Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Hundehaufen im Reich der Graugänse

Eine Lokalzeitung berichtet über die Grauganspopulation an einem örtlichen Weiher. Unter der Zwischenüberschrift „Die Realität sieht anders aus“ wird über Hundehaufen auf den Wiesen informiert. Die Zeitung stellt fest, dass Hunde während der Frühlings- und Sommermonate auf den Wiesen verboten seien. Der Beitrag ist mit einem Foto illustriert. Es zeigt eine blonde Frau von hinten, die ihren Hund freilaufen lässt. Diese sieht durch die Veröffentlichung ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Sie sei vielen Leuten am Ort bekannt und könne durch das Foto leicht identifiziert werden. Der Artikel erwecke den Eindruck, als habe sie etwas Verbotenes getan. Ein Schild am Ort sei jedoch kein Verbot, sondern lediglich ein Hinweis des Landratsamtes. Die Zeitung stellt fest, dass es reiner Zufall gewesen sei, dass die Frau am Weiher fotografiert worden sei. Interessant an diesem Fall sei, dass am Weiher ein Hundeverbotsschild sei, das von der Beschwerdeführerin und ihren Freunden regelmäßig ignoriert werde. Die Zeitung teilt mit, was sich Spaziergänger oft anhören müssten, wenn sie Hundebesitzer auf das Hundeverbot ansprächen.

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Keine Gefahr der Fehlinterpretation

„Neue Geräte schützen: Wieso eine Antivirus Software unverzichtbar ist“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht ein Nachrichtenmagazin in seiner Online-Version einen Beitrag. Links neben der in der Dachzeile als „Artikel“ gekennzeichneten Veröffentlichung steht ein grafisch abgesetzter Block mit dem Titel „Inhaltsverzeichnis“. Darin stehen links oben die Hinweise „Anzeige“ und rechts oben „Ein Beitrag von Checkout Charlie“. Der Veröffentlichungstext wird mit dem Begriff „Sponsored“ eingeleitet. Nach allgemeinen Ausführungen über die Gefahren von Malware wird eine Software namentlich genannt und positiv bewertet. Ein Leser des Nachrichtenmagazins tritt als Beschwerdeführer auf. Er stellt fest, dass über dem Beitrag zwar das Wort „Anzeige“ stehe, der Artikel jedoch wie eine redaktionelle Information aussehe. Er beruft sich auf den Pressekodex, in dem gefordert werde, dass Werbung klar von redaktionellem Inhalt unterscheidbar sein müsse. Die Rechtsvertretung des Magazins stellt fest, die Kooperation mit dem Anbieter „Checkout Charlie“ sei ausreichend als Werbung gekennzeichnet. Sie räumt ein, dass die fraglichen Seiten ganz allgemein den Eindruck redaktioneller Seiten erweckten. Sie unterschieden sich jedoch deutlich erkennbar in praktisch jeder Hinsicht von den redaktionellen Beiträgen. Die Rechtsvertretung stellt fest, dass die Kombination aus mehreren Merkmalen den Vorgaben der Richtlinie 7.1 des Pressekodex entspreche.

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Gravierender Fehler in der Eile der Produktion

„Horror-Crash auf der A5“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung online ihren Bericht über einen schweren Verkehrsunfall, bei dem vier Menschen ums Leben gekommen seien. Die Redaktion zeigt mehrere Fotos von den schwer beschädigten Autos. Im beigestellten Video sind die Beine und Füße eines der Opfer zu sehen. Rumpf und Kopf sind mit einer Folie abgedeckt. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Mutter der Verunglückten. Familie und Freunde sähen einen offensichtlichen Verstoß gegen die Presseethik. Die Darstellung eines der Opfer sei mehr als pietät- und respektlos den Hinterbliebenen gegenüber. Die Opfer hätten noch ihr ganzes Leben vor sich gehabt. So respektlos mit ihrem Ende umzugehen, sei abscheulich. Die unendliche Trauer um die Opfer werde noch verschlimmert durch dieses Bild. Die Chefreporterin der Regionalausgabe der Zeitung hält die Beschwerde in jeder Hinsicht für nachvollziehbar. Das von einem Drittanbieter der Redaktion zugespielte Video-Material sei ihrem Artikel nachträglich hinzugefügt und zunächst ohne Verpixelung verbreitet worden. Die Chefreporterin kannte nach eigenen Worten das Videomaterial nicht. In der Eile der Produktion sei es in der Online-Redaktion dann übersehen worden. Im eigenen und auch im Namen der Redaktion bitte sie um Entschuldigung dafür, dass dieses Bildmaterial unbearbeitet veröffentlicht worden sei. Dies sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Fehler sei versehentlich und aus Unachtsamkeit geschehen.

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Vorwurf: Falsche Behauptung verbreitet

Eine politische Wochenzeitung berichtet online unter der Überschrift „Eine Auszeichnung für die Pressefreiheit“ über die Friedensnobelpreisträger des Jahres 2021. Ein Leser der Zeitung kritisiert diese Passage des Beitrages: „An den Tod von Politkowskaja vor genau 15 Jahren erinnert sich Russland in diesen Tagen. (…) Ihr Mörder, der sie 2006 vor ihrem Wohnhaus erschoss, wurde bei der Tat gefilmt und identifiziert. Gefasst wurde er nie, genauso wenig wie die Hintermänner in den höchsten Rängen des russischen Staats.“ Das sei – so der Beschwerdeführer – eine falsche Behauptung, die möglicherweise sogar wissentlich aufgestellt worden sei. Nach Darstellung des Anwalts der Zeitung sei diese der Auffassung, dass sich aus einem Urteil des Moskauer Stadtgerichts ergebe, dass der Täter gefasst sei. Er sei zu elf Jahren Straflager wegen des Mordes an Politkowskaja verurteilt worden. Daraus ergebe sich, dass die Zeitung möglicherweise wissentlich die Unwahrheit veröffentlicht habe. Dies sei nicht der Fall. Die Frage, ob man der Auffassung sei, dass die Entscheidung des Moskauer Stadtgerichts richtig sei, dürfe gestellt werden. Die russische Föderation sei kein Rechtsstaat. Nach Auffassung des Verfassers des beanstandeten Artikels sei der Mord bis heute nicht aufgeklärt. Er habe vielfältige Gründe, an der offiziellen Darstellung zu zweifeln. Viele Indizien deuteten auf einen Auftragsmord hin, der von anderen Personen als den Verurteilten ins Werk gesetzt worden sei. Dafür sprächen auch die Aussagen russischer Prozessbeobachter, unabhängiger Medien, der Anwälte der Opfer und der Angeklagten sowie ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser habe sich mit dem Prozess im Moskauer Stadtgericht befasst. Er sei zu der Auffassung gelangt, dass die Familie des Opfers der russischen Justiz mangelhafte Ermittlungen vorwerfen könne. Russland habe keine Versuche unternommen, in Erfahrung zu bringen, wer den Mord in Auftrag gegeben und für ihn bezahlt habe.

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„Schlag auf Schlag“ um eine Boxerin

Eine Großstadtzeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter der Überschrift „Schlag auf Schlag“. Darin geht es um einen Konflikt zwischen der Boxerin Sarah Scheurich und dem Deutschen Boxverband um die weitere sportliche Förderung der Athletin. Textpassage: „Sarah Scheurich soll nicht mehr für Deutschland boxen. Sie sagt, weil sie kritisch ist. Der Verband entgegnet, Grund sei die stagnierende Leistung.“ Die namentlich genannte Sportlerin beschwert sich über den Artikel. Über sie würden durch Zitate der Gegenseite Lügen verbreitet, die diffamierend seien. Darüber hinaus werde von der Redaktion ihr Gesundheitszustand geschildert. Dies geschehe in einer Weise, die ihre Persönlichkeitsrechte zutiefst verletze. So heiße es unter anderem im Beitrag: „Scheurich hätte neunminütige Partnerübungen bereits nach drei Minuten abgebrochen und weinend in der Halle gesessen.“ Die Athletin teilt mit, sie habe mit dem Autor des Beitrages gesprochen. Der habe gesagt, es sei nicht sein Job, den Wahrheitsgehalt der Aussagen zu überprüfen. Die Zeitung lasse darüber hinaus zu, dass ihre Mitbewohnerin, die mit der ganzen Thematik nichts zu tun habe, durch einen Unbeteiligten diffamiert und verleumdet werde. Diese Mitbewohnerin wendet sich wegen dieses Artikels ebenfalls mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie sei ungefragt Gegenstand der Berichterstattung geworden. Ein weiterer Beschwerdeführer kritisiert die Veröffentlichung von falschen Tatsachenbehauptungen, die die Boxerin diffamierten. Ein Funktionär, der mit ihr gar nichts zu tun habe, verbreite über sie Lügen, Diffamierungen und Verleumdungen. Der Autor des Beitrages nimmt Stellung zu den drei Beschwerden. Aus seiner Sicht kommt darin ein Grundmissverständnis über journalistische Arbeit zum Vorschein. Er könne nicht für Aussagen und Zitate von Funktionären des Deutschen Boxsport-Verbandes haftbar gemacht werden. Angesichts der schweren Vorwürfe von Sarah Scheurich an den Verband sei es aus seiner – des Autors – Sicht seine Pflicht, den Boxverband zu Wort kommen zu lassen. An keiner Stelle des Artikels habe er sich die Sichtweise des Verbandes zu eigen gemacht. Auch der Vorwurf der Mitbewohnerin, sie sei ungefragt zum Gegenstand der Berichterstattung geworden, müsste sich aus der Sicht des Autors an den Leistungsdirektor am Bundesstützpunkt Hannover richten. Er habe sich nach sorgfältiger Abwägung entschieden, ihren Namen im Artikel nicht zu nennen, der vom Leistungsdirektor erzählten Anekdote aber Platz einzuräumen.

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„Eine positiv ausgegangene Geschichte“

Eine Boulevardzeitung berichtet über die Umstände, unter denen ein Mädchen 45 Stunden nach seinem Verschwinden im Böhmischen Wald wiedergefunden wurde. Die Redaktion verbreitet ein Foto, das die Eltern am Tag seines Verschwindens aufgenommen hatten und das die Achtjährige unverpixelt zeigt. Ein weiteres Foto zeigt das Mädchen nach seiner Rettung in einem Geländewagen. Dieses Bild ist verpixelt. Eine Leserin ist der Meinung, dass laut Ziffer 8, Richtlinie 8.3, des Pressekodex kein öffentliches Interesse mehr an dem Foto des Mädchens besteht. Die Rechtsvertretung des Verlages schreibt, die betroffene Person werde in der Tat identifizierbar dargestellt. Allerdings sei auch festzuhalten, dass der Vermisstenfall „Julia“ eine umfangreiche mediale Berichterstattung zur Folge gehabt habe. Nach dem Auffinden des Mädchens handele es sich um eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse, nun aber im Sinne einer „positiv ausgegangenen Geschichte.“ Die Zeitung stellt die Frage, aus welchem Grund sie die Berichterstattung durch Anonymisierung einschränken solle, wenn zugleich eine staatliche Behörde (das Landratsamt Cham) sich öffentlich unter Nennung des vollständigen Namens für ihre Rettungsaktion rühmen dürfe.

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„Ein Laden wird an den Pranger gestellt“

Eine Großstadtzeitung veröffentlicht online in ihrem Newsletter einen kritischen Absatz über einen Laden, der zugleich eine Partnerfiliale der Deutschen Post AG ist. Der – so die Zeitung – lasse „die Maske fallen“. Im Schaufenster hänge ein Plakat von „Corona-Schwurblern“. Der Beitrag ist verlinkt mit dem Twitter-Account des Chefredakteurs der Zeitung. Der Account zeigt den Laden und das Plakat. Ein Leser der Zeitung kritisiert, der Laden werde in der Berichterstattung an den Pranger gestellt. Das im Bild gezeigte Plakat habe offensichtlich im Weltbild des Autors keinen Platz. Soweit er – der Beschwerdeführer – erkennen könne, verstoße das Plakat nicht gegen irgendwelche Gesetze. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt als Autor des kritisierten Beitrages Stellung. Er kann nicht einmal im Ansatz einen Kodex-Verstoß erkennen. Er verstehe das Plakat als „Hetze“. Dass der Ladenbesitzer durch das Zeigen des Plakats „die Maske fallen lässt“, sei wohl durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Im Übrigen verdanke er Menschen wie dem Beschwerdeführer Morddrohungen, die sich auf diesen einen Satz bezögen. Später ergänzt der Chefredakteur seine Stellungnahme. Man habe in der Redaktion intensiv und selbstkritisch über die Berichterstattung zu den Corona-Maßnahmen nachgedacht. Manches würde die Redaktion heute nicht mehr in der gleichen Form wiederholen. In der damaligen Situation sei es jedoch geboten erschienen, über Widersprüche bei der Umsetzung der Corona-Maßnahmen zu berichten. Einen solchen Widerspruch habe die Redaktion in dem test- und impfskeptischen Aushang in einer Postfiliale gesehen. Die deutsche Post gehöre schließlich zu gut zwanzig Prozent der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und damit der Bundesrepublik Deutschland.

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Vorverurteilung in einer Überschrift

Nach 46 Tagen Beziehung löschte er eine Familie aus“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen dreifachen Mord in der Lüneburger Heide. Eine Mutter und ihre beiden Kinder seien getötet worden. Unter Verdacht stehe der Lebensgefährte der Mutter. Die Redaktion zeigt ein Foto des mutmaßlichen Täters. Sein Gesicht ist mit einem kleinen Balken bedeckt. Die Bildunterschrift lautet: „Dringend tatverdächtig ist der Lebensgefährte von Stefanie L., Maurice G. (34)“. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Fotoveröffentlichung. Er sieht einen Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex. Das Foto stamme von der Facebook-Seite des Mannes. Die Rechtsvertretung des Verlages übermittelt die Stellungnahme des Autors, der die Veröffentlichung in dieser Form für gerechtfertigt hält. Er teilt mit, dass die Recherchen in diesem Fall einen besonderen Aufwand gefordert hätten. Der Dreifach-Mord habe ein gewaltiges öffentliches Interesse bewirkt. Die Rechtsvertretung ergänzt, dass der Täter auf dem veröffentlichten Bild durch den Augenbalken nicht identifizierbar und auch nicht im Netz unter diesem Foto auffindbar sei. Das öffentliche Interesse an diesem Fall überwiege die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen. Der Presserat erweitert das Verfahren auf die Ziffer 13 des Pressekodex (Unschuldsvermutung). Der Verlag teilt mit, man müsse den Artikel schon sehr oberflächlich gelesen haben, um eine Vorverurteilung wahrzunehmen. Der Autor mache deutlich, dass der Fall im Stadium des Ermittlungsverfahrens sei. Es werde deutlich: Selbst oberflächlichste Leser würden dem Konjunktiv nicht entkommen.

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Erst „Denkverbote“, dann Veränderungen.

In einer Lokalzeitung berichtet der Autor eines Beitrages über die sinkenden Anmeldezahlen bei einer Sekundarschule. Lange hätten Verwaltung und Politik den Fall von einem Beobachtungsposten aus verfolgt. Jetzt habe die Stadtverwaltung vorherige Denkverbote aufgebrochen und einschneidende Veränderungen ins Spiel gebracht. Es gehe darum, wie die Schule an einem Standort zu betreiben sei oder Teilstandort einer Gesamtschule werden solle. Der Schulleiter habe sich im Verlauf einer Ausschusssitzung – so die Zeitung – „allerdings schon für eine ehrliche Analyse disqualifiziert“. Corona und einen geburtenschwachen Jahrgang als Gründe anzuführen, sei schon merkwürdig genug. Das zentrale Problem der Schule jedoch sei, dass nur 25 Prozent der Viertklässler auf die Sekundarschule wechselten. Dass der Schulleiter dafür die Schuld der Zeitung in die Schuhe schieben wolle, sei als Ablenkungsmanöver leicht zu durchschauen. Hätte er ein Interesse daran gehabt, dass in der Zeitung über die engagierte Arbeit der Schule während der Pandemie berichtet werde, hätte er entsprechende Anfragen nicht mehrfach abgelehnt, stellt der Autor fest. Beschwerdeführer in diesem Fall ist der im Beitrag namentlich genannte und mit Foto abgebildete Schulleiter. Er kritisiert, dass die Zeitung sowohl die Veröffentlichung seiner Stellungnahme als auch eine Gegendarstellung abgelehnt habe. Er betrachtet durch das Verhalten der Redaktion „die Pressefreiheit überdehnt“. Auch sieht er den Schutz seiner Person als missachtet an. Der Presserat hat den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er für die Veröffentlichung von Gegendarstellungen nicht zuständig sei. Der Schulleiter sieht in der Berichterstattung mehrere falsche Behauptungen. Eine Richtigstellung habe die Zeitung nicht veröffentlicht, obwohl ihr eine Stellungnahme, eine Gegendarstellung und Leserbriefe zum Thema vorgelegen hätten. Eine von der Zeitung beauftragte Rechtsanwältin nimmt zu der Beschwerde Stellung. Bei dem kritisierten Beitrag handele es sich um einen als solchen gekennzeichneten Kommentar. Die Redakteure der Zeitung sähen keinerlei Anlass, von ihrer Unabhängigkeit bei der Berichterstattung über Vorgänge an der Sekundarschule abzurücken. Es gehöre zu ihren Aufgaben, auch über unbequeme Tatsachen zu berichten.

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Heftige Kontroverse um einen Grundstücksverkauf

Eine Regionalzeitung berichtet online und gedruckt über eine Auseinandersetzung auf Gemeindeebene. In den jeweiligen Überschriften ist von einem Betrugsvorwurf gegen den örtlichen Bürgermeister die Rede. Im Text wird jeweils die Frage gestellt, ob der Bürgermeister ein Betrüger sei. Diese Auffassung vertrete ein Einwohner, der von der Gemeinde ein Grundstück habe kaufen wollen. Sein Vorwurf: Der Bürgermeister habe ihm im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf zu viel Geld aus der Tasche ziehen wollen. Die Zeitung lässt den Kaufinteressenten ausführlich zu Wort kommen. Der fühlt sich „veräppelt“, weil die Gemeinde ihm für ein Grundstück zu viel Geld abknöpfen wolle. Die Verwaltung beruft sich auf ein Gutachten, von dem der Kaufinteressent behauptet, es stamme von einer „Haus- und Hofgutachterin“. Die Zeitung berichtet, der Mann habe den Bürgermeister wegen „versuchten Betrugs“ und „weiterer, noch zu beweisender Vorwürfe“ angezeigt. Laut Zeitung geht es auch um Amtsmissbrauch, Vetternwirtschaft und Steuerverschwendung. Die Zeitung gibt die Meinung des Kaufinteressenten so wieder: „Ein Bürgermeister, der rechtswidrig handelt, darf kein Bürgermeister sein.“ Die Redaktion gibt im Verlauf einer längeren Passage im Artikel dem Mann die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der Bürgermeister wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Der Stadtrat habe seinerzeit beschlossen, ein bestimmtes Grundstück an einen bestimmten Erwerbsinteressenten zu verkaufen und den Kaufpreis gutachterlich ermitteln lassen. Das Gutachten habe einen Kaufpreis von 4.700,-- Euro ergeben. Das sei dem Kaufinteressenten zu teuer gewesen. Ein Gegengutachten habe einen Kaufpreis von 1.700,00 Euro genannt. Da über den Verkaufspreis keine Einigung erzielt worden sei, habe der Stadtrat die Aufhebung des vorherigen Verkaufsbeschlusses beschlossen. Das betreffende Grundstück steht folglich seitdem nicht mehr zum Verkauf. Der Beschwerdeführer beklagt sich darüber, dass in der Berichterstattung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, dass er als Bürgermeister lediglich einen Stadtratsbeschluss umgesetzt habe. Er sieht durch die Berichterstattung seine Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt. Er sei eine Person des öffentlichen Lebens. Die Wiedergabe der Vorwürfe schade in erheblicher Weise seiner Reputation als Person und als Bürgermeister. Die Zeitung gebe einseitig, unkritisch und unkommentiert die Meinung einer Person wieder, nämlich die des Kaufinteressenten. Die Zeitung hätte den Bürgermeister nicht unkommentiert mit den Vorwürfen in Verbindung bringen dürfen. Sie hätte die unzutreffenden und beleidigenden Äußerungen des Kaufinteressenten nicht wiedergeben dürfen. Die Redaktion steht zu ihrer Berichterstattung und sieht in keinem Punkt presseethische Grundsätze verletzt. Anders als vom Bürgermeister behauptet, werde im Beitrag sehr wohl erwähnt, dass der Bürgermeister einen Stadtratsbeschluss umgesetzt habe und dass es sich um das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen handele.

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