Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Unter der Überschrift “30 Anlagen, die Sie meiden sollten” berichtet eine Wochenzeitschrift über dubiose Geldanlagen und in diesem Bereich tätige Firmen. Unter dem Stichwort “Baugenossenschaften” wird die “Masche” findiger Immobilienhändler geschildert, Kleinsparern und kinderreichen Familien riskante Anteile an ostdeutschen Plattenbauten zu verkaufen. Als Beispiel dafür wird u.a. eine Baugenossenschaft in Süddeutschland angeführt, der ein Anlegerschutzdienst besonders unseriöse Werbung vorwirft. Die genannte Baugenossenschaft sieht sich in ungerechtfertigter Weise mit Betrügereien in Verbindung gebracht und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie sei auf einem völlig anderen Geschäftsfeld tätig und betreibe keinen Immobilienhandel. Nach ihrer Ansicht bestehe keinerlei Bezug zwischen ihr und den zuvor geschilderten Vorgehensweisen. Die Zeitschrift erklärt, sie habe zu Beginn des Beitrages deutlich darauf hingewiesen, dass sich ein Zusammenhang zwischen Vorgehensweise und Beispiel nicht immer konkret nachweisen lasse. Deshalb habe man in dem Artikel die Schilderung der Verkaufsmasche und die Beispiele inhaltlich und optisch auch strikt getrennt. (1996)
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Eine Regionalzeitung stellt anlässlich der Markteinführung das neue Modell eines Autoherstellers vor. Sie berichtet in derselben Ausgabe über den Bau eines Vertriebszentrums für Kleinwagen und lässt das Vorstandsmitglied einer Versicherung zu Wort kommen, das sich über die Notwendigkeit einer Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung durch private Vorsorge äußert. Ein Leser des Blattes erkennt in den drei Beiträgen Schleichwerbung und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitung hält die kritisierten Beiträge für journalistisch einwandfrei. (1997)
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“Keiner will das Zeug” schreibt eine Zeitschrift über das Geschäft mit Wasserkissen und Luftfiltern. Sie berichtet u.a. über zweideutige Auftragsformulierungen, die vermutlich betrügerischer Art seien. Die Zeitschrift nennt dabei eine Firma, welche dieses Absatzsystem, das bereits zwei Dutzend Staatsanwaltschaften beschäftige, praktiziere. Als Beispiel für die Geschäftspraktiken dieser Firma wird ein Unternehmen angeführt, das eine Bestellung von Filtergeräten für rund 20.000 D-Mark getätigt, aber eine Rechnung über rund 200.000 D-Mark erhalten habe. Der Anwalt der kritisierten Firma wendet sich an den Deutschen Presserat. Der Artikel suggeriere, dass seine Mandantin mehr Ware in Rechnung stelle als diese in Auftrag gegeben habe. Damit würde ihr Betrug unterstellt. Der Beispielfall sei frei erfunden. Als Beweis dafür legt er Originalvereinbarungen zwischen beiden Firmen vor. Weiterhin moniert der Anwalt, dass die Zeitschrift eine Gegendarstellung nicht abgedruckt hat. Die Rechtsabteilung des Verlags teilt mit, die Redaktion bleibe bei ihrem Vorwurf. Der Filterlieferant habe sich im deutschsprachigen Raum einen äußerst zweifelhaften Ruf erworben, was dadurch belegt werde, dass sich zahlreiche Gerichte im In- und Ausland mit den unseriösen Machenschaften des Unternehmens beschäftigen. Als Beweis dafür legt die Rechtsabteilung eine Aufstellung der Gerichtsurteile gegen die Beschwerdeführerin vor, der die Klageschrift der zitierten Bestellfirma entnommen ist. Der vom Beschwerdeführer als “frei erfunden” bezeichnete Fall sei in der Zeitschrift richtig beschrieben worden. Der Geschäftsführer der Abnehmerfirma habe ursprünglich Waren im Gesamtwert von rund 24.000 Schweizer Franken bestellt. Darauf hätten ihn Mitarbeiter des Lieferanten überzeugt, dass er zusätzlich noch einige “Montageteile” benötige. In der Annahme, dass diese Teile den Gesamtpreis nicht unverhältnismäßig in die Höhe treiben, habe er den Auftrag unterzeichnet. Dieser enthielt lediglich Mengenangaben nebst Einzelpreisangaben. Eine Gesamtsumme wurde nicht ausgewiesen. Erst als der Auftrag nach Rückkehr des Geschäftsführers an den Firmensitz nachgerechnet wurde, ergab sich die Summe von rund 284.000 Franken. Dies bedeutete, dass die “nötigen Montageteile” einen Gesamtwert von 260.000 Mark ausmachten. (1996)
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Die Projektleiterin einer Ausstellung über die Kindergärten in der DDR beklagt sich beim Deutschen Presserat über die Passage eines Interviews in einer Tageszeitung, die sie komplett falsch wiedergegeben sieht. Es werde damit der Eindruck erweckt, sie vergleiche ihre Ausstellung inhaltlich mit der Wehrmachtsausstellung. Ihr Anliegen sei vielmehr gewesen, eine Aussage zu den Zeiträumen zwischen Ereignis und Darstellung zu machen. In einem zweiten Artikel werde die Aussage des Interviews sinngemäß wiederholt (“In ihrer Bedeutung für die Geschichtsaufarbeitung verglich sie die Schau mit der Wehrmachtsausstellung.”). Die Chefredaktion des Blattes sieht sich außerstande, den O-Ton des Interviews zu rekonstruieren, da das Tonband inzwischen überspielt worden ist. Die Interviewerin bestätigt, dass das Gespräch nicht in vollem Wortlaut wiedergegeben worden ist, die veröffentlichten Passagen aber wortwörtlich dem Originalprotokoll entnommen worden sind. Der Zusammenhang zwischen ihrer Ausstellung und jener über die Wehrmacht sei unbestreitbar von der Beschwerdeführerin selbst hergestellt worden. Die Chefredaktion ist der Ansicht, dass auch an keiner Stelle der zweiten Veröffentlichung suggeriert werde, dass die Projektleiterin beide Ausstellungen inhaltlich vergleichen wolle. Es gehe vielmehr um einen ganz anderen Aspekt, nämlich die Bedeutung der Geschichtsaufarbeitung. Es sei nicht unüblich, dass Gesprächspartner das Gesagte im nachhinein anders bewerten als im Verlauf des Gesprächs. (1997)
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Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrem Sportteil in großer Aufmachung über ein Reitturnier, das von einer Bierbrauerei gesponsert wird. In dem Beitrag wird achtmal der Name der Brauerei genannt. Auf der selben Seite befindet sich unten links eine große Anzeige der Brauerei. Ein Zeitungsverlag legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er sieht in der mehrmaligen Nennung des Firmennamens Schleichwerbung. Der Druck aus Inserentenkreisen werde nicht auszuhalten sein, wenn das, was hier praktiziert werde, weiter Schule mache. Die Chefredaktion der kritisierten Zeitung weist darauf hin, der in dem Hallenturnier ausgetragene Cup sei nach der Brauerei benannt. Insofern sei der Hinweis auf die Firma allein schon redaktionell bedingt gewesen. Von einer Schleichwerbung könne demzufolge nicht gesprochen werden. Würde man auf die Nennung des Sponsors verzichten, würde das dazu führen, dass über ein namenloses Turnier berichtet werden müsse. Dies wäre eine unvollständige und unzutreffende Berichterstattung. Der Cup sei immerhin mit 66.000 D-Mark dotiert und dies könne man nicht mitteilen, ohne den Sponsor zu nennen. Die Veröffentlichung der Anzeige der Brauerei auf derselben Seite stellt nach Ansicht der Chefredaktion keine Verquickung redaktionellen Textes mit einer Werbung dar. Schließlich werde über ein aktuelles Ereignis berichtet und dies könne wiederum nicht bedeuten, dass für den Zeitpunkt der Berichterstattung über das Turnier Anzeigen der Brauerei nicht veröffentlicht werden dürfen. Zudem werde in dem redaktionellen Beitrag das Bier der Brauerei nicht lobend hervorgehoben. (1997)
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Zwei Zeitungen berichten über ein Steuerermittlungsverfahren gegen den Berater eines Tennisstars, dessen Wohnung gleichfalls durchsucht worden sei. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass das Verfahren gegen den Rechtsanwalt neu eingeleitet wurde und im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Tennisstar steht. Als der Betroffene bei der Zeitung am Ort seiner Tätigkeit interveniert, schwächt diese in ihrer nächsten Ausgabe diesen Eindruck ab. War in der ersten Schlagzeile noch davon die Rede, dass die Steuerfahnder jetzt auch bei dem Manager sind, kündigte die zweite nur noch Ermittlungen des Staatsanwalts an. Der Anwalt reicht Beschwerden beim Deutschen Presserat ein. Er sieht die Sachlage falsch dargestellt. In Wirklichkeit laufe bereits seit Ende 1995 ein Steuerermittlungsverfahren gegen ihn, über das die Zeitung zum damaligen Zeitpunkt schon berichtet habe. Es stehe in keinem Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Tennissportler. Die zweite Zeitung erwecke den falschen Eindruck, er habe die Steuererklärung des Tennisstars erstellt und dessen Wohnung sei nur wegen der Ermittlungen gegen ihn durchsucht worden. Die Chefredaktion der ersten Zeitung räumt ein, dass sie schon einmal über diesen Steuerfall geschrieben habe. Zum damaligen Zeitpunkt habe es sich aber nur um ein Gerücht gehandelt. Jetzt habe man erneut darüber berichtet, da die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren offiziell bestätigt habe. Nach der Beschwerde des Betroffenen habe man klargestellt, dass kein neues Verfahren vorliege, aber eine erstmalige Bestätigung der Ermittlungen. Die Chefredaktion der zweiten Zeitung teilt mit, dass der Beschwerdeführer einen Unterlassungstitel erwirkt habe, durch den der Zeitung untersagt wurde, den Eindruck zu erwecken, gegen den Anwalt werde im Zusammenhang mit einem Verfahren gegen den Tennisspieler ermittelt. Diese einstweilige Verfügung habe die Zeitung unmittelbar anerkannt und sich gegenüber dem Betroffenen bereit erklärt, eine klarstellende Mitteilung zu veröffentlichen. Die sei geschehen. In diesem Zusammenhang habe man dem Beschwerdeführer angeboten, im Rahmen eines Interviews seine Sicht der Dinge darzulegen. Daran habe er jedoch kein Interesse gehabt und sich mit der von der Redaktion entworfenen Darstellung zufrieden gegeben. (1997)
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Unter der Überschrift “Streit um 20 Mark endete tödlich” berichtet die Stadtausgabe einer Regionalzeitung über das Ermittlungsverfahren gegen einen 15jährigen Jungen, der einen 18jährigen erstochen haben soll. Der Junge wird mit Vornamen und Anfangsbuchstaben des Nachnamens genannt. In dem Beitrag wird erwähnt, dass er bereits drei Monate zuvor vom Jugendgericht eine zweijährige Bewährungsstrafe erhalten hat. Die Mutter des Verdächtigten moniert in ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Namensnennung. Der Vorname ihres Jungen sei selten. Dadurch sei er leicht identifizierbar. In der Erwähnung der Vorstrafe sieht sie zudem eine Vorverurteilung. Die Zeitung gibt keine Stellungnahme ab. (1996)
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“Ehepaar türmte” verkündet eine Lokalzeitung auf ihrer Titelseite. Im Innern des Blattes werden die Hintergründe der Flucht ausführlich beschrieben. Bereits zweimal habe sich das Amtsgericht mit dem Ehepaar befasst. Es habe zig Luxusgüter bestellt, aber nicht bezahlt. Als jetzt zum wiederholten Male der Gerichtsvollzieher angerückt sei, habe er vor verschlossener Tür gestanden. Das “Betrügerpärchen” – so die Überschrift – sei samt Doggen in den sonnigen Süden verschwunden. Die Zeitung nennt die Betroffenen beim Vornamen und kürzt den Familiennamen ab. In dem Artikel wird das Ehepaar zweimal als “Betrügerpärchen” bezeichnet. Die Betroffenen beschweren sich beim Deutschen Presserat. Die Informationen seien entstellt, verfälscht und unwahr wiedergegeben. Man habe keine Gelegenheit gehabt, sich zu den Darstellungen zu äußern, und werde vorverurteilt. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf eine solide Recherche. Ursache der Vollstreckungsbemühungen des Gerichtsvollziehers seien Betrügereien, die dazu inspirierten, Volkes Stimme zu übernehmen und das Ehepaar als “Betrügerpärchen” zu bezeichnen. (1996)
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Die Sportgala des heimischen Sportvereins ist Thema eines großen Berichts in der örtlichen Zeitung. Es wird erwähnt, dass der Verein als Gäste einen jungen Kunstradfahrer und die Jugendtanzgruppe eines auswärtigen Clubs eingeladen habe. Wörtlich schreibt die Autorin dann: “... während für den Break-Dance hausgemachte Eigengewächse zur Verfügung standen – ein paar im Ort als durchaus gefährlich bekannte Halbwüchsige, denen jetzt einmal Gelegenheit geboten wurde, ihre überschüssigen Kräfte sehr sinnvoll und zur Freude des Publikums in dynamische Tanzfiguren umzusetzen.” Im Namen der betroffenen Kinder und deren Eltern beschwert sich ein Vater beim Deutschen Presserat. Er sieht in der zitierten Passage eine Diskriminierung der Jugendlichen als “Halbkriminelle”. Die Autorin des Beitrags habe zudem ihre Sorgfaltspflicht verletzt, denn ihre Behauptung beruhe ausschließlich auf der telefonischen Aussage eines Informanten. Ihr Text enthalte ferner zahlreiche weitere sachliche Fehler. Die Verlags- und Redaktionsleitung der Zeitung gesteht, dass der Text nur oberflächlich redigiert worden ist. Der Bericht sei telefonisch recherchiert worden, was nicht gerade sehr vorbildlich, aber im Notfall durchaus vertretbar sei. Informant sei ein Mitglied des Vereins gewesen, das an der Veranstaltung teilgenommen habe und als seriös gelte. Der Mann habe mehrmals den Begriff “gefährlich” erwähnt. Das Verhalten der erwähnten Jugendlichen sei in der Tat auffällig gewesen. Die Zeitung räumt aber ein, dass die Formulierung “gefährlich” unglücklich gewählt sei und ohne Frage hätte gestrichen werden können. Die Leiterin der Redaktion habe vergeblich versucht, sich mit den Beschwerdeführern zu einigen. Der Abdruck einer Gegendarstellung, die Veröffentlichung eines Leserbriefs oder eine Wiedergutmachung in Form einer Reportage über die Lebenssituation der Jugendlichen im Ort ganz aus deren Blickwinkel seien leider abgelehnt worden. (1997)
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Der britische Außenminister Rifkind kritisiert den Bericht des BSE-Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments. Eine Tageszeitung berichtet darüber. Der Beitrag schließt mit der Passage: “Als habe ihn seine Rede nicht ganz überzeugt, schloss der Jude Rifkind – ironisch apologetisch – mit dem deutsch hervorgebrachten Lutherwort: ‘Hier stehe ich, ich kann nicht anders’.” Ein Leser in Großbritannien, 1938 der Gestapo entkommen, beschwert sich beim Deutschen Presserat. 52 Jahre nach Ende der Judenverfolgung im Dritten Reich könnten die Menschen, die das alles miterlebt haben, einfach nicht erlauben, dass dieselbe Beschreibung von damaligen Mitbürgern als “der Jude” oder “die Jüdin” heute wieder zum Vorschein komme. Die Zeitung erklärt, dass das kritisierte Zitat ausschließlich zutreffende Tatsachenbehauptungen und eine nachvollziehbare persönliche Wertung der Autorin enthalte. Die Autorin halte es für höchst bemerkenswert, dass ein britischer Jude den Protestanten Luther, der ein Antisemit gewesen sei, in deutscher Sprache zitiert habe. Eine antisemitische Äußerung oder eine Diskriminierung des damaligen britischen Außenministers sei weder erfolgt noch beabsichtigt gewesen. Nach Auffassung der Zeitung ist der Beitrag nicht nur fehlinterpretiert, sondern auch falsch übersetzt worden. Die korrekte Übersetzung hätte nicht “the jew Rifkind”, sondern “Rifkind, who is jewish” lauten müssen. Es sei zu Missverständnissen gekommen, da im angelsächsischen Raum der Begriff “jew” auch als Schimpfwort verwendet werde. (1997)
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