Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Unter dem Titel »Schwule Gene« berichtet eine Zeitschrift über die Versuche eines' Wissenschaftlers, die Schwulenfrage genetisch, zu lösen. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat über Text und Begleitumstände eines entsprechenden Interviews. Der Autor des Beitrags hatte das Institut des Wissenschaftlers in Begleitung weiterer Journalisten aufgesucht, sich dabei - anders als die beteiligten Reporter eines privaten Fernsehsenders - jedoch nicht vorgestellt. Bei Teilen des Interviews habe es sich um ein von einem Fernsehreporter geführtes und als solches vorher deklariertes Hintergrundgespräch gehandelt. Auch der Autor des Zeitungsartikels habe Fragen gestellt, dabei jedoch den Eindruck erweckt, Mitarbeiter des Fernsehteams zu sein. Teile des Interviews seien aus Antworten zusammengefügt worden; die während der Diskussion auch auf von anderen Personen gestellte Fragen gegeben wurden. Die Antworten seien außerdem bruchstückhaft, teilweise falsch oder in sinnverfälschendem Zusammenhang wiedergegeben worden. Der Autor habe das Interview zudem nicht autorisieren lassen. Aus der Art der Darstellung gehe z. B. nicht hervor, dass die Forschungen noch nicht abgeschlossen seien. per betroffene Journalist erklärt, der Wissenschaftler sei auf einen offiziellen Interviewwunsch nicht eingegangen. Deshalb sei er ausnahmsweise auf diese anonyme lnterviewmethode ausgewichen. (1993)
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Zwei Lokalzeitungen berichten über personelle Neubesetzungen in einem Jugendzentrum. Die eine Zeitung schreibt, der Trägerverein des Jugendzentrums habe eigentlich zwei neue Sozialpädagogen präsentieren wollen. Doch die zweite neue Kraft - hier mit vollem Namen genannt - sei nach wenigen Tagen mit der Begründung wieder gegangen, sie sei schwanger. Auch die andere Zeitung nennt den Namen der neuen Mitarbeiterin, die sich nach zwei Arbeitstagen habe krankschreiben lassen. Aufgrund ihrer Schwangerschaft könne sie in verrauchten Räumen nicht arbeiten. Die Betroffene wendet sich an den Deutschen Presserat. Sie fühle sich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Nachricht, dass sie schwanger sei, hätte nicht veröffentlicht werden dürfen. Mit der Namensnennung in den beiden Artikeln sei sie für künftige Arbeitgeber unmöglich gemacht worden. (1991)
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Unter dem Titel »Aids-Impfstoff In 5 Jahren« schildert eine Boulevardzeitung die Entwicklung eines neuen Präparats gegen die Immunschwächekrankheit. Der Bericht basiert auf dem Interview einer Zeitschrift mit dem Wissenschaftler, der an dem Impfstoff forscht. Im Text heißt es: »Der Impfstoff selbst kann kein Aids auslösen, ist also völlig ungefährlich.« Ein Leser des Blattes macht beim Deutschen Presserat Verstöße gegen die Ziffern 2 und 14 des Pressekodex geltend. Der Beitrag wecke bei den Lesern Hoffnungen, die der «Stoff« möglicherweise nicht erfüllen könne. Die sensationelle Darstellung gehe fest davon aus, dass es diesen »völlig ungefährlichen« Wirkstoff gebe und dass er auch hundertprozentig wirken werde. Schließlich sei das Interview mit dem Forscher nicht sinngetreu wiedergegeben. (1991)
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Eine Zeitschrift widmet einem aus den USA stammenden Cholesterinpräparat einen größeren Beitrag. Die Überschrift verheißt »Medizin-Sensation, die Pille gegen den Herzinfarkt«. Einleitend wird festgestellt, das Arzneimittel räume verkalkte Arterien frei und vergebe alle Sünden wie Rauchen, Saufen und fettes Essen. Ein Biochemiker und Mitglied der Geschäftsleitung der Herstellerfirma nimmt zu verschiedenen Fragen der Wirkungsweise des Arzneimittels und dessen Anwendung Stellung. Eine Packung des Präparats ist abgebildet. Auch der Preis wird angegeben. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie beschwert sich beim Deutschen Presserat. Bislang liege kein wissenschaftliches Gutachten über die Wirkung des Präparats vor. Es seien lediglich erste Erkenntnisse einer Studie in einer amerikanischen Zeitung veröffentlicht worden. Der Zeitschriftenbeitrag vermittele insgesamt den Eindruck der Werbung für Arzneimittel in Form eines redaktionellen Textes. Das Präparat sei rezeptpflichtig aufgrund des Heilmittelwerbegesetzes. Durch die reißerische Aufmachung werde der Leser irregeführt und die Arbeit der Ärzte erschwert. (1991)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Fall von Selbsttötung. Unter der Überschrift Selbstmord: Mann (49) sprang aus Z. Stock« schildert ein Augenzeuge den Hergang. Die Redaktion nennt Vorname und Familienname des Toten. Sie gibt auch dessen Adresse an und zeigt die Front des Hauses, aus dem sich der Selbstmörder stürzte. Ein Leser des Blattes stört sich an der detaillierten Schilderung und an der Offenlegung der Identität des Opfers. Er beschwert sich beim Deutschen Presserat. (1991)
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Eine Boulevardzeitung berichtet, ein Kronzeuge habe die Identität der vier Terroristen preisgegeben, die zwei Jahre zuvor mit einer Bombe den Chef einer deutschen Bank getötet haben. Die Zeitung bezeichnet die vier mutmaßlichen Täter in der Überschrift als »Mörder«, im Text ist von den »feigen Mördern« und von dem »Mordquartett« die Rede. Die vier Gesuchten werden abgebildet, zwei von ihnen mit vollem Namen genannt. Von den beiden anderen sind lediglich die Vornamen bekannt. Ein Leser des Blattes wendet sich an den Deutschen Presserat. Er stößt sich an der Bezeichnung »Mörder«. Mit dem vorverurteilenden Satz »Das sind die vier Terroristen« und der folgenden Personenbeschreibung werde der Unschuldvermutung in keiner Weise Rechnung getragen. (1992)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über einen Mann, der fünfmal versucht habe, seine Ehefrau zu töten. Die Überschrift spricht von »5 Methoden, seine Frau aus dem Weg zu räumen«. Bei der Beschreibung der fünf angeblichen Tötungsversuche wird jeweils nur die betroffene Ehefrau zitiert. Ein Foto des Mannes ist mit einem Augenbalken abgedeckt. Im Text werden jedoch sein Vorname, das Initial seines Familiennamens, das Alter, der Beruf, sein Wohnort, Große und Gewicht erwähnt. Die Vornamen der Frau und seiner beiden Töchter sind angegeben. Schließlich wird das Modell seines Autos beschrieben. In dieser Detailfülle sieht ein Leser des Blattes die Identität des Beschuldigten preisgegeben. Der Mann werde vorverurteilt, obwohl der Beitrag Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit gebe. So werde berichtet, dass der Beschuldigte in einer Nervenheilanstalt behandelt werde. Zudem bescheinige ihm ein Psychologe, er habe Angst, Dinge zu verlieren, und könne sich nur mit Gewalt dagegen wehren. Die Redaktion des Blattes erklärt dazu, nur durch die Detailinformationen sei die Geschichte insgesamt letztlich verständlich. (1992)
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Einer Lokalzeitung liegt eine zwölfseitige Sonderbeilage zum Thema »Besser bauen, schöner wohnen« bei. In zahlreichen Beiträgen der Beilage werden diverse Baustoffe, Heiz- und Sanitäranlagen, Kücheneinrichtungen und andere Produkte sowie Dienstleistungen vorgestellt. Dabei wird nahezu ausnahmslos das jeweilige Produkt bzw. die Dienstleistung mit einem Firmennamen in Verbindung gebracht. In einigen Fällen wird auch die Herstelleradresse genannt. Die Mehrzahl der Texte ist mit Fotos der Produkte illustriert, die die Firmen zur Verfügung gestellt haben. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beanstandet ein Leser den eindeutig werblichen Charakter der Texte. Die Zeitung verweist auf den Zulieferer der Textteile, der damit auch andere lokale Zeitungen versorge. Dieser betont, er arbeite nach den ZAW-Richtlinien, die bei Neuheiten und neuen Verwendungszwecken die Nennung der Hersteller erlauben. Die Texte seien keine Anzeigen, sondern sorgfältig erstellte Redaktion, die dem Leser die notwendigen Angaben und Informationen gebe, die er erwarte und benötige, um sich zu orientieren. Unzählige Anfragen aus Leserkreisen nach Herstellern und Produktnamen, wenn diese nicht genannt wurden, belegten dies. (1992)
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Ein Bürger der Stadt ärgert sich über den Leiter des städtischen Reinigungsamtes und bringt diesen Ärger in einem Leserbrief zum Ausdruck. »Gemeinhin gelten Kommunalbeamte als etwas schläfrig und dickfellig«, behauptet er darin. »Einer dieser Spezies namens ....«, schreibt er weiter und nennt dabei den vollen Namen, »... ist aufgewacht, um uns für dumm zu verkaufen.« Daraufhin wird er wegen Beleidigung verklagt, vom Gericht aber freigesprochen. Eine Boulevardzeitung verkauft die Geschichte in großer Aufmachung. »Dieser Beamte darf schläfrig und dickfellig genannt werden«, behauptet die Schlagzeile und ein dicker Pfeil zeigt auf ein Foto des Amtsleiters. Dessen Vorgesetzter beschwert sich beim Deutschen Presserat, spricht In seiner Beschwerde von Prangerwirkung. Die Kombination von Schlagzeile, Pfeil und Foto suggeriere beim Leser den Eindruck, als habe das Gericht mit seiner Entscheidung gleichzeitig die Feststellung getroffen, der Betroffene dürfe generell schläfrig und dickfellig genannt werden. Das Gericht habe jedoch in seinem Urteil lediglich bei einer Güterabwägung zwischen dem Recht auf Ehre und dem Recht auf freie Meinungsäußerung, der Meinungsäußerung den Vorrang eingeräumt. Damit sei aber keineswegs ein Freibrief für die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen ausgestellt worden. (1992)
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