Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Das große Heldentreffen“ berichtet eine Regionalzeitung über die Eröffnung der deutschen Hall of Fame des Fußballs. Diese sei mit einer Gala mit Wein aus der Pfalz eröffnet worden. Der Artikel beleuchtet vor allem den Auftritt von DFB-Präsident Reinhard Grindel vor dem Hintergrund einer im Raum stehenden Affäre um seine Person. Dann heißt es im Bericht unter anderem: „Es gab auch leckeren Wein vom Gut Nett aus dem pfälzischen Duttweiler.“ Ein anonymer Beschwerdeführer trägt vor, er sehe in diesem Satz einen unnötigen Hinweis auf ein Produkt, dessen Nennung überhaupt nicht mit dem eigentlichen Inhalt des Artikels in Verbindung stehe. Der Autor habe offensichtlich in diesem überregionalen Beitrag unbedingt einen Regionalbezug unterbringen wollen. Das wäre mit der Einleitung „mit Wein aus der Pfalz“ ja noch in Ordnung gewesen. Die Nennung des Betriebes, dessen Produkt dann auch noch als „lecker“ beschrieben werde, sei seiner – des Beschwerdeführers - Ansicht nach zu viel. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass sein Blatt in der Pfalz erscheine. Die Eröffnung der Hall of Fame sei ein Ereignis mit bundesweiter Ausstrahlung gewesen. Dass dabei Wein aus der Pfalz ausgeschenkt wurde, sei für eine Zeitung aus dieser Gegend erwähnenswert. Die Verwendung des Attributs „lecker“ sei dabei ebenso wenig als unzulässige redaktionelle Schleichwerbung anzusehen wie die wertfreie Angabe des Winzers mit Namen und Wohnort.
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Eine Großstadtzeitung berichtet wiederholt gedruckt und online über Missstände sowie die intern schlechte Stimmung im örtlichen Tierschutzverein. Für diese wird der Zeitung zufolge die Vorsitzende verantwortlich gemacht. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist Mitglied im Tierschutzverein. Er wirft der Zeitung zahlreiche falsche Tatsachenbehauptungen und tendenziöse Berichterstattung vor. Er beklagt eine fehlende Möglichkeit zur Stellungnahme. Als Beispiel für falsche Tatsachenbehauptungen nennt der Beschwerdeführer, dass die Zeitung einen Zusammenhang zwischen der Kritik durch den Tierschutzverein am Erscheinungsbild einer ehemaligen Mitarbeiterin und ihre Kritik am Vorstand konstruiere. Durch Recherchen hätte der Autor herausfinden können, dass die problematische Tätowierung „1312“ der damaligen Mitarbeiterin dazu geführt habe, mit ihr ein Personalgespräch zu führen. „1312“ stehe für „ACAB“ („All Cops are Bastards“). Dies sei ein kritikwürdiges Erscheinungsbild, insbesondere dann, wenn die Mietarbeiterin Kundenkontakt habe. Die Rechtsabteilung der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Tierschutzverein habe mehrfach die Möglichkeit gehabt, zu der Berichterstattung Stellung zu nehmen. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage. Was dieser schildere, habe schlicht nicht stattgefunden. Die Chefredaktion der Zeitung gehe vielmehr davon aus, dass der Tierschutzverein das zu achtende Instrument der Presseratsbeschwerde missbrauche, um an die Quellen der Redaktion zu gelangen. Die Rechtsvertretung schließt mit der Anmerkung, dass auf ausdrücklichen Wunsch der Chefredaktion zu den Vorwürfen nicht weiter Stellung genommen werde.
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Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Abou-Chaker soll Säure-Anschlag auf Bushidos Frau geplant haben“. Darin wird über ehemalige Verbindungen des Berliner Rappers Bushido zum Abou-Chaker-Clan berichtet. Die Redaktion informiert weiter darüber, dass ein Clan-Mitglied als Zeugin ausgepackt habe und nun angeblich in Aarhus (Dänemark) in einem Zeugenschutzprogramm lebe. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit). Seine Kritik richtet sich gegen die Redaktion, weil diese den vermutlichen Aufenthaltsort der Zeugin preisgebe und diese so unnötig in Gefahr bringe. Eine Stellungnahme der Zeitung ging beim Presserat erst nach dessen Entscheidung ein. Sie konnte deshalb nicht mehr berücksichtigt werden.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Landtagsverwaltung zu faul für eine Sitzung in Waren?“ Im Beitrag geht es darum, dass die Landtagsverwaltung von Mecklenburg-Vorpommern eine Sondersitzung des Parlaments in Waren (Müritz) nicht wolle. Im politischen Schwerin herrsche die Meinung, dass die Verwaltung einfach nur den Aufwand für eine Sitzung außerhalb des Schweriner Schlosses scheue. Aber auch die Landtagsfraktionen zeigten sich wenig begeistert vom Vorschlag eines CDU-Politikers. Beschwerdeführer ist der Direktor des Landtags Mecklenburg-Vorpommern, der sich in seiner amtlichen Funktion gegen die Berichterstattung wendet. Er sieht Verstöße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 9 (Schutz der Ehre). In dem Artikel würden über die Verwaltung des Landtags unwahre Tatsachen verbreitet. Die in dem Artikel enthaltenen Aussagen, die Landtagsverwaltung hintertreibe mit fragwürdigen Mitteln eine Sondersitzung des Parlaments in Waren (Müritz) und habe eine solche ohne den dafür notwendigen Beschluss des Parlaments für so gut wie erledigt erklärt, seien nicht zutreffend. Insoweit sei es auch falsch, von einer Einmischung der Landtagsverwaltung zu sprechen. Diese Aussagen erweckten den Eindruck, die Landtagsverwaltung treffe eigenmächtig Entscheidungen, die dem Parlament vorbehalten seien. Wahr sei jedoch – so der Direktor weiter - , dass sich die Verwaltung exakt an die Vorgaben des Landtags gehalten habe. Die Mitarbeiter hätten absolut korrekt gehandelt. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Das im Beitrag verwendete Wort „hintertreibt“ weise einen deutlichen Meinungsbezug auf. Es handele sich hierbei um eine Bewertung des Verhaltens eines leitenden Mitarbeiters der Landtagsverwaltung. Hier gehe es nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um ein Werturteil. Selbst wenn man darin eine Tatsachenbehauptung erblicken wollte, wäre diese wahr. Die Landtagsverwaltung habe eigenmächtig einem Beschluss des Landtags vorgegriffen.
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Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht online einen als Kolumne gekennzeichneten Artikel unter der Überschrift „So lösen wir unser Klimaproblem“. Im Beitrag heißt es unter anderem, 15 Billionen Dollar würde es einer Studie der „Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien“ zufolge kosten, um die Welt bis zum Jahr 2050 weitgehend auf erneuerbare Energien umzustellen. Weitere Passage: „86 Prozent des weltweiten Energieverbrauches würden dann mit Strom aus Sonne, Wind, Erdwärme und Wasserkraft abgedeckt.“ Ein Leser des Magazins bezeichnet diesen Satz als falsch. Laut Originalstudie könnten erneuerbare Energie bis zum Jahr 2050 86 Prozent des Stromverbrauchs decken. Strom stehe aber momentan für 20 Prozent des Energieverbrauchs und werde laut Studie auf 50 Prozent ansteigen. Damit decken erneuerbare Energien laut Studie 43 Prozent des 2050 erwarteten Energieverbrauchs bzw. 86 Prozent des Stromverbrauchs. Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins merkt an, der Beschwerdeführer habe sich als Analyst für alternative Anlagestrategien möglicherweise einen anderen Fokus der Kolumne gewünscht. Aus ihrer Sicht sei die fragliche Formulierung jedoch nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer mache geltend, dass sich die Angabe laut Studie nicht auf den Gesamtenergieverbrauch, sondern nur auf den Stromverbrauch beziehe. Dies treffe zu. Einen gegenteiligen Eindruck erwecke die fragliche Formulierung allerdings auch nicht. Dass es nur um den Energieverbrauch in Form von Strom gehe, erschließe sich dem Leser ohne Weiteres daraus, dass die Aussage sich ausdrücklich nur auf regenerative Energiequellen für die Gewinnung von Strom und nicht auf deren Anteil am Gesamtenergieverbrauch beiziehe.
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Eine überregionale Tageszeitung veröffentlicht gedruckt und online einen Meinungsartikel unter der Überschrift „Nackte Kokeljockel“. Der Autor hält im Beitrag eine „Brandrede“ gegen Feuerwehrmänner. Diese werden unter anderem als „Komplettversager“ bezeichnet. Dreizehn Leser der Zeitung melden sich beim Presserat mit einer Beschwerde zu Wort. In der Summe wird kaum eine Ziffer des Pressekodex ausgelassen, die die Beschwerdeführer nicht verletzt sehen. Im Wesentlichen stellen sie fest, dass Frauen und Männer, die sich in der freiwilligen bzw. in der Berufsfeuerwehr engagieren, diffamiert und verunglimpft werden. Es handele sich um einen beleidigenden und verächtlichmachenden Beitrag gegen Organisationen, die sich für den Schutz von Menschen und deren Besitz, sowie von Tieren einsetzten. Der Autor – so einige der Beschwerdeführer - stelle die Feuerwehren dar, als würde dort nur der Abschaum der Bevölkerung arbeiten. Einige der Beschwerdeführer stellen fest, bei dem Artikel handele es sich nicht um Satire. Vielmehr sei er eine reine Hetzschrift. Der Presserat beschränkt das Verfahren auf die Ziffern 1, 2 und 9 (Ansehen der Presse, Menschenwürde, Ehrschutz) des Pressekodex. Der Justiziar der Zeitung vertritt die Auffassung, dass der Beitrag nicht gegen publizistische Grundsätze verstoße. Er übermittelt eine Stellungnahme des Autors, in welcher sich dieser – nach nochmaligem Durchlesen seines Textes und der Redaktionen darauf – entschuldigt. Er habe seine Worte überdacht und müsse feststellen, dass sein Text als komische Spekulation und polemische Übertreibung versage.
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„Fahrrad-Schlösser im Test – Diese drei sind richtig sicher!“ titelt eine Boulevardzeitung. Im Bericht informiert die Redaktion über einen Fahrrad-Schloss-Test der Stiftung Warentest. Dabei heißt es, nur fünf Schlösser hätten ein gutes Gesamtergebnis erzielt. Die Zeitung stellt die Testsieger vor. Gezeigt und vorgestellt werden drei Schlösser, die alle von einem namentlich genannten Hersteller produziert werden. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Werbung im redaktionellen Umfeld für die Produkte des namentlich genannten Herstellers. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung. Die Darstellung gerade dieser drei der insgesamt fünf mit einem guten Gesamtergebnis bewerteten Fahrrad-Schlösser berücksichtige exakt den Testaufbau der Stiftung Warentest. Diese habe die zu testenden Schlösser in drei Kategorien unterteilt: Bügelschlösser, Faltschlösser und Kettenschlösser. Die drei Kategorien der Tester aufgreifend, habe die Redaktion schlicht und einfach diejenigen Schlösser abgebildet, die die Stiftung in ihrer jeweiligen Kategorie am besten benotet habe. Dies sei der sinnhafte, weil sachgerechte, objektive und neutrale Grund der Auswahl. Mit getarnter Werbung oder ähnlichem habe diese Berichterstattung nichts zu tun.
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Eine Regionalzeitung berichtet über den zweiten Freispruch einer Polizeibeamtin, der Körperverletzung im Amt vorgeworfen worden war. Sie hatte bei einer Legida-Demonstration Pfefferspray eingesetzt. Die Frau wird als Sophia N. bezeichnet. Die Zeitung veröffentlicht von ihr ein Bild, das mit einem Augenbalken versehen ist. Ein Leser der Zeitung sieht Ziffer 8 des Kodex (Schutz der Persönlichkeit) verletzt, da die Polizistin durch die Berichterstattung identifizierbar sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung führt aus, dass eine Berichterstattung über eine Person dann grundsätzlich als ausreichend anonymisiert anzusehen ist, wenn sich die Angaben zur Person auf Geschlecht, Beruf, Vornamen, Anfangsbuchstaben des Nachnamens, Alter, Wohnort und ein Foto mit ausreichend großem Augenbalken beschränkten. Diese Regel lasse sich aus Presseratsentscheidungen ableiten. Die in der kritisierten Berichterstattung angeführten Angaben zur Person würden zu einer Identifizierung nicht ausreichen.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht ein Interview mit einem Zahnarzt und Heilpraktiker, der dabei Gelegenheit bekommt, über sein Buch mit dem Titel „In aller Munde“ zu sprechen. Dabei geht es auch um den Behandlungsansatz in seiner Praxis für biologische Zahnmedizin. Der Beitrag enthält ein Foto des Buches. Verlag und Preis werden genannt. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung. Zudem moniert er eine völlig unkritische Darstellung der Behauptungen des Interviewten. Die Redaktion gebe dem Zahnarzt eine Werbeplattform für seine haltlosen und wissenschaftlich nicht belegbaren Aussagen. Der Chefredakteur der Zeitung weist darauf hin, dass der beanstandete Beitrag nicht in direkter Verantwortung seiner Zeitung erschienen sei. Vielmehr habe ihn eine benachbarte Zeitung produziert, von der sein Blatt überregionale Seiten beziehe. Die Journalistin, die das Interview geführt hatte, teilt in einer eigenen Stellungnahme mit, dass sie das Buch interessant gefunden und sich deshalb um das Interview bemüht habe. Sie habe dem Mediziner Fragen gestellt, die ihr selbst wichtig erschienen seien und habe sich die Antworten autorisieren lassen. Dies sei ein normaler journalistischer Vorgang. Der interviewte Arzt habe Zahnmedizin studiert und verfolge als Heilpraktiker zusätzlich einen ganzheitlichen Ansatz. Er arbeite ausschließlich mit Keramik und nutze keinerlei Metalle. Er sei kein Scharlatan, sondern promovierter Zahnmediziner. Seine Patienten schienen sehr zufrieden zu sein. Bei dem Beitrag handele es sich nicht um Werbung, sondern um ein nach einer Bucheinführung absolut übliches Interview.
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„Südländer schlagen Salzwedeler brutal zusammen“ titelt eine Regionalzeitung online. Im Beitrag geht es um einen Angriff einer Gruppe von Männern auf einen 31-Jährigen, der dabei schwer verletzt worden sei. Die Redaktion weist einmal in der Überschrift und zweimal im Text darauf hin, dass es sich bei den Tätern um südländisch aussehende Personen bzw. Südländer handele. Nach Auffassung eines Lesers können die Hinweise auf das südländische Aussehen bzw. die südländische Herkunft der Täter Vorurteile schüren. Die Redaktionsleiterin teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass der Beitrag Bezug nehme auf eine Polizeimeldung, in der die Polizei Zeugen aufrufe, zu Identität und Herkunft der Täter Hinweise zu geben. Dabei sei es unbedingt erforderlich und im öffentlichen Interesse gewesen, auf den „südländischen Phänotyp“ (Zitat Polizeimeldung) hinzuweisen. Die Journalistin betont, dass es sich bei der Tat nicht um ein Kavaliersdelikt handele, sondern eine schwere Körperverletzung, bei der ein Mann schwer misshandelt worden sei. Die Täter hätten ihn, als er schon am Boden lag, weiter malträtiert. Die Redaktion habe sich nicht Vorwürfen aussetzen wollen, indem man das Aussehen oder den Hauttyp von gesuchten Straftätern verschweige.
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