Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6657 Entscheidungen
„AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ titelt eine Wirtschaftszeitung in ihrer Online-Ausgabe. Im Bericht geht es um die politische Positionierung der neuen Partei „Alternative für Deutschland“. Deren Parteichef Bernd Lucke habe in einem Interview mit der Printausgabe der Zeitung angekündigt, auch auf Stimmen vom rechten Rand zu setzen: „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD.“ Er – Lucke – sehe im Einbinden rechter Protestwähler eine Funktion der AfD, denn diese seien nicht von vornherein extremistisch. Er wird in dem Artikel dazu wie folgt zitiert: „Ohne uns gäbe es die Gefahr, dass enttäuschte Wähler, die eigentlich gar nicht rechts sind, aus Protest extremistische Parteien wählen.“ Ehemalige Mitglieder von NPD oder DVU lehne man, so wird Lucke weiter zitiert, generell als Mitglieder ab. Bei ehemaligen Mitgliedern der Partei „Die Republikaner“ werde jeder Einzelfall geprüft. In diesem Fall gibt es mehrere Beschwerdeführer. Sie sind der Ansicht, die Berichterstattung verstoße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 9 (Schutz der Ehre). Es sei ehrverletzend, dass die Redaktion die Äußerung „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD“ in der Schlagzeile „AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ zusammenfasse. Die Redaktion lasse die entscheidend wichtigen Fragen der Interviewer sinnentstellend aus, ergänze die Aussagen des Parteichefs wahrheitswidrig durch nicht Gesagtes und nicht einmal zu Vermutendes und verkürze das Interview in der nachrichtlichen Zusammenfassung sinnentstellend und verfälschend. Die AfD setze nicht auf Stimmen vom rechten Rand, sondern gebe enttäuschten Wählern, die eigentlich gar nicht rechts seien, eine Option zur Wahl der demokratischen Partei AfD, bevor sie womöglich aus Protest NPD wählten. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe gibt an, die Redaktion habe sich an das gehalten, was der AfD-Parteichef Bernd Lucke im Interview gesagt habe. Die Überschrift sei eine zulässige Zusammenfassung von Luckes Aussagen Im Zusammenhang mit dem Interview habe die Zeitung einen ausdrücklich als Kommentar bezeichneten Artikel veröffentlicht, in dem der Autor zu dem Schluss gekommen sei, „Lucke setzt darauf, dass er am rechtsextremen Rand nach Wählern fischen kann“. Der Chefredakteur ist der Auffassung, die AfD und ihr Chef sollten sich deutlicher von ihren falschen Freunden distanzieren. Einige AfD-Anhänger, die sich an die Redaktion gewandt hätten, hielten von Meinungsfreiheit offenbar nichts.
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„AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ titelt eine Wirtschaftszeitung in ihrer Online-Ausgabe. Im Bericht geht es um die politische Positionierung der neuen Partei „Alternative für Deutschland“. Deren Parteichef Bernd Lucke habe in einem Interview mit der Printausgabe der Zeitung angekündigt, auch auf Stimmen vom rechten Rand zu setzen: „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD.“ Er – Lucke – sehe im Einbinden rechter Protestwähler eine Funktion der AfD, denn diese seien nicht von vornherein extremistisch. Er wird in dem Artikel dazu wie folgt zitiert: „Ohne uns gäbe es die Gefahr, dass enttäuschte Wähler, die eigentlich gar nicht rechts sind, aus Protest extremistische Parteien wählen.“ Ehemalige Mitglieder von NPD oder DVU lehne man, so wird Lucke weiter zitiert, generell als Mitglieder ab. Bei ehemaligen Mitgliedern der Partei „Die Republikaner“ werde jeder Einzelfall geprüft. In diesem Fall gibt es mehrere Beschwerdeführer. Sie sind der Ansicht, die Berichterstattung verstoße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 9 (Schutz der Ehre). Es sei ehrverletzend, dass die Redaktion die Äußerung „Grundsätzlich ist es gut, wenn jemand uns wählt und nicht die NPD“ in der Schlagzeile „AfD-Chef will NPD-Wähler gewinnen“ zusammenfasse. Die Redaktion lasse die entscheidend wichtigen Fragen der Interviewer sinnentstellend aus, ergänze die Aussagen des Parteichefs wahrheitswidrig durch nicht Gesagtes und nicht einmal zu Vermutendes und verkürze das Interview in der nachrichtlichen Zusammenfassung sinnentstellend und verfälschend. Die AfD setze nicht auf Stimmen vom rechten Rand, sondern gebe enttäuschten Wählern, die eigentlich gar nicht rechts seien, eine Option zur Wahl der demokratischen Partei AfD, bevor sie womöglich aus Protest NPD wählten. Der Chefredakteur der Online-Ausgabe gibt an, die Redaktion habe sich an das gehalten, was der AfD-Parteichef Bernd Lucke im Interview gesagt habe. Die Überschrift sei eine zulässige Zusammenfassung von Luckes Aussagen Im Zusammenhang mit dem Interview habe die Zeitung einen ausdrücklich als Kommentar bezeichneten Artikel veröffentlicht, in dem der Autor zu dem Schluss gekommen sei, „Lucke setzt darauf, dass er am rechtsextremen Rand nach Wählern fischen kann“. Der Chefredakteur ist der Auffassung, die AfD und ihr Chef sollten sich deutlicher von ihren falschen Freunden distanzieren. Einige AfD-Anhänger, die sich an die Redaktion gewandt hätten, hielten von Meinungsfreiheit offenbar nichts.
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Die Online-Ausgabe einer Tageszeitung veröffentlicht unter der Rubrik „Die Wahrheit“ einen Beitrag unter der Überschrift „Die Knötterknacker“. Die Zeitung setzt sich satirisch mit der Talk-Sendung „Menschen bei Maischberger“ auseinander, an der diesmal ausnahmslos ältere Experten und Politiker zu Wort gekommen seien. Es gibt eine Passage dieses Inhalts: „Kurt Biedenkopf (83), in Sachsen 2002 entmündigt, forderte den Bundesrat auf, den von Merkel neu erfundenen Atomausstieg auszuradieren – wobei ihm nicht der Atommüll, sondern die Sorge um die eigene Endlagerung angelegentlich sein sollte.“ Ein Leser der Zeitung erkennt an dieser Aussage eine Diskriminierung und Ehrverletzung von alten Menschen und einen Verstoß gegen Ziffer 9 des Pressekodex (Schutz der Ehre). Die Zeitung äußert sich zu der Beschwerde nicht.
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„Verzweifelter Hilferuf – Steffi Graf – Plötzlich wackelt ihre Traum-Ehe“ titelt ein Lifestyle-Blatt. Der Bericht über dieses Thema steht im Innenteil und trägt die Überschrift „Steffi Graf – Ihr Absturz in die Lebenskrise“. Mit einem Blog-Eintrag äußert sich die ehemalige Tennisspielerin im Dialog mit ihren Fans zu Vorsätzen für das neue Jahr so: „Wie man das Leben allgemein einen Gang runterschalten könnte“. Dies wird in der Zeitschrift als „alarmierender Hilferuf“ bezeichnet und führt zu Spekulationen über Burnout, Eheprobleme und Erkrankungen in Grafs Familie. Zwei Leser des Blattes kritisieren, dass auf der Basis eines harmlosen Blog-Eintrages wilde Spekulationen über mögliche Probleme von Steffi Graf verbreitet werden. Durch die Spekulationen über Krankheiten werde – so die Beschwerdeführer – auch ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Der Geschäftsführer des Verlages ist der Auffassung, dass die Veröffentlichung von der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sei. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Bundesgerichtshof hätten in ständiger Rechtsprechung die Bedeutung auch einer unterhaltenden Presse für die Meinungsbildung betont. Solche Beiträge könnten die Meinungsbildung möglicherweise sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen. Auch überspitzte und spekulative Äußerungen könnten den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit beanspruchen. Die Beiträge gäben die Meinung der Redaktion und des Autors über den zugrundeliegenden Sachverhalt wieder. Sie seien damit Ausdruck der ausgeübten Meinungsfreiheit.
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Veröffentlichung über einen bekannten Volksmusiker in einer Frauenzeitschrift: „Stefan Mross – Pikante Enthüllungen – Wehe, wenn er zur Flasche greift“ (Titelseite), „Alkoholschock – Stefan Mross – Wer kann ihm jetzt noch helfen?“ (Innenteil). Im Text steht, dass der Google-Nutzer schon bei den ersten Treffern auf die Kombination Mross/Alkohol hingewiesen wird. Und dies, obwohl sich der Musiker seit einer Alkoholvergiftung 2003 nichts mehr habe „zu Schulden kommen lassen“. Zwei Beschwerdeführer kritisieren fragwürdige Spekulationen über eine mögliche Alkoholabhängigkeit des Künstlers. Die Zeitschrift suggeriere, er könnte ein Alkoholproblem haben. Dies verletze sein Persönlichkeitsrecht, da Krankheiten unter den Schutz der Privatsphäre fielen. Die Chefredakteurin vermutet hinter der Beschwerde eine „Massenaussendung“, da eine individuelle und auch nur annähernd substantielle Begründung für den Vorgang offenkundig nicht erkennbar sei. Die Beschwerdegegnerin betont, auch für Boulevardmedien gelte uneingeschränkt die Pressefreiheit. Die in der Beschwerde kritisierte Dramatisierung sei dabei ein durchaus übliches Stilmittel. Dieses sei durchaus legitim, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe. Das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen werde durch die Veröffentlichungen nicht verletzt. Die im vorliegenden Fall kritisierten Darstellungen seien zutreffend. Prominente Personen müssten es hinnehmen, dass Medien ihr Auftreten in der Öffentlichkeit kommentierten. Wertungen von Vorgängen aus ihrer Sozialsphäre griffen grundsätzlich nicht in ihre Persönlichkeitsrechte ein. Die Chefredakteurin weist den Vorwurf zurück, die Redaktion behaupte, Stefan Mross, habe ein Alkoholproblem. Die Überschriften auf der Titelseite und im Innern des Blattes seien im Zusammenhang mit dem gesamten Beitrag zu sehen. Die Ankündigung auf der Titelseite stelle die in der Mediengattung übliche Präsentation dar.
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Eine Zeitschrift, die vor allem Themen aus dem Bereich Freizeit behandelt, macht ihre Titelseite mit diesen Schlagzeilen auf: „Kate und William – Sensationelle Baby-Fotos – Es nuckelt schon am Daumen“. Über dem Bericht im Innenteil stehen diese Überschriften: „Elternfreuden für Kate und William – Die ersten Babyfotos – Es nuckelt schon am Daumen“. Im Text geht es um die bevorstehende Geburt des Kindes von Kate und William. Sowohl auf der Titelseite als auch im Innenteil werden zwei Fotos abgedruckt, die ein Baby im Mutterleib zeigen. Zwei Leser der Zeitschrift kritisieren die Veröffentlichung. Diese lasse den Eindruck entstehen, als handele es sich bei den Bildern um das Baby von Prinz und Prinzessin. Es seien jedoch Symbolfotos, die nicht als solche gekennzeichnet seien. Die Zeitschrift äußert sich nicht zu der Beschwerde.
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Eine Zeitschrift, die sich dem Thema Freizeit verschrieben hat, befasst sich im Rahmen einer Titelgeschichte mit der ersten Ehe von Bundeskanzlerin Merkel. Überschrift auf der Titelseite: „Angela Merkel – Verheimlichte Scheidungs-Tragödie – Alles über die unbekannte Vergangenheit der Kanzlerin“. Überschrift über dem Textbeitrag im Innenteil: „Angela Merkel – Verheimlichtes Scheidungs-Drama“. Zwei Leser des Blattes stellen fest, dass die Scheidung von Angela Merkel weder verheimlicht worden noch unbekannt sei. Sie sei auch keine Tragödie gewesen. Die Zeitschrift äußert sich zu der Beschwerde nicht.
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Eine Zeitschrift aus dem Spektrum des Regenbogens beschäftigt sich mit dem „Bauer-sucht-Frau“-Paar Josef und Narumol. Auf der Titelseite steht die Überschrift „Dabei war es doch die ganz große Liebe – Bauer sucht Frau – Josef und Narumol – Scheidungs-Schock“. Der Beitrag im Innenteil trägt die Überschrift „Josef und Narumol – Scheidungs-Schock“. Aus Sicht zweier Leser des Blattes erweckt die Berichterstattung den falschen Eindruck, als würden Josef und Narumol geschieden. Erst mitten im Text erfahre der Leser, dass es sich um ein anderes Paar aus der Sendung handele, das sich getrennt habe. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, dass die Berichterstattung sich mit der Trennung von Markus und Jennifer, einem ehemaligen „Bauer-sucht-Frau“-Paar, befasse. Die Leser der Zeitschrift interessierten sich für die ehemaligen sowie neuen „Bauer-sucht-Frau“-Paare. Sie würden regelmäßig über die aktuellen Ereignisse im Leben der Paare informiert. Um das ehemalige „Bauer-sucht-Frau“-Paar Narumol und Josef habe sich eine echte Fangemeinschaft unter den Lesern gebildet. Die Anhänger der beiden verfolgten alle Details über ihr Leben und wüssten daher genau, dass Narumol und Josef miteinander glücklich seien und sich nicht trennen wollten. Die beiden sprächen mit der Redaktion offen über ihre Gefühle und gewährten auch private Einblicke in ihr Leben. Im Hinblick auf diese Offenheit sei davon auszugehen, dass sich auch ein Auseinanderleben der beiden in der regelmäßigen Berichterstattung der Zeitschrift angedeutet hätte, bevor eine so schwerwiegende Entscheidung von ihnen getroffen worden wäre. Daher sei die Titelzeile nicht geeignet, bei den Lesern die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass über eine Trennung von Josef und Narumol berichtet würde. Die Leser gingen vielmehr davon aus, dass es sich bei dem Scheidungsschock um die Trennung eines anderen Paares handeln müsse, über die Josef und Narumol schockiert seien. Auch ließe sich der Formulierung „Schock“ entnehmen, dass es sich um die Trennung eines anderen Paares handeln müsse. Man könne über seine eigene Trennung nicht geschockt sein, weil man eine derartige Entscheidung bewusst treffe.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über erhöhte TSH-Werte und „Hashimoto“ als umstrittenes Krankheitsbild. Die Überschrift lautet: „Trenddiagnose oder Volkskrankheit?“ Die Autorin beschreibt Hashimoto-Patienten so: „Viele kreisen nur um sich selbst, einige haben auch psychische Störungen. Kein Wunder, dass Hashimoto-Bücher und –Praxen florieren.“ Zitiert wird die Hormon-Spezialistin Ingrid Mühlhauser, die das Krankheitsbild kritisch betrachtet. Im Text heißt es dazu: „Mühlhauser geht so weit, Hashimoto als ´erfundene Krankheit´ einzustufen, weil die Studienlage ´sehr dürftig´ sei.“ Eine Leserin sieht einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Die Art und Weise, wie über Erkrankte berichtet werde, verstoße gegen das Diskriminierungsverbot. Erkrankte würden mit negativen Eigenschaften assoziiert und damit lächerlich gemacht. Auch die Formulierung, Kranke buhlten darum, eine Diagnose zu bekommen, entspreche nicht einer seriösen Berichterstattung. Die Beschwerdeführerin kritisiert zudem einen Verstoß gegen die in Ziffer 2 des Pressekodex definierte journalistische Sorgfaltspflicht. Sie habe mit der im Text zitierten Professorin Mühlhauser gesprochen. Diese habe gesagt, dass sie von der Autorin des Artikels falsch und sinnentstellend zitiert worden sei. Es gebe die Krankheit Hashimoto Thyreoiditis. Die Feststellung im Text, nach Mühlhausers Ansicht sei Hashimoto eine erfundene Krankheit, sei also sachlich falsch. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Ausgangsfrage des Artikels sei gewesen, ob die Diagnose Hashimoto oft falsch gestellt werde. Mehrere Experten hätten diesen Verdacht geäußert. Weder die Autorin noch die zitierten Experten bestritten damit, dass es die Krankheit gebe. Sie wiesen jedoch darauf hin, dass sie sehr selten sei. Weil die Symptome unspezifisch seien und der Leidensdruck vieler Patienten groß sei, sei es nach Ansicht der Experten verführerisch leicht, die Diagnose Hashimoto zu stellen. Die Risiken einer solchen Fehldiagnose deute der Artikel an. Die im Beitrag zitierte Professorin habe in einem Telefonat mit der Autorin geäußert, dass Hashimoto in die „Kategorie erfundener Krankheiten“ gehöre. Im Übrigen sei eine Autorisierung der wörtlichen Zitate nicht vereinbart gewesen. Es habe das gesprochene Wort gegolten.
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Die Regionalausgabe einer Boulevardzeitung berichtet über die Gerichtsverhandlung wegen einer Kindstötung. Überschrift: „Dieser Vater hat sein Baby getötet“. Ein Mann habe gestanden, sein Kind zu Tode geschüttelt und geschlagen zu haben. Die Zeitung zeigt ein Foto des Angeklagten und schreibt im Bildtext: „Vor Gericht gestand Metallbauer Michael W. (30) die tödlichen Schläge“. Auf einem zweiten Foto ist das Wohnhaus der Familie zu sehen. Darunter steht: „Der Tatort: In diesem Haus wurde ein Baby totgeprügelt.“ Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass der Angeklagte identifizierbar dargestellt werde. Das sei mit den Anforderungen der Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit) nicht zu vereinbaren. Sie sieht keine Gründe, die die schutzwürdigen Interessen des Tatverdächtigen überwiegen würden. Die Frau kritisiert auch, dass die Zeitung ein Foto des Hauses zeige, in dem die Gewalttat gegen das Baby geschehen sein soll. Nach Auffassung der Rechtsabteilung der Zeitung habe diese den mutmaßlichen Täter identifizierend zeigen dürfen, da das Informationsinteresse seine schutzwürdigen Interessen deutlich überwiege. Die Rechtsvertretung beruft sich auf Richtlinie 8.1 (Kriminalberichterstattung), in der die Darstellung außergewöhnlich schwerer Straftaten geregelt ist. Ein Vater habe seinen fünf Monate alten Sohn zu Tode geprügelt, um seine Ruhe zu haben. Bei der Bewertung sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine regionale Berichterstattung gehandelt habe. In der Region sei der Fall ohnehin bekannt gewesen. Auch ohne die Berichterstattung hätten viele Menschen im Umfeld von dem Verbrechen gewusst. Im Übrigen – so die Rechtsvertretung abschließend – sei es fraglich, ob der Täter überhaupt identifizierbar dargestellt worden sei. Auf die vollständige Nennung des Namens habe die Redaktion verzichtet. Das Foto zeige den Angeklagten im Gerichtssaal, wie er sein Gesicht zum Teil selbst verdeckt.
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