Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6657 Entscheidungen

Begriff „taubstumm“ ist nicht zulässig

Das Landesbüro einer Nachrichtenagentur verbreitet eine Meldung unter der Überschrift „Landtagssitzungen im Internet für Blinde und Taubstumme optimiert“. Darin wird berichtet, dass in einem Bundesland ab sofort die Übertragungen der Landtagssitzungen zusätzlich mit Untertiteln und einem Dolmetscher für Gebärdensprache erfolgen. In diesem Fall ist der Deutsche Presserat der Beschwerdeführer. Aus seiner Sicht wird das Wort „taubstumm“ von Gehörlosen als diskriminierend aufgefasst. Darüber hinaus ist die Bezeichnung im vorliegenden Kontext nicht korrekt, da sich das Angebot an Gehörlose und Hörgeschädigte richtet. Gehörlose und Hörgeschädigte sind aber nicht in jedem Fall zwangsläufig auch unfähig zu sprechen. Die Gebärdensprache – so der Presserat weiter – ist nach Paragraf 6 des Behindertengleichstellungsgesetzes als Sprache anerkannt. Demnach sind Menschen, die ihre Stimme überhaupt nicht zur Verständigung nutzen können, durchaus in der Lage, sich mit Sprache zu verständigen. Die Rechtsvertretung der Nachrichtenagentur teilt mit, nach ihrem eigenen Regelwerk sei die Verwendung des Begriffs „Taubstumme“ für Menschen mit Hörbehinderung nicht zulässig. Sie bittet beim ursprünglichen Beschwerdeführer sowie bei allen Menschen, die sich durch die beanstandete Meldung beleidigt fühlen, um Entschuldigung. Es sei selbstverständlich nicht die Absicht der Redaktion gewesen, Gehörlose zu diskriminieren. Vielmehr habe die Agentur positiv über das Thema und die Möglichkeit zur barrierefreien Berichterstattung aus dem Landtag berichten wollen. Der Agenturvertreter bedauert es sehr, wenn dies nun den gegenteiligen Effekt gehabt haben sollte. Auch der verantwortliche Redakteur nimmt Stellung. Die Verwendung des Begriffs „Taubstumme“ hätte nicht passieren dürfen, doch seien auch bei der Agentur nur Menschen am Werk. Den bearbeitenden Kollegen sei die Problematik des Themas nicht bewusst gewesen. Der Fehler ärgere die Redaktion ungemein. Schließlich äußert sich auch der bearbeitende Redakteur. Es sei nicht seine Absicht gewesen, gehörlose Menschen abzuwerten oder zu beleidigen. Er sei lediglich auf der Suche nach einem Synonym gewesen, was ihm offensichtlich nicht gelungen sei. Künftig werde er mit dieser Thematik sensibler umgehen.

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Eine alte Dame um ihr Vermögen gebracht

Eine Regionalzeitung berichtet über einen Gütetermin vor der Zivilkammer eines Landgerichts. Einem Ehepaar wird vorgeworfen, die Freundschaft einer 86-Jährigen erschlichen und sie um rund zwei Millionen Euro in Form von Geld, Goldbarren, einer Eigentumswohnung und einem Hausgrundstück gebracht zu haben. Die alte Dame fordert diese Vermögenswerte nun vor Gericht zurück. Einige Wochen später berichtet die Zeitung über das Urteil. Dort heißt es unter anderem: „Nach dem Gütetermin mit sich abzeichnenden hohen Rückforderungen und vor dem Hintergrund eines Ermittlungsverfahrens kam es zu einer Verzweiflungstat: Der Mann nahm sich das Leben.“ Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Anwältin des Beklagten. Sie trägt den dem Gütetermin zugrundeliegenden Sachverhalt aus ihrer Sicht vor und ergänzt, gegen die Beklagte und ihren verstorbenen Ehemann sei aufgrund einer Anzeige der Klägerin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, das noch nicht abgeschlossen sei. Der Zeitungsbericht erwecke den Anschein, als gebe es ein Ermittlungsverfahren wegen der Behauptung, der verstorbene Beklagte habe die Klägerin umbringen wollen. Das sei nicht richtig. Der Artikel beinhalte zum Teil die Wiedergabe eines Sachverhalts als Tatsache, der weder in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gekommen sei noch im Zusammenhang mit den gegen die Beklagten geführten Ermittlungen stehe. Durch die Darstellung der Zeitung werde der Anschein erweckt, es handele sich um erwiesene Tatsachen und ihre Mandanten seien die Täter. Die Zeitung habe ihren Namen genannt, ohne dass dafür ein öffentliches Interesse bestanden habe. Dadurch würden ihre Mandanten identifizierbar. Außerdem würden ihre Mandanten durch die Art der Berichterstattung vorverurteilt. Später weitet die Anwältin ihre Beschwerde auf die Folgeberichterstattung aus. Die Interpretation des Suizids des Beklagten stehe der Zeitung nicht zu. Die Redaktion stelle die Selbsttötung so dar, als habe sich der Beklagte nach dem Gütetermin mit sich abzeichnenden hohen Rückforderungen und vor dem Hintergrund eines Ermittlungsverfahrens das Leben genommen. Nach Angabe der Frau des Beklagten sei vielmehr Auslöser für die Verzweiflungstat gewesen, dass der Beklagte sehr unter dem Gesichtsverlust wegen des Zeitungsberichts gelitten habe, was er offenbar nicht mehr habe ertragen können. Nach Ansicht der Anwältin hat der Journalist die Selbsttötung ohne nähere Kenntnis und Recherche so interpretiert, dass die in den Artikel verbreiteten Vorurteile bestätigt würden. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung: Die Nennung des Namens der Anwältin sei nicht zu beanstanden, da die Beschwerdeführerin in einer öffentlichen Hauptverhandlung als Prozessbevollmächtigte aufgetreten sei. Eine Identifizierung der Beklagten durch diese Namensnennung sei wohl kaum möglich. Entgegen der Behauptung der Anwältin habe die Redaktion keine identifizierenden Merkmale genannt, die über den ohnehin schon eingeweihten Kreis hinaus Rückschlüsse auf die Identität der Mandanten zuließen. Der Chefredakteur setzt sich mit allen Vorwürfen der Anwältin auseinander und kommt zu dem Schluss, dass die Beschwerde unbegründet sei.

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„Dem Himmel schon 60 Meter näher“

Eine Berliner Zeitung berichtet online unter der Überschrift „Drama am Alexa: Todessprung aus Gondel 22“ darüber, dass sich ein Mann das Leben genommen habe. Er habe sich aus einer Riesenrad-Gondel in den Tod gestürzt. Die Zeitung zeichnet die letzten Minuten im Leben des Mannes in Präsenz-Form nach. Sie bezeichnet ihn als „Rainer K. (58)“. Dem Bericht zufolge besteigt er die Gondel, fährt nach oben und wirft einen Blick auf die Stadt. „Dort oben“, schreibt die Redaktion, „ist Rainer K. dem Himmel schon 60 Meter näher.“ Dann habe sich der Mann von anderen Insassen der Gondel verabschiedet und sei gesprungen. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – kritisiert die ausführliche Darstellung des Suizids. Sie sei ein Verstoß gegen Richtlinie 8.7 des Pressekodex. Die Zeitung habe die darin gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Suizid-Fälle missachtet. Auch wenn sich der Vorgang in aller Öffentlichkeit zugetragen habe, dürfe keinesfalls beschrieben werden, wie leicht es dem Mann gewesen sei, sich das Leben zu nehmen. Im Gegensatz zum Beschwerdeführer glaubt der Justiziar der Zeitung, dass die Redaktion mit dem Suizid verantwortungsvoll und zurückhaltend im Sinne von Richtlinie 8.7 umgegangen sei. Es werde vollkommen sachlich berichtet. Der Artikel sei weder reißerisch noch sensationslüstern aufgemacht. Er beschreibe lediglich einen untergeordneten Teil des Suizid-Hergangs und halte sich dabei an die Fakten. Dass sich ein Mann aus dem Riesenrad am Alexanderplatz gestürzt habe, sei zum Zeitpunkt der Berichterstattung schon hinlänglich bekannt gewesen. Die Öffentlichkeit sei durch die Sperrung des Weihnachtsmarktes am Alexanderplatz unmittelbar betroffen worden. Sie sei zu einer Schweigeminute für den Toten aufgefordert worden. Damit habe ein Interesse der Bevölkerung bestanden, den Grund für Sperrung und Schweigeminute zu erfahren. Es sei auch wichtig für die Bevölkerung gewesen, zu erfahren, dass der Mann nicht etwa aus technischen oder sonstigen Gründen aus dem Riesenrad gestürzt sei, sondern den Freitod gewählt habe. Schließlich weist die Zeitung darauf hin, dass sie auf eine identifizierende Berichterstattung und Spekulationen über die Motive des Mannes verzichtet habe.

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Text und Anzeige wirken zusammen

Eine Fernsehzeitschrift berichtet unter der Überschrift „Wohlfühlen trotz Infekt“ über Kombipräparate zur Linderung von Erkältungskrankheiten. Die Redaktion weist auf die Empfehlung von Erkältungsforschern hin, die Mitteln mit den Wirkstoffen Paracetamol, Coffein und Chlorphenamin den Vorzug gäben. Die Wirkung dieser Stoffe wird im Beitrag kurz beschrieben. In einem Interview empfiehlt eine Apothekerin ein solches Präparat. Im direkten Umfeld des Artikels ist eine Anzeige für ein bestimmtes Erkältungsmittel platziert, das die beschriebenen Wirkstoffe enthält. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert einen Fall von Schleichwerbung: Der Artikel enthalte Werbung für das in der Anzeige vorgestellte Kombipräparat. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift stellt sich auf den Standpunkt, dass redaktioneller Text und Anzeige korrekt voneinander getrennt seien. Im Artikel werde kein einzelnes Präparat erwähnt, so dass keine Schleichwerbung vorliegen könne. Es werde lediglich über eine bestimmte Produktgruppe – die Kombipräparate – berichtet. Anlass dafür seien Empfehlungen von Erkältungsforschern sowie der Erfahrungsbericht der interviewten Apothekerin. Es würden auch nicht nur Vorteile von Kombipräparaten genannt. Vielmehr weise die Redaktion auch darauf hin, dass nicht jeder Medikamentenmix für jeden Patienten geeignet sei. Die Redaktion werfe auch die Frage auf, warum möglicherweise einzelne Mittel sinnvoller als Kombis seien. Einen Kaufanreiz für ein bestimmtes Präparat enthalte der Beitrag nicht. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass eine Anzeige in einem redaktionellen Umfeld platziert werde, das zu dem in der Anzeige dargestellten Produkt passe.

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Massiver Verstoß gegen das Trennungsgebot

Eine Zeitschrift berichtet über Kombi-Präparate zur Linderung von Erkältungskrankheiten. Forscher auf diesem Gebiet empfehlen nach Darstellung der Redaktion Mittel mit den Wirkstoffen Paracetamol, Coffein und Chlorphenamin. Diese Stoffe werden im Hinblick auf ihre Wirkung kurz beschrieben. Ein Apotheker empfiehlt im Interview ein solches Präparat. Dem Artikel beigestellt ist eine Anzeige, die die genannten Wirkstoffe enthält. Ein Leser der Zeitschrift sieht in der Kombination von Text und Anzeige einen Verstoß gegen das Trennungsgebot von redaktionellen und werblichen Inhalten nach Ziffer 7 des Pressekodex, also Schleichwerbung. Die Rechtsabteilung des Verlages hält der Beschwerde entgegen, dass die Anzeige klar vom Text abgegrenzt sei. Im Artikel werde kein einzelnes Präparat genannt, so dass schon deshalb kein Fall von Schleichwerbung vorliegen könne. Es werde lediglich über eine bestimmte Produktgruppe – die Kombi-Präparate – berichtet. Anlass dafür seien Empfehlungen von (Erkältungs-)Forschern, sowie der Erfahrungsbericht des interviewten Apothekers. Auch werde im Text darauf hingewiesen, dass nicht jeder Medikamentenmix für jeden Patienten geeignet sei. Es werde auch die Frage aufgeworfen, warum einzelne Mittel sinnvoller seien als Kombi-Präparate. Im Beitrag gebe es – so die Rechtsvertretung weiter – keine übertrieben anpreisende oder besonders hervorhebende Darstellung von Kombi-Präparaten. Es würden lediglich die Vorteile der Kombination von Wirkstoffen besprochen und anhand von Illustrationen erläutert. Ein Kaufanreiz für ein einzelnes Medikament sei in dem Bericht nicht enthalten. Die Zeitschrift sieht auch kein presseethisches Problem darin, dass die Anzeige für einen Hersteller von Kombi-Präparaten in einem redaktionellen Umfeld platziert worden sei, das zu dem in der Anzeige vorgestellten Produkt passe.

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Zeitschrift: Helene Fischer in Gefahr

Eine Zeitschrift, die im Bereich der Regenbogenpresse angesiedelt ist, berichtet unter der Überschrift „Schwerer Unfall – wird sie jetzt vernünftig?“ über eine Bühnenshow von Helene Fischer. Sie wolle überraschen und das Publikum begeistern. Dabei sei die Gefahr groß, sich zu verletzen oder dass Schlimmeres passiere. Ende 2013 sei die Sängerin in ihrer TV-Show in einer Plexiglas-Kugel herumgeturnt, die von der Hallendecke gebaumelt sei. „Ungesichert und somit lebensgefährlich“ titelt die Zeitschrift. Es hätte viel passieren können. Das zeige der Unfall einer Artistin eines Düsseldorfer Varietés. Diese habe sich bei einem Sturz aus vier Metern Höhe während einer Show das Handgelenk gebrochen und starke Prellungen am Rücken erlitten. Der Beitrag ist bebildert. Das große Foto zeigt Helene Fischer bei ihrem Plexiglaskugel-Auftritt. Zwei weitere Bilder zeigen die Düsseldorfer Artistin im Krankenhaus und ein Porträt von Helene Fischer. Die Schlagzeile und das Foto der Düsseldorfer Artistin verbindet ein roter Pfeil. Ein Leser der Zeitschrift sieht presseethische Grundsätze dadurch verletzt, dass die Redaktion mit nicht nachvollziehbaren Schlussfolgerungen aufwarte. Auch fehlten Belege dafür, dass sich Helene Fischer während ihrer Auftritte in akuter Lebensgefahr befunden habe. Sie sei keiner tatsächlichen Gefahr ausgesetzt gewesen. Nur weil in Düsseldorf eine Artistin einen Unfall habe, heiße das nicht, dass alle, die einen Stunt auf einer Bühne hinlegten, kurz vor einem schweren Unfall stünden. Die Zeitschrift täusche ihre Leser mit einer Geschichte, die gar keine sei. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift hält die in dem Beitrag mitgeteilten Tatsachenbehauptungen für nachweislich wahr. Sie seien als objektive Anhaltspunkte für die Meinungsäußerung „Lebensgefahr“ nicht zu beanstanden. Es liege allein in der subjektiven Betrachtung, ob eine Situation als lebensgefährlich gesehen werde. Durch Bildmaterial werde belegt, dass Helene Fischer fast aus ihrer Plexiglas-Kugel herausgefallen sei. Wahr sei es auch, dass es in vergleichbaren Situationen (siehe Düsseldorf) zu ernsthaften Verletzungen gekommen sei. Um Missverständnisse auszuschließen, verweise ein roter Pfeil von der Schlagzeile zum Foto der Düsseldorfer Artistin. Dadurch habe die Redaktion sichergestellt, dass der tatsächliche Unfall nicht Helene Fischer, sondern der Artistin aus Düsseldorf passiert sei. Der Artikel leiste einen Beitrag zu der gesellschaftlich relevanten Frage, welche Gesundheitsrisiken ein Künstler eingehen dürfe, um sein Publikum zu unterhalten.

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„Trendaufnahme“ durch Schleichwerbung

Eine Regionalzeitung veröffentlicht innerhalb von drei Wochen drei Beiträge unter diesen Überschriften: “Ein Ort für persönliche Gedanken“, „Natürliches Öl für schöne Haare“ und „Ein Duft von Mystik“. Im ersten Beitrag wird ein Notizbuch mit Preisangabe und Abbildung vorgestellt. Der zweite beschäftigt sich mit einem Haarpflegemittel, dessen Preis ebenfalls genannt wird. Auch dieses Produkt wird im Bild gezeigt. In der dritten Veröffentlichung stellt der Autor aus persönlicher Sicht ein Raumparfüm vor; die Zeitung nennt auch hier den Preis und zeigt ein Produktfoto. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung - sieht in den Veröffentlichungen jeweils einen Fall von Schleichwerbung nach Ziffer 7 des Pressekodex. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, zwei der kritisierten Beiträge seien auf der Seite „Balance“ erschienen. Auf dieser werde der derzeitige Trend „zum Rückbezug auf das Persönliche und zur Selbstoptimierung“ aufgenommen. Die Redaktion wolle dem Leser in diesem redaktionellen Umfeld eine Art Anleitung und Orientierung geben, wie er achtsam mit sich umgehen und sein Leben bestmöglich gestalten könne. In diesem Zusammenhang weise man auch auf Produkte hin, die dabei nützlich sein könnten. Das verstehe die Zeitung als Service. Der Beitrag über die Notizbücher – so der Chefredakteur weiter – schildere in sachlichem Ton mehrere Tatsachen, die aus seiner Sicht die Produkte der genannten Firma in Relation zu anderen Papierprodukten hervorheben. Es handele sich um hochwertige Gegenstände, die in Rindsleder gebunden seien und deshalb den Lesern einen besonderen Raum gäben, ihre Gedanken und Gefühle festzuhalten. Bei einer anderen Veröffentlichung räumt der Chefredakteur ein, dass sie am Ende eine gewisse werbende Wirkung habe. Den entsprechenden Satz hätte er nicht so stehen lassen, so er ihn denn gesehen hätte. Beim dritten Beitrag verweist er auf dessen Erscheinungsplatz in der Zeitung, der Seite „Warenwelt“. Diese erscheine einmal in der Woche und solle dem Leser Orientierung über Produkte und Dienstleistungen geben. Dabei gehe es nicht um den Tipp „Das bitte kaufen“, sondern eher um den Hinweis „Das bitte nicht kaufen“ In diesem Fall – es geht um das Raumparfüm - habe der Autor das Produkt sachlich beschrieben und seinen Duft als „zu schwer und zu süß“ beschrieben. Dieser Alltagstest sei von öffentlichem Interesse gedeckt. Er enthalte auch keine werblichen Elemente.

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Junge Frau ein weiteres Mal gedemütigt

„Facebook-Peiniger“ drohen bis zu zwei Jahre Haft“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Es geht um ein Video, das auf Facebook verbreitet wurde. Dessen Inhalt beschreibt die Zeitung so: „Eine junge Frau kniet in Unterwäsche auf der Straße. Sie weint. Die Schminke ist verschmiert, die Haare zerzaust. Ein Mann filmt sie, fragt aus dem Hintergrund: ´Warum hast du mich beklaut?´ Sie antwortet schluchzend: ´Weil ich eine Hure bin´. Doch der Unbekannte will sein Opfer weiter demütigen. Er fragt: ´Wie heißt Du? Woher kommst du?“ Das Mädchen nennt seinen Namen und seinen Heimatort. Die Zeitung berichtet, dass dem Facebook-Nutzer, der das Video ins Netz gestellt hat, eine Haftstrafe bis zu zwei Jahren drohe. Es liege eine Anzeige wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ gemäß Paragraf 201 StGB vor. Zu Tatbestand und Straferwartung zitiert die Zeitung einen Fachanwalt für Strafrecht. Sie gibt Kommentare von anderen Facebook-Nutzern wieder, die die Veröffentlichung des Videos kritisieren. Ein Polizeisprecher wird zu dem Ermittlungsverfahren zitiert. Der Bericht ist mit zwei Fotos illustriert. Das eine zeigt das nur mit Unterwäsche bekleidete Mädchen, das eine Hand vor das Gesicht hält. Auf dem anderen ist der mutmaßliche Täter zu sehen, der sich ebenfalls die Hand vor das Gesicht hält. Die Bilder sind außerdem teilweise verpixelt. Zwei Leserinnen halten den Beitrag für einen Verstoß gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 11 (Sensationsberichterstattung, hier unangemessene Darstellung nach Richtlinie 11.1) des Pressekodex. Sie kritisieren den Abdruck des Fotos der jungen Frau. Auch wenn die Redaktion deren Gesicht verpixelt habe, sei es doch das Ziel des Artikels, das Bild einer wehrlosen Frau in Unterwäsche an die Leser zu bringen. Die Rechtsabteilung der Zeitung wehrt sich gegen den Vorwurf, die Redaktion habe die junge Frau ein weiteres Mal gedemütigt bzw. es sei Ziel des Artikels gewesen, ein Bild mit einer wehrlosen Frau in Unterwäsche an die Leserinnen und Leser zu bringen. Vielmehr habe die Redaktion in zulässiger Weise über einen Vorgang berichtet, der bei Facebook für ein riesiges Aufsehen gesorgt habe und inzwischen sogar die Ermittlungsbehörden beschäftige. Wie viele andere Leser auch sei man in der Redaktion geschockt über die menschenverachtenden Sprüche des Täters.

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Video der Mutter verletzt Rechte ihres Sohnes

„Hier erfährt Louis (6), dass sein Arm amputiert wird“ ist der Titel eines Videos, das die Mutter eines Kindes gemacht hat und das auf der Homepage der Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung erscheint. Die Frau teilt dem Kind mit, dass es noch zwei Chemo-Therapien bekommen wird und dann eine Operation folgen werde. Bei der OP könne es sein, dass man ihm seinen linken Arm abschneiden müsse. Im weiteren Verlauf zeigt das Video, wie die Mutter ihren Sohn über Alternativen und gegebenenfalls Folgen der Amputation informiert. Das Wichtigste sei, dass man den Tumor aus der Schulter herausbekomme. Die Mutter sagt: „Lieber den Arm weg, aber mein Louis bleibt da.“ Eine Leserin und ein Leser der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Die Frau meint, das gehe gar nicht und fragt, wie man ein solches Video auf die Startseite einer Zeitung setzen könne. Sie sei schockiert. Der Mann sieht mit der Überschrift und dem Video die Persönlichkeitsrechte des Kindes verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung ist ganz anderer Meinung als die Beschwerdeführer. Sie bezeichnet das Video als Aufzeichnung eines einfühlsamen und sensiblen Gesprächs zwischen Mutter und Sohn. Die Mutter habe den Film aus eigenem Antrieb aufgenommen und auf der Internetplattform Youtube veröffentlicht. Sie habe der Öffentlichkeit zeigen wollen, wie tapfer ihr Sohn mit seiner Erkrankung umgehe. Das emotionale Video ziele durchaus darauf ab, die Öffentlichkeit zum Nachdenken zu bewegen und anderen Eltern in vergleichbaren Situationen zu zeigen, wie man ein so schwieriges Thema seinem Kind bestmöglich nahebringen könne. Im Übrigen seien bei Kindern bis zu sieben Jahren die Erziehungsberechtigten allein zur Entscheidung befugt, ob eine Abbildung des Kindes veröffentlicht werden dürfe. Von Sensationsberichterstattung könne keine Rede sein, so die Rechtsvertretung der Zeitung abschließend, da das Leid des Jungen nicht in den Vordergrund gestellt worden sei. Das Video zeige vielmehr seine Tapferkeit im Umgang mit seinem Schicksal und sei damit das Gegenteil einer unangemessen sensationellen Darstellung.

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„Asterix“ und der Verfassungsschutz

Ein Verein, der seit zwei Jahrzehnten Opfer von Zwangsprostitution, Menschenhandel und sexueller Ausbeutung berät und ihnen hilft, wird von einer Sozialarbeiterin als Geschäftsführerin geleitet. Die örtliche Zeitung berichtet, dass diese sich als geheime Informantin „Asterix“ entpuppt habe, die jahrelang dem Landesverfassungsschutz berichtet habe. Nach Darstellung der Zeitung habe sich die Frau als eine Art Informationsgeberin verstanden. Eine Verpflichtungserklärung oder etwas Ähnliches habe sie nicht unterschrieben. Auch auf die Frage, welche Informationen sie weitergegeben habe, sei sie vage geblieben. Es sei um Dinge gegangen, mit denen sie im Rahmen ihrer Arbeit zu tun gehabt habe, zum Beispiel Erlebnisse ihrer Klienten oder Informationen aus Foren und Netzwerken, in denen sie mitgearbeitet habe. Warum der Verfassungsschutz „Asterix“ als geheimdienstliche Quelle rekrutiert habe, bleibt nach Angaben der Zeitung unklar. Sozialarbeiter könnten im Rahmen ihrer Verschwiegenheitspflicht vor Gericht als Zeugen aussagen. Eine Verpflichtung als geheimdienstliche Quelle und die Zusicherung von Anonymität seien aber höchst ungewöhnlich. Als der Präsident der Behörde von der Mitarbeit der Sozialarbeiterin erfahren habe, sei die Referatsleiterin angewiesen worden, „Asterix“ abzuschalten. „Asterix“ ist in diesem Fall Beschwerdeführerin. Sie betont, dass sie zu keiner Zeit für den Verfassungsschutz gearbeitet habe. Es sei zutreffend, dass sie Informationen über schwere Verbrechen an Frauen und Kindern, die sie während ihrer Arbeit als Sozialpädagogin erhalten habe, an Mitarbeiter des Referats Organisierte Kriminalität des Verfassungsschutzes weitergeleitet habe, wenn sie es für richtig gehalten habe. Sie sei auch nicht – wie von der Zeitung behauptet – „enttarnt“ worden. Sie sei lediglich Zeugin in einem Untersuchungsausschuss des Landtages gewesen, wo die Autorin des von ihr kritisierten Beitrages nie aufgetaucht sei. Teile des Artikels seien wörtliche Protokoll-Zitate. Der Artikel schade dem Verein, den sie – die Beschwerdeführerin – leite und sei geeignet, ihre Person zu diffamieren und zu gefährden. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung. Im Ergebnis eines Rechtsstreits mit der Beschwerdeführerin sei eine Stelle in der Berichterstattung als unzulässig eingestuft worden, nämlich die, dass die Autorin auf das private und außereheliche Verhältnis der Klägerin mit einem Beamten des Verfassungsschutzes hingewiesen habe. Das Engagement der Beschwerdeführerin sei in der Region zweifellos von großer Bedeutung und in höchstem Maße anerkennenswert. Umso mehr bedauert der Chefredakteur, dass die Beschwerdeführerin nun über eine Beschwerde beim Presserat versuche, das von ihr offensichtlich als unbefriedigend empfundene Prozessergebnis nachzubessern.

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