Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Vorverurteilung

Drei Zeitungen berichten über den Prozess gegen einen Mann, dem die Anklage versuchte Anstiftung zum Mord zur Last legt und der zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wird. Der Betroffene wirft den Zeitungen in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat vor; dass zwei Zeitungen sein Foto veröffentlicht und alle drei Zeitungen seinen vollen Namen genannt haben. (1992)

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Richtigstellung

Eine Zeitschrift berichtet von Stasi-Vorwürfen gegen einen Abgeordneten des Deutschen Bundestages. In dem Beitrag heißt es, einer Partei sei gesteckt worden, dass einer der ihren – Jurist und früherer Bürgermeister – immer noch am Rhein aktiv ist. Im Anschluss wird der Betroffene auf die angeblich kursierenden Akten angesprochen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gibt es noch kein Ermittlungsverfahren in dieser Sache gegen den Abgeordneten. Ein solches, erst später aufgenommenes Verfahren wird wieder eingestellt. In einer folgenden Ausgabe der Zeitschrift nimmt der Chefredakteur zu der Angelegenheit Stellung. Der Generalbundesanwalt habe mitgeteilt, was die Zeitschrift schon drei Wochen zuvor gemeldet habe, nämlich dass gegen den Abgeordneten wegen Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit ermittelt werde. Zitat: “Vielleicht sollten wir zum Jahresende eine Sammlung aller Dementis veröffentlichen, die sich als falsch erwiesen haben.” Der Politiker bittet den Deutschen Presserat, die Zeitschrift dafür zu rügen, dass sie die Meldung über das angebliche Ermittlungsverfahren nicht korrigiert habe. Die Redaktion erklärt, es sei lediglich ein Verdacht geäußert worden. Dafür hätten hinreichende Anhaltspunkte vorgelegen. Der gegen einen hochrangigen Politiker bestehende Verdacht, er könnte möglicherweise Spion oder auch nur Zuträger der Geheimdienste gewesen sein, sei für die Öffentlichkeit von überragendem Informationsinteresse. (1993)

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Foto einer Unbeteiligten

Eine Zeitschrift berichtet über ein Flugzeugunglück im Flughafen einer osteuropäischen Hauptstadt. In Schlagzeile und Text stellt sie eine deutsche Stewardess als die Heldin des Tages vor, In dem Beitrag findet sich u. a. ein Foto der Mutter der Stewardess mit Namens- und Altersangabe sowie ein Zitat des Stiefvaters, in dem es heißt: »Meine Ex- Frau und ich haben lange mit ihr gesprochen ... «. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beanstandet die Mutter die Veröffentlichung Ihres Fotos und die Erwähnung, dass sie geschieden sei. Sie betont, dass sie ein Journalist der Zeitung nicht angesprochen habe. Sie moniert, dass ihre Scheidung nun öffentlich bekannt geworden sei: Dabei habe sie diese Tatsache geheim halten wollen: Die Beschwerdeführerin vermutet, dass für die Preisgabe von Informationen sehr viel Geld gezahlt worden sei. Die Redaktion gibt zu, dass sie mit der Mutter der Stewardess nicht gesprochen habe. Grundlage der Berichterstattung sei ein mit dem Stiefvater telefonisch geführtes Interview. Dieser habe für seine Äußerungen kein Geld erhalten: Er habe auch das Foto seiner geschiedenen Ehefrau zur Verfügung gestellt. Durch ihr mutiges Verhalten bei dem Unglück sei die Tochter zu einer absoluten Person der Zeitgeschichte geworden. Die Mutter sei durch das Ereignis bekannt und somit zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden. Als solche müsse sie sich die Veröffentlichung ihres Fotos zumindest für einen gewissen Zeitraum gefallen lassen. Den Familienstand habe die Zeitung nicht preisgegeben. Mitgeteilt worden sei lediglich, dass sie die Ex-Frau des Stiefvaters der Stewardess sei. Ehescheidungen seien heutzutage an der Tagesordnung. Anlass für Schamgefühle gebe es nicht. (1993)

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Recherche

Ein Medienreport für Medienanwender berichtet, dass ein privater Fernsehsender für zwei Mark verkauft worden ist, und schildert die Hintergründe dieses Geschäfts sowie die Art und Weise seiner Darstellung in einer mit dem Unternehmen verbundenen Tageszeitung. Dabei wird auch die Rolle eines der beteiligten Geschäftsführer beschrieben. Dieser wendet sich, nachdem die Staatsanwaltschaft seinen Strafantrag gegen den Herausgeber und Chefredakteur des Informationsdienstes abgelehnt hat, an den Deutschen Presserat. Tatsachenbehauptungen seien nicht mit der erforderlichen Sorgfalt recherchiert worden. Der Autor der beanstandeten Veröffentlichung trägt vor, seine Informationen aus dem Firmenumfeld und aus dem Markt bezogen zu haben. Teilweise sei auch der Beschwerdeführer selbst Quelle der Angaben. Als Brancheninformationsdienst habe man es als Wahrnehmung berechtigter Interessen der Presseangesehen, die Vorgänge in dem Privatsender genauer zu durchleuchten und Zusammenhänge aufzuzeigen. Direkte Fragen an die Beteiligten per Fax seien nicht beantwortet worden. (1993)

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Namensnennung

In zwei Beiträgen befasst sich eine Lokalzeitung mit rechtsradikalen Aktivitäten. In beiden Berichten wird ein 23-jähriger Bürokaufmann namentlich erwähnt. Dass er Neo-Nazi sei und Mitgründer einer »Nationalfreiheitlichen Alternative«. Dass er mit einem Hakenkreuzflugblatt auf dem Nürnberger Reichsparteitagsgelände aufgefallen sei. Dass man ihn wegen »Volksverhetzung« lediglich zu 80 Arbeitsstunden und einer Geldstrafe von tausend Mark verurteilt habe. Der Vater des Betroffenen beschwert sich beim Deutschen Presserat, dass man seinen Sohn mit vollem Vor- und Zunamen genannt habe. Durch die Veröffentlichung sei dem Jugendlichen die Aussicht auf einen Arbeitsplatz verbaut worden. Der Beschwerdeführer beanstandet auch die Wertung »lediglich« in Zusammenhang mit der Strafe, die sein Sohn erhalten habe. Bei einem Gesamteinkommen von 4.300 Mark im Jahre 1992 mit zusätzlichen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 2.300 Mark sei dies mehr als nur eine einfache Strafe. Die Zeitung verweist auf das Interesse der Öffentlichkeit an einer Aufklärung über die dubiose »Nationalfreiheitliche Alternative«. Der Sohn des Beschwerdeführers sei immerhin von Oktober 1992 bis zu ihrer Auflösung im Frühjahr 1993 der Vorsitzende einer weit agierenden politischen Partei gewesen, die vom Verfassungsschutz als politisch äußerst gefährlich eingestuft wurde. In ihrem Bericht über das Verfahren vor einem Jugendschöffengericht habe die Redaktion den Namen des Angeklagten nicht genannt. Dieser habe vielmehr in der Folge sein eigenes »Outing« betrieben. So bekannte er sich in einem Leserbrief mit Angabe von Namen und Adresse als Vorsitzender der NFA. Autonome verteilten Flugblätter mit seinem Porträt. In einer NFA-Zeitschrift wird er als Redakteur genannt. Spätestens Anfang 7993 hätte also jeder, der sich dafür interessierte, über die politischen Ansichten des jungen Mannes Bescheid wissen können: Es sei politisch notwendig, so die Zeitung, die Vernetzung neonazistischer Organisationen aufzudecken und dabei auch Namen zu nennen. (1993)

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Kritik an einer Stadträtin

Eine Boulevardzeitung kritisiert eine 35-jährige Kommunalpolitikerin, die aus der Alternativszene in den Stadtrat »gespült« worden sei. In der Überschrift wird sie als »grüne Giftschlange aus dem Rathaus« bezeichnet. In der Unterzeile wird ihr bescheinigt, dass sie mit ihrer hasserfüllten Radikalität rotgrüne Bündnis in die Handlungsunfähigkeit treibe. Im Text heißt es, sie verspritze Gift nach allen Seiten. Neben dem Beitrag findet sich ein Foto der Politikerin mit der Bildunterzeile: »Scharfe Worte, enges Leder, keine Freunde«. Die Fraktion der Betroffenen bittet den Deutschen Presserat, die Zeitung wegen dieser »Hetze« zu rügen. Da man den Autor des Beitrages wegen seiner fortwährend unseriösen Berichterstattung nicht mehr mit Informationen beliefere, könne sich seine Recherche nur auf Hörensagen beziehen. Die Zeitung erklärt, der Text sei ordnungsgemäß recherchiert. Hintergrund der Berichterstattung sei die politische Auseinandersetzung im Rathaus über die Kompetenz der beteiligten Parteien in der Asylfrage gewesen. Im Verlaufe dieser Streitigkeiten habe eine Stadtratsfraktion die Stadträtin der Nötigung und Erpressung bezichtigt. In ihrer Parteizeitung habe sie einem Kreisverwaltungsreferenten rassistische Tendenzen vorgeworfen. Dies und das wenig verbindliche Verhalten der Frau hätten zu den in dem Artikel wiedergegebenen Unmutsäußerungen geführt. Durch ihren unüblichen Kleidungsstil verfolge die Stadträtin u. a. die Absicht, Dritte zu provozieren. Insoweit müsse sie die Wirkung ihrer Kleidung auf weniger fortschrittliche Kräfte im Stadtrat und deren Reaktion darauf einkalkulieren. (1993)

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Diffamierung von Busfahrern

Das Verhalten und die Berufsauffassung von Busfahrern sind das Thema eines Zeitschriftenbeitrags, Unter der Überschrift »Fiese Busfahrer - Großstadt-Rocker mit Spatzenhirn« werden Fotos zu scheinbar typischen Berufssituationen der Busfahrer sowie diverse Zitate von anonym gebliebenen Interviewpartnern präsentiert. So wird z. B. geschildert, wie ein Busfahrer eine schwangere Frau sexuell `belästigt habe. »Busfahrer, so scheint es, werden immer fieser, immer gemeiner«: Andererseits wird aber auch festgestellt: »Natürlich gibt es auch eine Menge Busfahrer, die ihren Job anständig machen und sogar richtig Mitgefühl zeigen«. Zwei Verkehrsbetriebe treten in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat für die Ehre der Busfahrer ein. Sie halten den Artikel für eine Verunglimpfung und Diffamierung einer ganzen Berufsgruppe. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihm sei angesichts der Pauschalurteile nicht möglich. Der Rechtsvertreter des Zeitschriftenverlags widerspricht der Beschwerde. Der Beitrag greife konkret recherchierte, das Verhalten einzelner Angehöriger der betroffenen Berufsgruppe berührende Vorgänge auf und stelle damit keine allgemeine Verunglimpfung der Angehörigen eines bestimmten Unternehmens bzw. einer ganzen Berufsgruppe dar. (1993)

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Vorwürfe

Eine Tageszeitung berichtet über eine Pressekonferenz, die ein Landesminister einberufen hat, um sich gegen den Vorwurf zu wehren, er habe den Mandantenstamm seiner Rechtsanwaltskanzlei verpachtet. Die Zeitung verweist in ihrer Berichterstattung auf Unterlagen aus dem Bekanntenkreis eines Immobilienmaklers, wonach dieser den Minister monatlich mit 10.000 Mark finanziere. Außerdem will die Zeitung Belege dafür haben, dass die Immobilienfirma der Anwaltskanzlei, die des Ministers Mandantenstamm für 10.000 Mark monatlich gepachtet hat, halbjährlich insgesamt 60.000 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer bezahlt hat. Der Minister, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Kandidat um das Amt des Oberbürgermeisters, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Zeitung erwecke den Eindruck, dass ihr Anhaltspunkte für eine strafrechtlich relevante finanzielle Unterstützung des Ministers durch den Immobilienmakler vorgelegen hätten. Obwohl dies nicht der Fall sei, habe sie über die Vorwürfe berichtet. Damit habe die Zeitung Einfluss auf das Wahlverhalten der Leser genommen. Die Redaktion erklärt, sie hätte nicht die Absicht gehabt, über diese Fälle zu berichten. In der Pressekonferenz habe der Minister aber die Flucht nach vorne angetreten und selbst den Immobilienmakler erwähnt. Daraufhin habe sich die Zeitung zu einer ausführlichen Berichterstattung entschlossen. (1993)

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Kritik an der Forschung

In vier Artikeln berichtet eine Boulevardzeitung über Autotests einer deutschen Universität mit Leichen. Eine der Überschriften lautet; »900 tote Kinder verkauft - für 200 bis 1500 Mark«. In dem dazugehörigen Text wird geschildert, dass Eltern ihre toten Kinder verkaufen, die später als Ersatz für Plastik-Dummys bei Crash-Tests fungieren. Zuvor war getitelt worden: »Professor Horror: Leichen besser' als Puppen«. Der Rektor der Universität schaltet den Deutschen Presserat ein. Er ist der Ansicht, die Zeitung habe nicht nur das betroffene Institut für Rechtsmedizin und dessen leitende Mitarbeiter an den Pranger gestellt, sondern auch dem Ansehen der Universität und den Belangen der Wissenschaft erheblichen Schaden zugefügt. Die Artikel enthielten nicht nur verschiedene unrichtige Angaben, sondern auch bewusst irreführende Informationen. So habe es nie Aufträge von ausländischen Autofirmen zu den Tests gegeben, die Untersuchungen seien auch nicht von diesen Auftraggebern finanziert worden und auch eine Richtigstellung sei nicht erfolgt. Die Schlagzeilen seien grob einseitig, die Texte durchweg tendenziös: »Darf Forschung so pervers sein?«, »Alptraum-Horror-Forschung«, »Die Ergebnisse seiner makabren Studien ...«. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf finanzielle Leistungen der Autoindustrie, die in den Etat des Instituts eingeflossen seien. Man habe nicht behauptet, dass die Eltern die toten Kinder an die Universität verkauft haben, sondern die Aussage eines Strafrechtlers wiedergegeben, dass seit Jahren in Deutschland mit Kinderleichen gehandelt wird und auf diese Weise der Forschung Millionen erspart werden. Ein Professor sei ausdrücklich mit dem Hinweis zitiert worden, dass etwa 150 Tote in der Unfallforschung verwendet worden seien, allerdings seit Jahren keine Kinder mehr. Weiter heißt es in der Stellungnahme der Zeitung: »Tatsächlich darf man sich sehr wohl gegen den Einsatz toter Kinder oder Erwachsener bei Crash-Tests aussprechen. Die Zugehörigkeit zur Menschheit endet nicht mit dem Tod. Der Tod macht den Verstorbenen nicht zu einer allseits verwendbaren Sache. Demzufolge kann derjenige, der sich aus ethischen Gründen gegen den Einsatz von Verstorbenen ausspricht, durchaus seine Meinung zum Ausdruck bringen, von »Horror« und von »makaber« sprechen und eine solche Forschung als pervers bezeichnen. Gleiches gilt auch für die Bezeichnung »Leichenprofessor«, wenn zugegeben wird, dass man in den Jahren ca. 750 bis 200 Leichen, seien es nun Kinder oder Erwachsene, für den Zweck der Verkehrsforschung verwendet hat«. (1993)

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Leserbrief

Ein Leserbriefschreiber wendet sich an den Deutschen Presserat; weil sein Brief an ein Nachrichtenmagazin, in dem er Kritik an den Herausgeber geübt hatte; ohne sein Einverständnis sinnentstellend gekürzt worden ist. Die Redaktion räumt den Fehler ein, der durch ein zusätzliches Versäumnis in der Organisation auch noch zu spät bemerkt worden sei. Die beteiligten Mitarbeiter seien ermahnt worden, noch sorgfältiger mit Leserbriefen und mit den berechtigten Protesten von Lesern umzugehen. Die Chefredaktion und der zuständige Redakteur entschuldigten sich in zwei getrennten Briefen bei dem Beschwerdeführer. (1993)

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