Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Ein Busfahrer steht vor Gericht. Er hatte zwei 17jährigen Mädchen Sinn und Zweck des »Nothammers« in Fensternähe erklärt. Als eines der Mädchen mit einem Hammer in den hinteren Teil des ansonsten leeren Busses entfleuchte, stieg der Mann hinterher, um das Sicherheitsgerät zurückzuholen. Dabei kam es zu Berührungen und Rangeleien, die das Gericht als Nötigung wertete und mit 60 Tagessätzen zu je 70 Mark ahndete. Die Lokalzeitung schildert den Fall und spricht in der Überschrift von einer »sexuellen Nötigung im Bus«. Als der Betroffene den Fehler reklamiert, erscheint ein weiterer Artikel, diesmal mit der Überschrift »Berührungen waren nur als Nötigung zu ahnden«. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat fordert der Anwalt des Verurteilten, dass eine Berichtigung deutlich und unmissverständlich sein müsse. Im zweiten Bericht der Zeitung fehle der deutliche Hinweis, dass der Zeitung in der ersten Berichterstattung ein Fehler unterlaufen sei. Die Redaktion betont, dass sie auf die Empfindlichkeiten der Menschen stets Rücksicht nehme. Im zweiten Beitrag sei unmissverständlich in der Hauptzeile der Überschrift auf die Urteilsfindung hingewiesen worden. Diese Vorgehensweise sei mit dem Beschwerdeführer telefonisch vereinbart worden. (1994)
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»Heute würde Stauffenberg als extremer Nazi gelten. Stauffenberg war nicht nur ein Rechtsradikaler, sondern auch feige«, lautet eine Passage in einem Leserbrief in einer Tageszeitung. Der Autor äußert seine Überraschung darüber, dass Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Held dargestellt wird. Er sei nicht Manns genug gewesen, den Führer mit seiner Dienstpistole zu erschießen. Stattdessen habe er eine Bombe unter den Tisch gelegt, an der vier Unschuldige gestorben seien. Stauffenberg habe das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 und Österreich weiter bestehen lassen wollen. Ein Leser des Blattes hält die zitierte Passage für ehrkränkend. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat schreibt er, ihm erscheine unschlüssig, dass jemand als Nazi gekennzeichnet werden dürfe, der erkennbar in konspirativer Weise dieselben bekämpfte. Die Chefredaktion verweist auf ihre außerordentlich umfangreiche Berichterstattung anlässlich des 50. Jahrestages des Attentats auf Adolf Hitler. Diese sei insgesamt nicht als Heldenverehrung gedacht oder als solche miss zu verstehen gewesen, sondern habe sich um eine umfassende sachliche historische Darstellung bemüht. In diesem Kontext sei der Leserbrief zu sehen. Die Redaktion sei sich durchaus im klaren gewesen, dass dieser Leserbrief eine nicht alltägliche und stark vom Allgemeinempfinden abweichende Meinung artikuliere. Insgesamt sei der Brief als ein Beitrag zur Ausgewogenheit zu betrachten, der nach Ansicht der Redaktion nicht die Absicht verfolge, einen Dritten herabzusetzen. Die Chance, in einem Leserbrief eine Gegenposition zu artikulieren, habe der Beschwerdeführer nicht genutzt. (1994)
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Eine Bürgerinitiative beschwert sich beim Deutschen Presserat über drei Beiträge in einer Sonntagszeitung, die darin gezielt Falschmeldungen verbreite. Der erste Artikel berichtet über einen prominenten Kritiker des geplanten Endlagers für Atommüll in Gorleben. Wenige Monate zuvor habe der Grundstückseigentümer dem Bauherrn des Endlagers das Recht auf Nutzung seines Landes gestattet. Nach Unterzeichnung des entsprechenden Vertrages habe er jedoch seine Taktik geändert, indem er Rechtsmittel gegen die Bauerlaubnis einlegte: Die Beschwerdeführer kritisieren an dieser Darstellung, dass sie faktisch falsche Behauptungen erhebe, um den Atomkraftgegner als einen abgefeimten Spekulanten erscheinen zu lassen. Ein zweiter Bericht schildert Demonstrationen aus Anlass des geplanten Transports abgebrannter Brennstäbe nach Gorleben. Auf den Zufahrtswegen zum Zwischenlager hätten Demonstranten schwere Straftaten begangen. Sie seien teilweise vermummt und mit Eisenstangen bewaffnet gewesen. Einige von ihnen hätten Schwellen eines' Bahngleises, von dem aus der Castor-Behälter auf einen Lastwagen umgeladen werden sollte, zersägt. Die Bürgerinitiative bestreitet den Wahrheitsgehalt dieser Darstellung. Weder das zuständige Innenministerium noch die Polizeieinsatzleitung bei der zuständigen Bezirksregierung habe entsprechende Erkenntnisse. In einem dritten Beitrag behauptet die Zeitung, der ehemalige hessische Umweltminister habe gegen die Einlagerung von Atommüll aus dem Kernkraftwerk Biblis in das Zwischenlager Gorleben nichts einzuwenden. Die Zeitung beruft sich auf vertrauliche Briefwechsel zwischen ihm und seiner Kollegin in Niedersachsen. Die Beschwerdeführer reichen dazu einen Bericht in einer anderen Tageszeitung ein, demzufolge das hessische Umweltministerium die Behauptungen als »frei erfunden« bezeichnet hat. Zum Vorwurf, einen Atomkraftgegner als Spekulanten dargestellt zu haben, erklärt die Zeitung, das Verschweigen des Vertrages und das gleichzeitige widersprüchliche Verhalten im Hinblick auf den Vertrag seien zu Recht Grund genug für eine Berichterstattung gewesen. Die Mitteilung von »vermummten und bewaffneten Demonstranten« beruhe auf vertraulichen Informationen aus dem Innenministerium: Die Redaktion habe in ihrem Bericht auf den Widerspruch zwischen der offiziellen Aussage und den tatsächlich bekannten Fakten hingewiesen. Der Briefwechsel zwischen den beiden Umweltministern sei durch einen Leserbrief der Pressesprecherin eines der beiden Ministerien im Kern bestätigt worden. (1994/95)
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Der Vertreter eines Unternehmerverbandes schreibt an die Mitgliederzeitung einer Gewerkschaft einen Leserbrief, in dem er sich ironisch mit einem Kommentar auseinandersetzt. Dessen Autor hatte dem Bundeskanzler vorgeworfen, er werde weiteren Sozialabbau betreiben, was den Leserbriefschreiben zu der Feststellung veranlasst, dass der Kommentator von einer Wiederwahl des Kanzlers ausgeht, da er sonst den vom Verfassen beklagten Sozialabbau ja nicht betreiben könne. Im letzten Absatz seines Briefes fragt der Unternehmensvertreter den Autoren der Gewerkschaftszeitung, wie er sich erkläre, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer den Kanzler trotz jener Aufklärung wieder wählen werde. Die Antwort sei einfach: »Sie erkennen Ihren Kommentar als das, was er ist: Üble Polemik«. Die Zeitschrift veröffentlicht den Leserbrief, streicht jedoch den letzten Absatz. Darüber beschwert sich der Einsender beim Deutschen Presserat. Die Redaktion habe durch diese Kürzung den Sinn seines Briefes entstellt. Die Zeitschrift verweist auf ihr Impressum, in dem erklärt wird, dass sich die Redaktion die Kürzung von Leserbriefen vorbehält. Im übrigen liege keine sinnentstellende Kürzung vor. (1994)
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In einer Wochenkolumne kritisiert der Chefredakteur einer Lokalzeitung das »Mörder-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Er schreibt: »Die (gemeint sind die Verfassungsrichter) leiden zunehmend unter stressbedingten Sichtverzerrungen, so dass sie z. B. Soldaten mit Killern, einen bescheuerten Lehrer von 1994 mit Kurt Tucholsky und einen Autoaufkleber mit Literatur verwechseln.« Des weiteren äußert sich der Autor über das Wissen und die Bildung von TV-Machern. »Sie sind Experten in Sachen Gewalt, wie sie alltäglich beweisen.« Ein Leser des Blattes sieht den Lehrer, der das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fall des Autoaufklebers mit dem Tucholsky-Zitat »Alle Soldaten sind Mörder« ausgelöst hat, durch den Kommentar beleidigt. Beleidigend sei auch die Textstelle über die TV-Macher. Der betroffene Chefredakteur hält seinen Beitrag für eine satirische Kolumne. So werde er auch von seiner Leserschaft verstanden. (1994)
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Unter der Überschrift »Party-Droge Ecstasy« berichtet eine Zeitschrift über sogen. Designer Drogen, In der Titelgeschichte wird er Drogenkonsum innerhalb der Techno-Szene thematisiert: In einem zweiten Beitrag unter der Überschrift »Wunderpille oder Horrortrip?« geht es um mögliche Schäden des Drogenkonsums. Die Zeitschritt nennt den Namen und die Nationalität eines Mannes, der Ecstasy geschluckt und sich nach einem Streit mit seiner Freundin mit Hilfe eines Samurai-Schwertes ums Leben gebracht hat. Sie listet ferner zehn der gebräuchlichsten Pillen und Blättchen in Wort und Bild auf. Eine Journalistin kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung des Namens und der Nationalität des Mannes. Die Zeitschrift begebe sich damit in die Niederung der Ausländerfeindlichkeit. Für fragwürdig hält die Beschwerdeführerin zudem den Informationskasten des Beitrags. Käufer und potentielle Konsumenten seien somit bestens informiert. Die Zeitschrift wertet ihre Beiträge eher als eine Warnung vor der Verharmlosung der Droge. Anlass der Namensnennung sei die außergewöhnliche Folge der Einnahme von Ecstasy, der Selbstmord mit einem Samurai-Schwert gewesen. Die Nationalität des Toten habe der Polizeisprecher der Stadt bekanntgegeben. (1994)
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Unter der Überschrift »Spender, Dumper und Verlierer« berichtet eine Zeitschrift über Zuschüsse zur Wirtschaftsförderung; die das Wirtschaftsministerium eines Bundeslandes einem Unternehmen gewährt habe. Mit diesen Geldern habe das Unternehmen hauptsächlich die Produktion und nicht die Forschung gefördert. Es habe damit die Konkurrenz vom Markt gedrängt. Letztere musste Konkurs anmelden und klagte beim Verwaltungsgericht, ob das vom Land geförderte Unternehmen die Gelder überhaupt hätte bekommen dürfen: Die Zeitschrift untersucht die Vergabepraxis des Ministeriums in dem konkreten Fall. Sie berichtet u. a., der vom Ministerium bewilligte Fördersatz sei ungewöhnlich hoch gewesen. Und es sei umstritten, ob die Behörde bei der Vergabe der Mittel die gültigen Richtlinien beachtet habe. In der Unterzeile zur Schlagzeile heißt es: »Wirtschaftsminister ... soll mit 4,5 Millionen Mark Steuergeldern eine Firma in den Konkurs getrieben haben:« Das Ministerium bemängelt in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat eine extrem einseitige Recherche, bei der das journalistische Prinzip, beide Seiten zu hören, eklatant verletzt worden sei. Eine Gegendarstellung habe die Zeitschrift abgelehnt mit der Begründung, dass es sich bei den beanstandeten Passagen um Mutmaßungen bzw. Meinungsäußerungen handele: Die Zeitschrift erklärt, sie habe sorgfältig recherchiert und nicht behauptet, der Wirtschaftsminister habe eine Firma in den Konkurs getrieben. Der Redaktion habe ein Prüfvermerk vorgelegen, aus dem ordnungsgemäß zitiert worden sei: Die Redaktion habe zudem sehr wohl das Ministerium befragt. Aus Gründen des Informantenschutzes könne der Name des Mitarbeiters aber nicht genannt werden. Auf das Angebot, einen Leserbrief zu schreiben, habe der Beschwerdeführer nicht reagiert. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung habe das Oberlandesgericht nicht stattgegeben, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Irreführung der Entgegnung. (1994)
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht unter der Überschrift »Schutz gegen Infarkt und Schlaganfall - Super-Pille putzt Adern« einen Beitrag über die Wirkung von Adenosin. Der Autor führt unter Bezugnahme auf englische Wissenschaftler aus, Adenosin sei »stärker als Herzinfarkt und Schlaganfall, stärker als Durchblutungsstörungen«. In dem Text äußern sich dann noch zwei Ärzte zu den Wirkungen der neuen Kapseln. Sie werden wörtlich zitiert. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Die behaupteten Wirkungen der »Super-Pille« gegen Herzinfarkt, Schlaganfall, Vergesslichkeit, Raucherbein, Krampfadern und Hautalterungen seien in keiner Weise belegt, ja sogar höchst unwahrscheinlich. Außerdem liege der Verdacht auf redaktionelle Werbung nahe. Der Verlag teilt mit, dass er die Zusammenarbeit mit dem Autor des Beitrags beendet hat. Er sei bisher davon ausgegangen, dass dessen Gesundheits- und Medizinberichterstattung seriös und fundiert sei. (1994)
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