Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Tageszeitung veröffentlicht einen »Offenen Brief«, den ein Bildhauer an einen Dichter geschrieben hat. Darin äußert sich der Autor mit scharfer, persönlicher Kritik über die Person des Adressaten und dessen Verhalten: Es fallen Ausdrücke wie »Arschloch!«, »Ich wünsche Dir die Nürnberger Rassengesetze an den Hals, du angepaßter Trottel!«, »Du 100prozentiger Schwachkopf!« und »Was die PDS Dir antut, du Volltrottel, möchte ich eigentlich wissen«. Ein Bürgerrechtler schaltet den Deutschen Presserat ein. Er hält die zitierten Aussagen in der Zeitung für Tatbestände der Volksverhetzung, des Aufrufs zum Völkermord und möglicherweise der Unterstützung der Ziele einer verbotenen verfassungsfeindlichen Organisation, der NSDAP Der Adressat des offenen Briefes sei jüdischer Abstammung. Die Chefredaktion des Blattes hält die Vorwürfe des Beschwerdeführers für in der Sache absurd und politisch absichtsvoll. Er lasse bei aller verständlichen Erregung über eine bestimmte Formulierung Vorgeschichte, Diskussionsumfeld sowie den Tatbestand einer offenen Polemik zwischen den beiden Betroffenen außer Betracht. Die Redaktion habe sehr wohl die Argumente Für und Wider beim Abdruck des offenen Briefes berücksichtigt. Im übrigen stehe für sie dahin, inwieweit eine Redaktion beraten ist, ofenkundige Eingriffe in die, eigenständige Kategorie eines offenen Briefes von einem in der Öffentlichkeit bestens bekannten Absender vorzunehmen. (1994)
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Eine Lokalzeitung kündigt die Schließung einer Jugendfreizeitstätte an. In diesem Zusammenhang berichtet der Autor über Rauschgift- und Waffenprobleme im Jugendzentrum. Namentlich erwähnt wird dabei der Vorsitzende des Stadtjugendrings, der mit Drogen und einer scharfen Handfeuerwaffe geschnappt und in der U-Haft zurückgetreten sei. In einem Beitrag drei Wochen später wird der Vorsitzende des Stadtjugendrings wiederum namentlich erwähnt. Auch diesmal wird berichtet, dass der Mann des Drogenhandels beschuldigt ist, die Verhandlungen darüber aber noch ausstehen. Gegen die Namensnennung wehrt sich der Betroffene in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. (1994)
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Ein Lokalblatt berichtet, dass die Polizei dem Feuerwehrchef des Landkreises den Führerschein abgenommen hat. Sie zitiert den Pressesprecher der Polizeidirektion. Danach steht der Kreisbrandrat unter dem dringenden Verdacht, unter Alkoholeinfluss sein feuerrotes Dienstauto gesteuert zu haben. Dienstrechtliche Konsequenzen werden nicht ausgeschlossen. Die Kreisbrandinspektion fragt den Deutschen Presserat, ob Vergehen im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenkatalogs der Straßenverkehrsordnung es rechtfertigen, dass die Presse das Privatleben und die Intimsphäre von Menschen gravierend stört. Die Zeitung ist der Auffassung, dass ein Kreisbrandrat in einem Landkreis eine wichtige Persönlichkeit sei, vergleichbar mit Bürgermeistern, Stadtdirektoren und Polizeichefs, bei deren Alkoholunfällen in der Regel der volle Name genannt werde. Ein Kreisbrandrat müsse mit seinen Taten ein Vorbild sein. Zwei Fehler räumt die Redaktion ein. Dem Verkehrssünder wurde erst am folgenden Tag der Führerschein abgenommen, da er Ihn bei der Kontrolle durch die Polizei nicht bei sich hatte. Außerdem trug der Mann, als die Polizei ihn in seinem Dienstwagen kontrollierte, keine Feuerwehruniform (1994).
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Zwei Zeitungen berichten, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen ein 17jähriges Mädchen eingestellt hat. Der Behinderten war vorgeworfen worden, eine Straftat vorgetäuscht zu haben. Die Rollstuhlfahrerin hatte sich ein Hakenkreuz auf die Wange geritzt und dann behauptet, Skins hätten sie überfallen. Die eine Zeitung zeigt ein Foto der Betroffenen und nennt ihren Vornamen. Die zweite Zeitung veröffentlicht ein Familienfoto und nennt den vollen Namen der 17jährigen. Ein Anwalt begründet seine Beschwerde beim Deutschen Presserat, die bundesweite Anprangerung der kranken Jugendlichen durch die Fotos komme einem Steckbrief gleich. Die` Veröffentlichung des Fotos einer psychisch auffälligen Jugendlichen im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Ermittlungsverfahren gefährde die Intention des Jugendgerichtsgesetzes. In einem neuerlichen Schreiben verweist der Beschwerdeführer auf einen zwischenzeitlich erschienenen Beitrag über den Fall in einer Zeitschrift und äußert Bedenken, ob die jugendliche Beschuldigte ausnahmsweise nicht schutzwürdig sei, nachdem ihre Eltern offenbar die »Story« vermarktet hätten. Die Jugendliche müsste wohl mehr vor ihren Eltern als vor der Presse geschützt werden. Die erste Zeitung ist sich einer Schuld nicht bewusst, Die 17jährige und ihr Fall hatten die internationale Presse beschäftigt. Sie sei zur »mittelbaren Person der Zeitgeschichte« geworden und habe sich von einer Nachrichtenagentur freiwillig fotografieren lassen. Die Stellungnahme der zweiten Zeitung liegt bei der Behandlung des Falles nicht vor. (1994)
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Ein Autoverkäufer schaltet unter Chiffre und Pseudonym in einer Zeitschrift ein Inserat. Darin bietet er kostenlos eine Orgasmusschule an. Daraufhin erreicht ihn der Hilferuf einer jungen Frau, der zu einem Schriftwechsel und einem Treffen führt. Die Klientin unter falschen Namen ist in Wirklichkeit Mitarbeiterin der Zeitschrift, die die Ergebnisse ihrer verdeckten Recherche in einem Beitrag unter der Überschrift »Windige Sexgeschäfte: Die schnelle Mark?« verwertet. Über ihren »Nachhilfelehrer« schreibt sie: »Ein windiger Geschäftsmann, der wissen will, wie es besser geht... bietet Hilfe speziell für Frauen und Paare in Form einer Orgasmusschule an.« Unter Namensnennung teilt die Journalistin mit, der junge Mann versuche unter Decknamen, seine autodidaktischen Künste an die Frau zu bringen. Ein zivilgerichtliches Verfahren endet mit einem Vergleich: Der Betroffene erhält ein Schmerzensgeld in Höhe von 4000 Mark. Der durch die Veröffentlichung bloßgestellte Mann wendet sich auch an den Deutschen Presserat. Die Zeitschrift habe es zugelassen, dass sich ihre Mitarbeiterin unter einem Pseudonym mit ihm getroffen und dann - ohne dies Offenzulegen - aus dem geführten Briefwechsel und dem Gespräch in unerlaubter Weise öffentlich berichtet habe. Die Zeitschrift erklärt, nur durch die von der Autorin gewählte Methode sei es möglich gewesen, windige Dienstleistungen des Beschwerdeführers aufzudecken. Der Betroffene habe, als er mit einer obskuren Orgasmusschule an die Öffentlichkeit ging, damit rechnen müssen, dass solch unseriöse Geschäftspraktiken in der Presse Gehör finden würden und dass er zur Person öffentlichen Interesses werden könnte. (1994)
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Eine Lokalzeitung widmet eine komplette Seite der Werbung für ein Bekleidungsfachgeschäft. In der sechsspaltigen Überschrift findet sich der Name des Unternehmens und die Feststellung »Das Modehaus für Sie«. In dem Text wird über die Firma berichtet, Straße und Hausnummer werden genannt: Ausführlich wird die Umbauphase des »traditionsreichen Familienunternehmens« beschrieben: U. a. heißt es: »Für Beratung und Verkauf wurden qualifizierte Kräfte eingestellt, die Erfahrung im Umgang mit Kunden haben und schon lange im Facheinzelhandel tätig waren«. Der Text schließt mit den Sätzen: »Eine gelungene Neueinführung also - Überzeugen Sie sich davon. ... (Firmenname) freut sich auf Ihren Besuch«. Ein Foto zeigt die Geschäftsfassade. In der Unterzeile werden der neue Anstrich und die Fassadengestaltung mit Glas-Sandstein-Elementen hervorgehoben. Eine fünfspaltige Eckanzeige des Modehauses vervollständigt die Präsentation. Ein Leser des Blattes wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Trotz des veränderten Schriftbildes gehe aus dem Text über das Modehaus für den Leser nicht eindeutig hervor, dass es sich wohl um reine Werbung handelt. Die Zeitung betont, dass sich die beanstandete Veröffentlichung in Gestaltung, Wahl der Überschrift und Schriftgröße deutlich vom redaktionellen Text unterscheide. Sie räumt aber ein, dass aus Termingründen der sonst übliche Hinweis »Anzeige« diesmal entfallen sei. Alle Mitarbeiter in Anzeigenabteilung, Satztechnik und Redaktion seien erneut auf die Beachtung der Richtlinien des Presserats hingewiesen worden. (1994)
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Verkehrsmessungen des ADAC sind Thema eines Zeitungsberichts. Der Autor schreibt u. a.: »Mit Distanz zu grünen Eiferern wurde ermittelt, dass Abgase und Lärm deutlich geringer sind, wenn das Fahrzeug bei 30 km/h im dritten Gang behutsam durch die Zone rollt. Das kurzatmige Beschleunigungs- und Brems-Stakkato an Rechts-vor-links-Kreuzungen produziert die siebenfache (!) Schadstoffmenge und mehr Krach«. Ein Leser hält die Passage für eine wahrheitswidrige Behauptung und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Im Rahmen einer Vorkorrespondenz, die der Kritiker und der Autor des Artikels führen, lässt sich letzterer ein, »eine Zahl in einen falschen Zusammenhang gestellt« zu haben, »was unverzeihlich ist«. (1994)
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Die Silvesterausgabe einer Regionalzeitung enthält eine Fotomontage, die den Papst mit einer barbusigen Frau zeigt In der Unterzeile heißt es: »Ein neuer Katechismus fürs neue Jahr: Vater sein ist nicht schwer, Vater werden dagegen sehr.« Das Bischöfliche Amt am Ort fühlt sich in seinem sittlichreligiösen Empfinden gestört und macht beim Deutschen Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 10 des Pressekodex geltend. Die Chefredaktion sieht in der Veröffentlichung eine Entgleisung und entschuldigt sich in der nachfolgenden Beilage bei ihren Lesern. Der Chefredakteur beantwortet jede Leserzuschrift zu diesem Fall persönlich. (1992)
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Ein Redakteur einer Tageszeitung beschreibt, wie sein Sohn auf dem Schulweg von einer Bande jugendlicher Türken überfallen, verprügelt und ausgeraubt wurde. Sechs Wochen später druckt die Zeitung einen anonymen Leserbrief ab, in dem u. a. festgestellt wird: »Wir haben aus vollem Herzen gelacht und gebrüllt. Erbitten Anschrift der mutigen türkischen Banden, um 1.000 DM Belohnung zu zahlen für krankenhausreife Zurichtung des perversen (Name des Opfers).« In dem Text, der weitere extreme Aussagen enthält, wird behauptet, dass die Schreiber 28 Schüler eines namentlich genannten deutschen Gymnasiums seien. Der Direktor der Stadt, in der die Schüler beheimatet sind, bemängelt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Vorgehensweise der Zeitung. Sie veröffentlicht einen anonymen Leserbrief trotz vorangegangener Korrespondenz, in der betont wurde, dass kein Anlass bestünde anzunehmen, dass tatsächlich Schüler des Gymnasiums Verfasser dieses Briefes sein könnten. Mit der Veröffentlichung sei der Eindruck erweckt worden, das Gymnasium sei Keimzelle neonazistischen Gedankenguts, das Schüler wie Lehrer gleichermaßen tatsächlich verurteilten. Die Redaktion teilt mit, dass man sich für die Veröffentlichung entschieden habe, weil der Schmähbrief für derartige schriftliche Exzesse typisch sei. Man habe mit seiner Veröffentlichung beweisen wollen, dass die Zeitung und mit ihr das anständige Deutschland auf der Seite der jungen Menschen stehen. Grundsätzlich erkennt die Redaktion an, dass anonyme Briefe nicht veröffentlicht werden sollen. Von dieser Regel gebe es aber Ausnahmen. Beispielsweise die sogenannten Bekennerbriefe radikaler Organisationen und auch rechtsextreme und rassistische Drohbriefe. Die Öffentlichkeit müsse wissen, dass es in der Bundesrepublik Menschen gebe, die es für angemessen halten, diejenigen zu bedrohen und zu beschimpfen, die für die verfassungsmäßige Ordnung eintreten. Solche Aktionen zu verschweigen, würde nazistische Gefahren, die zweifelsfrei bestehen, leugnen. Den Schülerinnen und Schülern sei ein Gespräch angeboten worden. Ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung des anonymen Leserbriefs erscheint unter der Rubrik »Jugend schreibt« ein Beitrag, in dem der verantwortliche Redakteur feststellt, die Schüler des Gymnasiums würden sagen, die Autoren des Schmähbriefs seien nicht unter ihnen zu suchen. (1992)
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Eine Wochenzeitung berichtet unter der Überschrift »Der Denunziant schweigt« über eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen einem General der Bundeswehr und dem Autor einer Tucholsky-Ausstellung. Den Streit ausgelöst hatte ein Schreiben des Generals an den Bürgermeister der Stadt, in deren Schloss die Ausstellung arrangiert war. Die Ausstellung, so der Kritiker, zeige Kurt Tucholsky und sein Werk als Hintergrund für die Agitation des SED-Staates gegen die Bundesrepublik und die Bundeswehr vor der Vereinigung in derart penetranter und primitiver Art, dass er sich frage, welche Rolle der Hersteller und Stifter dieser Ausstellung in der DDR gehabt habe. Ein Leser des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel enthalte Unrichtigkeiten, unausgewogene Meinungsäußerungen, Uniformiertheiten, Diffamierungen und Polemiken. Die Überschrift erwecke beim eiligen Leser die Annahme, der General sei ein Denunziant. Die Redaktion sieht keinen Handlungsbedarf. Sie habe die Sache richtiggestellt und einen Leserbrief des Generals veröffentlicht. (1992)
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