Die vom Beschwerdeführer kritisierte Darstellung, dass Bauern Antibiotika an Tiere verabreichen und ins Trinkwasser kippen, sei eine Tatsache. Die Zeitung wehrt sich gegen den Vorwurf des Bauernverbandes, sie stelle sämtliche Bauern und Massentierhalter an den Pranger. An keiner Stelle habe die Redaktion geschrieben, dass „sämtliche“ Bauern sich falsch verhielten. Dass es aber Bauern gebe, denen dieser Vorwurf zu Recht zu machen sei, werde auch vom Bauernverband nicht bestritten.

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Leser sollen ein „NEIN!“-Selfie schicken

Eine Boulevardzeitung titelt gedruckt und online „NEIN! Keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen!“. Sie fordert ihre Leser auf, die Seite mit dem großen „NEIN!“ hochzuhalten, sich damit zu fotografieren und das Selfie dann an die Zeitung zu schicken. Insgesamt 18 Beschwerdeführer aus dem Leserkreis der Zeitung kritisieren die Berichterstattung und den damit verbundenen Aufruf an die Leser. Manche beschränken ihre Beschwerde auf den Aufruf. Einige Argumente der Beschwerdeführer: Es kann nicht Aufgabe der Medien sein, Außenpolitik zu machen. Die Berichterstattung der Zeitung ist schon seit einiger Zeit von unsachlichen Vorwürfen gegen Griechenland bzw. „die Griechen“ geprägt. Die Menschenwürde der Griechen wird massiv verletzt, so etwa mit der Formulierung von den „gierigen Griechen“. Die deutsche Bevölkerung wird aufgerufen, öffentlich ein ganzes Volks zu diffamieren. Die Zeitung hat zur Volksverhetzung aufgerufen, indem sie die Leser aufforderte, ein Selfie mit dem „NEIN!“ an die Redaktion zu schicken. Leser, die bei der Selfie-Aktion mitmachen, denken wahrscheinlich nicht daran, dass sie instrumentalisiert werden, um Hass und Hetze zu verbreiten. Die Zeitung berichtet schon seit längerem einseitig über die Griechenland-Krise. Offensichtlich sind sich Verlag und Journalisten nicht ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und ihrer Verantwortung für das Ansehen der Presse bewusst. Die Bezeichnung „gierige Griechen“ ist diskriminierend. Soweit die Argumente der Beschwerdeführer. Die Rechtsabteilung des Verlages bezeichnet Berichterstattung und Selfie-Aktion als Anregung an die Leser, sich mit dem Thema Griechenland-Rettung zu beschäftigen und ihre Meinung zu äußern. Es sei gewollt und für das Bestehen eines demokratischen Staates unerlässlich, dass sich der Bürger selbst politisch betätigt und durch seine Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit am demokratischen Willensbildungsprozess teilnimmt. Durch diese Aktion schaffe es die Redaktion auch eher, den Glauben an eine funktionierende Demokratie zu stärken, als durch eine bloße eindimensionale Berichterstattung. Insofern sei auch der Vorwurf von Stimmungsmache, Populismus „oder Versuch des direkten Einflusses auf die Politik“ nicht nachzuvollziehen. Die Zeitung bestreitet auch, das griechische Volk oder auch jeden Griechen in seinem Ansehen herabgesetzt zu haben. Vielmehr gehe es um wenige Eliten und die jeweiligen Mitglieder der griechischen Regierung, die immer wieder Rückzahlungen von Krediten versprochen hätten, ohne dass es bisher dazu gekommen sei. Dass die Zeitung bei diesem Thema differenzierend berichte und kommentiere, könne mit zahlreichen Beiträgen belegt werden.

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