Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6738 Entscheidungen
Eine überregionale Tageszeitung, die der Linkspartei nahesteht, berichtet über eine Lesung der ehemaligen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Der Beitrag enthält ein Foto von der Veranstaltung, die wenige Tage nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel stattfand. Das Bild zeigt Wagenknecht sitzend auf dem Podium und in der Online-Fassung auch den neben ihrem Tisch sitzenden späteren Beschwerdeführer, laut Bildunterschrift „ein zum Islam konvertierter Hamas-Fan, der seit Monaten für die Wagenknecht-Partei trommelt“. Im Bericht heißt es über ihn: „Der Mann ist berüchtigt: konvertierte zum Islam und verfolgte vor Jahren mit seiner Kamera den damaligen Chef der Linke-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, bis auf die Toilette, um ihn wegen angeblich zu großer Israel-Freundlichkeit zu stellen.“ Er nenne die Hamas „eine normale Partei“, fordere von ihr mehr Waffengewalt „zur Befreiung von Jerusalem“, wolle Juden „brennen“ sehen, verherrliche den islamistischen „Märtyrertod“ und stelle öffentlich den Holocaust in Frage. Wegen seiner „Fake-News-Berichterstattung aus Gaza“ sei ihm auch der Spitzname „Pressesprecher der Hamas“ verpasst worden. Inzwischen rühre er „die Werbetrommel für die Wagenknecht-Partei“. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass ihn die Redaktion „Hamas-Fan“ nenne. Dabei habe er sich deutlich von der Hamas distanziert. Zum Beispiel habe er im Internet ein Video veröffentlicht, das ausführlich Plakate der Hamas-Opfer gezeigt habe. Er habe auch gefragt, ob Deutschland durch Zahlungen an Katar den Hamas-Terror indirekt mitfinanziere. Auch in Gesprächen mit dem israelischen Militärsprecher Arye Sharuz Shalicar und mit Botschafter Ron Prosor habe er seine Abscheu gegenüber der Hamas deutlich gemacht. Ihn nach dem beispiellosen Hamas-Terror gegen Israel vom 7. Oktober einen „Hamas-Fan“ zu nennen, sei sein gesellschaftlicher Tod. Der durchschnittlich verständige Leser verstehe die Äußerung dahingehend, dass er den schrecklichen Terror befürworte. Unwahr sei auch der Vorwurf der „Fake-News-Berichterstattung aus Gaza“. Immerhin habe er mehrmals großes Lob erhalten für seine wahrhaftige Berichterstattung aus Gaza, auch vom Chefredakteur der parteinahen Zeitung, über die er sich jetzt beschwert. Nicht nur für diese Zeitung, sondern auch für die BBC habe er wahrhaftig aus Gaza berichtet. Ihn als „Pressesprecher der Hamas“ zu bezeichnen, sei eine üble Verleumdung. Er sei nie in irgendeiner Funktion für die Hamas tätig gewesen und habe sie nie bei ihrem Terror unterstützt. Als „normale Partei“ habe er sie 2014 bezeichnet; damals habe er über die Wahlen zum Parlament gesprochen, bei denen die Hamas als „eine normale Partei“ angetreten sei und gewonnen habe. Er habe auch nie die „Werbetrommel für die Wagenknecht-Partei" gerührt. Tatsächlich gebe es noch gar keine Partei, sondern nur einen Verein namens BSW. Abgesehen davon mache er keine Werbung für sie; er habe lediglich als freier Journalist über Wagenknechts Buchlesung berichtet. Er bestreitet auch, Gregor Gysi 2014 bis auf die Toilette verfolgt zu haben. Er habe nur gefilmt, wie zwei Israel-Kritiker den Oppositionsführer auf die Bundestagstoilette verfolgt hätten. Dieser von ihm dokumentierte Vorfall sei am nächsten Tag auch auf zahlreichen Zeitungstitelseiten erwähnt worden. Insgesamt sei der Bericht ein Schmähartikel gegen seine Person, gleiche einem Medienpranger und verletze seine Ehre. Er sei tief gekränkt durch diesen Bericht, der auch in seinem persönlichen Umfeld großen Schaden hinterlasse. Eine später angefügte Anmerkung der Redaktion sei keine Korrektur. Die Schriftgröße sei halb so groß wie der Bericht, und der Artikel selbst verweise an keiner Stelle auf diese Fußnote. In ihrer Entgegnung räumt die Zeitung ein, dass die Bezeichnung „Hamas-Fan“ für die Gegenwart und jüngere Vergangenheit nicht mehr stimmen möge und insofern womöglich zu allgemein formuliert worden sei.
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Eine Nachrichtenagentur veröffentlicht eine Meldung unter der Überschrift „Zahl der Kriegsdienstverweigerer hat sich 2022 fast verfünffacht“. In dem Text heißt es unter anderem: „Kriegsdienstverweigerer sind seit Aussetzung der Wehrpflicht 2011 ausschließlich Menschen, die schon bei der Bundeswehr Dienst tun.“ Dieser Artikel erscheint auch in einer Tageszeitung, über die daraufhin eine Beschwerde beim Presserat eingeht. Da sich die Zeitung auf das sogenannte Agenturprivileg berufen kann, führt der Beschwerdeausschuss das Verfahren gegen die Nachrichtenagentur. Der Beschwerdeführer weist auf eine Falschaussage hin: Nicht nur aktive Soldaten, sondern auch Ungediente und Gediente (Reservisten) könnten einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen. Die Agentur räumt den Fehler ein, hält die Beschwerde aber für unbegründet, denn die Redaktion habe die Unrichtigkeit bereits wenige Stunden nach Veröffentlichung bemerkt und die Aussage noch am selben Tag transparent berichtigt.
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„Biontech-Impfstoff für die breite Masse wies anfangs erhebliche Mängel auf": Unter dieser Schlagzeile berichtet ein Nachrichtenmagazin online darüber, dass sich der Impfstoffhersteller Biontech vor Gericht gegen Impfopfer wehren müsse. „Sie weisen darauf hin, dass Biontech seinen Impfstoff auf zwei unterschiedliche Weisen produziert hat: einen für einen ausgewählten Personenkreis und einen für die breite Masse. Und sie bezweifeln die Qualität des nach dem zweiten Verfahren hergestellten Impfstoffes. Hersteller und Behörden halten dagegen.“ Den Vorwurf erhebe unter anderen ein (namentlich genannter) Düsseldorfer Anwalt, der nach eigenen Angaben mittlerweile fast 2.700 Impfgeschädigte vertrete. Seiner Klageschrift zufolge habe Biontech bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) einen Antrag auf Genehmigung für zwei Herstellungsverfahren gestellt. Das eine trage den internen Namen „Process 1“. Hierfür habe der Hersteller einen bestimmten Impfstoff eingereicht, der mittels sogenannter Polymerase-Kettenreaktion (PCR) vervielfältigt worden sei. Das Vakzin, das letztlich die breite Bevölkerung erhalten habe, sei in einem anderen Verfahren („Process 2“) mittels e.coli-Bakterien erzeugt worden und habe „teils erhebliche Verunreinigungen mit DNA-Molekülen“ enthalten. Ferner erwähnt die Redaktion die Kritik verschiedener Forscher und Statistiker am Biontech-Impfstoff. Auch die Position der Firma wird zitiert. Eine Unternehmenssprecherin habe auf Anfrage festgestellt: „Die Herstellungsverfahren im kleinen Maßstab und im großen Maßstab wurden den zuständigen Behörden zur Prüfung vorgelegt.“ Beide Verfahren wiesen eine vergleichbare Qualität auf. Am Beitragsende zählt die Redaktion auf, welche Gerichte Schadenersatzklagen von angeblichen Impfopfern bislang abgewiesen hätten; eines der Urteile stehe noch aus. In einem Verfahren habe eine Biontech-Anwältin zwar ihr Mitgefühl ausgedrückt, aber auch betont, dass Behauptungen über angeblich dramatische Impf-Folgen „nicht mal im Ansatz belegt“ seien. Der Beschwerdeführer sieht die journalistische Sorgfaltspflicht grob verletzt, weil die Redaktion die haltlosen Anschuldigungen eines landesweit bekannten Abmahnanwalts und Querdenkers ungeprüft übernommen habe. Der Impfstoff habe zu keinem Zeitpunkt „erhebliche Mängel" aufgewiesen. Es sei völlig normal, wenn ein Hersteller Studienware produziere, die nicht identisch mit dem später verabreichten Impfstoff sei. Die Überschrift „Biontech-Impfstoff für die breite Masse wies anfangs erhebliche Mängel auf" sei grob irreführend. Völlig unkritisch werde die Meinung des zitierten Anwalts und seines Kanzleikollegen wiedergegeben. Beide seien bekannte Verbraucheranwälte und hätten erfolgreich gegen VW im Dieselskandal geklagt. Beim Thema Pharma und/oder Impfstoffe seien sie jedoch fachlich absolute Laien; mit diesem Thema hätten sie sich erst seit Frühjahr 2023 befasst und bisher jede Verhandlung verloren. Auch der Kanzleikollege zeige Nähe zur „Querdenker“-Bewegung und verbreite Verschwörungserzählungen. Mitten in einem ARD-Interview habe er darum gebeten, die Kamera auszuschalten: „Ich kann es wirklich nicht sagen, weil es dazu geeignet ist, einen Dritten Weltkrieg auszulösen.“ Der Beschwerdeführer bezweifelt auch die im Artikel zitierten Aussagen einer kanadischen Publikation und einer französischen Statistikerin. Die Angaben im Artikel seien also eindeutig widerlegt. Mit einem Minimum an journalistischer Sorgfalt wären solche Außenseiter-Meinungen nicht veröffentlicht worden, meint der Beschwerdeführer. Die Redaktion entgegnet, sie habe die Rechercheergebnisse des Autors vor der Veröffentlichung intensiv geprüft.
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Eine Tageszeitung veröffentlicht zwei Beiträge über die örtliche Industrie- und Handelskammer (IHK). Im ersten Artikel heißt es unter anderem, dass die IHK wegen eines Konflikts mit der IHK NRW aus diesem Kammern-Dachverband austrete. Die örtliche Kammer spreche von einer „außerordentlichen Kündigung, mit Wirkung zum Jahresende“. In dem zweiten Beitrag berichtet die Zeitung über die geplante Sanierung der Kammerzentrale. Eine Baugenehmigung dafür liege noch nicht vor. Im kommenden Jahr solle „mit ersten Vor-Baumaßnahmen begonnen werden, für die die IHK keine Genehmigung braucht“. Dieser Artikel trägt die Überschrift „IHK beginnt Arbeiten ohne Baugenehmigung“. Außerdem heißt es in dem Bericht, dass die Kammer wegen des bevorstehenden Umbaus ein Interimsquartier beziehen werde, das im kommenden Frühjahr angemietet werde. „Gemietet hat die Kammer 13.000 Quadratmeter“. Erwähnt wird ferner, dass der Vertrag des (namentlich genannten) IHK-Hauptgeschäftsführers „vom Präsidium um weitere fünf Jahre bis 2028 verlängert wurde, wie ein IHK-Sprecher auf Anfrage bestätigte“. Der Hauptgeschäftsführer beschwert sich über die Berichterstattung und macht verschiedene Verstöße gegen den Pressekodex geltend. Bei der Vorprüfung des Falles beschränkt der Presserat die Beschwerde auf die nachfolgend dargelegten Punkte. Beim ersten Artikel kritisiert der Beschwerdeführer die Formulierung „außerordentliche Kündigung, mit Wirkung zum Jahresende“. Richtig sei: Eine außerordentliche Kündigung könne nur mit sofortiger Wirkung ausgesprochen werden. Beim zweiten Artikel kritisiert er, dass die Überschrift den falschen Eindruck vermittle, die IHK habe ohne Genehmigung bereits mit Bauarbeiten begonnen und damit gegen geltendes Baurecht verstoßen. Zum Interimsquartier werde fälschlich behauptet, das Gebäude werde im Frühjahr 2024 angemietet. Richtig sei, dass der Mietvertrag längst abgeschlossen und der Umzug für Oktober 2024 geplant sei. Weiter bemängelt der Beschwerdeführer die Formulierung, dass sein Vertrag „um weitere fünf Jahre bis 2028 verlängert worden sei“. Richtig sei: Der bis Ende 2025 laufende derzeitige Vertrag sei um zweieinhalb Jahre bis 2028 verlängert worden. Neben der Kritik an den beiden Artikeln beschwert sich der Hauptgeschäftsführer auch darüber, dass die Zeitung in ihrer Berichterstattung zum Internationalen Frauentag redaktionelle und werbliche Sonderveröffentlichungen vermischt habe. Die redaktionelle Erwähnung von Frauen in Führungspositionen sei bis auf einzelne Ausnahmen nur solchen Frauen vorbehalten gewesen, die vorher für 4.900 Euro ein „Mediapaket“ des Verlags gebucht hätten. Die IHK-Präsidentin habe dies nicht getan und sei konsequenterweise im redaktionellen Teil nicht erwähnt worden, obwohl sie eine der wenigen Frauen in hervorgehobenen Positionen der Stadt sei. In einem Internetportal habe sie auf diesen Zusammenhang hingewiesen, was dort heftige Kritik an der Zeitung ausgelöst habe. Seit diesem Zeitpunkt hätten sich negative Artikel über die IHK mit nachweislich falschen Behauptungen oder bewussten Weglassungen gehäuft. Die Zeitung berufe sich dabei fast durchgängig auf meist anonyme kritische Quellen, ohne der Kammerführung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach dem Disput um die Frauentag-Sonderveröffentlichung habe der damalige Chefredakteur der IHK-Präsidentin das „Du“ entzogen. Er gebe ihr auch nicht mehr die Hand zur Begrüßung, und Präsidentin und Hauptgeschäftsführer seien von den Einladungsverteilern des Verlagshauses genommen worden. Der kommissarische Nachfolger des Chefredakteurs sei nicht zu einem Treffen mit der Präsidentin bereit gewesen. Die Zeitung widerspricht dem Eindruck, dass sie einen „Rachefeldzug“ führe.
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Eine Tageszeitung berichtet online und in der Printausgabe über eine Gremiensitzung in der Leverkusener Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer Köln, bei der es um eine von örtlichen Unternehmen befürchtete Schließung dieser IHK-Zweigstelle ging. Laut Überschrift sind Leverkusens Unternehmer „schlecht auf die Kölner IHK zu sprechen“. Im Print-Untertitel und im Online-Vorspann heißt es, der IHK-Hauptgeschäftsführer habe „drei Stunden lang“ die Wogen glätten müssen. Im Beitrag selbst schreibt die Redaktion unter anderem: „Weil die Schließung befürchtet wird, hatte sich einen Tag vor dem Termin der Hauptgeschäftsführer aus Köln angekündigt (...) Es habe – entlang einer umfänglichen Tagesordnung – einen `dreistündigen, sehr lebhaften Diskussionsmarathon´ gegeben, so beschreibt es ein Teilnehmer“. Beschwerdeführer ist der erwähnte Hauptgeschäftsführer. Er kritisiert, die Redaktion habe sich nach eigener Darstellung ausschließlich auf Aussagen eines einzelnen Teilnehmers der nicht-öffentlichen Sitzung gestützt, ohne diese Angaben auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Der im Artikel sechsmal namentlich genannte und teilweise indirekt zitierte Hauptgeschäftsführer habe zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit zur Stellungnahme und Richtigstellung gehabt. Zahlreiche Aussagen im Artikel seien nachweislich falsch. Hierdurch sei der IHK Köln und ihrer Führung ein erheblicher Reputationsschaden entstanden. Der Beschwerdeführer bemängelt unter anderem die Formulierung, dass er „drei Stunden lang“ die Wogen habe glätten müssen. Laut Sitzungsprotokoll habe der entsprechende Tagesordnungspunkt nur eine dreiviertel Stunde gedauert. Ferner kritisiert er, dass die Redaktion an einer Stelle vom „Wirtschaftsgremium der IHK Leverkusen“ schreibt. In Wirklichkeit gebe es keine „IHK Leverkusen“, sondern lediglich eine Geschäftsstelle der IHK Köln in Leverkusen, und es gebe „ein Wirtschaftsgremium Leverkusen der IHK Köln“. Außerdem stimme es nicht, dass er sich erst einen Tag vor dem Sitzungstermin angekündigt habe. Vielmehr sei seine Teilnahme bereits mehrere Wochen vor der Sitzung festgelegt worden. In der Vorprüfung des Falles beschränkt der Presserat die Beschwerde auf diese drei von mehreren kritisierten Tatsachenbehauptungen. Die Zeitung verteidigt ihre Berichterstattung als wahrheitsgemäß, angemessen und sorgfältig.
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Eine Tageszeitung berichtet über Pläne einer Krankenhaus-GmbH zur Einrichtung einer Tagesklinik und einer Ambulanz. Zitiert wird die leitende Ärztin des Krankenhauses mit Äußerungen im Sozialausschuss der Stadt. Die Krankenhaus-GmbH beschwert sich, dass der Artikel falsche Zitate und unwahre Darstellungen über die Klinik enthalte. Vor der Veröffentlichung habe die Redaktion den Artikel dem Krankenhaus zum Gegenlesen vorgelegt. Die Klinik-Pressesprecherin habe entsprechende Korrekturen vorgenommen, die von der Redaktion dann aber nicht beachtet worden seien. Dabei gehe es zum einen um die falsche Behauptung, dass eine Ambulanz an eine Tagesklinik angegliedert sein müsse. Zum anderen heiße es in dem Artikel im Hinblick auf weitere Angebote: „Weitere zu installieren, sei schwierig. Personal zu finden, ein Riesenproblem.“ Hierzu stellt die Beschwerdeführerin fest: Die Installation neuer Therapieangebote hänge im Allgemeinen nicht von personellen Aspekten ab, sondern von dem notwendigen Versorgungsbedarf. Dieser werde im Rahmen der Krankenhausplanung durch das Ministerium vorgegeben bzw. von den örtlich zuständigen Zulassungsausschüssen ermittelt. Die Redaktion entgegnet, sachlich zutreffende Kritikpunkte habe sie in dem Artikel berücksichtigt, nicht aber die in der Beschwerde beanstandeten Punkte. Denn solche Änderungen hätten zur Folge gehabt, dass keine wahrheitsgemäße Berichterstattung über den Ablauf der Sitzung des Sozialausschusses stattgefunden hätte, weil die tatsächlichen Äußerungen der Ärztin nachträglich inhaltlich verändert worden wären. Es möge sein, dass die Angaben der Krankenhausvertreterin in der Ausschusssitzung ungenau oder gar unzutreffend gewesen seien; dies ändere aber nichts daran, dass sie sich so geäußert habe. Und genau darüber sei berichtet worden. Inhaltliche Fehler der Äußernden gingen nicht zu Lasten der Redaktion.
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Eine Tageszeitung berichtet online über palästinensische Mitarbeiter von deutschen Organisationen im Gazastreifen. Rund 200 dieser Ortskräfte seien inzwischen nach Ägypten gebracht worden. Offenbar wegen Sicherheitsbedenken könnten viele von ihnen nicht nach Deutschland weiterreisen. Denn bei „Gesprächen mit dem Verfassungsschutz in Ägypten“ habe sich bei ihnen eine extremistisch-antisemitische Gesinnung gezeigt. Der Beschwerdeführer betont, dass es einen „Verfassungsschutz in Ägypten“ nicht gebe. Der Leser verstehe die Formulierung so, als sei Ägypten ein demokratischer Rechtsstaat, der die freiheitliche demokratische Grundordnung in Deutschland schütze. Bei der Vorprüfung des Falles wurde die Beschwerde als offensichtlich unbegründet beurteilt. Denn mit der Formulierung „Verfassungsschutz in Ägypten“ sei der deutsche Verfassungsschutz gemeint. Dagegen legt der Beschwerdeführer Einspruch ein: Der Verfassungsschutz sei ein Inlandsgeheimdienst und operiere nicht in Ägypten. Im daraufhin eingeleiteten Beschwerdeverfahren erklärt die Zeitung, der Beitrag sei unverändert von einer Nachrichtenagentur übernommen worden. Sie gelte als privilegierte Quelle, so dass man auf die Richtigkeit des Inhaltes habe vertrauen dürfen. Der Beschwerdeführer berufe sich auf eine eher entlegene Lesart. Sie hätte die kuriose Folge, dass ein ägyptischer Verfassungsschutz oder das ägyptische Innenministerium darüber entscheiden würden, wer nach Deutschland einreisen dürfe. In Wirklichkeit sei der Text so zu verstehen, dass die Gaza-Flüchtlinge in Ägypten vom deutschen Verfassungsschutz befragt worden seien und dann keine Freigabe zur Weiterreise nach Deutschland bekommen hätten.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über einen pensionierten Musiklehrer, der bei einer Bergwanderung tödlich verunglückte. Der derzeitige Schulleiter wird viermal mit Aussagen über das Unfallopfer zitiert. Zudem heißt es, der Schulleiter habe ihn als Jugendlicher selbst als Lehrer gehabt und später noch fünf Jahre mit ihm zusammengearbeitet. Der angeblich Zitierte beschwert sich: Er habe nicht mit der Zeitung gesprochen und auch nicht in einem anderen Zusammenhang die ihm zugeschriebenen Aussagen gemacht. Da er erst seit einem Jahr an dem Gymnasium arbeite, kenne er den Verunglückten auch nicht persönlich. Der zuständige Redakteur entgegnet, er sei mit einem Foto des Unfallopfers zur Schule gefahren und habe mit zwei Damen am Pausenverkauf gesprochen. „Unmittelbar danach kam ein Lehrer hinzu, der sich mir – als ich mich als [Zeitungsname]-Journalist zu erkennen gegeben habe – als Herr [Nachname] vorstellte (sein Foto hängt auch im Eingang des Gymnasiums, insofern war er für mich schnell als Schulleiter zuzuordnen). Besagter Herr sprach dann sehr wohl mit mir über den verunglückten Musiklehrer, auch er bestätigte das Foto und lieferte auch die verwendeten Zitate.“ Auf Nachfrage des Presserats erläutern der Schulleiter und einer seiner Kollegen, dass sich dieser am Pausenverkauf mit einer Verkäuferin über den Verunglückten unterhalten habe. Daneben habe ein Unbekannter gestanden, der sich in das Gespräch eingeschaltet habe. Im Laufe des Gesprächs habe der Kollege erzählt, das er den Verunglückten selbst noch als Lehrer und später auch als Kollegen erlebt habe. Erst im Weggehen habe der Unbekannte gesagt, das sei alles für ihn sehr interessant, da er immer wieder für eine Zeitung schreibe. Seinen Namen habe er nicht genannt, auch keine Aufzeichnungen geführt. Darauf erwidert die Zeitung, dass der Pressekodex keine Pflicht zur Namensnennung enthalte, sondern nur gebiete: „Journalisten geben sich grundsätzlich zu erkennen.“
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Eine Boulevardzeitung titelt online: „Über diese Klima-Heuchlerin ärgert sich ganz Deutschland - Klebe-Luisa lebt ihren Traum von einer Weltreise … und wir kommen nicht zur Arbeit". Darunter steht ein großes Foto der inzwischen 22-Jährigen, das sie laut Bildunterschrift 2019 vor dem Eiffelturm zeigt und aus ihrem Facebook-Auftritt stammt. In dem Bericht werden sie und ihr 24-jähriger Freund mit vollem Namen genannt und bei einer Straßenblockade gezeigt. Als Jugendliche habe sie im Internet geschrieben: „Ich will unbedingt mal eine Weltreise machen.“ Dann habe sie den Klimaschutz für sich entdeckt, sich auf Straßen festgeklebt und sich der „Letzten Generation“ angeschlossen. Jetzt aber mache sie mit ihrem Freund Urlaub im sonnigen Thailand, während „ihre Freunde in elf kalten deutschen Städten auf Straßen klebten und Zehntausende Menschen in den Stau schickten“. Und weiter: „Über dieses junge Paar, das deutsche Autofahrer ausbremst und dann im Urlaubsflieger 9300 Kilometer ans andere Ende der Welt jettet, ärgert sich ganz Deutschland. ‚Solche verwöhnten, verlogenen und radikalen Gören werden irgendwann in die Politik gehen und uns ihr Leben aufzwingen wollen‘, schrieb BILD-Leser [vollständige Namensnennung].“ Aus Thailand hätten die beiden einen „Jammer-Brief“ an die linke „taz“ geschickt: Man habe „eine Fluggesellschaft mit möglichst kerosinsparenden Flugzeugen“ gesucht; man lebe doch sonst „möglichst treibhausgasarm“ und wolle auf dem Heimweg nur bis in die Türkei fliegen. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz. Die Berichterstattung über die Reise habe anfangs durchaus einen Nachrichtenwert gehabt. Mittlerweile sei sie aber ausgeufert. Die Redaktion habe das gesamte Leben der jungen Frau durchforstet, nenne den vollen Namen, zeige sie unverpixelt im Großportrait und nutze einen scharfen Ton. Dadurch entstehe der Eindruck, dass die Zeitung die Person „fertig machen“ wolle. Der Verlag erwidert, dass solche Aktivisten eine identifizierende Berichterstattung sehr wohl hinnehmen müssten. Ihre Klimaproteste zielten auf maximale Öffentlichkeitswirkung, so dass sie ihre Privat-
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Unter der Überschrift „Umstrittener Münchner Professor wird ein Fall für den Verfassungsschutz" berichtet eine Tageszeitung online über einen Kommunikationswissenschaftler, der „unter ‚Querdenker‘-Verdacht“ stehe. Er sei Mitherausgeber der Wochenzeitung „Demokratischer Widerstand“. Das Uni-Institut, in dem er arbeite, verordne die Zeitung im Umfeld von Corona-Leugnern und der rechtsextremen Strömung „Neue Rechte". Der Professor falle nicht zum ersten Mal mit kruden Ansichten zu Politik, Medien und Gesellschaft auf. Auch im Zusammenhang mit der „Hannah-Arendt-Akademie", einer selbsternannten wissenschaftlichen Einrichtung, tauche sein Name auf. Er habe dort auf der Liste der Dozenten gestanden, neben bekannten Wissenschaftsverweigerern und Verschwörungspredigern. Als Autor der Zeitung „Demokratischer Widerstand“ habe er ihren Erfolg unter anderem damit erklärt, dass sie – anders als die „Leitmedien" und „das Internet" – nicht von Politik, Behörden, Wirtschaft und Moral „gekapert" worden seien. Trotz alledem habe er weiter an der Uni unterrichten können. Als aber seine Herausgeber-Tätigkeit bei der Wochenzeitung bekanntgeworden sei, habe die Universitätsleitung den Verfassungsschutz eingeschaltet, um zu prüfen, „ob dienstrechtliches Fehlverhalten vorliegt". Dies habe die Behörde gegenüber der Redaktion bestätigt. Am Ende müsse die Unileitung entscheiden, wie sie mit dem höchst umstrittenen Professor umgehe. Der Beschwerdeführer sieht die Sorgfaltspflicht und die Unschuldsvermutung verletzt. Bei ihrem „Rundumschlag“ gegen den Professor habe die Zeitung versäumt, ihm eine Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Bei der Vorprüfung des Falles weist der Presserat die Beschwerde als „offensichtlich unbegründet“ zurück. Falsche Tatsachenbehauptungen seien nicht ersichtlich gewesen. Auch eine Konfrontation des Betroffenen sei hier nicht pressethisch zwingend gewesen. Der Beitrag berichte über die Tatsache, dass Ermittlungen gegen den Professor stattfinden werden. Die einordnende Beschreibung des Mannes liefere keine konkreten Tatvorwürfe, zu denen er Stellung nehmen müsste. Vielmehr würden hier nur unstrittige Tatsachen geschildert und diese von der Redaktion bewertet. Die Redaktion habe die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung nach Ziffer 13 des Pressekodex gewahrt. Insbesondere werde im Beitrag deutlich, dass erst noch geprüft werde, ob dienstrechtliches Fehlverhalten vorliege. Gegen diese Entscheidung legt der Beschwerdeführer Einspruch ein: Der Artikel enthalte sehr wohl konkrete Tatvorwürfe, nämlich die Mitherausgeberschaft einer angeblichen „Querdenker“-Zeitung aus dem Umfeld der rechtsextremen Strömung „Neue Rechte“. Der Professor hätte die Gelegenheit erhalten müssen, dazu Stellung zu nehmen. Die Redaktion habe sich doch auch um eine Stellungnahme des Verfassungsschutzes bemüht. Aufgrund des Einspruchs eröffnet der Presserat ein förmliches Beschwerdeverfahren. Die Zeitung nimmt zu den Vorwürfen Stellung: Eine Pflicht zur Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen lasse sich aus dem Pressekodex nur für streitige oder unklare Sachverhalte ableiten.
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