Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6644 Entscheidungen
Eine Großstadtzeitung veröffentlicht einen Bericht mit der Überschrift „Polizeieinsatz an Schule – ich fühle mich diskriminiert“. Wenige Tage später folgt ein weiterer Bericht zum Thema, diesmal mit der Überschrift „Polizei entschuldigt sich bei schwarzem Lehrer“. In der Sache geht es um einen Polizeieinsatz gegen einen Lehrer eines Gymnasiums. Dieser hatte sich an einem Sonntagabend in der Schule aufgehalten, um den Unterricht vorzubereiten. Ein Mädchen (14) habe die Polizei verständigt, die den Lehrer offenbar für einen Einbrecher gehalten habe. Die Beamten seien mit fünf Streifenwagen vor Ort gewesen. Nach Ansicht des Lehrers spielte dabei eine Rolle, dass er schwarz ist. In beiden Berichten ist die Rede von einem „schwarzen, maskierten Mann“. Beschwerdeführer in diesem Fall ist die örtliche Polizei, in deren Namen die Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sich an den Presserat wendet. Die Zeitung habe aus einer Polizeimeldung falsch zitiert. In ihrer Meldung sei die Rede von einem “schwarz-maskierten Mann“ die Rede gewesen. Sowohl die Polizei als auch das 14-jährige Mädchen hätten sich dem Vorwurf des Rassismus ausgesetzt gesehen. Der Chefredakteur nimmt zu der Beschwerde Stellung. Es sei richtig, dass die Redaktion die Stellungnahme der Polizei in Teilen falsch wiedergeben habe. Nachdem man Kenntnis von dem Fehler erhalten habe, sei der Fehler online sofort korrigiert worden. In der Printausgabe habe die Redaktion eine Richtigstellung veröffentlicht. Der Chefredakteur bedauert den Fehler.
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Hotelier pfeift auf Maskenpflicht“ über eine aus dem Ruder gelaufene Polizei-Kontrolle in einem Beherbergungsbetrieb. Die Redaktion berichtet unter anderem darüber, dass sich Gäste über das Hotelpersonal beklagt hätten, das keine Masken trage. Im Bericht ist auch vermerkt, dass der Hotelier mit einem Plakat geworben habe, das die Aufschrift getragen habe: „Es sind auch Gäste ohne Mund-Nasen-Schutz willkommen“. Tags darauf veröffentlicht die Zeitung einen Anschlussbericht unter der Überschrift „Hotelier verteidigt Plakat“. Sie schreibt, das Plakat habe den Polizeieinsatz ausgelöst. Das Plakat illustriert den Beitrag. Zwei Leserinnen der Zeitung wenden sich mit Beschwerden an den Presserat. Unter der oben zitierten Überschrift steht auf dem von dem ihnen vorgelegten Plakat noch folgender Text: „Verehrte Kunden, wir respektieren es, wenn Kunden aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen keine Maske tragen. Wir bitten auch Sie, dies zu respektieren oder – wenn Sie dem nicht zustimmen können – ggfs. zu warten, bis diese Person(en) den Verkaufsraum verlassen haben. Vielen Dank!“ Der stellvertretende Chefredakteur bedauert den Fehler, der in der Printausgabe passiert sei. Das Plakat sei in dieser Version nur mit der Überschrift, nicht aber mit dem kompletten Text veröffentlicht worden. Die Redaktion habe ihr Versehen der Leserschaft gegenüber auf der lokalen Titelseite transparent gemacht.
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„Kein Mordvorwurf nach mutmaßlichem Autorennen“ – so überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Verkehrsunfall mit zwei Todesopfern auf der A 66. In der Unterzeile wird mitgeteilt, dass zwei Verdächtige wieder auf freiem Fuß seien. Nach einem 34-jährigen Deutsch-Polen werde gefahndet. Dem Bericht zufolge sollen die drei Männer nahe Hofheim am Taunus ein Rennen gefahren sein, wobei es zu einem Unfall gekommen sei. Zu den nicht-flüchtigen Verdächtigen wird mitgeteilt, dass es sich bei ihnen um einen Iraner und einen Deutschen handele. Ein Leser trägt vor, er siehe in der Nennung der Nationalität des nicht-flüchtigen mutmaßlichen Täters („29-jähriger Iraner“) die Richtlinie 12.1 des Pressekodex verletzt. Die Bezeichnung des Flüchtigen als „Deutsch-Polen“ könne durch die Praxisbeispiele gedeckt sein. Eine Rechtfertigung hierfür gehe aus dem Artikel jedoch nicht hervor. Der Chefredakteur der Zeitung stellt fest, anders als vielleicht bei der Nennung von Ethnien oder Hinweisen zur Familiengeschichte (Deutsche mit Migrationshintergrund) handele es sich bei der Nennung der Nationalität um eine „neutrale“ Information, die wie Geschlecht, oder Alter im Personalausweis vermerkt sei. Eine Weitergabe dieser Information – zumal im Zusammenhang mit schweren Straftaten – müsse möglich sein.
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„Wir hatten enormes Glück“ – so überschreibt eine Familienzeitschrift aus Anlass des Welt-Meningitis-Tags ein Interview mit einer Mutter, deren Baby an Meningokokken erkrankt war. Im Vorspann heißt es, dies sei eine Krankheit, gegen die eine Impfung schützen könne. Ein Info-Text unter dem Interview klärt über die Impfmöglichkeiten gegen Meningokokken auf. Darin wird auf die Seite „meningitis-bewegt.de“ verwiesen. Im gleichen Heft befindet sich eine als Anzeige gekennzeichnete Seite zum Thema Meningokokken-Impfungen. Rechts oben auf der Seite verweist das Logo auf ein bestimmtes Pharma-Unternehmen. Auch in der Anzeige wird auf die Web-Site des Unternehmens verwiesen. Eine Leserin der Zeitschrift sieht einen Verstoß gegen die Richtlinien 7.1 und 7.2 des Pressekodex. Sie hält den Bericht für eine bezahlte Veröffentlichung bzw. für eine Gegenleistung für die im gleichen Heft geschaltete Werbung der Pharma-Firma. In dem Bericht werde nur die Internetseite des Konzerns zur weiteren “Information“ genannt. Es werde jedoch nicht kritisch hinterfragt, weshalb die genannten Impfungen nicht in die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) aufgenommen worden seien. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift stellt fest, eine Verletzung von Ziffer 7.1 des Kodex scheide schon formal aus, weil es sich nicht um eine bezahlte Veröffentlichung handele oder gar um eine Gegenleistung für die im Heft enthaltende Werbeanzeige des Pharma-Unternehmens. Auch eine Verletzung von Richtlinie 7.2 liege nicht vor. Die Grenze zur Schleichwerbung werde nicht überschritten. Es werde auf die Möglichkeit und nicht das Muss einer Impfung hingewiesen. Der Hinweis auf die Website sei erfolgt, weil es das mit Abstand umfangreichste Info-Angebot zu Meningokokken sei, aufbereitet mit Videos und verständlichen Erklärungen. So könne man dort – und das sei einzigartig – direkt nachschauen, welche Impfungen die eigene Krankenkasse bezahlt. Das sei ein guter Service für die Leserschaft. Im Übrigen – so stellt die Rechtsvertretung der Zeitschrift abschließend fest – empfehle jedenfalls die sächsische Impfkommission die Meningokokken-Impfung als Standardimpfung.
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Die Ausgabe einer Regionalzeitung ist komplett in eine vierseitige Anzeige eingebunden, deren erste Seite wie die übliche Titelseite der Zeitung gestaltet ist. Die Seite enthält zweimal den kleinen Hinweis „Advertorial“ und ist inhaltlich in Teilen identisch mit der richtigen Titelseite. Nach Ansicht eines anonymisierten Lesers der Zeitung ist die Werbung nicht klar als solche erkennbar. Die Rechtsvertretung des Verlages widerspricht. Die Werbeanzeige hebe sich bereits optisch und haptisch (beim Betasten) von der Tageszeitung ab. Sie sei im Gegensatz zur Tageszeitung anstatt auf recyceltem, etwas abgetönten typischen Zeitungspapier auf einem gebleichten, rein weißen Papier gedruckt worden und dadurch heller als die Tageszeitung. Zudem sei die Anzeige in dieser Form ausschließlich an Abonnenten und damit „geübte“ Leser der Zeitung verteilt worden. Die Abonnenten würden die Zeitung sehr gut kennen, wodurch direkt ein Unterschied zwischen Zeitung und Anzeige festgestellt werden könne. Die Anzeige sei an mehreren Stellen mit dem Hinweis „Advertorial“ gekennzeichnet worden. Zudem enthielten die vier Seiten fast ausschließlich Berichte und Fotos der werbenden Firma. Dies sei offenkundig ungewöhnlich.
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Ein Internetportal berichtet über Daniel Küblböck, der seit zwei Jahren nach einem Sprung von einem Kreuzfahrtschiff als verschollen gilt. Bis heute glaube Küblböcks Vater, dass sein Sohn noch lebe. Das Amtsgericht Passau wolle diesen für tot erklären lassen. Davon habe der Vater nichts gewusst, schreibt die Redaktion. Hintergrund seien Erbfragen und finanzielle Forderungen einer ehemaligen Assistentin des Schlagersängers. Ein Nutzer des Portals kritisiert Verstöße gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht). Es gebe keinerlei Neuigkeiten zum Tod von Daniel Küblböck. Trotzdem versuche die Redaktion mit der falschen und durch nichts im Artikel gedeckten Schlagzeile, Klicks zu generieren. Der Beschwerdeführer spricht von einer reißerischen Wirkung der Lüge in der Überschrift und vom gewollten Anreiz, auf den Beitrag mit der überraschenden Überschrift zu klicken. Die frei erfundene Titelzeile – so der Beschwerdeführer weiter – verstoße gegen elementarste journalistische Grundsätze. Dass man mit der falschen Hoffnung spiele, dass ein verstorbener Mensch noch leben könnte, mache das Ganze noch abstoßender. Die Rechtsvertretung des Portals teilt mit, der kritisierte Artikel sei aus dem Angebot entfernt worden. Die Angelegenheit werde damit als erledigt betrachtet.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein mutmaßliches Tötungsdelikt. Unter der Schlagzeile „Anja K von Mitbewohner getötet? Marvin K. (24) in Holland festgenommen“ zeigt die Redaktion ein Polizeifoto des Tatverdächtigen mit Augenbalken sowie ein unverpixeltes Foto des Opfers. Ein Leser sieht in der Veröffentlichung des Fotos des getöteten Mädchens einen ethischen Verstoß gegen den Opferschutz nach Richtlinie 8.2 des Pressekodex, da das Wissen um die Identität des Opfers in diesem Fall unerheblich sei. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass es zwar keine ausdrückliche Einwilligung etwa von Angehörigen der Verstorbenen zur Veröffentlichung des Fotos gegeben habe. Allerdings sei das betreffende Foto auf der öffentlichen Facebook-Seite des Opfers für jedermann abrufbar gewesen, weshalb von einem Einverständnis zur Veröffentlichung des Fotos auszugehen sei.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über einen Hausarzt, der seine Patienten mit einer Vitamin-D-Therapie behandelt. In der Überschrift steht die Aussage: „Vitamin D schützt vor Tod an Corona“. Im Beitrag legt der Arzt ausführlich seinen Ansatz dar, wonach das Ausmaß der Pandemie auf eine chronische Unterversorgung eines Großteils der Bevölkerung mit Vitamin D zurückzuführen sei. Der Arzt beruft sich dabei auf eine RKI-Studie zum Vitamin-D-Mangel in Deutschland. „Der stärkste Schutzfaktor gegen den Tod an Corona ist die gezielte Gabe von Vitamin D“, wird der Arzt zitiert. Die Zeitung berichtet, dass der Mediziner Vitamin-D-Präparate entwickelt habe, “berechnet nach seiner eigens entwickelten Formel“. Ein Leser der Zeitung legt seiner Beschwerde die Mahnung zugrunde, gerade in Zeiten der Pandemie sollten Medien ehrlich agieren und auch kritisch berichten. Dieser Artikel sei nichts Anderes als eine Werbeanzeige für einen Arzt, der sich mit der Leichtgläubigkeit der Menschen die Taschen fülle. Die Rechtsvertretung der Zeitung bezeichnet den kritisierten Artikel als ausgewogen und journalistisch sorgfältig aufbereitet. Eine Anpreisung der bei dem Mediziner erhältlichen Vitaminpräparate finde nicht statt. Auch werde die Web-Site des Arztes nicht genannt. Der Artikel konzentriere sich stattdessen auf die Grundaussage des Mediziners, dass viele - besonders ältere - Menschen an einem Vitamin-D-Mangel leiden und dieser einen Einfluss auf den Verlauf von Atemwegserkrankungen habe. Bei dem beanstandeten Artikel handele es sich keinesfalls um eine unkritische Berichterstattung oder gar Werbung für den Arzt. Den Lesern werde auch keine unbegründete Hoffnung auf eine einfache und schnelle Beendigung der Pandemie gemacht.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online ein Interview mit dem Fußballspieler Jerome Boateng. Es geht dabei um die Trennung von seiner Partnerin Kasia Lenhardt. Überschrift und Unterzeile lauten: „Trennung von Klum-Model: Boateng rechnet mit seiner Ex ab. Es geht um Alkohol, Druck und Erpressung“. Er habe die Öffentlichkeit kurz und knapp informiert, dass er sich getrennt habe. Sie habe auf Instagram geantwortet, dass sie ihrerseits die Beziehung beendet habe „aufgrund all deiner Lügen und dauernden Untreue“. „Der Teufel gibt sein Bestes“, habe sie in einem später gelöschten Post bei Instagram hinzugefügt und angekündigt, dass sie sich später konkreter äußern werde. Das wollte Boateng nicht so stehen lassen und äußerte sich dazu in diesem Interview. Darin wird viel schmutzige Wäsche gewaschen. Zwei Leserinnen der Zeitung treten in diesem Fall als Beschwerdeführerinnen auf. Nach ihrer Ansicht greift der Beitrag massiv in die Privatsphäre von Kasia Lenhardt ein und diffamiere diese. Eine der beiden Leserinnen ist schockiert von diesem Interview „voller Lügen, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, Verleumdungen und Falschaussagen“. Der Artikel sei der Ausgangspunkt eines Shitstorms gegen die Frau gewesen, die eine Woche später gestorben sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung nimmt Stellung. Grundsätzlich bestehe für die Presse bei der Verbreitung von Interviewäußerungen Dritter keine Recherchepflicht Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die Presse verpflichtet wäre, sämtliche Äußerungen eines Interviewten vor der Verbreitung auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
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Eine Gesundheits-Zeitschrift veröffentlicht ein „Dossier Gelenke“ unter dem Titel „Trotz Arthrose aktiv in den Frühling“. Dem Thema Arthrose widmet das Blatt fünf Seiten. Die Redaktion empfiehlt dabei vor allem ein namentlich genanntes Präparat. Eine Leserin der Zeitschrift kritisiert, dass dieses Dossier nicht als Anzeige oder Sonderveröffentlichung gekennzeichnet ist. In nahezu jedem der redaktionell aufbereiteten Artikel wird ein bestimmtes Präparat detailliert beschrieben und ausdrücklich empfohlen. Die Rechtsvertretung des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Bei dem Arthrose-Dossier handele es sich um eine Anzeigensonderveröffentlichung, die durch Inhalt, Aufmachung, Haptik (Wahrnehmung durch Berührung) und Einbindung in die Heftausgabe als solche zu erkennen ist.
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