Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Ein kleiner Schuppen brennt. Die Lokalzeitung berichtet darüber gedruckt und online an zwei Tagen. Sie nennt die Adresse. Der Schuppen liege am „Pappelweg 6“. Der Besitzer des Schuppens sieht durch die Nennung der Adresse seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist den Vorwurf zurück. Durch die Nennung der Adresse werde den Lesern nicht mehr mitgeteilt, als sich jedem Spaziergänger erschließe, der den Pappelweg entlang gehe. Die Rechtsprechung verneine eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, sofern die Abbildung eines Anwesens nur das wiedergebe, was auch für den vor Ort anwesenden Betrachter klar zu Tage trete. Die Nennung von Straße und Hausnummer lasse sich auch nicht unmittelbar mit dem Namen des Beschwerdeführers in Verbindung bringen. Die Rechtsvertretung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass mit der Berichterstattung keine Aussage verbunden gewesen sei, die den Beschwerdeführer beeinträchtigen könnte. Der Fokus der Berichte liege auf der Berichterstattung über das Feuer und den Ort des Geschehens.
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„Tschetschene verletzt Vater und Kind“ titelt eine Regionalzeitung. Im Bericht geht es um den Angriff eines 21-Jährigen auf einen 36-Jährigen und sein Kind in einem Einkaufszentrum. Auch im Text nennt die Zeitung die Ethnie des Angreifers, der in dem Einkaufszentrum bereits Hausverbot gehabt habe. Der Autor berichtet, dass nach ersten Erkenntnissen der Angreifer mit einer verschleierten Frau unterwegs gewesen sein soll. Der angegriffene Vater soll ihm etwas zu gezischt haben. Ein Leser der Zeitung kritisiert die wiederholte Nennung der Nationalität des Angreifers. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass es in der Stadt und ihrer Umgebung wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen sei, an denen stets Mitlieder einer tschetschenischen Großfamilie beteiligt gewesen seien. Gewalttätige Streitigkeiten im Einkaufszentrum hätten sich gehäuft. In einer Nachbarstadt habe es eine Schlägerei auf dem Marktplatz gegeben. Diese Ereignisse seien Stadtgespräch und auch Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dass es ein Problem mit der Großfamilie gebe, beschäftige sowohl die Polizei als auch die Staatsanwaltschaft. Ermittlungsverfahren seien unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Diebstahl und Hausfriedensbruch im Gange. Drei Brüder aus der Familie seien vom Amtsgericht wegen diverser Delikte verurteilt worden. Vor diesem Hintergrund handele es sich im konkreten Fall nicht um eine diskriminierende Verallgemeinerung, sondern um eine gerechtfertigte Berichterstattung. Diese stelle einen Kontext her, der den Lesern bekannt sei. Das Kriterium des öffentlichen Interesses sei in diesem Fall erfüllt.
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Eine regionale Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Gerichtsurteil in Gießen – Ärztin informiert über Abtreibung – und wird zu 6.000 Euro Geldstrafe verurteilt“ über den Prozess gegen Kristina Hänel. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Allgemeinärztin Hänel als Frauenärztin bezeichnet werde. Der Chefredakteur antwortet auf die Beschwerde. Richtig sei, dass Frau Hänel Fachärztin für Allgemeinmedizin sei. In ihrer Praxis könnten Patientinnen aber nun einmal auch gynäkologische Behandlungen in Anspruch nehmen – also etwa auch Abtreibungen durchführen lassen. Sie möge vielleicht keine Facharztausbildung in Gynäkologie absolviert haben, sei aber doch berechtigt, gynäkologische Eingriffe vorzunehmen bzw. wie eine Frauenärztin zu agieren. Der Unterschied zwischen einer zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen berechtigten (Frauen-)Ärztin und einer „Gynäkologin“ bzw. Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe könne unmöglich in einer kurzen Bildunterschrift zum Ausdruck gebracht werden.
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Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht online ein Video, in dem zu sehen ist, wie ein Mann versucht, einen Hund in einem Eimer mit kochendem Wasser zu ertränken. Überschrift: „Chinese versucht lebendigen Hund zu kochen, doch der kann sich retten.“ Der Hund kann entkommen. Im Hintergrund sind Laute des Hundes zu hören und das Lachen von mehreren Personen. Die Sequenz wird in dem Video dreimal gezeigt. Aus dem Off heißt es am Ende, es sei zu hoffen, dass dieser „kleine Vierbeiner auch weiterhin nicht als Delikatesse endet.“ Ein Leser der Zeitschrift sieht sowohl in der Überschrift als auch in der Darstellung des Videos einen Verstoß gegen die Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz). Hier werde gezeigt, wie ein Mensch einem lebenden Tier unsagbares Leid zufüge. Die Art des Kommentars lasse zudem den Schluss zu, dass dieses Verhalten verharmlost werde. Der Beschwerdeführer findet es „widerlich und absolut verantwortungslos“, dass ein vermeintlich seriöses Nachrichtenmagazin so etwas verbreite. Die Leiterin des Bereichs Video nimmt Stellung. Im Bericht werde mitgeteilt, dass dem Hund nichts geschehen sei. Es könne als nicht die Rede von schweren Verletzungen und unsagbarem Leid die Rede sein. Der Pressekodex verlange nicht, Brutalität oder Leid aus der Berichterstattung auszuklammern. Sonst könnte die Presse ihrem Informationsauftrag nicht gerecht werden. Durch den Hinweis „verstörende Bilder“ und die textliche Beschreibung dessen, was im Video zu sehen sei, hätten die Nutzer hinreichend Gelegenheit gehabt, vom Ansehen des Videos Abstand zu nehmen. Die Darstellung sei im vorliegenden Fall auch nicht besonders voyeuristisch gewesen. Es seien keine Nahaufnahmen, Zeitlupen oder dergleichen gezeigt worden. Dass die Sequenz mehrmals wiederholt wurde, liege allein daran, dass die so kurz gewesen sei.
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„Ist der Mann retrosexuell? - Abtreibungsparagraf: ´Heute Show´ knöpft sich Jens Spahn vor“- so überschreibt eine Illustrierte online anhand der ZDF-Satiresendung einen Bericht über die Abtreibungsdebatte in Deutschland. Der Beschwerdeführer in diesem Fall kritisiert, dass die Allgemeinärztin Dr. Kristina Hänel im Bericht als Gynäkologin bezeichnet wird. Die Rechtsabteilung des Magazins nimmt Stellung. Der Autor habe die Berufsbezeichnung „Gynäkologin“ aus der „Heute Show“ übernommen. Tatsächlich – so die Rechtsabteilung – sei Frau Hänel Fachärztin für Allgemeinmedizin. Die Redaktion habe den Artikel umgehend korrigiert und eine Richtigstellung am Ende des Artikels veröffentlicht. Die Rechtsabteilung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um denjenigen handele, der die in dem Beitrag erwähnte Ärztin angezeigt habe. Seit gut drei Jahren erstatte der Mann Anzeigen gegen Arztpraxen, die online angeben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Er habe schätzungsweise 60 bis 70 Anzeigen erstattet. Das sei halt so sein Hobby.
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Eine überregionale Tageszeitung berichtet online unter der Überschrift „AfD: Björn Höcke will Verbot des Islam in der Türkei“ über eine Rede des AfD-Vorsitzenden von Thüringen. Anhängern der Alternative für Deutschland liege ein politisches Ziel besonders am Herzen: Sie wollen – so Höcke – die „Islamisierung“ Europas stoppen. Höcke – so die Zeitung – wolle die Religion jetzt sogar in einem muslimisch geprägten Staat verbieten. Bei einer Rede in Eisleben habe er der Zeitung zufolge ein Verbot des Islam in der Türkei angekündigt. Die Redaktion zitiert Höcke so: „Das, was wir jetzt noch nicht durchsetzen können, weil wir nicht die Macht haben – aber wir werden die Macht bekommen – und dann werden wir das durchsetzen, was notwendig ist, damit wir unser freies Leben leben können. Dann werden wir die Direktive ausgeben, dass am Bosporus mit den drei M – Mohammed, Muezzin und Minarett – Schluss ist, liebe Freunde!“ (Anmerkung der Geschäftsstelle des Presserats. Das Umfeld des Zitats ist wie folgt: „Ich sage aber, der Islam, der ist mit unseren Werten und Vorstellungen, mit unserer Art zu leben, tatsächlich unvereinbar. Der Islam, der hat eine Heimat, das ist der Orient und meinetwegen Schwarzafrika, aber seine Heimat heißt nicht Sachsen-Anhalt, Deutschland und Europa. Und deswegen ist auch klar, und dieses Selbstverständnis artikulieren wir als AfD auch schon. Es folgt das im Artikel wiedergegebene und oben genannte Zitat. Und weiter: „Dann wird es nicht mehr möglich sein, den Bau eines Minaretts, der von führenden islamischen Staatsmännern immer wieder als Symbol der Machterlangung selbst interpretiert worden ist, mit der Religionsfreiheit durchzudrücken, das wird dann nicht möglich sein. Ein Muslim, der friedlich hier lebt und der sich ohne Wenn und Aber im öffentlichen Raum an Recht und Gesetz hält, den muss man tolerieren. Alle anderen haben hier keine Zukunft und keine Heimat.“ Ein Leser der Zeitung beruft sich auf die Aufzeichnung der Rede Höckes und wirft der Zeitung vor, ungeprüft falsche Nachrichten verbreitet bzw. erzeugt zu haben. Der Chefredakteur der Zeitung trägt vor, rechtsnationale Kreise insinuierten seit diesem Redeauftritt, Höcke habe gemeint, dass spätestens an der Grenze der Türkei Schluss sei mit dem Islam. Nur: Er habe es halt nicht so gesagt. „Am Bosporus“ sei definitiv kein Synonym für „an den Grenzen der Türkei“, denn vor dem Bosporus liege – aus unserer deutschen Perspektive - noch das Stück europäische Türkei. Insofern gehe die Beschwerde komplett ins Leere.
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Eine überregionale Tageszeitung beschäftigt sich unter der Überschrift „Zschäpes Freundin schwer belastet“ mit einem 1999 erfolgten Anschlag auf ein Lokal in Nürnberg. Ermittlungen deuteten – so die Zeitung – in Richtung NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“). In diesem Zusammenhang heißt es, der Besitzer des Lokals habe Susann Eminger, eine Freundin von Beate Zschäpe, auf Bildvorlagen identifiziert. Gegen Eminger ermittle die Staatsanwaltschaft seit 2012 wegen Unterstützung des NSU. Sie sei die Ehefrau des Angeklagten André Eminger, der als wichtigster Unterstützer des NSU-Kerntrios gelte. Ein Leser der Zeitung kritisiert eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes des Ehepaars Eminger durch die Nennung der vollen Namen. In anderen Medien seien die Namen nicht genannt worden. Die Autorin des Beitrages rechtfertigt die Namensnennung mit dem besonders hohen öffentlichen Interesse. Diese würden die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen. André Eminger, im NSU-Prozess wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt, sei Gegenstand des öffentlichen Interesses. Über sein provozierendes Verhalten im Prozess und nach der Urteilsverkündung sei ausführlich berichtet worden. Viele Medien hätten in ihrer Berichterstattung die vollen Namen der Eheleute Eminger genannt.
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Die Meinung der seinerzeitigen saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zum Thema Werbeverbot für Abtreibungen ist Gegenstand in der Online-Berichterstattung einer Boulevardzeitung. Im Zusammenhang damit wird in einer Bildunterschrift die Allgemeinärztin Dr. Kristina Hänel als „Gynäkologin“ bezeichnet. Das kritisiert ein Leser der Zeitung. Er sieht die Nennung als Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Chefredaktion stellt fest, Frau Hänel sei Fachärztin für Allgemeinmedizin. In ihrer Praxis könnten Patientinnen aber nun einmal auch gynäkologische Behandlungen in Anspruch nehmen, also auch Abteibungen vornehmen lassen. Und das völlig legal, denn Abtreibungen müssten laut Gesetz „von einem Arzt“ vorgenommen werden. Der marginale und in diesem Zusammenhang lediglich formale Unterschied zwischen einer zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen berechtigten (Frauen-)“Ärztin und einer „Gynäkologin bzw. Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe könne unmöglich in einer kurzen Bildunterschrift zum Ausdruck gebracht werden.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht online einen Agentur-Bericht, wonach im syrischen Duma Spuren von Chlorgas gefunden worden seien. Dies gehe auf einen Zwischenbericht der Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hervor. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass der Bericht die Inhalte des OPCW-Berichts falsch wiedergebe. In Duma sei kein Chlorgas gefunden worden. Er unterfüttert seine Kritik mit der Angabe des Links zu dem betreffenden Bericht. Der Chefredakteur der Zeitung verweist auf die Agentur als privilegierte Quelle. Die Redaktion habe sich bei den Agenturkollegen erkundigt, wie man dort zu dem Vorwurf stehe. Die Kollegen hätten anhand der Zusammenfassung des Berichts nachgewiesen, dass sehr wohl Spuren von Chlorgas in Verbindung mit Explosivstoffen nachgewiesen worden seien. Der Chefredakteur zitiert Punkt 2.5 der Zusammenfassung, der die Aussagen der Agenturkollegen untermauert.
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AfD-Abgeordnete fahren auf die von Russland annektierte Krim. Dazu veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief. Darin enthalten ist diese Passage: „Bei den Lebensgeschichten dieser Herrschaften darf man sich nicht wundern. Markus Frohnmaier in Rumänien geboren, Robby Schlund mit einer Russlanddeutschen verheiratet, Ulrich Böhme 1994-1997 Versicherungsmakler in der Ukraine, Weißrussland, Russland. Stefan Keuter scheint keine Ostverbindungen zu haben. Waldemar Herdt in Kasachstan geboren und Mitglied des Koordinationszentrums der Russlanddeutschen in der AfD. Vier haben Einwanderungshintergründe. Hetzen gegen Flüchtlinge gehört zum Tagesgeschäft, und jetzt geht es ins Putin-Land. Hervorragende Volksvertreter.“ Ein Leser der Zeitung hält den Leserbrief für volksverhetzend. Er sieht einen Verstoß gegen den Pressekodex und teilt mit, dass er der Redaktion einen Gegen-Leserbrief geschickt habe, der auch nach mehrmaligen Bemühungen nicht veröffentlicht worden sei. Der Chefredakteur und der Geschäftsführer des Verlages hätten mitgeteilt, sie hätten die Veröffentlichung des Gegen-Leserbriefes abgelehnt, weil es dazu keine Rubrik gebe. Der Chefredakteur hält die Beschwerde für unbegründet. Der Leserbrief, über den sich der Lehrer beschwere, möge polemisch zugespitzt sein, stachele aber nicht zum Rassenhass an. Er beziehe Stellung zur Reise einer Gruppe von AfD-Abgeordneten auf die Krim und erkläre die Sympathie, die diese Gruppe zu Russland und Putin habe, mit der Lebensgeschichte der Reiseteilnehmer. Das sei nicht rassistisch. Es werde im Leserbrief kritisch angemerkt, dass die Reisegruppe trotz ihrer Einwanderungsgeschichte zu der Fraktion gehöre, die im Bundestag nun gegen Flüchtlinge arbeite. Das ironische „Hervorragende Volksvertreter“ sei eine absolut zulässige Kritik. Dass die Redaktion die Reaktion des Beschwerdeführers nicht veröffentlicht habe, liege an dem begrenzten Platz, den sie für Leserbriefe zur Verfügung habe. „Leserbriefe zu Leserbriefen“ würden deshalb nur sehr selten veröffentlicht.
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