Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

„Schulterschluss der CDU mit Extremen“

Gegenstand der Beschwerde ist ein von einem Nachrichtenmagazin online veröffentlichter Beitrag. Darin geht es um eine Entscheidung im Stadtrat von Plauen im Vogtland. Dort habe die CDU „im Bündnis“ mit der AfD und einer Neonazi-Partei dafür gestimmt, einem Demokratieprojekt, das sich für Toleranz einsetze, die Gelder zu entziehen. Die CDU habe diese Entscheidung im Stadtrat mit der AfD und der Neonazi-Kleinstpartei „III. Weg“ erwirkt. Das Geld solle nun für andere „Demokratie bildende Projekte“ ausgegeben werden. Das Abstimmungsverhalten wird in dem Beitrag als „Schulterschluss der CDU mit rechtsextremen Akteuren von AfD und III. Weg“ bezeichnet. Hinter der Streichung der Gelder stecke ein längerer lokaler Streit über ein gegen Sachsens Ministerpräsident Kretschmer gerichtetes Wahlplakat, auf dem dieser mit einem Riesenpenis abgebildet gewesen sei. Die CDU habe den Affront in der aktuellen Haushaltsdebatte zum Anlass genommen, dem Demokratiebündnis die künftigen Gelder zu entziehen. Ein Leser des Magazins kritisiert die Berichterstattung. Diese erwecke den Eindruck, CDU und AfD würden ein Bündnis zum gegenseitigen Vorteil eingehen. Eine deckungsgleiche Abstimmung zu einem Sachverhalt bzw. der Verwendung von Haushaltsmitteln als „Schulterschuss“ zu bezeichnen, sei nicht nur grob falsch, sondern auch irreführend. Die Behauptung unterstelle in diesem Fall der CDU eine politische Verbindung in ein zum Teil stark rechtskonservativ geprägtes Lager. Die Redaktion hält die Beschwerde für unbegründet. Im kritisierten Beitrag gehe es um die Darstellung eines lokalpolitisch „zeitgeschichtlichen“ Geschehens. Die Redaktion stelle den Vorgang neutral dar.

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SUV-Fahrer mit heruntergelassenen Hosen

„Ich hatte Angst um mein Leben“ – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Beitrag, in dem es um einen womöglich psychisch gestörten Mann und sein Verhalten gegenüber Nachbarn geht. Nach mehreren Vorfällen sei er in eine Klinik eingewiesen worden, zum Zeitpunkt der Berichterstattung aber bereits wieder entlassen gewesen. Nach Aussagen von Passanten sei er in hohem Tempo mit seinem SUV durch eine Kleinstadt gefahren. Zum Bericht gestellt ist ein Foto, das den Mann – als Gino H (37) bezeichnet - mit heruntergelassenen Hosen zeigt. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Foto eine herabwürdigende Darstellung des Mannes, der offensichtlich verwirrt sei. Ein Mitglied der Redaktion teilt mit, zum Zeitpunkt der Berichterstattung sei nicht klar gewesen, ob der Betroffene psychisch krank sei. Die Polizei habe nach der Festnahme nach der für mehrere Menschen gefährlichen Fahrt durch die Stadt wörtlich von einem „psychischen Ausnahmezustand“ gesprochen. Ein Gutachten im Hinblick auf eine mögliche verminderte Schuldfähigkeit sei erst im Rahmen des Prozesses erstellt worden. Die gründliche und umfangreiche Recherche der Autorin des Artikels habe das Bild eines Mannes gezeichnet, der den Menschen in seinem Umfeld wiederholt und ganz bewusst Angst gemacht habe. Er habe Menschen unter Druck gesetzt und einige sogar mit dem Tode bedroht.

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Schossen Wolfsfreunde auf einen Hochsitz?

Eine Regionalzeitung berichtet über den Abschuss eines Wolfs. Wolfsfreunde hätten die Jagd auf das Tier massiv gestört und auch auf einen Hochsitz geschossen. Eine Leserin der Zeitung stellt fest, dass es nicht belegt sei, dass Wolfsfreunde auf den Hochsitz geschossen hätten. Entsprechende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien ohne Hinweise auf Wolfsfreunde eingestellt worden. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung räumt in seiner Stellungnahme ein, dass die Ermittlungen nach dem mutmaßlichen Schuss auf den Hochsitz im Februar eingestellt worden seien, da kein Täter habe ermittelt werden können. Dies hätte im Artikel deutlicher herausgestellt werden müssen. Die Ermittler seien allerdings nach seinen Informationen seinerzeit davon ausgegangen, dass die Schüsse von Wolfsaktivisten stammen könnten.

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Beteiligte kamen ausführlich zu Wort

Sind Grünen-Wähler oft Klima-Sünder?

Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Öko-Heuchelei? Bei SUV´s liegen Grünen-Wähler vorne“ über eine Umfrage zum Thema SUV-Nutzung in Deutschland. Unter dem Zwischentitel „Grünen-Anhänger: In der Theorie Klimaschützer, in der Praxis oft Klimasünder“ heißt es, das Ergebnis überrasche. Demnach „entscheiden sich Grünen-Wähler derzeit am häufigsten für Geländewagen, also SUV´s, dem Feindbild schlechthin für alle Klimaschützer“, so die Zeitung. Laut Studie habe jeder sechste befragte Grünen-Sympathisant einen Geländewagen vor der Haustür stehen. Ein Leser der Zeitung stellt fest, eine statistische Aussagekraft dieser Studie sei für den Sachverhalt fragwürdig, eine Pauschalaussage über die Mobilitätsvorlieben aller grünen Wähler lasse sich daraus nicht ableiten. Das sei im Vorfeld dieser Veröffentlichung öffentlich kritisiert worden. Die Zeitung habe das Thema trotzdem mit einer eindeutigen Tendenz aufgegriffen und mit einer Überschrift versehen, die man wohl als bewusste Lüge klassifizieren müsse. Auch im Artikel selbst – so der Beschwerdeführer weiter – fänden sich „eindeutige Unwahrheiten“. Die Redaktionsleiterin trägt vor, der Artikel beziehe sich auf das Ergebnis der Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts. Für die Untersuchung seien 1.042 Personen befragt worden, eine Größe, die für bevölkerungsweite Umfragen als aussagekräftig gelte. Von den Befragten hätten sich am häufigsten Grünen-Wähler für einen SUV entschieden. Dies sei angesichts der umweltfreundlichen Einstellung der Partei durchaus ein überraschendes Ergebnis, das als solches dargestellt werden könne.

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Angler fischen explosiven Fund aus dem Wasser

Eine Großstadtzeitung berichtet über Magnet-Angler, die britische Handgranaten aus dem Wasser gefischt haben. Zum Beitrag gestellt ist ein Foto, das zwei Männer vom Kampfmittelräumdienst mit den Granaten zeigt. Beide tragen weiße Masken. Die Bildunterschrift lautet: „Der Kampfmittelräumdienst mit den Granaten, die zum Abtransport in einer Holzkiste liegen.“ Ein Leser der Zeitung kritisiert, das Bild verstoße gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). In die Gesichter der beiden dargestellten Männer seien offensichtlich nachträglich Mund-Nase-Bedeckungen gezeichnet worden, ohne dass dies in der Bildunterschrift oder im Artikel erklärt werde. Der verantwortliche Redakteur habe gesagt, das Bild sei von einem freien Fotografen in der Form, in der es gedruckt worden sei, zur Verfügung gestellt worden. Die Redaktion habe keine Bearbeitung vorgenommen. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, aufgrund des keineswegs alltäglichen Fundes und einer weiträumigen Ufersperrung durch die Polizei habe ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden. Die Masken seien den beiden fotografierten Männern durch den Fotografen hinzugefügt worden. Der Sinngehalt liegt im Fall dieses Bildes darin, den Granaten-Fund zu dokumentieren. Da der Sinngehalt des Bildes gar nichts mit den Masken zu tun habe, könne dieser durch deren nachträgliche Hinzufügung auch nicht entstellt oder verfälscht werden. Der Fotograf habe sich zu der Masken-Maßnahme ohne Wissen der Redaktion entschlossen, weil er mehrfach von Seiten der Polizei darauf hingewiesen worden sei, dass er Beamte nur abbilden dürfe, wenn sie bei Einsätzen, bei denen Covid-19-bedingte Mindestabstände nicht eingehalten werden könnten, mit Gesichtsmasken zu sehen seien.

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„Angemessene Berichterstattung“

Ein Mann soll seine von ihm getrennt lebende Frau und deren Bruder erschossen haben. Die örtliche Zeitung berichtet unter der Überschrift „Schüsse auf offener Straße“. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass die Opfer durch die Angabe der Wohnadresse, die Veröffentlichung eines Fotos des Straßenzuges und in einem Fall von Details zur Person identifizierbar würden. Es liege eine Verletzung des Opferschutzes sowie des Schutzes des Aufenthaltsortes vor. Eine leitende Redakteurin der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Nach intensiver Prüfung habe die Redaktion festgestellt, dass sie auf die Nennung der kritisierten Details hätte verzichten können. Aufgrund der schweren Straftat und dem daraus resultierenden öffentlichen Interesse halte man die gewählte Art der Berichterstattung jedoch für erforderlich und angemessen. Den Vorwurf des „Sensationsjournalismus“, wie ihn die Beschwerdeführerin sehe, weist die Redaktion zurück.

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Vergewaltigtes Mädchen ist identifizierbar

„Mädchen (9) nach der Schule abgefangen und vergewaltigt“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über eine Sexualstraftat in einer Kleinstadt. Der Täter sei noch nicht gefasst. Der Mutter des Mädchens seien dessen Verletzungen aufgefallen. Die Zeitung schreibt: „Das Mädchen war zu Besuch bei der Mutter, wohnt aber sonst in einer betreuten Wohngruppe. Ihre Mutter ist wegen einer Bindungsstörung nicht in der Lage, das Kind in Obhut zu haben.“ Das Kind habe der Polizei gegenüber erzählt, es sei nach der Schule zu seiner Wohngruppe aufgebrochen. In einem Park hätten Männer auf einer Bank gesessen und Bier getrunken. Einer von ihnen habe es ins Gebüsch gezerrt. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, dass das Kind aufgrund der vielen persönlichen Informationen wie Name des Horts, Wohnverhältnisse, Name der Schule, Alter etc. identifizierbar werde. Die Rechtsvertretung des Verlages steht auf dem Standpunkt, dass die Identität des Opfers nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2, des Pressekodex ausreichend gewahrt worden sei. Vor allem habe die Redaktion bewusst auf die Nennung des Namens des Opfers sowie auf die Veröffentlichung von Fotos verzichtet. Allein die wenigen genannten Merkmale dürften wohl kaum ausreichen, um das Mädchen zu identifizieren. Die Tatsache, dass sich die Tat in einer Kleinstadt ereignet habe, könne keinen Verstoß gegen den Pressekodex begründen. Die beanstandete mangelnde Anonymisierung – so die Rechtsvertretung weiter - sei per se presseethisch unerheblich. Der Artikel sei nämlich am selben Tag aus dem Internet-Angebot genommen und durch eine erheblich umgeschriebene Version ersetzt worden. Nach Zweifeln der Redaktion an der Richtigkeit der ersten Meldungen und aufgrund neuer Informationen aus Polizeikreisen sei die Berichterstattung freiwillig und frühzeitig korrigiert worden. Die neue Version verzichte auf identifizierende Merkmale.

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Nach Artikel-Lektüre traumatisiert

Regionalzeitung berichtet über einen Prozess wegen Kindesmissbrauchs. Angeklagt ist ein Paar. Der Mann gesteht diverse Taten. So habe er unter anderem eine Frau aus dem Landkreis angestiftet, „sich Arme und Beine eines Babys einzuführen“. Eine Leserin der Zeitung kritisiert, die Beschreibung der Tat gehe weit über das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit hinaus. Sie teilt mit, dass ihre 16-jährige Tochter die Zeitung oft in die Hand bekomme. Sie wolle ihr solche Informationen definitiv ersparen. Die Leserin habe, seit sie den Artikel gelesen habe, oft dieses Bild im Kopf und fühle sich traumatisiert. Der Chefredakteur der Zeitung bezeichnet die Kritik der Beschwerdeführerin als „maßlos überzogen“. Um ihrer Beschwerde Nachdruck zu verleihen, behaupte sie, traumatisiert zu sein. Kindesmissbrauch oder in diesem Fall Missbrauch eines Babys finde in der Öffentlichkeit weitreichende Aufmerksamkeit und sei von höchstem öffentlichem Interesse. Der Autor des monierten Beitrages schreibt eine E-Mail an die Beschwerdeführerin. Darin bedauert er, dass die Frau eine Einschränkung erfahren habe. Das sei nicht seine Absicht gewesen. Er müsse der Beschwerdeführerin Recht geben: Er habe über einen der grausamsten Prozesse geschrieben, der in den letzten Jahren am Landgericht stattgefunden habe. Aus seiner Sicht müsse die Öffentlichkeit erfahren, was den Angeklagten im Einzelnen vorgeworfen werde. Nur so lasse sich für die Öffentlichkeit einschätzen, welches Strafmaß gerechtfertigt sei.

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Aus Tatverdächtigen Täter gemacht

„Jeder 2. Tatverdächtige ist Ausländer“ titelt eine Boulevardzeitung online. Im Beitrag geht es um die Kriminalität an Bahnhöfen und in Bahnen. Die Redaktion beruft sich auf Daten der Bundespolizei, wenn sie schreibt: „Sexualstraftaten in Bahnen und Bahnhöfen werden mehrheitlich von Migranten begangen!“ Der Autor zitiert aus den Statistiken: „Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger ist überproportional hoch – und steigt immer weiter.“ Ein Leser der Zeitung stellt fest, die Überschrift des Beitrages stimme, doch enthalte der Text Unwahrheiten. Die Redaktion mache aus Tatverdächtigen Täter. Die Rechtsvertretung des Verlages bestreitet Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Aus der Berichterstattung ergebe sich ohne jeden Zweifel, dass es nur um die Verdächtigung von Personen gehe. Eine tatsächliche Tat sei aber noch nicht nachgewiesen. Dies werde bereits in der Überschrift deutlich gemacht. Dort werde ausdrücklich der Terminus „Tatverdächtige“ genutzt. Auch wenn es um Statistiken gehe, spreche der Bericht von „Verdächtigen“. Von einer Gleichsetzung eines Tatverdächtigen mit einem Täter und einer darin liegenden Unwahrheit oder einer Vorverurteilung von Verdächtigen könne nicht die Rede sein.

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