Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Lokalzeitung lässt ihre Online-Leserschaft live darüber abstimmen, ob die Stadt ein neues Fußballstadion brauche. Dazu schreibt sie: „Stimmen Sie ab und schreiben Sie Ihre Meinung in die Kommentare (Hinweis: Bei der Umfrage handelt es sich nicht um eine repräsentative Umfrage, sondern um ein mögliches Stimmungsbild).“ Die Beschwerdeführerin trägt unter anderem vor, die Redaktion sei in der Vergangenheit bereits dafür missbilligt worden, zum gleichen Thema eine ominöse Online-Abstimmung gemacht zu haben, bei der x-fach und aus der ganzen Republik habe abgestimmt werden können. Dieses Scheinergebnis werde dann für weitere Artikel genutzt, um Stimmung zu machen. Die Chefredaktion kann die Beschwerde nicht nachvollziehen, denn in dem Beitrag stehe ausdrücklich, dass es sich nicht um eine repräsentative Umfrage handele. Schon beim Aufruf darauf hinzuweisen, dass sich das Stimmungsbild durch Mehrfachabstimmungen mutwillig verzerren lasse (indem der Browser-Cache gelöscht werde), ergebe keinen Sinn.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Kommentar zum Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 im israelischen Kibbuz Kfar Azza. Im Text heißt es: „Der Ort, an dem Hamas 40 Babys und Kinder abgeschlachtet hat. Geköpft.“ Der Beschwerdeführer zweifelt die Behauptung der Redaktion an: Es fehle eine Bestätigung einer zuständigen israelischen Behörde, dass in Kfar Azza 40 Babys geköpft worden seien. Im Vorprüfungsverfahren weist der Presserat die Beschwerde zunächst zurück. Daraufhin teilt der Beschwerdeführer ergänzend mit, dass die Terrorgruppe Hamas und ihre Mittäter zwar sehr schreckliche Verbrechen begangen hätten, doch hätten sie sich nicht so ereignet, wie die Redaktion berichtet habe. Auch die Regierungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Joe Biden würden dies bestreiten. Die Zeitung hält die Beschwerde für „geschmacklosen Unfug“.
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„Der Killer lockte ihn zum Spielen in den Tod“: Unter dieser Schlagzeile berichtet eine Boulevardzeitung online über die Tötung eines 14-Jährigen durch einen Gleichaltrigen im niedersächsischen Wunstorf. Im Bericht selbst wird der Tatverdächtige als „der mutmaßliche Killer“ bezeichnet. Die Beschwerdeführerin kritisiert einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex. Einen 14-Jährigen als Killer zu bezeichnen, empfinde sie als Sensationsberichterstattung und nicht im Rahmen des Jugendschutzes. Der Verlag entgegnet, das Wort „Killer“ sei überall verbreitet – gerade bei Kindern und Jugendlichen, die die vielfältigsten „Killer“-Spiele spielten – und sei alles andere als belastend; es werde schlicht als Synonym für „Töter“ verwendet.
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Eine Wochenzeitung berichtet ausführlich über die Szene der sogenannten Reichsbürger in Deutschland. Der Beschwerdeführer bemängelt falsche Benennungen und Zuordnungen: Eine der erwähnten Gruppierungen heiße nicht „Vereinte Patrioten“, sondern „Kaiserreichgruppe“, und die Gruppe um Prinz Reuß sei namenlos und heiße nicht „Patriotische Union“. In keiner Weise hätten die beiden Gruppen miteinander zu tun. Falsch sei auch die Äußerung, dass der ehemalige NVA-Soldat Sven B. der terroristischen Gruppe um Prinz Reuß nahestehe; vielmehr habe er sich für die terroristische „Kaiserreichgruppe“ engagiert. Im Vorprüfungsverfahren bewertet der Presserat die Beschwerde zunächst als „offensichtlich unbegründet“: Analog zu Pressekodex-Richtlinie 13.1 („In der Sprache der Berichterstattung ist die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich sind“) stehe es der Presse frei, in der Öffentlichkeit eingeführte und damit bei der Leserschaft bekannte Bezeichnungen für die Terror-Gruppen zu verwenden, unabhängig von etwaigen Eigenbezeichnungen. Auf Einspruch des Beschwerdeführers leitet der Presserat dann doch ein reguläres Beschwerdeverfahren ein und holt eine Stellungnahme der Zeitung ein. Der Chefredakteur widerspricht darin dem Vorwurf, dass die Gruppe um Prinz Reuß keinesfalls den Namen „Patriotische Union“ trage.
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Eine Tageszeitung lädt in einem ausführlichen Beitrag ihre Leserschaft dazu ein, aus Anlass des 34. Jahrestags des Berliner Mauerfalls eigene Texte zur aktuellen Weltlage einzureichen, die auf einer offenen Plattform der Zeitung erscheinen sollen. Illustriert ist der Beitrag mit Bildern von sechs (überwiegend bereits gestorbenen) internationalen Bürgerrechtlern und Friedensaktivisten mit trauernden oder weinenden Gesichtern. In der Onlinefassung wird direkt unter den Bildern darauf hingewiesen, dass die Fotos durch Künstliche Intelligenz (KI) verfremdet wurden. In der Print-Version taucht dieser ausdrückliche Hinweis nur im Beitragstext auf. Bei den Fotos selbst steht der Hinweis auf die KI nur in der Copyright-Zeile, die kleingedruckt senkrecht am Rand des ersten Fotos steht. Der Beschwerdeführer sieht dadurch den Pressekodex in mehrfacher Hinsicht verletzt: bei der Wahrhaftigkeit und der Achtung der Menschenwürde, dem Persönlichkeitsschutz und dem Schutz der Ehre. Er kritisiert eine mangelhafte Kennzeichnung der „KI-Fälschungen“ in der Druckausgabe und sieht darin eine versuchte Irreführung der Leserschaft. Außerdem sei es ekelhaft, Ansehen und Ehre Verstorbener durch fratzenhaft verfälschte Bilder zu verunglimpfen. Die kritisierte Zeitung nimmt keine Stellung.
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Unter der Überschrift „Infektiologe: ‚Aufmerksamkeit nicht primär auf Corona legen‘“ zitiert eine Nachrichtenagentur einen Infektiologen unter anderem mit den Worten, dass die Zahl der Influenza-Infektionen im Winter 2022/23 deutlich über der Zahl der Corona-Fälle gelegen habe. Rund 24 Millionen Menschen in Deutschland – etwa jeder vierte – seien an einer Atemwegsinfektion erkrankt. Die Mehrzahl der Fälle sei durch das Grippevirus verursacht worden. „Die Influenza war mit Abstand die häufigste Atemwegserkrankung“, zitiert die Agentur den Mediziner. „Es macht keinen Sinn, die Aufmerksamkeit primär auf Corona zu legen.“ Die Beschwerdeführerin wirft der Agentur vor, diese Aussagen ohne Einordnung und Recherche übernommen und nicht hinterfragt zu haben. Dabei handele es sich um eine Falschaussage. In den Epidemiologischen Bulletins des Robert-Koch-Instituts (RKI) lasse sich nachlesen, dass im Winter 2022/23 nicht die Influenza-Fälle, sondern die COVID-19-Fälle mehr als deutlich überwogen hätten. Die Agentur entgegnet, dass der zitierte Infektiologe und Oberarzt am Klinikum rechts der Isar an der Technischen Universität München aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit und der daraus resultierenden Fachkenntnis absolut geeignet sei, um zur Einordnung der Infektionslage eine fundierte Aussage zu tätigen.
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