Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Wochenzeitschrift kündigt online die Quizshow eines Privatfernsehsenders an, die im Titel auch den Namen eines Reportagemagazins trägt. In der Beschwerde an den Presserat wird kritisiert, dass die ausgiebige und positive Programmankündigung ein Eigeninteresse des Verlags berühre. Denn die Wochenzeitschrift und das Reportagemagazin gehörten beide zu dem Privatsenderkonzern. Dies werde gegenüber der Leserschaft nicht hinreichend transparent gemacht. Die Redaktion gibt zu der Beschwerde keine Stellungnahme ab.
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„Killer-Teenie suchte selbst noch mit nach Joel“: Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über die Tötung eines Sechsjährigen. In dem Beitrag heißt es, die Ermittler seien sich sicher, dass der 14-Jährige den kleinen Jungen erstochen habe. Mehrfach wird er als „Killer“ bezeichnet. Warum er „den kleinen Jungen tötete“, bleibe ein Rätsel. Bebildert ist der Artikel unter anderem mit einem Foto des tatverdächtigen Jugendlichen, bei dem die Gesichtspartie mit einem schwarzen Balken versehen ist. Die Beschwerdeführerin kritisiert Verstöße gegen den Jugendschutz und gegen das Verbot der Vorverurteilung. - Wegen des Fotos erweitert der Beschwerdeausschuss die Beschwerde auf einen möglichen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz. Die Zeitung will sich zu dem Fall erst äußern, wenn eine vom Presseratsplenum eingesetzte Arbeitsgruppe grundsätzliche Fragen zur Verwendung des Begriffs „Killer“ geklärt und bekanntgegeben hat.
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Eine Lokalzeitung berichtet über die Verurteilung eines Mannes, der wiederholt die zwölfjährige Tochter seiner Lebensgefährtin missbraucht hat. Der Artikel schildert detailliert den Ablauf der Übergriffe in der Badewanne und im Bett des Paares. Erwähnt wird auch die Aussage des Angeklagten, dass das Mädchen bereits anderweitig unangenehme sexuelle Erfahrungen gemacht habe: Gleichaltrige aus dem Dorf seien bei „Mutproben" übergriffig geworden. Er selbst wird als 49-Jähriger bezeichnet, der früher in einem Ort im Landkreis erfolglos bei einer Bürgermeisterwahl kandidiert habe. Der Beitrag ist mit einem als Symbolfoto gekennzeichneten Bild illustriert, auf dem eine junge Frau ein Schaumbad genießt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers lässt der Artikel eindeutige Rückschlüsse auf die betroffenen Personen zu. Der Verurteilte sei in der Region als Bürgermeisterkandidat zumindest teilweise bekannt, womit sein Wohnort und andere Beteiligte problemlos identifiziert werden könnten. Die Schilderung der Taten sei unnötig detailliert und reißerisch. Unverantwortlich sei der Vorwurf gegen Gleichaltrige des Opfers. Als Folge seien in der Region nunmehr die Jugendlichen dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs ausgesetzt. Die Zeitung hält alle Prozessbeteiligten für sorgfältig anonymisiert.
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Eine Wochenzeitung erscheint mit einer Beilage, in der Kreuzfahrten und andere Reisen umfangreich und positiv beschrieben werden. Der Titel der Beilage setzt sich zusammen aus dem Namen der Zeitung und dem Zusatz „Reiseträume“. Unten auf der Titelseite steht: „Eine Sonderveröffentlichung des [...]Verlages“. Der Beschwerdeführer kritisiert einen klaren Verstoß gegen das Gebot zur Trennung von Werbung und Redaktion. In dem Heft werde offen Werbung für Reiseanbieter gemacht (teilweise mit den Headlines „Reiseempfehlung“), ohne sie als bezahlte Anzeigen kenntlich zu machen. Der Verlag bestätigt, dass die Wochenzeitungsbeilage bezahlte Werbetexte und -bilder oder Anzeigen enthalte.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht einen Bericht über einen vorbestraften Sexualstraftäter, der wenige Wochen nach seiner letzten Haftentlassung ein zehnjähriges Mädchen missbraucht haben soll. Aktueller Anlass des Berichts sind „Irritationen um Aussagen der Staatsanwaltschaft“. Die Zeitung wirft der Behörde vor, sie habe noch vor dieser Tat einen neuerlichen Haftbefehl gegen den Mann „erhoben“, aber habe dieses Dokument noch tagelang „in der Schublade“ liegen lassen. In der Zwischenzeit habe der Vorbestrafte das Mädchen missbraucht. Zum zeitlichen Ablauf zitiert die Zeitung den Leitenden Oberstaatsanwalt. Demnach habe die Staatsanwaltschaft den Haftbefehl bereits am Freitag, 8. September, beim Amtsgericht erhoben. „Aber“, so die Zeitung weiter: „Das Amtsgericht hatte die Akte tagelang nicht vorliegen. Wäre sie, z.B. per Boten, rechtzeitig angekommen, hätte die Entführung und der Missbrauch des zehnjährigen Opfers vielleicht verhindert werden können. Die Tat war am Montag, 11. September.“ Laut Zeitung soll ein Stempel belegen, dass die Akte am 13. September noch immer bei der Staatsanwaltschaft gelegen habe. Nach Angaben des Amtsgerichts sei die Verfahrensakte der Staatsanwaltschaft mit Anklageschrift und Haftbefehlsantrag erst am 14. September bei Gericht eingegangen, also drei Tage nach der Tat. Beschwerdeführer ist der von der Zeitung namentlich genannte und im Foto gezeigte Leiter und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft. Die Zeitung habe wahrheitswidrig behauptet, die Behörde habe bereits am 8. September beim Amtsgericht einen Haftbefehl erhoben. In Wirklichkeit sei Anklage erhoben worden (wegen Verstößen gegen die Führungsaufsicht nach der letzten Haftentlassung des Mannes), verbunden mit einem Antrag auf einen Haftbefehl. Die Anklageschrift samt Haftbefehlsantrag habe natürlich auch nicht in einer „Schublade“ seiner Behörde gelegen. Über den Zeitpunkt der Anklageerhebung habe er der Zeitung die Wahrheit gesagt. Maßgeblich sei die Verfügung, mit der die Anklageschrift in den Geschäftsgang gegeben werde. Der zuständige Oberstaatsanwalt habe diese Anklagebegleitverfügung am 8. September unterschrieben und die Akte in den „Abtrag“ gelegt, von wo aus sie von dem Wachtmeister des Landgerichts abtransportiert worden sei. Gemäß Strafprozessordnung erhebe die Staatsanwaltschaft öffentlich Klage durch ihre Einreichung. Auf den Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht komme es nicht an. Die Zeitung habe ihm völlig haltlos unterstellt, gelogen zu haben. Vergeblich habe er von der Redaktion eine unverzügliche Richtigstellung, eine Entschuldigung und eine adäquate Entschädigung wegen der zu Unrecht verursachten Rufschädigung verlangt. Trotz dieser Hinweise habe der Redakteur die Falschbehauptungen „Haftbefehl gegen Kinderschänder lag vor!“ und „Angaben des Gerichts widersprechen Staatsanwaltschaft" wiederholt. Die Zeitung habe somit gegen drei Ziffern des Pressekodex verstoßen: gegen die Sorgfaltspflicht, gegen die Pflicht zur Richtigstellung und gegen den Schutz der Ehre. Als Leiter einer Staatsanwaltschaft, deren Ansehen ganz wesentlich von Objektivität abhängig sei, könne er nicht hinnehmen, als Lügner hingestellt zu werden. Weil die Falschbehauptung trotz seines Hinweises wiederholt worden sei, gehe er davon aus, dass auch der Tatbestand der Verleumdung verwirklicht sei. Die Zeitung will zu den Anschuldigungen vorerst keine Stellung nehmen, da die Staatsanwaltschaft offenbar erwäge, gegen die Redaktion ein Ermittlungsverfahren wegen der erwähnten Delikte zu eröffnen.
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„Drama beim München-Marathon: Einen Kilometer nach diesem Foto ist Felix tot": Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen jungen Marathonläufer, der beim Laufen zusammengebrochen und gestorben war. Das erwähnte Foto wird von der Redaktion so interpretiert: „Müde blickt er nach unten, er scheint schon mit sich zu kämpfen. Was auf dem Foto vom München Marathon noch keiner ahnen kann: Felix, der große Mann mit der Startnummer 2788, wird nur noch knapp einen Kilometer laufen. Dann bricht er zusammen. Wenige Stunden später ist er tot.“ Der Artikel enthält noch zwei weitere unverpixelte Fotos des Läufers, während die Mitläufer unkenntlich gemacht wurden. Er wird mit seinem Vornamen und dem abgekürztem Nachnamen benannt. Die Beschwerdeführerin sieht in den Bildern einen Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit. Für das Verständnis dieses Unglücks sei das Wissen um die Identität des Gestorbenen unerheblich. Angehörige oder sonstige Befugte hätten der Veröffentlichung nicht zugestimmt, und es handele sich auch nicht um eine Person des öffentlichen Lebens. Die Bildinterpretation, dass der Läufer mit sich zu kämpfen scheine, impliziere, dass sich das Unglück angebahnt habe und er bereits gemerkt habe, dass es ihm nicht gut gehe. Sätze wie diese seien spekulativ und reine Sensationsberichterstattung. Mit dieser Berichterstattung werde die Grenze des Respekts vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von Angehörigen überschritten. Die Zeitung erwidert, dass sie das Opfer geschützt habe, indem sie nicht den vollen Namen genannt und nur Fotos verwendet habe, die vom Marathon-Veranstalter und von einem öffentlichen Facebook-Beitrag seines ehemaligen Fußballvereins stammten.
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Ein Onlineportal berichtet über einen Unfall, bei dem eine Frau in einer Metzgerei vor den Augen ihrer 18-jährigen Tochter in eine Fleischwolf-Maschine gezogen und getötet wurde. Bebildert ist der Artikel mit einem Symbolfoto, das einen kleineren Fleischwolf mit herausquellendem Hackfleisch zeigt. In einer Ecke des Bildes wurde ein gepixeltes Foto der getöteten Frau eingefügt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist das Symbolfoto unangemessen sensationell. Die Redaktion räumt ein, dass eine andere Bebilderung wohl eine weisere Entscheidung gewesen wäre.
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Eine Tageszeitung berichtet über einen Tennistrainer, der jahrelang Schüler missbraucht und fotografiert haben soll. Die Berichterstattung ist mit einem Foto einer übergriffigen Situation bebildert. Die Bildunterschrift lautet: „Ein Foto aus einer Chat-Gruppe des Trainers: Der Schüler muss einen Sport-BH tragen, der Trainer füllt ihn mit seinen Händen aus.“ Zwei Beschwerdeführerinnen werfen der Redaktion eine unangemessen sensationelle Darstellung und einen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz vor. Der Artikel sei auch ohne Foto aussagekräftig. Zudem stelle die Redaktion mit dem Foto Missbrauch öffentlich dar. Zwar seien die Gesichter unkenntlich gemacht worden, aber durch den Hintergrund des Fotos und durch die körperlichen Merkmale der dargestellten Personen könne man eindeutig auf deren Identitäten schließen. Der Chefredakteur bestätigt, dass die Identität von Opfern besonders zu schützen sei.
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„Tausende brüllen: ‚Israel bombardieren!‘": Unter diesem Titel schreibt eine Boulevardzeitung über eine Großdemonstration gegen die israelische Bombardierung des Gazastreifens als Reaktion auf einen Terrorangriff der Hamas. In dem Bericht heißt es wörtlich: „Als sich die Menschenmenge dann erstmals in Bewegung setzte, brüllten Tausende aus der Menge: ‚Israel bombardieren!‘" Der Presserat erhält dazu zwei Beschwerden, in denen Verstöße gegen fünf Pressekodex-Ziffern kritisiert werden. Ein Beschwerdeführer bezeichnet es zwar als sehr wichtig, gegen Juden-Hasser zu sein. Aber auch über sie müsse korrekt berichtet werden. Die Redaktion habe im Titel, im Teaser und im Lauftext falsch berichtet, dass Teilnehmer gebrüllt hätten „Israel bombardieren!". Er selbst sei während der gesamten Demo unter den Teilnehmern gewesen und habe nicht einmal diese Forderung gehört. Auch die Polizei habe auf seine Nachfragen nachdrücklich verneint, dass dieser Ruf gefallen sei. Die Redaktion gerate durch ihre Falschinformation in den Verdacht der Volksverhetzung, üblen Nachrede und Verleumdung. In der zweiten Beschwerde schreibt eine Demonstrationsteilnehmerin, der Ruf sei falsch zitiert und aus dem Kontext gerissen worden. Korrekt habe die Parole gelautet: „Israel bombardiert, Deutschland finanziert“. - In der Vorprüfung des Falles beschränkt der Presserat die Beschwerden auf mögliche Verstöße gegen die Ziffern 1, 2 und 3 (Wahrhaftigkeit, Sorgfalt und Richtigstellung). Verstöße gegen die Ziffern 10 und 11 (Schmähung von Weltanschauungen sowie Sensationsberichterstattung) sind dagegen nicht ersichtlich. Die Zeitung erwidert, dass zwei Reporter vor Ort den Ausruf „Israel bombardieren!“ genau so gehört hätten.
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Unter der Überschrift „Mehrheit der Leser hat Sorgen wegen Integration“ berichtet eine Tageszeitung über das Ergebnis einer eigenen, nicht repräsentativen Online-Umfrage unter der Leserschaft. Die sogenannte Montagsfrage lautete diesmal: „Wie bewerten Sie das Thema Migration in Deutschland?“. Das Ergebnis laut Zeitung: Eine deutliche Mehrheit habe sich dahingehend geäußert, dass die mit der Zuwanderung verbundenen Probleme das Land überfordern könnten. Aus den Antworten gehe auch hervor, dass die Leserschaft und der örtliche Landrat konträre Sichtweisen hätten. Er habe jüngst noch Folgendes geäußert: „In Anbetracht der aktuellen Lage können wir keine gereizte Stimmungslage wahrnehmen, derzeit ist es für uns noch leistbar, die Menschen angemessen im Landkreis unterzubringen.“ Dagegen hätten bei der Montagsfrage 269 Leser geäußert, in ihrer Stadt oder Gemeinde Probleme zu sehen; gar keine Probleme sähen nur 9 Leser. In der grafischen Darstellung der Umfrageergebnisse findet sich allerdings keine Statistik, die sich auf Probleme vor Ort bezieht. Im Namen des Landkreises kritisiert eine Beschwerdeführerin die Berichterstattung vor allem wegen der Bezugnahme auf den Landrat. Der Chefredakteur erläutert, die Zeitung habe vor der Umfrage den Landrat ausführlich zu Wort kommen lassen.
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