Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Reiter-Fachzeitschrift veröffentlicht online einen Testbericht zu einer Reitschule. Diese wird mit Kontaktdaten vorgestellt. Die Autorin des Beitrages hat sich nach eigener Aussage als „klassisch ausgebildete Reiterin“ angemeldet. Der Artikel gibt die Eindrücke der Redakteurin von der Reitschule und der absolvierten Reitstunde wieder. Die Reitlehrerin wird namentlich genannt und zitiert. Abschließend wird die Reitschule in den Kategorien „Schulpferd“, „Reitlehrer“, „Reitbetrieb“ und „Pflege & Haltung“ mit Punkten bewertet. Beschwerdeführer sind die im Artikel zitierte Reitlehrerin und der Betriebsleiter. Sie berichten, dass sie heimlich durch eine Journalistin in einem geschützten Raum im Rahmen eines Reitschultests geprüft worden seien. Diese unehrlich erworbenen Informationen einschließlich falscher Darstellungen seien ohne ihr Wissen bundesweit veröffentlicht worden. Von diesem Sachverhalt hätten sie – die Beschwerdeführer - nur zufällig im Nachhinein erfahren. Aus ihrer Sicht hätte sich die Journalistin spätestens am Ende der Reitstunde zu erkennen geben müssen. Die Chefredakteurin der Zeitschrift weist darauf hin, dass die Beschwerdeführer zu keiner Zeit von ihrem Recht auf eine Gegendarstellung Gebrauch gemacht hätten. Aus einem Anschreiben mit dem Begriff „Abmahnung“ seien gegenüber dem Verlag keine konkreten Ansprüche geltend gemacht worden. Forderungen nach Richtigstellung sowie ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 157.000 Euro seien zurückgewiesen worden. Die Redaktion führe Reitschultests seit Jahren regelmäßig durch. An diesen Tests besteht ein reges Interesse, da Reiter sehr häufig Reitunterricht nähmen. Eine objektive Prüfung erfordere eine authentische Alltagssituation in dem betreffenden Reitstall. Diese liege nur dann vor, wenn Reitlehrer und Reitstallbetreiber keine Kenntnis von der wahren Identität des Testers und dem Zweck der besuchten Reitstunde hätten.
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2012 hat George Zimmerman den Teenager Trayvon Martin erschossen. Eine Illustrierte nimmt eine Schadensersatzklage des damaligen Schützen gegen die Eltern Martins zum Anlass, 2019 ein zwei Jahre zuvor geführtes Interview erneut aufzugreifen. Darin steht der Satz: „Der Täter - der weiße Nachbarschaftswärter George Zimmerman - wurde damals freigesprochen.“ Ein Leser der Illustrierten sieht durch die Veröffentlichung mehrere Ziffern des Pressekodex verletzt. Er stört sich vor allem an dem Wort „Täter“ in dem oben zitierten Satz, da Zimmerman seinerzeit wegen Notwehr freigesprochen worden sei. Die Ethnie von Zimmerman werde mit „weiß“ angegeben. Er sei aber ethnisch gesehen ein Latino mit afrikanischen Wurzeln seitens der Mutter. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift stellt fest, sie halte die Bezeichnung von George Zimmerman als „weiß“ nicht für unkorrekt, denn er sei seinerzeit im Polizeibericht als weiß bezeichnet worden. Zimmerman selbst bezeichne sich als „hispanic“. Die Bezeichnung Zimmermans als „Täter“ sei ebenfalls nicht zu beanstanden, denn dies besage ja nur, dass er eine „Tat“ begangen habe. Angesichts der Tatsache, dass er zweifelsfrei einen Jugendlichen erschossen und damit ein Tötungsdelikt begangen habe, sei dies auch vollkommen richtig. Die Tatsache, dass er freigesprochen worden sei, weil er sich auf den Tatbestand der Notwehr habe berufen können, ändere hieran nichts. Im Vorspann des kritisierten Berichts sei von einem „Mordfall“ die Rede. Die Redaktion habe dies mittlerweile korrigiert, indem sie von einem „getöteten“ Teenager spreche.
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„Wie sich ein Betreuer das Vertrauen der Kinder erschlichen haben soll“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Regionalzeitung über einen Prozess wegen Kindesmissbrauchs gegen einen 42-jährigen Mann. Christian L. war Betreuer einer evangelischen Pfadfindergruppe. Er soll sich an vier Kindern und Jugendlichen im Alter von 8 bis 14 Jahren vergangen haben. Insgesamt werden ihm 330 Fälle von Kindesmissbrauch vorgehalten. Die Zeitung schreibt: „Im Fall von Tom K. ging der Missbrauch über drei Jahre. Der Junge versuchte mehrfach, aus der Pfadfindergruppe auszutreten. Doch seine Eltern interpretierten den Wunsch als Laune eines Kindes, schickten ihn weiter dorthin – nicht ahnend, was ihr Sohn durchleben musste. Robin F. wurde der Anklage zufolge mindestens einmal wöchentlich von dem Mann missbraucht und vergewaltigt. Mit den Schmerzen, die der Analverkehr, den das Kind mehrfach über sich ergehen lassen musste, auslöste, blieb es allein – der Junge brachte es nicht über sich, sich seiner Mutter zu offenbaren.“ Ein Leser der Zeitung wendet sich anonym an den Presserat. Er kritisiert, dass der Angeklagte in dem namentlich genannten kleinen Ort (8000 Einwohner), in dem er lebt, erkennbar werde. Das gleiche gelte für die Geschädigten. Zudem beschreibe die Redaktion detailliert die Taten und mache die Kinder damit erneut zu Opfern. Die Redaktion der Zeitung betont, dass der Opferschutz und insbesondere der Schutz von Kindern und Jugendlichen der Redaktion überaus wichtig seien. Sollte die Redaktion durch die Berichterstattung die Gefühle von Minderjährigen und deren Angehörigen verletzt haben, bedauere sie dies zutiefst. Aus aktueller Sicht sei auch die verkürzte Namensnennung der Missbrauchsopfer ein Fehler gewesen. Die Redaktion habe diese Angaben aus der Onlineversion des Artikels entfernt. Anders verhalte es sich bei der Nennung persönlicher Details im Fall des Angeklagten. Die schweren Taten seien nicht im privaten Umfeld geschehen, sondern im weiteren Sinne in der Öffentlichkeit. Die Intensität des Tatverdachts und die Schwere des Vorwurfs überwögen die schutzwürdigen Interessen des Angeklagten.
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Neugeborenes starb an Überdosis Crystal Meth – Junkie-Mutter stillte ihr Baby zu Tode“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online einen Bericht über die Ermittlungen gegen eine 36-jährige US-Amerikanerin. Diese sitze unter dem Vorwurf in Untersuchungshaft, nach Drogenkonsum ihr Baby gestillt und es dadurch getötet zu haben. Die Zeitung nennt den vollen Namen der Frau und zeigt sie im Bild. Der Artikel enthält einen Link zu einem lokalen TV-Sender. Ein Leser der Zeitung sieht Verstöße gegen die Ziffern 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 8 (Persönlichkeitsrechte). Er kritisiert die identifizierende Berichterstattung. Zudem werde der Mutter Mord unterstellt, obwohl die Quelle neutral von „homicide“ (Tötungsdelikt) spreche. Die Rechtsvertretung der Zeitung verweist auf ein großes öffentliches Interesse, das den Persönlichkeitsschutz der Angeklagten überwiege. Die Frau stehe unter dem Vorwurf, eine außergewöhnliche schwere Straftat begangen zu haben. Es bestehe ein schwerwiegender Tatverdacht, weshalb sich die Frau in U-Haft befinde. Aus Sicht der Zeitung sei es presseethisch nicht zu beanstanden, dass im Beitrag Name und Foto der Frau enthalten seien. In derartigen Fällen gehörten diese Angaben zur Nachricht. Eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht liege nicht vor, da an keiner Stelle von einem heimtückischen Mord die Rede sei. Es würden allein die Fakten des Vorgangs wiedergegeben. Damit habe die Redaktion im Rahmen des Presseüblichen gehandelt. Sie habe ausdrücklich auf eine seriöse Quelle verwiesen, die die berichteten Informationen belege.
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Ein ärztliches Fachblatt veröffentlicht einen Erlebnisbericht über die medizinische Situation in Ostafrika am Beispiel eines deutschen Kardiologen. Im Innern des Blattes ist ein Foto abgedruckt, das den Autor des Berichts mit zwei Kollegen in einem OP-Raum zeigt. Im Inhaltsverzeichnis wird der Beitrag mit einem fast gleichen Foto angekündigt. Fast gleich, denn auf diesem Bild trägt der Autor einen Mundschutz unterhalb von Mund und Schnurrbart. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert, dass das Bild in der Artikelankündigung zeigte, wie der Autor des Beitrages offensichtlich gegen geltende Hygienerichtlinien verstoße. Das zum eigentlichen Artikel gestellte Foto sei – so der Beschwerdeführer – offensichtlich retuschiert worden, während die Vorschauillustration das Originalfoto zeige. Im Artikel finde sich kein Hinweis auf eine Retusche. Auf seine Nachfrage bei der Redaktion habe die Pressereferentin die Retusche offen zugegeben. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, dass bei der Bearbeitung der Redaktion aufgefallen sei, dass auf dem Bild der Mundschutz nach den in Deutschland geltenden Hygienevorschriften nicht korrekt getragen wurde. Um den Chirurgen zu schützen und auch die in Deutschland übliche und korrekte Hygienemaßnahme abzubilden, sei das Bild bearbeitet worden. Es sei versäumt worden, auch das Ankündigungsfoto zu bearbeiten.
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Neue Neonazi-Gruppe in Hannover aktiv“ über die sogenannte „Calenberger Bande“. Mitglieder der inzwischen verbotenen Neonazi-Organisation „Besseres Hannover“ hätten sich offenbar zu einer neuen Gruppierung zusammengeschlossen. Sie sollen für diverse Anschläge und Sachbeschädigungen verantwortlich sein. Die Zeitung nennt die linksextreme Internetplattform „Indymedia“, die die Namen der Mitglieder der neuen rechtsradikalen Gruppierung veröffentlicht habe. Führende Köpfe der Gruppe sollen Patrick K. und Daniel B. sein. Die Zeitung führt Straftaten auf, die den beiden zur Last gelegt werden. Eine Leserin der Zeitung sieht in der konkreten Angabe der Internetplattform „Indymedia“ einen Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit. Der Chefredakteur nimmt Stellung zu der Beschwerde. Diese berühre einen Grenzfall journalistischer Arbeit. Hier stünden sich das Gebot der Quellentreue und -transparenz einerseits und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen gegenüber. Man habe sich dazu entschieden, das entsprechende Portal als Quelle zu nennen, sei aber mittlerweile davon abgerückt und habe die entsprechende Passage in der Online-Version des Berichts geändert.
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Ein Nachrichtenmagazin berichtet über den Ausbruch des Corona-Virus in China. Der Artikel beleuchtet neben dem Ursprung des Virus und den Maßnahmen zur Eindämmung die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen in der Welt, die den Ausbruch einer Pandemie begünstigen und welche Folgen es dadurch gibt. Beleuchtet wird auch die Hysterie, die mit der Virus-Ausbreitung verbunden ist. Elf Leserinnen und Leser beschweren sich über die Veröffentlichung. Sie sehen durch die Gestaltung des Titels und den Inhalt der Geschichte Verstöße gegen mehrere presseethische Grundsätze. Die Darstellung spiele mit gängigen China-Klischees und suggeriere einen Zusammenhang zwischen der wachsenden chinesischen Wirtschaft und dem Ausbruch des Virus als Bedrohung für den Leser. Es werde der falsche Eindruck erweckt, das Virus sei in China absichtlich hergestellt und verbreitet worden. Die Darstellung – so einige der Beschwerdeführer - sei dazu geeignet, Ressentiments gegen Chinesen zu schüren. Die Rechtsvertretung des Magazins stellt fest, dieses werde sich stets nachvollziehbarer Kritik stellen. Es sei aber müßig. zu konstruierten Diskriminierungsvorwürfen Stellung zu nehmen. Das Magazin habe auch offensichtlich nichts mit Verschwörungstheorien zu tun.
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In einer Regionalzeitung erscheint ein Leserbrief unter der Überschrift „Gut für unser Land“. Darin heißt es unter anderem: „Denn wie die neueste Statistik der Bundesarbeitsagentur bestätigt, sind bereits 50 Prozent aller Asylsuchenden aus den Jahren 2016 und 2017 in Lohn und Brot.“ Ein Leser der Zeitung teilt mit, auf seine Anfrage habe ihm die Bundesagentur für Arbeit mitgeteilt: „In der Beschäftigungsstatistik liegen keine Informationen zum Aufenthaltsstatus und gestellten Asylanträgen vor. Daher kann die Beschäftigungsstatistik nur nach Staatsangehörigkeit ausgewertet werden.“ Der Verfasser des Leserbriefes habe somit eine falsche Tatsachenbehauptung in die Welt gesetzt. Von der Redaktion habe man erwarten können, dass sie die Tatsachenbehauptung vor der Veröffentlichung überprüft. Der Beschwerdeführer kritisiert weiter den Ausdruck „in Lohn und Brot stehen“. Dieser gaukele nach der Duden-Definition den Lesern vor, die Betreffenden hätten eine unbefristete Anstellung. Die Rechtsvertretung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, es handele sich bei der kritisierten Leserbrief-Passage nicht um eine offenkundlich falsche Tatsachenbehauptung. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte E-Mail-Korrespondenz mit der Bundesagentur für Arbeit zeige lediglich, dass der angefragten Abteilung eine Antwort auf die gestellten Fragen nicht möglich war. Ein Nachweis dafür, dass die im Leserbrief getroffenen Aussagen unzutreffend sind, sei damit nicht erbracht.
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Ein Nachrichtenmagazin setzt sich online auf satirische Art mit der möglichen Verbreitung des Corona-Virus auseinander und gibt „Praktische Tipps zum Umgang mit der trendigen Atemwegserkrankung“. Eine Passage aus dem Beitrag geht so: „3. Ein wenig Rassismus geht schon in Ordnung – Sollten Ihnen diese seltsamen Chinesen schon länger suspekt gewesen sein, können Sie Ihren Ressentiments einfach freien Lauf lassen. Jetzt ist nicht die Zeit für falsche Zurückhaltung, schließlich haben wir es nur diesen gelbhäutigen Schlitzaugen zu verdanken, dass wir womöglich bald alle tot sind. Warum müßen die auch ständig Fledermaussuppe löffeln (…).“ 17 Leserinnen und Leser beschweren sich über den Beitrag. Sie halten ihn für diskriminierend und sehen einen Verstoß der Ziffer 12 des Pressekodex (Diskriminierungen). Einige Beschwerdeführer sehen eine rote Linie überschritten. Andere erkennen eine offene Diskriminierung aller Asiaten. Möglicherweise sähen manche Leser den Artikel als Aufruf zur Gewalt. Man könne aus einer Tragödie keine Satire machen. Die Rechtsvertretung des Magazins weist auf den Satire-Charakter des kritisierten Beitrages hin. Darin werde die rassistische und zuweilen hysterische Verhaltensweise im Umgang mit dem Corona-Virus benannt und durch absurde Übertreibung kritisiert. Die Intention des Artikels seien unverkennbar. Der Humor möge nicht jedem gefallen. Das mache jedoch die Beschwerden nicht begründet.
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Eine Regionalzeitung informiert über die Verhandlung des Einspruchs gegen einen Strafbefehl für eine 50-jährige Altenpflegerin. Diese war wegen des Überfahrens einer roten Ampel und dem Verursachen eines Unfalls mit Personenschaden zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro und einem vierwöchigen Fahrverbort verurteilt worden. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes betrachtet die Frau das Fahrverbort als besondere Härte. Die Zeitung teilt mit, dass sie an einem Bronchialkarzinom und einer Herzschwäche leide. Der Beschwerdeführer – ein Arzt – kritisiert, dass die Frau für jeden, der auch nur im Geringsten jemals mit ihr zu tun hatte, durch den Artikel identifizierbar sei. Die Angaben zu ihrem Gesundheitszustand gehörten zu ihrer Privatsphäre. Der Chefredakteur erwidert auf die Beschwerde, dass die schweren Erkrankungen der Frau eine wesentliche Begründung für das Vorliegen eines Härtefalls gewesen sei. Deshalb sei sie gegen den Strafbefehl vorgegangen. Die für oder gegen das Vorliegen eines Härtefalls sprechenden Gründe seien ein wesentliches Thema bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht gewesen. Deshalb seien die von der Redaktion gemachten Angaben von einem allgemeinen öffentlichen Interesse gedeckt. Soweit persönliche Daten im Artikel – so die Rechtsvertretung weiter – enthalten seien, könnten diese nicht zur Identifizierung der Frau führen.
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