Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
»Herr Asylbetrüger; na wie geht's? / Oh ganz gut, bring Deutschen Aids« - so beginnt ein Gedicht, das eine Lokalzeitung ihren Lesern als Text eines anonymen Flugblattes in vollem Wortlaut vorstellt. In 28 Verszeilen wird das Leben und Verhalten der Asylbewerber in Deutschland persifliert. Neben dem Flugblatt ist ein Kommentar veröffentlicht, der sich mit der Problematik des Asylrechts auseinandersetzt. Zwei Kreisverbände einer Partei und ein Leser des Blattes wenden sich an den Deutschen Presserat. Der neben dem Flugblatt platzierte Kommentar erwecke in den einleitenden Formulierungen den Eindruck, dass der Inhalt des Gedichts abgelehnt werde. Tatsächlich aber analysiere der Kommentar nicht die einzelnen Aussagen des Gedichts und stelle nicht die unsachlichen, volksverhetzenden, die Wirklichkeit entstellenden und die Würde des Menschen beleidigenden Formulierungen richtig: Erschwerend komme hinzu, dass die Redaktion den Text des Flugblattes offenbar bearbeitet und in Rhythmus und Reim deutlich geglättet habe. Die Zeitung widerspricht: Sie distanziere sich sehr deutlich vom Inhalt des Flugblattes. »Es ist ... absurd, wenn einige politische Sektierer uns in eine rechte ausländerfeindliche Ecke stellen wollen.« (1992)
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Unter der Rubrik »Aktuelles« kündigt eine Zeitschrift an: »Grausam: Kind (12) von einem sturen Pfarrer in den Tod getrieben«. Im Innern des Heftes wird die Tragödie in einer Kleinstadt beschrieben: Ein angeblich mit verändertem Namen bezeichneter Pfarrer soll einem 12-jährigen Mädchen, das ihm den Diebstahl von 20 D-Mark gebeichtet habe; die Lossprechung versagt haben, wenn es nicht zuvor seinen Eltern und seiner Schulklasse diesen Diebstahl gestehe. Das Mädchen sei darauf vom 6. Stock eines Hauses in den Tod gesprungen. Der Pfarrer habe dennoch seine Haltung stur verteidigt und selbst in seiner Predigt anlässlich der Beerdigung des Kindes sein Handeln gerechtfertigt. Illustriert wird der Artikel mit dem geschwärzten Foto des angeblichen Pfarrers: Die zuständige Erzdiözese beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der geschilderte Vorgang sei frei erfunden. Das Foto des Pfarrers stamme, wie an der Kopfbedeckung zu erkennen sei, aus den 50er Jahren. Auch Intensive Nachforschungen hätten nichts zu Tage gebracht; was auch nur ansatzweise dem geschilderten Geschehen nahe komme. Die Zeitschrift nimmt nicht Stellung, druckt aber, rechtskräftig verurteilt, einen Widerruf ab. (1992)
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Unter der Überschrift Bürokraten des Todes« veröffentlicht eine Zeitschrift ein achtseitiges Dossier über eine internationale Gefangenenhilfsorganisation. Darin wird eine Vielzahl von Tatsachenbehauptungen über Organisation, Strukturen, Personen und internationale Aktivitäten aufgestellt. Unter anderem wird behauptet, die Organisation sei durch »eine unflexible Bürokratie mitschuldig am Tod von unschuldigen Menschen«. Weiterhin wird behauptet, die deutsche Sektion der Vereinigung habe fünf Millionen Mark auf der hohen Kante und die Gesamtorganisation besitze Firmen in mehreren Ländern. Der Beitrag berichtet ferner über eine angebliche Publikation der Gefangenenhelfer, in der dazu aufgefordert werde, »das Judenproblem mit einer Bombe zu lösen«. Die Hilfsorganisation wirft dem Autor des Beitrags vor, Tatsachen mutwillig verzerrt und Details offenkundig frei erfunden zu haben, um den von ihm gewünschten Effekt zu erzielen. Da der Tatbestand der Beschwerde inzwischen auch ein Landgericht beschäftigt, nimmt die Zeitschrift zu den Vorwürfen nicht Stellung. (1992)
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Ein katholischer Pfarrer soll Mädchen sexuell missbraucht haben. Eine Lokalzeitung berichtet über entsprechende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. In dem Bericht heißt es u: a.: »Der Geistliche wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft am vergangenen Samstag dem Haftrichter in ... vorgeführt. Dem Vernehmen nach soll ... dem Richter sein »kirchliches Ehrenwort« gegeben haben, dass er keine Mädchen mehr belästigen werde.« Zu dem angeblichen Schuldeingeständnis des Verdächtigen gegenüber dem Haftrichter wird letzterer am folgenden Tag in einer anderen Zeitung zitiert; dass der Beschuldigte nichts zugegeben oder gestanden habe und auch der Begriff »kirchliches Ehrenwort« ihm gegenüber nicht gefallen sei: Ein Redakteur dieser anderen Zeitung wirft in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat der Konkurrenzzeitung Vorverurteilung vor. Hinzu komme; dass dem Verdächtigen ein Schuldeingeständnis gegenüber dem Haftrichter unterstellt werde, welches dieser ausweislich der Berichterstattung in seiner Zeitung ausdrücklich dementiere. Die Redaktion weist alle Vorwürfe zurück. Die Berichterstattung sei das Ergebnis sorgfältiger Recherche und zuverlässiger Informationen. (1992)
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Eine Lokalzeitung in einem neuen Bundesland veröffentlicht Listen von Mitarbeitern in den früheren Kreisdienststellen des DDR-Ministeriums für Sicherheit. Es werden Namen, Vornamen, Geburtsdaten, Dienstgrade und Jahresgehälter angegeben. In dem Beitrag wird auch die Nachfolgearbeitsstelle eines Stasi Angehörigen genannt. Ein Leser der Zeitung spricht in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat von einem Paradebeispiel missverstandener Vergangenheitsbewältigung. Die Zeitung erklärt; die Namenslisten seien bereits zuvor veröffentlicht worden. Es handele sich um im Stasi-Unterlagengesetz nicht geschützte Daten des DDR-Geheimdienstes und somit um Informationen zur DDR-Geschichte, die im Brennpunkt des öffentlichen Interesses liegen. Allen durch die mögliche Namensgleichheit indirekt Betroffenen der Veröffentlichung sei die Möglichkeit der Stellungnahme gegeben worden. (1992)
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Eine Lokalzeitung betitelt einen Beitrag mit der Überschrift »Wie viele Asylbewerber verträgt die Kläranlage?«. Der Text behandelt den möglichen Zustrom von Asylbewerbern, der auf eine Gemeinde zukommt. Es wird berichtet, dass die örtliche Kläranlage ein Mehr an Abwässern nicht verkraften könne. Ein Landtagsabgeordneter wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Überschrift suggeriere einen menschenverachtenden Zusammenhang. Die Redaktion erklärt, sie habe die Angelegenheit durch Veröffentlichung eines ergänzenden Artikels inzwischen in Ordnung gebracht. Der Redakteur habe die Überschrift so formuliert, um auf die abwegige These eines Kommunalpolitikers aufmerksam zu machen. Von dessen Aussage habe sich der Artikel distanziert. (1992)
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Eine Tageszeitung berichtet über einen ehemaligen RAF-Anwalt, seinen ständigen Kampf gegen den Staat BRD sowie seinen angeblichen Überlauf zur DDR-Staatssicherheit. Die Autorin nimmt die Verhaftung des Mannes wegen des Verdachts geheimdienstlicher Tätigkeiten zum Anlass, Einzelheiten aus dem Leben des Anwalts darzustellen. Dabei erwähnt sie, dass der Betroffene eingestanden habe, das Info-System zwischen Kämpfern und Häftlingen der »Rote-Armee-Fraktion« mit aufgebaut zu haben. Diese Behauptung stimme nicht, stellt ein Kollege des Anwalts in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat fest. Der Artikel verstoße gegen die Gebote der journalistischen Fairness und Unschuldsvermutung sowie gegen das Verbot diffamierender Äußerungen. Als Quelle für ihre Behauptung verweist die Zeitung auf eine Buchveröffentlichung, gibt aber zu, dass das Wort »eingestehen« nicht klar zu belegen sei. (1992)
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