Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Eine Illustrierte berichtet über die Innenraumgestaltung von Autos und eine entsprechende Studie von BMW. Im Seitenkopf sind die Logos von BMW, Mini und Rolls Royce zu sehen. Am Ende des Beitrags weist das Blatt auf ein „Online-Special“ mit einem Link inklusive Firmennennung hin. Ein Leser der Illustrierten bemängelt, dass nicht deutlich werde, ob es sich bei der Veröffentlichung um einen redaktionellen Beitrag oder um eine Anzeige handelt. Das Layout sowie der Link zur Homepage der Illustrierten suggerierten einen redaktionellen Charakter. Nach dem Lesen hingegen sei er zu der Auffassung gelangt, dass es sich eher um Werbung handele. Wenn dem so sei, habe das Blatt dies nicht hinreichend deutlich gemacht und somit gegen Ziffer 7 des Pressekodex (Trennungsgebot) verstoßen. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift widerspricht der Beschwerde und vertritt die Auffassung, dass die Anzeige schon durch Anordnung und Gestaltung als Werbung zu erkennen sei. Sie entscheide sich in der Gestaltung deutlich vom Layout der danebenstehenden redaktionellen Seite. Die Anzeige sei vom redaktionellen Umfeld auch durch die hellblaue Unterlegung abgegrenzt. Dieses Gestaltungselement finde sich im redaktionellen Teil des Heftes an keiner Stelle. Auch die Verwendung der Logos über dem Titel kläre den Leser auf den ersten Blick darüber auf, dass es sich um eine Anzeige des Autoherstellers handele.
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Die Online-Ausgabe einer Illustrierten berichtet über eine Sonderaktion von Amazon und weist schon in der Überschrift auf „Schnäppchen des Tages“ hin. Von „besten Deals“ ist die Rede. Mit der Aktion wolle Amazon sein Kundenprogramm bewerben. Die Zeitschrift weist darauf hin, dass der Online-Riese „knallhart“ die Preise reduziere. Die Redaktion stellt einzelne Aktionsprodukte im Stil eines Livetickers vor. Beispiel: 12:24 Uhr „+++ Tefal E85606 Jamie Oliver Edelstahl Pfanne 28 cm +++: Wenn der Star-Koch Jamie Oliver eine Pfanne kreiert, dann muss die auch was taugen. Die Amazon-Bewertungen sind auf jeden Fall ziemlich gut. Bislang zahlten Amazon-Kunden rund 48 Euro für die Pfanne. Heute ist sie ein Prime-Day-Deal für 29,99 Euro.“ Ein Leser des Blattes hält den gesamten Artikel für eine einzige Produktplatzierung und Werbung für Amazon, die nicht als solche gekennzeichnet sei. Er sieht einen klaren Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten). Die Rechtsvertretung der Zeitschrift beruft sich auf ein erhebliches Informationsinteresse der Leser an einer Berichterstattung über den so genannten „Amazon Prime Day“ und die damit zusammenhängende Aktion des Online-Riesen. Der Online-Handel und damit insbesondere auch Amazon-Themen seien für die Leser besonders relevant. Den Lesern solle durch die Berichterstattung ein besonderer Service geboten werden. Nach einer eingehenden Diskussion in der Redaktion habe man sich aber entschieden, den betreffenden Artikel zu den Angeboten des Amazon Prime Day von der Website zu entfernen. Es solle keinesfalls die Möglichkeit bestehen, dass weitere Leser wie der Beschwerdeführer den unzutreffenden Eindruck einer Schleichwerbung gewinnen könnten.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter dem Titel „Mensch stirbt bei Kollision mit ICE“. Im Bericht ist die Rede von einem „lauten Knall“, als der Zug eine Person erfasst. Eine Bahnsprecherin wird unter anderem mit den Worten zitiert: „Das Opfer ist mit voller Wucht von dem ICE erwischt worden.“ Zum Artikel gestellt sind mehrere Fotos. Ein Leser der Zeitung hält die Berichterstattung für herabwürdigend und unangemessen sensationell. Mehrfach würden von der Redaktion Persönlichkeitsrechte verletzt. Sie zeige Fotos, die so nicht in einer Zeitung zu sehen sein sollten. Der Chefredakteur der Zeitung vertritt die Auffassung, dass sich Fälle von Selbsttötungen leider nicht selten ereigneten und die Selbstmörder dabei auch Unbeteiligte in höchste Gefahr brächten. So sei es auch in diesem Fall gewesen. 550 Menschen hätten den tragischen Vorfall mitbekommen. Die Mitarbeiter der Redaktion hätten geschildert, was sie sahen und die Informationen der Ermittlungsbehörden hinzugefügt. Er – der Chefredakteur – vermöge den Vorwurf einer reißerischen Berichterstattung nicht nachvollziehen. Die Redaktion habe niemanden seiner Würde beraubt. Sie zeige keine Leichenteile, sondern Betroffene bei ihrer – wie es heißt „unmenschlichen“ - Arbeit. Davor könne man nicht die Augen verschließen.
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„Sachsens Großstädte bei Zwangsversteigerungen vorn“. So überschreibt eine Regionalzeitung online einen Beitrag über Zwangsversteigerungen auf der Basis der Angaben eines Fachverlages, der eine entsprechende bundesweite Datenbank führt. In einem Absatz des Berichts wird der Verlag vorgestellt, wobei der Geschäftsführer des Unternehmens mehrfach zu Wort kommt. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung zugunsten des genannten Fachverlags. Er weist darauf hin, dass die von der Zeitung genannten Informationen auch kostenlos über eine Website abgerufen werden können. Der Chefredakteur der Regionalzeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der von der Zeitung genannte Fachverlag sei bundesweit eine von vielen Medien genutzte seriöse und qualifizierte Quelle. Konkreter nachrichtlicher Anlass der Berichterstattung sei der Halbjahresbericht zum Zwangsversteigerungsmarkt in Deutschland gewesen. An dem Thema gebe es ein großes öffentliches Interesse auch im regionalen Bereich, da der Autor den Bericht zum Anlass genommen habe, mit dem Geschäftsführer des Verlages über die Situation in Sachsen zu sprechen. Werbliche Sprache komme – so der Chefredakteur weiter - in dem Beitrag nicht vor. Dass der Fachverlag mit Informationen zu Tätigkeit und Kompetenz eingeordnet werde, sei keine PR, sondern diene der Transparenz für den Leser.
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In einer süddeutschen Stadt ist ein Mordfall Tagesgespräch, bei dem ein junger Mann einen anderen mit einer Machete umgebracht hat. Die örtliche Zeitung berichtet ausführlich über das Verbrechen und nennt den Täter einen „21jährigen Asylbewerber aus Syrien“. Der Mann sei polizeibekannt und wegen anderer Taten bereits vorher aufgefallen. Die Polizei habe es offengelassen, ob seine Herkunft oder sein Aufenthaltsstatus in irgendeinem Zusammenhang mit der Tat stehen könnten. Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund gebe es laut Polizei nicht. Ein Leser der Zeitung vertritt die Auffassung, dass die Nationalität des Mannes und die Tatsache, dass er Asylbewerber ist, für die Berichterstattung belanglos seien. Er sieht einen Verstoß gegen die Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, dass die Zahl sich in unmittelbarem zeitlichem Kontext zu den Bluttaten in Würzburg, München und Ansbach ereignet habe. Alle Täter hätten einen Migrationshintergrund. Drei von ihnen seien Flüchtlinge. Naturgemäß sei in all diesen Fällen vor dem Hintergrund denkbarer politischer Motive bzw. islamistischen Hintergründen ermittelt worden. Im Hinblick auf eine aufgeheizte und verunsicherte Stimmungslage in Deutschland – also auch bei der Reutlinger Bluttat – sei es wegen des begründeten öffentlichen Interesses gerechtfertigt gewesen, die Herkunft und den Aufenthaltsstatus des mutmaßlichen Täters zu nennen. Die Erwähnung dieser Tatsachen sei auch im Zusammenhang mit der Folgeberichterstattung erforderlich gewesen, da das zuständige Regierungspräsidium geprüft habe, unter welchen Umständen der mutmaßliche Täter nach Syrien abgeschoben werden könne. Nach der Tat – so der Chefredakteur – habe es in der Stadt Kundgebungen von Rechtsextremen und Antifa-Gruppen gegeben. An einem Trauermarsch hätten auch zahlreiche syrische Mitbürger teilgenommen. Dies alles hätte ohne Angabe der vom Beschwerdeführer kritisierten Tatsachen keinen Sinn ergeben.
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Die Online-Ausgabe einer überregionalen Tageszeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „BGH schämt sich für Antiziganismus“. Im Artikel geht es um ein gemeinsames Symposium des Bundesgerichtshofs und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Dabei ist die Rede davon, dass Sinti und Roma 1940 in „polnische Lager“ deportiert worden seien. Ein Leser der Zeitung stellt in seiner Beschwerde an den Presserat fest, dass es keine „polnischen Lager“ gegeben habe. Es sei unbestritten, dass es sich um die Deportation in deutsche Konzentrationslager gehandelt habe. Ein Leser habe die Redaktion auf die falsche Formulierung aufmerksam gemacht. Eine Korrektur sei nicht erfolgt. Der Autor weist darauf hin, dass die Formulierung „polnische Lager“ zweierlei bedeuten könne. Dass die Lager sich auf polnischem Boden befunden hätten oder dass sie von Polen betrieben worden seien. Selbstverständlich habe er damit ausschließlich den ersten Inhalt zum Ausdruck bringen wollen. In der Berichterstattung sei es offenkundig um die geographische Beschreibung des Zielortes, also den Standort der Lager, gegangen. Dass Polen 1940 unter deutscher Besatzung gestanden habe, könne als bekannt vorausgesetzt werden. Der Autor hält deshalb die mehrdeutige Formulierung „polnische Lager“ nicht für unwahr, sondern allenfalls für missverständlich.
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Ein Blogger wird tot aufgefunden. Darüber berichtet eine Boulevardzeitung online. Sie schreibt von einem „Abschiedsbrief“, der „viele Internetnutzer und Fans beunruhigt haben dürfte.“ Sie zitiert daraus. Auch der Twitter-Account des Bloggers habe Fragen aufgeworfen, berichtet die Zeitung. Es heiße da: „Am Ende. Es hat nicht gereicht für ein ganzes Leben.“ Die Redaktion schreibt, dass die Polizei keine Hinweise auf ein Fremdverschulden habe. Eine Leserin der Zeitung kritisiert aus ihrer Sicht einen Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte), da die Redaktion die letzte Kommunikation eines Menschen veröffentlicht habe. Der Geschäftsführer der Online-Ausgabe der Zeitung nimmt Stellung. Der Tote sei ein bekannter Blogger gewesen. Zum Wesen des Bloggens gehöre die Aussendung von persönlichen Inhalten über eine eigene Website, flankiert von regelmäßigen Nachrichten über Medien wie etwa Twitter. Dass der Blogger Suizid begangen habe, sei aus Sicht der Redaktion berichtenswert, weil sich der Suizid durch seine selbst veröffentlichten Twitter-Botschaften angekündigt habe. Dies habe zu großer Sorge bei seinen zahlreichen Fans geführt. Diese Tweets hätte die Redaktion daher auch in den kritisierten Beitrag integriert. Weitere Begleitumstände zur Selbsttötung seien von der Redaktion nicht genannt worden.
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„Flüchtling belästigt Frau“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung gedruckt und online darüber, dass eine junge Frau „von einem Schwarzafrikaner angemacht und belästigt“ worden sei. Die Polizei habe den Mann in Gewahrsam genommen, da er stark alkoholisiert und aggressiv gewesen sei. Grundlage für den Bericht ist eine Polizeimeldung. Der Beschwerdeführer – ein Leser der Zeitung – vertritt die Auffassung, dass die Hinweise auf die Herkunft und den Flüchtlingsstatus des Mannes für das Verständnis des Sachverhalts keine Rolle spielen. Der stellvertretende Redaktionsleiter sieht keine Verletzung des Pressekodex. Die Nennung der Herkunft des Täters sei in diesem Fall von Belang, da es in letzter Zeit in der Stadt mehrere Zwischenfälle gegeben habe, in denen Frauen von Flüchtlingen aus Westafrika bedrängt worden seien. In der örtlichen Unterkunft seien zu jener Zeit vor allem junge Männer aus Afrika untergebracht worden, die in der Folgezeit auffällig geworden seien. Dies nicht nur durch ihr unangemessenes Verhalten gegenüber Frauen und Mädchen, sondern auch durch aggressives Auftreten in der Öffentlichkeit und durch Drogendelikte. Es sei klar, dass diese Vorfälle die örtliche Bevölkerung sehr stark beschäftigt hätten. Als ernstzunehmendes lokales Medium habe es sich die Redaktion nicht leisten können, den durchaus relevanten Sachverhalt der Herkunft des Tatverdächtigen zu unterschlagen.
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Eine Wochenzeitung titelt „EU-Kommission fordert mehr Geld für Zigeuner-Integration“. Im Text geht es um die Aufforderung der EU-Kommission an ihre Mitgliedstaaten, mehr für die Integration der Roma zu unternehmen. Ein Leser kritisiert, dass die Zeitung mehrfach den Begriff „Zigeuner“ verwende. Diese Bezeichnung für das Volk der Sinti und Roma sei diskriminierend. Dem Beschwerdeführer zufolge habe sie im deutschen Journalismus ihre Gebrauchsfähigkeit verloren. Erschwerend in diesem Fall sei es, dass die Redaktion diesen Begriff verwende, während er in den Dokumenten der EU-Kommission nicht auftauche. Dort heiße es stets korrekt „Roma“. Der Beschwerdeführer vermutet einen bewussten Verstoß der Zeitung gegen die Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Der Chefredakteur der Zeitung hält den Begriff „Zigeuner“ für keineswegs negativ besetzt. Vielmehr gebe es zahlreiche Zigeuner, die weder Angehörige der Roma noch der Sinti seien und sich deshalb selbst bewusst als Zigeuner bezeichneten. Dieser Begriff fasse alle Menschen zusammen, die dieser Gruppe angehören. Er werde von der Redaktion schon aus Gründen der Einfachheit und Kürze verwendet. Der Chefredakteur stellt fest, dass die Redaktion die Bezeichnung „Zigeuner“ nicht als Herabwürdigung sehe. Sie werde den Begriff deshalb auch künftig verwenden.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet unter der Überschrift „Seit sechs Tagen brennt La Palma“ über Waldbrände auf der Kanareninsel. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung brenne es seit fast einer Woche. 4500 Hektar Land seien verbrannt. 3000 Menschen seien evakuiert worden. Das Feuer sei von einem deutschen Aussteiger verursacht worden. Der habe in einem Wald seine Notdurft verrichtet und anschließend das Klopapier angezündet. Die Redaktion nennt den Vornamen und den abgekürzten Nachnamen sowie das Alter des Mannes und seinen Herkunftsort. Der Artikel ist mit drei Fotos illustriert, die den Aussteiger, der auffällige blonde Rasta-Locken trägt, seitlich, frontal und von hinten zeigen. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung, sieht mehrere pressethische Grundsätze durch die Berichterstattung verletzt. Die Zeitung berichte identifizierbar über den Tatverdächtigen, da die Fotos den Mann unverfremdet zeigen. Der Presserat beschränkt das Verfahren auf einen möglichen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsrechte). Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitung überwiegt das öffentliche Interesse bei weitem das Interesse des Brandstifters an einer anonymisierten Berichterstattung. Es gehe um eine außerordentlich schwere Straftat, unter deren Folgen mehrere tausend Menschen hätten leiden müssen. Das öffentliche Interesse an dem Ereignis überwiege in diesem Fall auch deshalb, weil der mutmaßliche Brandstifter seine Tat gegenüber dem Ermittlungsrichter zugegeben habe. Die identifizierende Darstellung des Täters sei angesichts der Folgen der Tat erforderlich gewesen, um dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit gerecht zu werden. Wer sich bewusst gegen die Rechtsordnung durch Straftaten auflehne, müsse es hinnehmen, dass über ihn wahrheitsgemäß und identifizierbar berichtet werde.
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