Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
„Neues Kita-Gesetz: CDU sieht eklatante Schwächen“ titelt eine Regionalzeitung über die Positionierung einer örtlichen Gliederung der CDU in dieser Sachfrage. Dabei kommen CDU-Vertreter ausführlich zu Wort. Ein Leser der Zeitung sieht eine Verletzung der Sorgfaltspflichten nach Ziffer 2 des Pressekodex. Er stört sich daran, dass in weiten Teilen die Presseerklärung einer politischen Partei fast wortgleich abgedruckt werde, ohne dass dies kenntlich gemacht worden sei. Nur eine Sichtweise werde dargestellt. Eine Einordnung oder Gegenüberstellung erfolge nicht. Durch das Kürzel des Redakteurs werde angezeigt, dass es sich hier um einen redaktionellen Beitrag handele. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt Stellung. Es sei korrekt, dass die Berichterstattung auf einer Pressemitteilung der CDU basiere und von einem Redakteur bearbeitet worden sei. Die Aussagen seien sowohl in direkter als auch indirekter Rede klar einzelnen Sprechern der CDU zugeordnet. Es werde somit keineswegs der Eindruck erweckt, dass der Bericht ausschließlich das Ergebnis einer redaktionellen Arbeit sei. Da es sich um eine Reihe von Zitaten handele, liege es in der Natur der Sache, dass einige Passagen wortgleich mit der Pressemitteilung seien. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es werde nur eine Sichtweise dargestellt, entspreche nicht den Tatsachen. Der Beschwerdeführer habe wohl vergessen zu erwähnen, dass einige Tage zuvor die Sichtweise der örtlichen SPD ausführlich dargestellt worden sei.
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Eine Frauenzeitschrift berichtet online unter der Überschrift „Abnehmen mit Globuli: So sollen die homöopathischen Kugeln gegen Heißhunger und Übergewicht helfen“ über homöopathische Abnehm-Hilfen. Nach ausführlichen Erläuterungen gibt die Redaktion drei Empfehlungen zu Präparaten, die je nach dem individuellen Grund für Übergewicht erfolgreich eingesetzt werden könnten. Unter den Empfehlungen ist das jeweilige Präparat mit Preisangabe abgebildet. Über der Abbildung steht der Hinweis „Affiliatelink“ (Internet-Vertriebsart). Abschließend heißt es im Artikel: „Die Wirkung von Globuli wurde bisher nicht durch wissenschaftliche Studien bestätigt. Probanden sind dennoch überzeugt von dem Erfolg der Präparate.“ Ein Leser der Zeitschrift wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Auch wenn die Empfehlungen insgesamt im Konjunktiv gehalten seien, unterstelle der Text zumindest unterschwellig eine Wirksamkeit der homöopathischen Mittel. Berücksichtigt würden die Produkte eines bestimmten Herstellers. Die Chefredakteurin der Zeitschrift trägt vor, es handele sich bei den beanstandeten Produktabbildungen bzw. Shop-Verlinkungen nicht um Schleichwerbung. Vielmehr seien diese jeweils als „Affiliatelink“ gekennzeichnet gewesen. Die Wirksamkeit homöopathischer Mittel sei auch nicht als sicher dargestellt worden. Dennoch sei man bei der Überprüfung des Artikels zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser insgesamt nicht den Standards der Zeitschrift entspreche, zu denen auch die Einhaltung des Pressekodex gehöre.
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„Frau bei ´Party Night´ in (…) brutal angegriffen“ - unter dieser Überschrift veröffentlicht die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung auch einen Facebook-Post. Die Dachzeile lautet: „Gewalt hat die Disco-Party im Burgtheater überschattet“. Beschwerdeführer ist der Veranstalter der Party Night. Die Zeitung habe den Vorfall eindeutig seiner Veranstaltung zugeordnet. Das sei falsch. Den Fehler habe die Redaktion nach entsprechenden Hinweisen eingestehen müssen. Sie habe die Überschrift geändert und den Artikel in einigen Punkten korrigiert. Dennoch sei trotz mehrfacher Hinweise die erste Version des Artikels auf Social Media nicht angepasst worden. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, der Artikel habe sich vollständig auf die immer noch in dieser Form abrufbare Meldung der regionalen Polizeidirektion bezogen. Bereits in der Überschrift dieser Meldung sei von „mehreren Auseinandersetzungen bei Disco-Veranstaltungen“ die Rede. Es sei dabei nicht nur um den Angriff auf die Frau gegangen, sondern auch um zwei weitere Körperverletzungen auf dieser Veranstaltung, die der Beschwerdeführer als Veranstalter der „Party Night“ auch gar nicht bestritten habe. Der Chefredakteur berichtet, dass die Redaktion nach dem Anruf des Beschwerdeführers, in dem dieser über erhebliche Konsequenzen geklagt habe, sich dazu entschieden habe, die ursprüngliche Überschrift zu ändern. Auch habe man die Aussage des Beschwerdeführers, in der er einen Zusammenhang mit seiner Veranstaltung von sich gewiesen habe, in den Artikel mit aufgenommen.
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Eine Regionalzeitung berichtet online und gedruckt über eine Frage des ehemaligen Sprechers der Grünen-Fraktion, die dieser in einer Ratssitzung gestellt habe. Er habe den Bürgermeister der Stadt in die Nähe von Neonazis gerückt. Der hatte gesagt: „Wir müssen den Standort hochhalten, statt – vor allem in den asozialen Netzwerken – immer alles mieszumachen.“ Weiter zitiert die Zeitung den Grünen-Politiker, dass dieser angemerkt habe, der Begriff „asozial“ sei im Nationalsozialismus und in der DDR zum Rechtsbegriff gemacht worden. Er wolle vom Bürgermeister unter anderem wissen, ob der es für legitim halte, den Begriff wieder salonfähig zu machen. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der namentlich genannte Fragesteller. Die Zeitung habe ihm unterstellt, den Bürgermeister in die Nähe von Neonazis und Rechtsradikalen gerückt zu haben. Richtig sei, dass der Bürgermeister dieser Meinung sei und dies als Beleidigung empfinde. Der Autor des Beitrages habe die Gelegenheit, mit ihm über die Angelegenheit zu sprechen, nicht genutzt. Der Chefredakteur bekennt, dass er „sehr unglücklich“ sei, dass sich der Konflikt so zugespitzt habe. Mit der Aussage im Rahmen einer Ratssitzung stelle der Beschwerdeführer selbst eine Verbindung zwischen den Aussagen des Bürgermeisters und dem Sprachgebrauch in den Regimen des Nationalsozialismus und der DDR her. Der Autor des Artikels habe dieses vom Beschwerdeführer geschaffene Verhältnis in der Schlagzeile zugespitzt. Nach Meinung des Chefredakteurs wäre eine differenziertere Schlagzeile möglich gewesen. Sachlich falsch sei diese Zuspitzung aber nicht.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht auf der Titelseite ein Foto unter der Schlagzeile „Ferienzeit mit Badespaß“. Bei der Berichterstattung geht es um den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern. Zu diesem Thema bringt die Zeitung im Innern der Ausgabe einen ausführlichen Bericht. Das Titel-Foto zeigt ein kleines Mädchen. Es trägt Schwimmflügel, deren Produktname deutlich erkennbar zu lesen ist. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung. Er kritisiert, dass der Produktname der Schwimmflügel „überdeutlich“ zu sehen ist. Ein Verlagsvertreter stellt fest, bei der Illustration der Berichterstattung über Ferien im Land Mecklenburg-Vorpommern ließe es sich nicht vermeiden, dass der auf den Schwimmflügeln angebrachte Herstellername auf dem Foto zu sehen sei. Dies allein begründe keine Schleichwerbung. Das gelte auch für Fotos, auf denen Menschen Kleidungsstücke oder Sportutensilien mit den Logos von Sportartikelherstellern trügen. Eine bebilderte Sportberichterstattung wäre sonst undenkbar. Der Verlagsvertreter weiter: Werbliche Formulierungen in der Textberichterstattung fehlten vollständig. Werbe- oder reklamehafte Anpreisungen seien nicht im Ansatz erkennbar. Die Grenze zur Schleichwerbung sei somit nicht überschritten worden.
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Eine Großstadtzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe unter der Überschrift „Gewalt-Orgie in Shisha-Bar: Attentat in Hanau – elf Menschen sterben“ über den Anschlag von Hanau. Die Redaktion zeigt Bilder vom Tatort. Ein Leser der Zeitung kritisiert vor allem ein Foto, auf dem ein offenbar erschossenes Opfer hinter dem Steuer eines Autos sitzt. Man kann dessen blutverschmiertes Gesicht erkennen. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht von einem enormen öffentlichen Interesse an einer umfassenden Berichterstattung. Diese umfasse auch den Bildbereich. Das Bild, an dem sich der Beschwerdeführer störe, und die dazugehörende Berichterstattung habe die Zeitung von einer Agentur bezogen, bei der es sich um eine sogenannte privilegierte Quelle handele, so dass sich die Redaktion auf die Berichterstattung verlassen konnte. Die Redaktion habe das Foto schon vor dem Eingang der Beschwerde entfernt. Das Opfer – so die Rechtsvertretung weiter – sei entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht erkennbar. Ein Verstoß gegen Ziffer 8 (Persönlichkeitsschutz) des Pressekodex sei also nicht gegeben. In jedem Fall bestehe an der Bildberichterstattung ein erhebliches öffentliches Interesse (Richtlinie 8.1). Die Hanauer Opfer seien zu keinem Zeitpunkt zum Objekt der Berichterstattung gemacht oder in irgendeiner Form herabgewürdigt worden. Die Zeitung habe ausgewogen berichtet, ohne dass einzelne Opfer erkennbar gemacht worden seien.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online unter der Überschrift „Das groteske Manifest des Hanau-Terroristen“ einen Bericht und ein Video. In dem Bericht erklärt die Redaktion die Argumentationsmuster, die der Attentäter von Hanau in seinem Manifest verfolgt habe: Dass sich beispielsweise die angebliche Rolle des „Geheimdienstes“ durch das Manifest von Tobias Räthjen ziehe, dass er „Grob- und Fein-Säuberungen“ fordere, weil ihm die Ausweisung ausländischer Menschen aus Deutschland nicht ausreiche und dass er eigene angebliche „Überwachungserfahrungen“ detailliert schildere. Aufmacherfoto ist ein Porträt des Terroristen, das wahrscheinlich aus einem der Bekennervideos stamme. Die Redaktion veröffentlicht Teile eines Videos, das die Tat nicht unmittelbar ankündigt, in dem der Attentäter jedoch vor laufender Kamera seine Weltsicht und seine Wahnfantasien beschreibt. Ein Reporter der Zeitung analysiert das Video und vermutet, dass der Attentäter unter paranoider Schizophrenie bzw. Narzissmus leide. Der Reporter vergleicht den Täter von Halle mit dem von Hanau. Der Attentäter von Halle sei in eine Internetkultur eingebettet gewesen und habe sich als Teil einer Bewegung gefühlt, während bei dem Hanau-Attentäter die klinischen Krankheitsanteile überwögen, so der Reporter. Zwei Beschwerdeführer sehen im Video und im Textbeitrag einen Verstoß gegen die Richtlinie 11.5 des Pressekodex, weil das Manifest des Täters von Hanau auf der Titelseite regelrecht präsentiert werde. Die Redaktion biete dem Täter die Bühne, die der gesucht habe. Der Chefredakteur der Zeitung spricht von einem umfassenden Informationsauftrag der Presse. Diesem Auftrag sei die Redaktion – wie andere Medien auch - durch die auszugsweise Veröffentlichung aus dem “Manifest des Hanau-Terroristen“ nachgekommen. Die Redaktion habe nicht gegen den Kodex verstoßen. Gegen Ziffer 11, Richtlinie 11.5, werde nur dann verstoßen, wenn die in Rede stehende Straftat durch einen Pressebericht nachträglich gerechtfertigt oder relativiert werde bzw. die Opfer der Straftat unangemessen belastet würden. Keine dieser Voraussetzungen sei erfüllt.
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Eine Wochenzeitschrift berichtet online unter der Überschrift „Sturm um Höcke“ über einen Auftritt des thüringischen AfD-Landeschefs bei einer Pegida-Demonstration in Dresden. Unter anderem wird dieser wie folgt zitiert: „Wir werden diese sogenannte Zivilgesellschaft dann leider trockenlegen müssen.“ Ein Leser der Zeitschrift teilt mit, Björn Höcke werde falsch zitiert. Er habe wörtlich gesagt: „Und auch das werden wir abstellen, wenn wir in Regierungsverantwortung sind. Wir wollen ein freies Land. Wir wollen, dass unsere Bürger sich frei und unmanipuliert eine Meinung machen können. Der Staat darf nicht als Ideologieproduzent auftreten und deswegen werden wir diese sogenannte Zivilgesellschaft, die aus Steuergeldmillionen finanziert wird und sich daraus nährt, dann leider trockenlegen müssen.“ Der Aufforderung, das richtigzustellen, sei die Redaktion nicht nachgekommen. Die Rechtsvertretung der Zeitung äußert sich zu der Beschwerde. Björn Höcke, davon dürfe man ausgehen, hätte sich bei der Zeitschrift gemeldet, wenn er sich falsch zitiert gesehen hätte. Dies sei nicht geschehen. Er fühle sich also offensichtlich richtig wiedergegeben.
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Ein Autofahrer fuhr in einen Rosenmontagszug in Volkmarsen. Die Lokalzeitung titelt: „Drama beim Rosenmontagsumzug: Mindestens ein Dutzend Verletzte in Volkmarsen“. Angeteasert wird der Beitrag so: „Anschlag beim Rosenmontagszug in Volkmarsen. Mindestens ein Dutzend Verletzte.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Zeitung „reißerisch“ von einem „Anschlag“ berichte, ohne dass die Polizei dies zum Berichtszeitpunkt bestätigt hätte. Er sieht einen Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht), wonach unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen als solche erkennbar gemacht werden müssten. Der Redaktionsleiter erklärt zu der Beschwerde, angesichts der Ausnahmesituation, in der der Reporter sich befunden habe, sei es aus Sicht der Redaktion nachvollziehbar gewesen, dass er die Formulierung „Anschlag“ verwendet habe. Die Redaktion halte die Bezeichnung „Anschlag“ nicht für problematisch. Laut Duden handele es sich um einen gewalttätigen, auf Vernichtung und Zerstörung zielenden Angriff. Als solcher habe sich dem Reporter vor Ort das Geschehen dargestellt.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über die Amokfahrt von Volkmarsen, wo ein Mann mit seinem Pkw in einen Rosenmontagszug gerast war. Die Zeitung zitiert den Landrat: „Mir kamen weinende Menschen entgegen. Es lagen vor allem verletzte Kinder auf der Straße, aber auch Ältere. Kinder kamen zu mir und sagten, es habe ´plopp, plopp, plopp´ gemacht, immer wenn das Auto einen Menschen überrollt hatte“. Siebzehn Leser der Zeitung wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie empfinden die Formulierung „plopp, plopp, plopp“ als geschmacklos und respektlos gegenüber den Opfern des Karnevalumzuges. Die Beschwerdeführer beziehen sich allerdings nicht auf das Zitat des Landrats im Text, sondern auf eine gleichlautende Zwischenüberschrift, die anscheinend inzwischen geändert wurde und online nicht mehr verfügbar ist. Es handele sich offenbar um das Zitat eines Kindes, das die Ereignisse noch nicht adäquat in Worte fassen könne. Einen Beschwerdeführer überkommt “endlose Wut“, wenn er an die Eltern denke, die lesen müssten, es habe plopp gemacht, als ihr Kind überfahren wurde. Einige Beschwerdeführer sehen einen Verstoß gegen die Ziffer 11 des Pressekodex, wonach die Presse auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid verzichtet. Die Rechtsvertretung der Zeitung nimmt Stellung. Es sei nicht ersichtlich, warum es unethisch sein solle, dass Zeugen eines schrecklichen zeitgeschichtlichen Ereignisses ihre Wahrnehmung mitteilten. Hätten die Medien die überlebenden Feuerwehrleute vom 11. September 2001 nicht zu Wort kommen lassen dürfen, als sie erzählten, wie die Menschen in den brennenden Trümmern des Word Trade Center schrien, bevor sie in den Tod sprangen?
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