Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Jahresrückblick in Bildern über die Region, in der sie erscheint. Dabei erscheinen auch Fotos von einem Dentallabor und einem landwirtschaftlichen Erzeugerverbund. Ein Leser der Zeitung sieht in den beiden Fotos und den dazugestellten Bildunterzeilen Fälle von Schleichwerbung. Ein Vertreter des Verlages teilt mit, dass es sich bei der Veröffentlichung um eine Rückschau auf das vergangene Jahr handelt. Dabei sei es der Redaktion darum gegangen, Höhepunkte der regionalen Berichterstattung bei den Lesern in Erinnerung zu rufen. Alle ausgewählten Fotos hätten einen starken lokalen und regionalen Bezug. Für Wirtschaftlichkeit und Innovationen habe im vergangenen Jahr ganz besonders das Dentallabor gestanden. Die Firma sei seinerzeit für den Wirtschaftspreis des Mittelstandes nominiert worden. Sie habe damit zu den besten 20 Unternehmen im Land und den besten sieben im Landkreis gehört. Die Nominierung sei der Grund für eine ausführliche Berichterstattung gewesen. Ähnlich sei es im Fall des landwirtschaftlichen Erzeugerverbandes, der sich durch eine bedeutsame Innovation hervorgetan habe. Auch darüber sei im lokalen und regionalen Umfeld ausführlich berichtet worden. Der Verlagsvertreter betont abschließend, dass die regionale Presse selbstverständlich über die regionale Wirtschaft und auch über private Betriebe berichten dürfe und solle. Dies gehöre zu ihren Kernaufgaben. Ziffer 7 des Pressekodex sei nicht verletzt worden, da die Veröffentlichungen einen Nachrichtenwert hätten und keine werblichen Formulierungen enthielten.
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Die Online-Ausgabe eines Nachrichtenmagazins veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Bis zu 44 Prozent auf Listenpreise: Lange Nacht bei Autohaus …“. Die Redaktion nennt den vollständigen Namen des Unternehmens. Sie informiert über eine zurückliegende „lange Nacht der Jahreswagen“ in dem Autohaus. Aktion und Angebot werden ausführlich beschrieben. Das Magazin weist auch auf eine geplante weitere Aktion hin. Es merkt an, dass der Beitrag von einem externen Unternehmen stammt und nicht von der Redaktion überprüft worden ist. Ein Leser des Magazins sieht in der Veröffentlichung einen Fall von Schleichwerbung. Sie enthalte werbliche Aussagen, die nicht durch ein öffentliches Interesse begründet sind. Der Chefredakteur des Magazins teilt mit, das beanstandete Thema sei für sein Unternehmen und rund 80 Partnermedien von strategischer Wichtigkeit. Wenn die deutschen Inhalteanbieter nicht durch Schaffung reichweitenstarker Plattformen eine gewisse „kritische Masse“ aufbrächten, würden sie im Wettbewerb mit den US-Giganten wie Google, Amazon oder Facebook bei der Werbevermarktung bald keine relevante Rolle mehr spielen können. Wenn der Presserat dem Magazin als dem Organisator einer solchen Plattform presseethische Pflichten auferlege, die man nicht erfüllen könne, könnte dies eine ökonomisch zwingende Entwicklung behindern. Der Chefredakteur stellt die Frage, warum sein Magazin als Betreiber der Publisher-Plattform eine presseethische „Haftung“ treffen solle, die bei Facebook oder Twitter niemand in Betracht ziehen würde. Fazit des Chefredakteurs: Das Magazin verbreite neben eigenen journalistischen Beiträgen auch Inhalte von Drittquellen, die als solche eindeutig kenntlich gemacht würden und für die dann die Ursprungsquelle die rechtliche und presseethische Verantwortung trage. Das Plenum des Presserats trifft im Zusammenhang mit der vorliegenden Beschwerde im Hinblick auf die Verantwortlichkeit einer Redaktion für von dritter Seite zugelieferte Beiträge folgende Grundsatzentscheidung. Veröffentlichen Redaktionen journalistische Inhalte von Dritten auf ihren Online-Plattformen, liegt die presseethische Verantwortung für diese Inhalte bei der für die Plattform verantwortlichen Redaktion. Die vorliegende Beschwerde wird zur Entscheidung an den zuständigen Beschwerdeausschuss zurückverwiesen. Die Rechtsvertretung des Nachrichtenmagazins weist darauf hin, dass der Beschwerdeausschuss nach ihrer Auffassung für die Behandlung der Beschwerde nicht zuständig ist.
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Die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Kann dieses Immun-Spray das Coronavirus stoppen?“ über das Produkt eines regionalen Herstellers. Das Virus habe nun auch Bayern erreicht, schreibt die Redaktion und nennt zwei Fälle im näheren Umkreis. Einen Vorabschutz vor Infektionen könne ein von dem örtlichen Produzenten entwickeltes Immun-Spray bieten, das 80 Prozent der Viren abtöten soll. Der Chef der Firma weist darauf hin, dass Vorbeugen das A und O sei. Hier komme das von seiner Firma entwickelte Spray ins Spiel. Seiner Firma sei es gelungen, eine neue wirksame Form des Infekt-Schutzes zu entwickeln. Es solle vor Grippeviren schützen, könne aber auch der Ausbreitung des Coronavirus Einhalt gebieten. Das Präparat sei besonders wichtig für Berufsgruppen, die im täglichen Kontakt mit Menschen stünden. Es werde ab sofort auch in einigen Apotheken in der Region erhältlich sein. (Anmerkung der Geschäftsstelle: Ob Enzympräparate grundsätzlich wirksam sind, ist nicht unumstritten. Auf der Homepage zum Präparat lässt sich keine Aussage bezüglich der Wirksamkeit gegen das Coronavirus finden). Ein Nutzer der Online-Ausgabe vertritt in seiner Beschwerde die Auffassung, dass in diesem Fall Werbung als Information getarnt werde. Zudem werde die Angst vor dem Coronavirus gezielt genutzt, um Profit zu erwirtschaften. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass der Artikel auf deren sechs Nachrichtenportalen erschienen sei, allerdings nur für kurze Zeit. Die Autorin des Beitrages habe den Auftrag gehabt, mit einem Vertreter der regionalen Firma ein Interview über das Coronavirus zu führen. Nachdem es sich bei dem Unternehmen - einer Forschungsgesellschaft – um einen eingetragenen Verein handele, seien die Aussagen des Interviewten leider nicht hinterfragt und als korrekt angenommen worden. Der Artikel sei ohne Rücksprache mit ihm – so der Chefredakteur – veröffentlicht worden. Als er diesen gelesen habe, habe er die sofortige Löschung veranlasst. Der angeprangerte Artikel sei aufgrund eines redaktionellen Fehlers rund drei Stunden lang online gewesen. Dies sei nicht geschehen, um versteckte Werbung für das erwähnte Immun-Spray zu machen. In seiner Zeitung werde Werbung und Redaktion strikt voneinander getrennt.
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Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht online einen Videobeamer-Test. Unterhalb der Überschrift werden die getesteten Geräte in einer Tabelle mit Gesamtnote, Vor- und Nachteilen und allgemeinen Eigenschaften vorgestellt. Darunter befindet sich die Kategorie „Zum Shop“, in deren Zeile für jedes Gerät verlinkte Buttons aufgeführt sind: „Otto“ führt zum Versandhändler „Otto“, „Zum Shop“ verlinkt auf Amazon. „Vergleiche“ führt zum „Partnerangebot“ und zum „Netzsieger“. Ein Nutzer der Online-Ausgabe sieht in der Veröffentlichung eine als Test getarnte, nicht gekennzeichnete Schleichwerbung. Es gehe offenbar allein um die Links. Diese seien so angelegt, dass der Benutzer nicht einmal sehe, wohin er geleitet werde. Dies gelte offenbar für das gesamte Angebot des Magazins in Kooperation mit „Netzsieger“. Der Chefredakteur teilt mit, Grundlage der Beschwerde sei ein irreführender und fehlerhafter Artikelausdruck. Vergleiche man den der Beschwerde beigefügten Ausdruck mit einem Screenshot der kompletten Seite, so seien sehr große Unterschiede festzustellen. Unabhängig davon liege kein Verstoß gegen den Kodex vor. Im Beitrag sei ein klarer Hinweis eingeblendet, dass der Netzsieger gegebenenfalls Geld verdient, wenn der Nutzer Links anklickt. Es sei nicht richtig, wenn der Beschwerdeführer behaupte, es handele sich um getarnte und nicht gekennzeichnete Schleichwerbung. In Wahrheit sei es keine Werbung, sondern ein neutraler und unabhängiger Text der Netzsieger GmbH, der gemäß dem ausdrücklichen klaren Hinweis über Affiliate-Links finanziert werde. Deshalb vermag er – der Chefredakteur – keinen Kodex-Verstoß erkennen. Der Beschwerdeausschuss verweist die Beschwerde an das Plenum. Dieses trifft im Zusammenhang mit der Beschwerde im Hinblick auf die Verantwortlichkeit einer Redaktion für von dritter Seite zugelieferte Beiträge folgende Grundsatzentscheidung: Veröffentlichen Redaktionen journalistische Inhalte von Dritten auf ihren Online-Plattformen, liegt die presseethische Verantwortung für diese Inhalte bei der für die Plattform verantwortlichen Redaktion. Die vorliegende Beschwerde wird zur Entscheidung an den zuständigen Beschwerdeausschuss zurückverwiesen. Die Rechtsvertretung des Magazins stellt die Zuständigkeit des Beschwerdeausschusses für die Behandlung der Beschwerde in Frage.
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Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Wir präsentieren Ihnen Deutschland zum Sammeln“ und der Dachzeile „Wir verlosen 10 Startersets ´Schwarz Rot Gold´“ über ein neues Panini-Album mit 333 Sammelbildern zum Thema 70 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Im Artikel wird das Album sehr positiv beschrieben. Der Autor fordert zum Sammeln auf. Unter dem Artikel und im Gefolge des Zwischentitels „Und so können Sie mitmachen“ werden die Bezugsmöglichkeiten, Sonderangebote und Preise der Aktion mitgeteilt. Am Tag darauf erscheint auch im Print ein Artikel zum Thema unter der Überschrift „Deutschland zum Sammeln“. Ein Infokasten erläutert die Sammel-Aktion, nennt Preise und Bezugsquellen. Eine Leserin der Zeitung vermisst eine Kennzeichnung über das Eigeninteresse des Verlages an der Aktion. Sie bezeichnet die Beiträge als in Werbung gehüllte Berichterstattung und hält die Veröffentlichung für unredlich. Diese diene der Durchsetzung der eigenen, geschäftlichen Interessen. Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Das von einem zum Verlag gehörenden Unternehmen herausgegebene Album wolle bedeutende Momente und Personen seit der Schaffung des Grundgesetzes aufzeigen und so über mehrere Generationen hinweg historisches Wissen vermitteln, auf die „Politikverdrossenheit“ reagieren und einen Beitrag zur Demokratieförderung leisten. Die Rechtsvertretung betont das öffentliche Interesse an dem Thema des Albums im Vorfeld des 70. Jahrestages des Grundgesetzes.
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„Diese Liebe endete im Blutbad“ titelt eine Boulevardzeitung online. Im Beitrag informiert die Redaktion über eine Beziehungstat. Ein Mann soll zuerst seine Freundin und dann sich selbst umgebracht haben. Dem Artikel beigestellt sind Fotos der beiden. Sie werden „Pascal F. (41)“ und „Lioba G. (23)“ genannt. Ein Leser der Zeitung sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen, da sie identifizierbar würden. Ein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung sieht der Beschwerdeführer nicht. Die Zeitung äußert nicht sich zu der Beschwerde.
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„Vater erstickte Kinder mit Bauschaum“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online ihren Bericht über einen anstehenden Prozess. Einem Mann wird vorgeworfen, seine beiden Kinder getötet zu haben. Er soll sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und ihnen dann Bauschaum in den Mund gespritzt haben. Im Beitrag enthalten sind unverfremdete Fotos des Jungen (5), des Mädchens (2) und des mutmaßlichen Täters. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht den Opferschutz der Kinder durch die Veröffentlichung ungepixelter Bilder verletzt. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, die Redaktion bemühe sich zurzeit um die Einwilligung der Mutter der Kinder zur Veröffentlichung der Bilder. Der Vater habe die Fotos etwa zwei Stunden vor seiner Tat gemacht und per WhatsApp an mehr als 30 Personen in aller Welt geschickt. Die Fotos seien später auch im Prozess als Beweismittel für den geplanten Mord ungepixelt verwendet worden. Es sei die Absicht des Vaters gewesen, viele Leute die Bilder seiner Kinder sehen zu lassen. Die Mutter der Kinder habe mit dem Autor des Beitrages regelmäßig in Kontakt gestanden und der Veröffentlichung nie widersprochen.
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„Laila (1) erfror auf der Flucht vor dem Krieg“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über den Krieg in Syrien und ein auf der Flucht erfrorenes 18 Monate altes Mädchen. Die Zeitung veröffentlicht ein Foto des Kindes und nennt dessen Vornamen. Zwei Leser der Zeitung sehen in dem Foto eine Verletzung der Menschenwürde und des Persönlichkeitsschutzes des Kindes sowie eine unangemessen sensationelle Darstellung. Die Rechtsabteilung der Zeitung nennt das Foto berührend und schrecklich. Es stehe als Sinnbild für eine der größten humanitären Krisen unserer Zeit. Es sei Aufgabe der Presse, die Leser darüber zu informieren, was für ungeheure Dramen sich in den Flüchtlingslagern im Norden Syriens abspielten. Es gehöre zur Chronistenpflicht der Presse, die Realität abzubilden, möge sie auch noch so traurig sein. Medien dürften der Öffentlichkeit zeitgeschichtlich bedeutsame Geschehnisse der hier berichteten Art nicht verschweigen. Ein presseethisches Dogma, demzufolge über das Elend der Flüchtlingskrise nicht auch personalisierend und anhand von individuellen Kinder-Schicksalen berichtet werden könnte, gebe es nicht. Das veröffentlichte Foto dokumentiere ein grausames Ereignis. Das geschehe jedoch nicht auf sensationslüsterne oder herabwürdigende Weise. Vielmehr begegne der Betrachter dem Opfer mit Mitleid und Trauer angesichts seines schrecklichen Schicksals.
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Ein onkologisches Zentrum wird in den Krankenhausplan als eines von vier Zentren mit besonderer gesundheitspolitischer Bedeutung für ein Bundesland aufgenommen. Die örtliche Zeitung berichtet online über das Thema. Ein anonymisierter Beschwerdeführer merkt an, die Autorin des Beitrages sei Pressesprecherin des onkologischen Zentrums. Damit verstoße die Zeitung gegen den Pressekodex. Eine Unabhängigkeit in der Berichterstattung sei in diesem Fall nicht gegeben bzw. stark anzuzweifeln. Die Autorin arbeite als freie Journalistin auch für die Regionalzeitung. Als Pressesprecherin des Klinikums dürfe sie seiner Meinung nach nicht über das Klinikum berichten. Auch habe es die Redaktion versäumt, die Doppelfunktion der Autorin transparent zu machen. Der Chefredakteur der Zeitung antwortet auf die Beschwerde. Es sei ein Versehen gewesen, dass man die Pressesprecherin als Autorin genannt habe. Dies hätte nicht passieren dürfen. Es sei richtig, dass die Pressesprecherin bis vor kurzem freie Mitarbeiterin der Redaktion gewesen sei. Sie habe aber nie über das Krankenhaus berichtet, sondern nur über kulturelle Themen.
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Auf einer mit „Exklusiv“ überschriebenen Seite veröffentlicht eine Regionalzeitung drei Anzeigen für ein Restaurant, ein Betten-Fachgeschäft und einen Hörgeräte-Akustiker. Den Anzeigen ist jeweils ein redaktionell gestalteter Text beigefügt. Ein Leser der Zeitung sieht in den redaktionell gestalteten Beiträgen eine Werbung, die nicht als solche gekennzeichnet ist. Er weist auf mehrere Beschwerden hin, die er in letzter Zeit wegen ähnlich gelagerter Veröffentlichungen in dieser Zeitung an den Presserat gerichtet habe. Der Chefredakteur gibt in seiner Stellungnahme dem Beschwerdeführer recht. Die in der Beschwerde genannte Seite sei entgegen der sonstigen Übung nicht ausdrücklich als Werbung gekennzeichnet gewesen. Es handele sich um ein Versehen, das ausschließlich technische Gründe habe. Üblicherweise werde dieses Seitenformat nach einem Presserat-Hinweis vom Vorjahr eindeutig durch Anzeigen-Hinweise kenntlich gemacht.
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