Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Kinder unverpixelt in einem Video gezeigt

Eine Berliner Zeitung veröffentlicht anlässlich einer Razzia in der Hauptstadt einen Tweet, in den ein Video eingebunden ist. In diesem ist zu sehen, wie Polizisten vor einem Wohnhaus stehen. Im Hintergrund treten zwei Schulkinder aus der Haustür. Die Kinder sind unverpixelt. Ein Leser der Zeitung sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen die Ziffern 1, 2 und 8 des Pressekodex. Er kritisiert, dass das Video unbeteiligte Kinder deutlich erkennbar zeige. Kinder seien jedoch besonders schützenswert. In diesem Fall werde deren Privatsphäre verletzt. In der Vorprüfung wird das Verfahren gemäß Paragraf 5 der Beschwerdeordnung auf Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit) beschränkt. Die Rechtsabteilung der Zeitung spricht von einem Versehen, das der Redaktion unterlaufen sei. Das bedauere diese. Der Fehler sei unverzüglich korrigiert worden, nachdem er der Redaktion zur Kenntnis gelangt sei. Der Tweet sei gelöscht worden und somit nicht mehr aufrufbar. Die Redaktion berichtet, sie habe mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufgenommen und ihm gegenüber ihr Bedauern über den Fehler zum Ausdruck gebracht.

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Heft hält nicht, was im Titel versprochen wird

Eine Zeitschrift, die sich Themen rund um die Gesundheit widmet, veröffentlicht einen Beitrag, der auf der Titelseite unter der Überschrift „Starker Rücken, gesunde Gelenke – Leben ohne Schmerz dank neuer Heilverfahren“ angekündigt wird. Darin ist die Rede von unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten, z. B. Osteopathie, Akupunktur, manueller Medizin oder auch Shiatsus. Es wird von Schmerzen im Stütz- und Bewegungsapparat gesprochen und wie sich Schmerzen lindern und Operationen vermeiden lassen. Ein weiterer Beitrag wird unter der Überschrift „Nie wieder Kopfschmerzen“ auf der Titelseite angekündigt. Auf der Titelseite prangt ferner das Label „Alles Wissen über Körper und Seele“. Der Beschwerdeführer kritisiert, die Versprechungen auf der Titelseite würden im Heft selbst nicht eingehalten. Der Beitrag „Leben ohne Schmerz dank neuer Heilverfahren“ enthalte kein neues Verfahren. Auch für Laien würde nur Altbekanntes dargestellt. Der Beschwerdeführer kritisiert ferner, dass die Überschrift „Nie wieder Kopfschmerzen“ Bauernfängerei sei. Im Text werde bestätigt, dass es gegen Kopfschmerzen kein Zaubermittel gebe. Auch „Alles Wissen über Körper & Seele“ habe er nicht gefunden. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift gesteht dem Beschwerdeführer zu, dass die kritisierten Beiträge tatsächlich keine gänzlich neuen oder revolutionären Behandlungsmethoden beleuchten. Sie böten jedoch eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem in der Vergangenheit sehr oft gewählten, vorschnellen Entschluss zu Operationen und neuen Tendenzen und Erkenntnissen. Schmerzpatienten könne in vielen Fällen durch eine „konservative“ Therapie besser und risikoärmer geholfen werden. Es finde in der Zeitschrift eine ausführliche Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Methoden bei einem konservativen Behandlungsansatz statt.

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Verdachtsmomente und Hörensagen

Eine Regionalzeitung berichtet online und gedruckt über Gerüchte, wonach eine Hochzeitsfeier in einer Schützenhalle Auslöser für Corona-Infektionen gewesen sei. Die Rede ist dabei von 400 feiernden Gästen. Die Zeitung zitiert auch einen Vertreter der vermietenden Schützengesellschaft. Danach seien bei der Hochzeitsfeier nicht 400, sondern 80 Gäste gewesen. Auch laut Gesundheitsamt gebe es keinen Zusammenhang zwischen der Hochzeitsfeier und der hohen Infektionszahl in der betreffenden Gemeinde. Dem Pressesprecher des Landkreises zufolge seien die derzeitigen Infektionen in erster Linie im privaten familiären Bereich ausgelöst worden. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Braut selbst. Sie wirft der Zeitung vor, falsche Behauptungen im Hinblick auf die Einhaltung der Corona-Verordnung im Rahmen ihrer Hochzeit verbreitet zu haben. Man habe bei der zuständigen Behörde eine Feier mit 100 Personen angemeldet. Tatsächlich teilgenommen hätten 80. Eine Teilnehmerliste belege die Anzahl der Gäste zweifelsfrei. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass sich bislang keine Behörde im Hinblick auf ein von der Veranstaltung ausgehendes Infektionsgeschehen gemeldet habe. Besonders bestürzt sei sie über die Passage im Zeitungsbericht gewesen, wonach sie und ihr Ehemann selbst mit Covid-19 infiziert gewesen seien. Die unwahre Berichterstattung belaste sie als Brautpaar in der Öffentlichkeit. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist ausdrücklich darauf hin, dass die Zeitung über die Hochzeitsfeier nicht identifizierbar berichtet habe. Klarstellend weist sie darauf hin, dass die Berichterstattung zu keinem Zeitpunkt die Behauptung enthalten habe, dass bei der Hochzeitsfeier mehr als die angemeldete Zahl von Gästen anwesend gewesen seien. Der Autor habe stets die gebotene Sorgfalt gewahrt. Er habe Auskünfte sowohl beim Gesundheitsamt als auch beim Sprecher des Kreises eingeholt. Der Leiter des Gesundheitsamtes habe gegenüber der Redaktion gegenüber bestätigt, dass etwa zehn Teilnehmer der Hochzeitsgesellschaft positiv getestet worden seien. Die Information, dass unter den Infizierten auch das Brautpaar selbst war, stamme ebenfalls aus dem Gesundheitsamt und sei bei einer erneuten Nachfrage im Verlauf der weiteren Berichterstattung bestätigt worden.

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Öffentliche Auseinandersetzung um Führungsstil

Von „Schweren Vorwürfen“ und einem „Eisigen Hauch des Stalinismus“ ist in einer Regionalzeitung gedruckt und online die Rede. Es geht um heftige Vorwürfe gegen eine Bürgermeisterin. Die Zeitung berichtet, ehemalige Mitarbeiterinnen der Lokalpolitikerin hätten sich unter anderem mit einem Leserbrief zu Wort gemeldet und sich über die Art der Zusammenarbeit beklagt. Auch die betroffene Bürgermeisterin kommt zu Wort. Sie wird u. a. so zitiert: „Ich will und darf dazu keine Stellung nehmen, Personalangelegenheiten unterliegen der Vertraulichkeit.“ Eine Leserin der Zeitung sieht vor allem im Umgang mit dem Leserbrief einen Verstoß gegen presseethische Grundsätze. Von der Einsendung seien nur Fragmente veröffentlicht und die Bürgermeisterin zitiert worden. Die Verfasserinnen würden mit vollem Namen genannt, obwohl ihr Leserbrief nur auszugsweise in einem Artikel verwendet worden sei. Der Redaktionsleiter der Bezirksausgabe der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Vier ehemalige Mitarbeiterinnen hätten einen Leserbrief an die Redaktion geschrieben. Darin hätten sie den Führungsstil der Bürgermeisterin massiv kritisiert. Bei einigen von ihnen habe dieser zu „massiven psychischen und physischen Belastungen“ geführt. Ein Fall für die Lokalredaktion, aber nicht, ohne die Gegenseite zu hören. Genau das habe die Autorin getan. Sie habe die Beschwerden der ehemaligen Mitarbeiterinnen öffentlich gemacht, der Bürgermeisterin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und den ganzen Fall in den Gesamtzusammenhang eingeordnet. Die Vorwürfe der Beschwerdeführerin halte er – der Redaktionsleiter – für unbegründet. Die massiven Vorwürfe einfach als Leserbrief zu veröffentlichen und sich auf den Hinweis zurückzuziehen, dass Meinungsäußerungen in Leserbriefen nicht die Meinung der Redaktion wiedergeben, seien ihm in diesem Fall nicht ausreichend erschienen.

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Nachricht aus einer privilegierten Quelle

Eine Regionalzeitung berichtet, der Brandenburger Verfassungsschutz beobachte den in Cottbus neu gegründeten Verein „Bürger für Bürgerrechte“. Dieser Verein fungiere seit einigen Wochen als Anmelder diverser Demonstrationen. Dem Verfassungsschutzchef des Landes zufolge seien Angehörige des Brandenburger AfD-Landesverbandes Mitglieder des Vereins. Ein Leser der Zeitung sieht Verstöße gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde), 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) und 3 (Richtigstellung). In dem Artikel werde behauptet, der Brandenburger Verfassungsschutz beobachte den Verein „Bürger für Bürgerrechte). Er – der Beschwerdeführer – sei dort selbst aktiv und einer der Mitgründer. Aufgrund des Artikels habe er beim Brandenburgischen Verfassungsschutz Auskunft über seine gespeicherten Daten eingeholt. Über ihn – so die Antwort auf seine Anfrage – lägen keine Daten vor. Er werde nicht beobachtet. Auch in den aktuellen Berichten des Verfassungsschutzes tauche keine Beobachtung des Vereins „Bürger für Bürgerrechte“ auf. Die Aussage der Zeitung, der Verfassungsschutz beobachte den Verein, sei falsch und zwingend richtig zu stellen, da es sich hier um eine Verleumdung handele. Der Chefredakteur der Zeitung widerspricht den Vorwürfen. Er bleibt bei der Darstellung der Redaktion, dass der Verfassungsschutz den Verein „Bürger für Bürgerrechte“ beobachte. Bereits im kritisierten Artikel sei als Quelle die Aussage des Chefs des Brandenburger Verfassungsschutzes genannt worden. Eine Verletzung des Gebots der Wahrhaftigkeit im Sinne der Ziffer 1 des Pressekodex könne die Redaktion vor diesem Hintergrund nicht erkennen. Auch eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht liege nicht vor, da es sich bei der monierten Äußerung um die Information aus einer privilegierten Quelle handele, die dem Behördenprivileg zuzuordnen sei. Solche Informationen dürften ohne weitere Nachprüfung übernommen werden.

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Schutzwürdige Interessen nicht verletzt

Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht eine Kolumne unter der Überschrift „Corona-Bekämpfung – Impfpflicht! Was denn sonst!“ Der Autor kritisiert, dass der Staat und Politiker*innen die Menschen im Land „ausgerechnet bei der Corona-Rettung (…) nicht zu richtigem Verhalten“ anhalten wolle. „Ich hingegen möchte an dieser Stelle ausdrücklich um gesellschaftliche Nachteile für all jene ersuchen, die freiwillig auf eine Impfung verzichten. Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen“ – so der Autor. Die Impfpflicht sei eine moralische mit Blick auf die Gesundheit, aber auch eine ökonomische Pflicht angesichts von Arbeitslosigkeit, Verschuldung und der Gefährdung zahlloser Existenzen infolge von Lockdowns. Der Autor bringt insoweit den Markt ins Spiel. Jede Privatperson könne Ungeimpften den Zugang zu seiner Wohnung verwehren, ebenso Kneipenbesitzer, Kinobetreiber oder Kreuzfahrtanbieter dürften einen Impf- oder Immunitätsnachweis verlangen. Dies treibe den Preis fürs Nichtimpfen nach oben – glaubt der Autor. Der Presserat erhält 17 Beschwerden, in denen Verstöße gegen eine Reihe von presseethischen Grundsätzen beanstandet werden. Im Hinblick auf mögliche Verstöße gegen die Ziffern 1 (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde) und 10 (Religion, Weltanschauung, Sitte) wird vor allem die bereits oben erwähnte Aussage des Autors kritisiert. Die Aussage stelle eine Volksverhetzung dar bzw. sei eine menschenverachtende und diskriminierende Aussage. Hier werde gegen Andersdenkende gehetzt und es werde dazu aufgerufen, diese zu diffamieren, stigmatisieren, auszugrenzen und zu benachteiligen. Die Rechtsvertretung des Magazins nimmt in dem vom Presserat auf die Ziffern 1 und 10 des Pressekodex beschränkten Rahmen Stellung. Sie weist darauf hin, dass – bestätigt vom Bundesverwaltungsgericht -Impfpflichten mit der Verfassung und dem Menschenwürdegrundsatz vereinbar sind. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne nichts anderes entnommen werden. Von daher könne auch die politische Forderung nach einer Impfpflicht keinen Menschenwürdeverstoß darstellen. Beim besonders kritisierten Abschnitt der Kolumne stellt das Justiziariat fest, dass dieser für den durchschnittlich verständigen Leser kein Aufruf dazu sei, Individuen anzuprangern und auszugrenzen. Der Kolumnist stelle mit seinen pointierten Worten klar, dass die Politik aus seiner Sicht erstaunlich feige sei. Ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei hier nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich bei der Kolumne schlicht um eine andere Auffassung.

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Amokfahrt in aller Öffentlichkeit

„Hier lacht und tanzt der Amokfahrer von Trier“ titelt eine Boulevardzeitung in ihrer Online-Version. Es geht im Bericht um den mutmaßlichen Täter. Die Redaktion zeigt mehrere Fotos, auf denen der Mann erkennbar dargestellt wird. Ein Nutzer der Zeitung kritisiert die Veröffentlichung der Klarfotos. Diese verstoße gegen den Täterschutz nach Richtlinie 8.1 des Pressekodex. Die Rechtsvertretung bezeichnet die Berichterstattung der Zeitung über die Trierer Amokfahrt als einen Musterfall von Ziffer 8 des Pressekodex. (Persönlichkeitsschutz). Bei der Abwägung zwischen dem berechtigen Interesse der Öffentlichkeit und den schutzwürdigen Interessen von Bernd W. seien nach Richtlinie 8.1, Absatz 2, Seite 2, zunächst die Intensität des Tatverdachts und die Schwere des Vorwurfs zu Gunsten des öffentlichen Berichterstattungsinteresses zu berücksichtigen. Die Amokfahrt des Bernd W. sei zweifelsfrei eine „außergewöhnlich schwere oder in ihrer Art und Dimension besondere Straftat“. Diese wiege besonders schwer und sei noch dazu in aller Öffentlichkeit begangen worden.

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Vorwurf: Bewusst Fakten verdreht

Ein regionales Internet-Portal veröffentlicht einen Beitrag unter dem Titel „Corona-Impfstoff: Gerüchte und Behauptungen im Fakten-Check“. Darin heißt es unter anderem, die Behauptung, dass der Impfstoff Frauen unfruchtbar mache, sei falsch. Auf Facebook wird der Beitrag angeteasert mit dem Foto einer Spritze und dem Text „Der Impfstoff soll Frauen unter Umständen unfruchtbar machen. Ein Professor klärt unter anderem darüber auf.“ Ein Nutzer des Portals sieht in der Berichterstattung Verstöße gegen mehrere presseethische Grundsätze. Wie schon oft in der Vergangenheit, bediene sich das Internetportal bewusst reißerischer Überschriften, die gewollt Fakten verdrehten und Ängste/Befürchtungen/Vorurteile beim Leser erzeugten bzw. verstärkten. Der Verstoß wirke vor dem Hintergrund der allgemeinen Verunsicherung und der Situation in der Pandemie besonders schwer, da mit einer absurden Behauptung bewusst die Ängste von Teilen der Bevölkerung vor einem Impfstoff geschürt würden. Besonders negativ zu bewerten sei hierbei – so der Beschwerdeführer weiter - , dass der Redaktion sehr wohl bewusst sei, dass hier mit falschen Behauptungen Stimmung gemacht werde. Im Artikel („natürlich ganz am Ende“) werde die zunächst getroffene Aussage zur Unfruchtbarkeit von Frauen korrigiert. Dabei sei allgemein bekannt, dass besonders in den sogenannten sozialen Medien Überschriften und Kurzbeschreibungen die Meinung bestimmten. Ein kompletter Artikel dagegen werde oft nicht einmal geöffnet. Die Redakteure setzten hier also bewusst auf reißerische Falschinformation. In der Vorprüfung wurde die Beschwerde beschränkt auf den Facebook-Post zugelassen. Der Redaktionsleiter des Internet-Portals weist den Vorwurf zurück, die Redaktion würde in dem Beitrag eine reißerische Überschrift verwenden und „gewollt Fakten verdrehen.“ Bereits in der Überschrift werde ein „Fakten-Check“ angekündigt. An keiner Stelle werde eine Falschaussage als Tatsachenbehauptung ohne Einordnung stehen gelassen. Der Artikel biete genau das, was die Überschrift verspreche: Eine Einordnung von kursierenden Gerüchten und Verschwörungstheorien. Der Redaktionsleiter vermag nicht zu erkennen, wo die Überschrift oder der Facebook-Teaser Angst schürten oder falsche Aussagen träfen.

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Eine nicht sonderlich geläufige Lebensform

Unter der Überschrift „Grenzenlose Liebe im Polykül“ veröffentlicht eine Regionalzeitung in ihrem Wochenend-Magazin einen Beitrag, der eine ungewöhnliche Lebens- und Beziehungsform – ein Polykül – thematisiert. Es geht in dem Artikel um den Alltag von Vielliebenden. Die Namen der beteiligten Personen werden von der Redaktion geändert. Zum Beitrag gehört zudem ein Interview mit einer Psychologin zu polygamen Beziehungen. Die Beschwerdeführerin wendet sich auch im Namen der für den Artikel interviewten Personen mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie lebt in einer polyamoren Beziehung, eine Lebensweise, die in der breiten Bevölkerung nicht sonderlich geläufig sei. Sie habe sich über die Gelegenheit gefreut, die Sichtweise auf diese Lebensform im Rahmen eines Interviews zu erweitern. Der veröffentlichte Text enthalte jedoch falsche Tatsachenbehauptungen und verstoße gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitung bemühe sich zwar um eine gute Darstellung der Polyamorie, doch habe sich die Berichterstattung als homophob und inter- bzw. transphob erwiesen. Die Diskriminierung durch die Redaktion beziehe sich in erster Linie auf zwei nicht binäre Personen, die weder Mann noch Frau seien. Der im Artikel als „Linda“ bezeichnete Mensch habe den Personenstand „divers“ und verwende im Alltag einen geschlechtsneutralen Namen. „Oliver“ sei für die Zeitung zu „Linda“ geworden. Mit anderen Interviewten sei die Zeitung ähnlich verfahren. Mit dieser Art der Darstellung hätten sich – so die Beschwerdeführerin – die Interviewten nicht einverstanden erklärt. Wenn eine derart eingeschränkte Darstellung der Wunsch der Redaktion gewesen wäre, dass hätte sie sich an ein anders Polykül (Verbund mehrerer Polyamorer) wenden müssen. Der Ressortleiter Magazin der Zeitung teilt mit, der kritisierte Beitrag sei nach gründlichem Vorlauf verfasst worden. Autorin sei eine langjährige zuverlässige Kollegin, der es gelungen sei, Kontakt zu den handelnden Personen herzustellen. Alle Personen seien anonymisiert worden. Die Redaktion räumt ein, dass in dem Beitrag die Geschlechter der handelnden Personen nicht detailliert zugeordnet worden seien. Die Leser hätten daher nicht erfahren, wer von ihnen sich als nonbinary, bi- oder pansexuell definiere. Diese Zuordnung zu übernehmen, hätte den Rahmen und den Anspruch des Beitrages deutlich überschritten. Der Chefredakteur ergänzt die Stellungnahme des Ressortleiters. Die Beschwerdeführerin habe den Vorschlag eines erklärenden Nachtrags angenommen. Es werde ein Text verfasst, in dem die Geschlechterrollen und Geschlechterbeziehungen der handelnden Personen klargestellt würden. Den Beitrag werde die Redaktion gleich nach dem Eingang veröffentlichen.

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„Salz Nr. 8 hilft gegen Heißhunger-Attacken“

Eine Frauenzeitschrift berichtet unter der Überschrift „Schlank-Wunder Schüßler-Salze“ auf einer Doppelseite über eine Abnehm-Methode. Die homöopathischen Salze – so die Redaktion – glichen einen gestörten Mineralstoffhaushalt aus und brächten wichtige Organfunktionen in Schwung. Sie förderten etwa den Fettabbau und verringerten gleichzeitig Heißhunger. Unter dem Titel „Abnehmen auf die sanfte Art funktioniert ganz einfach“ werden fünf Salze vorgestellt und deren Wirkungsweise erklärt. Beispiele: „Die Lust auf Süßes wird durch Nr. 7 gehemmt. Bei Heißhungerattacken auf salziges Knabber-Gebäck wie Chips & Co. hilft das Schüßler-Salz Nr. 8.“ Eine weitere Passage geht so: „Schüßler-Salze regen die Selbstheilungskräfte des Körpers an, und mit ihnen lässt sich auch der Stoffwechsel ganz sanft wieder auf Trab bringen…“. Eine Leserin der Zeitschrift sieht einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Im Artikel werde nicht kenntlich gemacht, dass es keine wissenschaftlichen Belege für die Wirkung von Schüßler-Salzen gibt. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift weist die Vorwürfe zurück und betont, dass insbesondere kein Verstoß gegen Ziffer 14 des Pressekodex (Medizin-Berichterstattung) vorliege. Der Artikel berichte wahrheitsgemäß über ein Thema von hohem öffentlichem Interesse. Weder sei die Darstellung „unangemessen sensationell“ noch sei sie geeignet, beim Leser „unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen zu erwecken“. Die Rechtsvertretung weiter: Es sei der Redaktion auch nicht vorzuwerfen, dass sie nicht darauf hinweise, dass es angeblich keine wissenschaftlichen Belege für die Wirkung von Schüßler-Salzen gebe. Es müsse der Redaktion grundsätzlich selbst überlassen bleiben. welche Informationen sie in den Artikel aufnimmt und welche nicht. Diese inhaltliche Freiheit und Eigenverantwortung sei fester Bestandteil der Pressefreiheit. Im Übrigen werde im Artikel unmissverständlich darauf hingewiesen, dass es sich bei Schüßler-Salzen um ein homöopathisches Mittel handele.

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