Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
In Ihrer Online-Version berichtet eine Boulevardzeitung unter der Überschrift „Christian B. war in Tatortnähe, hat kein Alibi – Hat Maddies mutmaßlicher Mörder mit dem Verschwinden von Inga zu tun?“, dass der mutmaßliche Mörder von Maddie in Sachsen-Anhalt gewesen sei, als Inga verschwand. Nun sei er in den Fokus der Ermittler geraten. Zum Fall Maddie heißt es im Bericht, der Fall könne vor der Aufklärung stehen: „Der mutmaßliche Täter sitzt in Kiel im Gefängnis. Viele Spuren deuten darauf hin…“ (gemeint ist Christian B.) Dann wurde der Bericht abgeändert. In der Neufassung enthielt er ein unverpixeltes Foto des Opfers Inga und auch ein unverfremdetes Bild von Christian B. Zum Beitrag gestellt ist ein Video zum Fall Inga. In der späteren Version ist noch ein weiteres Video beigefügt. Darin erläutert ein Reporter die Ähnlichkeiten der beiden Fälle. Der Presserat erhält zu der Berichterstattung zwei Beschwerden. Nach Auffassung eines Beschwerdeführers verstößt die Berichterstattung gegen mehrere presseethische Grundsätze. Im Beitrag werde der Opferschutz missachtet und zudem ein Foto des Verdächtigen gezeigt, der weder zur Fahndung ausgeschrieben noch angeklagt sei. Der andere Beschwerdeführer macht einen Verstoß gegen Ziffer 13 des Pressekodex (Unschuldsvermutung) geltend. Die Zeitung zeige das unverpixelte Bild eines Verdächtigen, der bisher nicht der Tat überführt worden sei. Für die Zeitung nimmt deren Chefredakteur Stellung. Nach seiner Ansicht habe es nur selten Kriminalfälle gegeben, an denen ein vergleichbar überragendes öffentliches Interesse bestanden habe. Auch die Unschuldsvermutung werde penibel gewahrt. Die Identifizierbarkeit des Verdächtigen Christian B. tangiere keine Vorgaben des Pressekodex. Die gebotene Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und den Persönlichkeitsrechten des mutmaßlichen Täters habe die Redaktion verantwortungsbewusst und differenziert vorgenommen. Aus der Berichterstattung gehe zudem eindeutig hervor, dass es noch keine gerichtliche Verurteilung gebe. Damit werde die Grenze zur Vorverurteilung eingehalten. Zur Veröffentlichung des Fotos der Verschwundenen Inga trägt der Chefredakteur vor, dass kein Verstoß gegen den Opferschutz nach Ziffer 8 des Kodex vorliege. Die Polizeiinspektion Sachsen-Anhalt Nord suche auf der öffentlich zugänglichen Internetseite nach der Vermissten mit dem auch von der Zeitung veröffentlichen Bild.
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Eine Großstadtzeitung veröffentlicht einen Bericht unter der Überschrift „Drama im Norden – Mutter und Kind sterben bei Hausgeburt“. Die Opfer sind im Bericht nicht identifizierbar. Der Beschwerdeführer – er ist Angehöriger des zuständigen Polizeipräsidiums – macht Verstöße gegen die Ziffern 1 (Menschenwürde), 2 (journalistische Sorgfaltspflicht) und 8 (Persönlichkeitsrechte) des Pressekodex geltend. Der Artikel sei falsch. Die Mutter lebe. Es sei zu einem rettungsdienstlichen Einsatz gekommen. Die Polizei hege keinen Verdacht auf eine Straftat. Es bestehe kein öffentliches Interesse an der Berichterstattung. Sie verstoße gegen mehrere presseethische Grundsätze. Das persönliche Leid einer Privatperson zu veröffentlichen, verstoße gegen den Pressekodex. In der Vorprüfung wurde das Verfahren auf die Ziffer 2 beschränkt. Der Autor des kritisierten Berichts stellt in seiner Stellungnahme fest, dass die dem Bericht zugrundeliegenden Informationen von einer Pressesprecherin des Polizeipräsidiums bestätigt worden seien. Diese habe mitgeteilt, dass Mutter und Baby verstorben seien und die Polizei die Ermittlungen zur Todesursache aufgenommen habe. Da sich die Information als falsch erwiesen habe, sei faktisch die Polizei für die falsche Auskunft verantwortlich. Die Redaktion stellt fest, dass sie ihren Bericht entsprechend korrigiert habe, nachdem sie von der falschen Information erfahren hatte. Die Redaktion habe den Fall auch zum Anlass genommen, noch einmal mit dem Autor des Beitrages zu sprechen und ihn gebeten, seine Quellen für sie transparent darzulegen. Dadurch sei sie künftig noch besser in der Lage, nachzuvollziehen, ob der journalistischen Sorgfaltspflicht Genüge getan wurde.
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Ein Mann bedrängt zunächst Passanten, blockiert später mit einem Fahrrad mit Anhänger den Verkehr auf der Hauptstraße und platziert in einer Parallelstraße größere Felsbrocken auf der Fahrbahn. Später stellt er sich mit dem Rad den eintreffenden Rettungskräften direkt vor einer Kinderklinik in den Weg. Über diese Vorkommnisse berichtet eine Großstadtzeitung unter der Überschrift „Felsbrocken auf der Straße – Verwirrter Mann legt Verkehr lahm – Notarzt ausgebremst“. Ein Vertreter des zuständigen Polizeipräsidiums ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Er sieht mehrere Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Der von der Zeitung dargestellte Sachverhalt sei der Polizei nicht bekannt. Es sei keine Strafanzeige erstattet worden. Die Besatzung des Rettungswagens bewerte den Artikel als deutlich übertrieben. Es habe keine massive Bedrohung gegeben. Der Beschwerdeführer vermisst eine Rückfrage des Autors bei der Polizei. Er hätte auf diesem Weg korrekte Informationen erhalten. Der Polizeivertreter sieht auch den Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt. Der Mann sei vorverurteilt worden. Es entstehe der Eindruck, dass es dem Journalisten eher um Sensations- und Effekthascherei und nicht um eine seriöse Berichterstattung gegangen sei. Der nicht mit einem bundeseinheitlich gültigen Presseausweis ausgestattete Journalist gefährde mit seinem zweifelhaften Material die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Presse. Die Beschwerde wurde - beschränkt auf die Ziffer 2 - zugelassen. Der Autor des Beitrags teilt mit, dass er selbst vor Ort gewesen sei, als der Mann seine Aktionen auf der Straße gestartet habe. Er habe mit den Polizeibeamten am Ort des Geschehens gesprochen. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass der Mann polizeibekannt und eine Strafverfolgung wegen psychiatrischer Vorerkrankungen fraglich sei. Die Redaktion berichtet, dass sich die örtliche Polizei wegen des Artikels und der vermeintlich „deutlich übertriebenen“ Darstellung bislang nicht gemeldet habe.
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„Mutmaßlicher Mörder von Maddie (3) – Einbrecher überführten Christian B. als Vergewaltiger“ titelt eine Boulevardzeitung in ihrer Online-Version. Ermittler seien sicher, dass ein Deutscher – Christian B. (43) – Maddie entführt und ermordet habe. Der Mann sitze derzeit wegen Drogenhandels im Gefängnis. 2019 sei er zu weiteren Jahren im Gefängnis verurteilt worden wegen Überfalls und Vergewaltigung einer 72-Jährigen. Überführt worden sei er durch Einbrecher, die in seinem Haus eine Videokamera erbeutet hätten, auf der die Tat zu sehen sei. Die Verurteilung sei noch nicht rechtskräftig. Dem Beitrag ist ein Video beigefügt, das eine unverpixelte Porträt-Aufnahme von B. zeigt. Der Film stellt auch seine kriminelle Vergangenheit dar. Die Rede ist von Verurteilungen wegen Kinderpornografie, sexuellem Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung. Drei Leser der Zeitung sind in diesem Fall Beschwerdeführer. Sie machen Verstöße gegen die Ziffern 8 (Schutz der Persönlichkeit) und 13 (Unschuldsvermutung) geltend. Zwar bestehe schon wegen der BKA-Fahndung grundsätzlich ein überwiegendes öffentliches Interesse an genaueren Angaben, doch ließen die balkenlose Porträtaufnahme und die ersten Zeilen des Berichts („…Jetzt sind die Ermittler sicher: Das Mädchen wurde entführt und getötet! Von einem Deutschen. Laut …-Informationen handelt es sich um den mehrfach vorbestraften Christian B. (43)„) keine Zweifel, dass B. die Tat begangen habe. Dies sei eine Form der Selbstjustiz, die die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen außer Acht lasse. Der Chefredakteur der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Nur selten gebe es Kriminalfälle, an denen ein vergleichbar überragendes öffentliches Berichterstattungsinteresse bestehe. Auch das Gebot der Unschuldsvermutung sei penibel gewahrt worden. Die gebotene Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und den Persönlichkeitsrechten des mutmaßlichen Täters habe die Redaktion verantwortungsbewusst und differenziert vorgenommen.
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Eine Großstadtzeitung berichtet auf der Titelseite unter der Überschrift „Das Monster aus der Laube“ über Enrico L. aus F., der Mitglied eines bundesweiten Pädophilen-Rings sein soll. L. habe jahrelang Kinder missbraucht. Er sitze in U-Haft. Die Titelseite erscheint auch auf der Facebook-Seite der Zeitung. Der Festgenommene wird identifizierbar abgebildet. Zahlreiche Details aus seinem Leben werden genannt. Ein Leser kritisiert die Redaktion, die das Foto veröffentlicht hat, das einen mutmaßlichen Straftäter darstellen solle. Damit werde gegen die im Pressekodex gebotene Unschuldsvermutung verstoßen. Die Chefredakteurin der Zeitung teilt mit, die Zerschlagung des Pädophilen-Rings um Adrian V. sei der größte Erfolg der Polizei in diesem Jahr gewesen. Deshalb sei das öffentliche Interesse – auch an personalisierter Darstellung - außerordentlich groß. In der Abwägung müssten die persönlichkeitsrechtlichen Schutzinteressen des Tatverdächtigen zurückstehen. Die unverpixelte Abbildung von Enrico L., der tief in den Fall verwickelt sei, sei pressethisch in keiner Weise zu beanstanden. Für den verständigen Durchschnittsleser sei schon beim ersten Blick auf die Titelseite klar, dass es noch keine abschließende Verurteilung gegeben habe. Die Chefredakteurin kommt zu dem Ergebnis, dass die Öffentlichkeit bei gravierenden Fällen wie diesem Anspruch darauf habe, über Tat und Täter – und zwar auch personalisiert – informiert zu werden.
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Die Internet-Version einer überregionalen Tageszeitung veröffentlicht auf Twitter einen Teaser mit der Dachzeile/Überschrift „Vorwurf der Bilanzmanipulation: Bafin zeigt Wirecard an“. Nach den Vorwürfen wegen Marktmanipulation gegen den Zahlungsdienstleister habe nun auch die Finanzaufsicht Bafin Anzeige erstattet. Ein Leser der Zeitung sieht in der Überschrift eine Falschaussage. Die Bafin habe Wirecard wegen des Verdachts der Marktmanipulation angezeigt. Dass die Autoren des Wirtschaftsteils den Unterschied zwischen Markt- und Bilanzmanipulation nicht verstünden, könne er sich nicht vorstellen. Die Artikel seien relativ rasch korrigiert worden. Da sei aber der Schaden bereits passiert mit mehr als zehn Prozent Kurssturz an der Börse. Der Geschäftsführer des Verlages und der Leiter der Rechtsabteilung halten die Vorwürfe für unbegründet. Richtig sei, dass in der Dachzeile zunächst von „Bilanzmanipulation“ die Rede gewesen sei. Die aktuelle Anzeige der Bafin gegen Wirecard habe sich aber – so sei es von Anfang an im Text zu lesen gewesen – auf eine mögliche Marktmanipulation bezogen. Tatsächlich hätten jedoch schon länger Bilanzmanipulationen im Raum gestanden, die sich kurz nach der Veröffentlichung im Übrigen auch bewahrheitet hätten. Die Redaktion habe kurz nach der Veröffentlichung bemerkt, dass die Formulierung in der Dachzeile „unglücklich“ gewesen sei. Die Verlagsvertreter halten den Vorwurf des Beschwerdeführers für absurd und abwegig, die kritisierte Meldung sei kausal für den Kurssturz der Wirecard-Aktie gewesen. Nicht die Nachrichten der Medien hätten die Kurse bewegt, sondern das zunehmend undurchsichtige Verhalten der damals noch im Amt befindlichen Wirecard-Führung.
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Ein Gymnasiallehrer hat seinen zweijährigen Sohn sexuell missbraucht. Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über den Prozess und die Berufungsverhandlung unter der Überschrift „Unfassbar“. Der Mann wird als „Holger P (37)“ bezeichnet und mit einem unverfremdeten Foto gezeigt. Ein Leser der Zeitung sieht in der identifizierenden Darstellung eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes des Mannes. Die Rechtsabteilung des Verlags betont, dass die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Täters und dem berechtigten öffentlichen Interesse an der Berichterstattung zwangsläufig zugunsten der Öffentlichkeit ausfalle. Der Täter habe gestanden, der Tatverdacht sei erwiesen und das Strafverfahren sei völlig abgeschlossen. Er sei in zwei Instanzen verurteilt worden, seinen damals zweijährigen Sohn sexuell missbraucht und zahllose Missbrauchs-Dateien besessen zu haben. Das Landgericht habe die Strafe exakt auf die maximale Länge einer Freiheitsstrafe verkürzt, die überhaupt noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Dies habe die Redaktion zum Anlass genommen, über den besorgniserregenden Trend zu berichten, dass Kindesmissbrauch durch die Justiz regelmäßig besonders milde bestraft werde. Gleich zwei Punkte aus Richtlinie 8.1 (Kriminalberichterstattung) seien im vorliegenden Fall erfüllt. So liege eine außergewöhnlich schwere bzw. in ihrer Art und Dimension besondere Straftat vor. Zudem bestehe ein Zusammenhang bzw. Widerspruch zwischen der gesellschaftlichen Rolle des Mannes als Gymnasiallehrer und seiner Funktion. Er habe einfachen Zugang zu Kindern und auch eine besondere Schutzpflicht gegenüber diesen gehabt.
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Sexuelle Kontakte gegen Geschenke“. Im Beitrag geht es um die Gerichtsverhandlung gegen einen Mann, dem sexueller Missbrauch eines elfjährigen Mädchens vorgeworfen wird. Der Angeklagte ist geständig, sagt aber aus, dass das Mädchen sich seine Taten gegen Geschenke habe gefallen lassen. Der Autor des Berichts gibt die Aussagen des Angeklagten ausführlich wieder. Beschwerdeführerin ist in diesem Fall eine Vertreterin des Landesverbandes Frauenberatung. Sie kritisiert eine einseitige Darstellung der Aussagen des Angeklagten. Seine Taten würden dadurch verharmlost. Der Beschuldigte erscheine als Opfer einer vermeintlichen Verführung durch ein elfjähriges Mädchen. Die Überschrift stelle sogar in Frage, ob das Mädchen überhaupt sexuelle Gewalt erlebt habe. In der Berichterstattung finde eine Täter-Opfer-Umkehr statt. Das Opfer werde durch diese Darstellung in seiner Würde verletzt. Der Chefredakteur betont, seine Zeitung sehe es als ihre Pflicht an, ihre Leserschaft ausführlich über das gesellschaftliche Zusammenleben zu informieren. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine Berichterstattung über den ersten Teil des Prozesses. Die unerwartet umfangreichen Schilderungen des Beschuldigten hätten daher ihren Niederschlag im Bericht gefunden. Angesichts der Schwere der Tat sei es aus Sicht der Redaktion von öffentlichem Interesse gewesen, die Denkweise des Angeklagten zu beschreiben. Der Autor habe sich dessen Aussage nicht zu eigen gemacht, sondern darüber distanziert und im Kontext der Anklage berichtet.
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Eine überregionale Tageszeitung veröffentlicht eine Kolumne unter dem Titel „Abschaffung der Polizei: All cops are berufsunfähig“. Hintergrund für den Beitrag sei die Erklärungsnot, in die die Polizei nach den internationalen Black-Lives-Matter-Protesten nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland geraten sei. Die Autorin fragt sich, in welche Branchen man „Ex-Cops“ überhaupt noch „reinlassen“ könne, wenn die Polizei abgeschafft werde. Schließlich sei der Anteil an autoritären Persönlichkeiten und solchen mit „Fascho-Mindset“ in dieser Berufsgruppe überdurchschnittlich hoch. Oder hätten Leserinnen und Leser schon mal von einem Terrornetzwerk in der Backshop-Community gehört? Wohin also mit den über 250.000 Menschen, die dann keine Jobs mehr hätten? Spontan fällt der Autorin nur eine geeignete Option ein: Die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben seien. Unter ihresgleichen fühlten sie sich bestimmt auch selbst am wohlsten. 382 Leserinnen und Leser wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Sie sehen in dem Beitrag keine Satire, sondern Herabwürdigung, Menschenverachtung, Diskriminierung sowie eine Verletzung der Ehre und Menschenwürde von Polizistinnen und Polizisten. Der Artikel greife den Rechtsstaat an und verherrliche den Linksextremismus. Besonders menschenverachtend sei der letzte Absatz. Der Vorschlag, Polizisten auf dem Müll zu entsorgen bzw. sie als Abfall darzustellen, verstoße gegen die Menschenwürde und stachele zum Hass gegen Polizeibeamte auf. Die Rechtsvertretung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, dass der Beitrag nicht gegen presseethische Grundsätze verstoße. Die Autorin des Beitrages stelle und verneine die Frage, ob ihre Kolumne die Grenzen zur Satire überschritten habe. Sie zitiert eine Mitteilung des Presserats: „Grundsätzlich hält der Presserat auch scharfe, polemische Satire für zulässig – solange sie einen sachlichen Kern an Kritik enthält“. Der sachliche Kern ihrer Polemik ergebe sich aus der Black-Lives-Matter-Bewegung, deren Forderung nach Abschaffung der Polizei und der daraus entstandenen Debatte in Deutschland über rassistische Strukturen innerhalb der Polizei. Die Autorin hält es nicht für ihr Recht, sondern auch ihre Pflicht, Staatsorgane wie die Polizei zu hinterfragen und zu kritisieren. Eine Satire bzw. eine Polemik sei dafür kein verbotenes Stilmittel. Sie erlebe als Reaktion auf ihre Kolumne eine enorme rechte Einschüchterungskampagne.
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