Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Buch als Quelle

Studenten einer Universität veranstalten einen Kongress über das Thema “Politik – in Vergangenheit und Zukunft”. Behandelt werden u.a. auch die Sekten und neue Religionen. Eine Zeitung am Ort berichtet unter der Überschrift “Sekten auf den Leim gegangen”, zu der Veranstaltung seien lediglich Vertreter unterschiedlicher Sekten, nicht aber Sektenkritiker erschienen. Auch andere Arbeitskreise erweckten den Eindruck, als seien sie von Sekten “unterwandert”. Als Beispiel führt sie den Kurs “Politik-Consulting” an, bei dem mit einem namentlich genannten Professor ein Mann aufgetaucht sei, der “bereits im Zusammenhang mit einem Scientology-Projekt für Schlagzeilen gesorgt” habe. Der betroffene Hochschullehrer wendet sich an den Presserat. Er sieht in der Darstellung seiner Vorlesung eine Häme, die ihn in seiner Persönlichkeit verletze. Die Zeitung erklärt, aus ihrer Berichterstattung über Aktivitäten von Scientology seien ihr die Namen des Professors und dessen Familie wohlbekannt. Als eine ihrer Quellen benennt sie ein Buch unter dem Titel “Der Sekten-Konzern”. In diesem Werk seien Einzelheiten über die Rolle der Familie des Beschwerdeführers bei einem ABM-Projekt nachzulesen. (1995)

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Namen von Tätern und Opfern

Ein Zeitungsleser stört sich daran, dass zwei Zeitungen; in ihrer Berichterstattung über zwei Kriminalfälle den vollständigen Namen der Tatverdächtigen sowie der Opfer nennen. Im ersten Fall hatte ein Gelegenheitsarbeiter seine Lebensgefährtin im Streit getötet und sich später der Polizei gestellt: Im zweiten Fall hatte ein Kaufmann seine Frau als vermisst gemeldet, wie sich später herausstellte aber bereits elf Tage zuvor erschlagen und unter Laub versteckt. Der Leser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Nach seiner Meinung werden durch diese Art der Berichterstattung vor allem die Angehörigen in Mitleidenschaft gezogen. In einem Brief an den Beschwerdeführer erläutert die Chefredaktion einer der beiden Zeitungen, warum sie in beiden Fällen die Namen genannt habe. Im ersteren Falle sei das Verbrechen noch nicht restlos aufgeklärt und die Polizei suche Zeugen. Der zweite Fall sei zunächst als Vermisstensache veröffentlicht worden. Dabei seien die Namen genannt worden, um die Arbeit der Polizei zu unterstützen. Als sich die Vermisstensache schließlich als Mordfall entpuppt habe, seien die Namen der Öffentlichkeit bereits bekannt gewesen. Grundsätzlich nenne die Redaktion Namen nur dann, wenn ein wirkliches öffentliches Interesse bestehe. Die zweite Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung. (1995)

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Persönlichkeitsrechte

Unter der Überschrift »Schulkind (11) brutal vergewaltigt« berichtet eine Boulevardzeitung über das schreckliche Erlebnis eines Mädchens mit einem Mann, der gewaltsam in die Wohnung eingedrungen war und sich an dem Kind vergangen hatte. Die Zeitung nennt den Vornamen des Opfers, das Initial des Familiennamens und seine Adresse. Sie schildert nähere Lebensumstände und gibt die Schule an, in die das Mädchen geht. Das Polizeipräsidium der Stadt und eine Leserin des Blattes rufen den Deutschen Presserat an. Das Opfer des Verbrechens werde identifiziert und in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Chefredaktion des Blattes bedauert den Fehler. Sie habe den Fall zum Anlass genommen, die Redaktion noch einmal darauf hinzuweisen, dass unter keinen Umständen über die Opfer von Verbrechen identifizierbar berichtet werden dürfe.(1995)

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Vorabmeldung einer Falschinformation

Eine Zeitschrift berichtet, Steuerfahnder eines Finanzamtes verdächtigten drei prominente Landespolitiker, Steuern hinterzogen zu haben. Zwei Tage vor Erscheinen verbreitet die Redaktion eine entsprechende Vorabmeldung und einen Vorschlag zur Anmoderation der Nachricht. Einer der Betroffenen leitet presserechtliche Maßnahmen ein und ruft darüber hinaus den Deutschen Presserat an. Tatsächlich habe es weder eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung gegeben, noch seien Unterlagen über ein Konto des Beschwerdeführers beschlagnahmt worden. Durch die Veröffentlichung der Nachricht und die Vorabankündigungen seien elementare Grundrechte sauberer journalistischer Arbeit verletzt worden. Den sachlich falschen Inhalt der Vorabmeldung hätten zahlreiche andere Medien weiterverbreitet. Er habe feststellen müssen, dass der presserechtliche Gegendarstellungsanspruch gegen die Vorabmeldungen und die Anmoderation im Lokalradio nicht greife. Die Zeitschrift führt an, dass sie in der nächstfolgenden Ausgabe unter Mitwirkung des Beschwerdeführers Wiedergutmachung geleistet habe. Damit sei sie sowohl ihrer juristischen Pflicht wie ihrer publizistischen Verantwortung gerecht geworden. Darüber hinaus ist die Chefredaktion der Ansicht, dass eine vom Beschwerdeführer geforderte Stellungnahme des Presserats zu Vorabmeldungen nicht allein an die Zeitschrift adressiert werden und schon gar nicht den konkreten Beschwerdefall zugrunde legen kann." »Pressevorabmeldungen gehören zur regelmäßigen Praxis aller Medienunternehmen und sind kein einsames Phänomen unserer Zeitschrift. Es handelt sich dabei nicht um >Presse<, denn Vorabmeldungen sind kein Bestandteil des redaktionellen Produkts, sondern - wie jede andere Presseerklärung auch - eigene Texte zur Verwendung in anderen Medien«. Die Rechtsabteilung des Beschwerdegegners äußert den Eindruck, dass der Beschwerdeführer diesen Einzelfall nutze, um einen politischen Feldzug gegen 'die Praxis der Vorabmeldungen im allgemeinen einzuleiten. Dafür biete aber weder der konkrete Fall noch die Praxis der Vorabmeldungen einen Anlass. Verlag und Redaktion hielten es für ihre Pflicht, Vorabmeldungen; in denen Berichte angekündigt werden, nach den gleichen Sorgfaltspflichtmaßstäben zu formulieren und zu überprüfen, die für den angekündigten Bericht selbst gelten. (1995)

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Fotos von Stadtstreichern

Eine Lokalredaktion thematisiert ein soziales Problem ihrer Stadt. Unter der Überschrift »Einschlägige Marktplatz-Szene führt bei Bürgern zu Frust und Unmut« schildert die Zeitung das Verhalten von Personen, die vor allem in den Sommermonaten rund um den Marktplatz »regelrecht herumlungern: Alkoholiker, Berber, Junkies und Kriminelle.« Öffentliche Veranstaltungen würden gestört, harmlose Passanten angepöbelt und angebettelt, beschimpft, bedroht und' nicht selten zusammengeschlagen. Die Redaktion lässt in diesem Zusammenhang den zuständigen Polizeidirektor, den Leiter des Ordnungsamtes sowie den Bürgermeister der Stadt mit ihren möglichen Lösungen zu Wort kommen: Illustriert ist der Bericht mit Fotos von Personen der sogen. »Szene«. Die Augenpartien sind teilweise mit schmalen schwarzen Balken versehen. Unter der 'Überschrift »Die Angst geht um!« kommentiert die Zeitung in derselben Ausgabe die geschilderten Zustände auf dem Marktplatz. Die geäußerte Kritik habe nichts mit einer Diskriminierung von Randgruppen zu tun. Die Forderung nach einem geordneten Leben auf dem Marktplatz sei vielmehr ein einforderbares Bürgerrecht. Wenige Tage später teilt die Zeitung in einem Meldungskasten mit, eine auf einem der Fotos abgebildete Frau lege Wert auf die Feststellung, dass sie nicht mehr zu der beschriebenen einschlägigen Szene gehöre. Ein Leser des Blattes trägt den Fall an den Deutschen Presserat heran. Der Artikel verstoße sowohl im Text wie auch Aufmachung gegen jegliche journalistische Sorgfaltspflicht und gegen das Recht am eigenen Bild. Er stigmatisiere und diskriminiere die abgebildeten Menschen. Die Personen seien nicht ausreichend unkenntlich gemacht. Die Chefredaktion betont, das Thema sei von öffentlichem Interesse. Ziel der Berichterstattung sei eine Versachlichung gewesen. Die Vorkommnisse seien belegbar. Die Redaktion habe aufgrund des Persönlichkeitsschutzes jedoch darauf verzichtet, weitere Fakten zu nennen. Im Anschluss an die Berichterstattung habe die Zeitung den Lesermeinungen breiten Platz eingeräumt. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot liege nicht vor, da die Namen von Betroffenen nicht genannt und die Gesichter der Fotografierten ausreichend unkenntlich gemacht wurden. Zur weiteren Information weist die Zeitung darauf hin, dass einige Mitglieder der Szene zwischenzeitlich wegen schwerer Delikte zu Freiheitsstrafen verurteilt worden seien. (1995)

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Personenbeschreibung

Eine Zeitschrift porträtiert einen Unternehmer und beschreibt dessen Karriere. Sie behauptet, der Mann verkörpere wie kaum jemand sonst im Lande den Typus des schlichten und schrulligen, aber erfolgreichen Mittelständlers. Er sei ein Mensch mit “Terrierqualitäten”, ein sentimentaler Tyrann. Auch über Streitereien in der Familie, über das Verhalten des Firmenchefs bei der Übernahme des Unternehmens wird berichtet. Vom Vater wird schließlich behauptet, er sei ein Alkoholiker gewesen. Der Betroffene schaltet den Presserat ein. Er kritisiert die Recherchemethoden des Verfassers und sieht in der Veröffentlichung eine gezielte Beschädigung seiner Person. Während des gesamten Interviews sei überhaupt nicht über die Krankheit des Vaters gesprochen worden. Dieser sei auch kein Alkoholiker gewesen, sondern habe vielmehr an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße gelitten. Die Zeitschrift weist darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer selbst als Gesprächspartner zur Verfügung gestellt und in zwei insgesamt zehnstündigen Gesprächen über sich und seine Verwandten berichtet habe. Er habe u.a. geschildert, wie er dem Vater bei der Lösung alkoholbedingter Probleme gegen anders gelagerte Interessen aus der Verwandtschaft beigestanden habe. Diese Darstellung seines Handelns sei positiv in den Artikel eingeflossen. Im übrigen entspreche es redaktioneller Freiheit, die Schwerpunkte der Darstellung zu setzen. (1995)

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Nennung der Nationalität

Eine Boulevardzeitung berichtet, dass ein türkischer Asylbewerber wegen eines Sexualdelikts zu 18 Monaten Haft und 3000 Mark Schmerzensgeld verurteilt worden ist. Eine Leserin des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie kritisiert die Nennung der Nationalität des Verurteilten. Die Rechtsabteilung des Verlags hält es schon im Hinblick auf andere ausländische Mitbürger für sachdienlich und notwendig, den Täter näher zu beschreiben: Die Beschwerdeführerin hätte besser Mitleid mit der missbrauchten Schülerin haben sollen. (1995)

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Tätlichkeiten gegen einen Politiker

Eine Lokalzeitung berichtet über den Besuch des Ministerpräsidenten und kommentiert Tätlichkeiten gegen den Regierungschef. Er und sein Fahrer, behauptet die Zeitung, seien von militanten Atomkraftgegnern attackiert und verletzt worden. Eine Bürgerinitiative sieht sich durch diese Veröffentlichung diskreditiert und ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen Agenturbericht; in dem der Ministerpräsident zitiert wird. Nur der entschiedene Einsatz seiner Personenschützer habe noch Schlimmeres verhindert. In ihrer Meinungsäußerung, prangere die Zeitung eindeutig nur militante Atomkraftgegner an, die vor Gewalt nicht zurückschrecken.(1995)

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Daten eines Angeklagten

Eine Lokalzeitung berichtet über den Ausgang eines Gerichtsverfahrens. in einer Auseinandersetzung über die Rekonstruktion eines Verkehrsunfalls hatte ein Bürger der Stadt einen Polizeibeamten einen »völligen Versager« genannt. Wegen Beleidigung wird er zu einer Geldstrafe von 450 Mark: verurteilt. Die Zeitung nennt das Alter des Mannes, seinen Beruf und seinen Wohnort: Vor- und Nachname sind abgekürzt." Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel verletze sein Recht auf Anonymität. Der im Text genannte Ort habe 700 Einwohner. Von daher sei seine Identität am Wohnort und auch in den umliegenden Orten durch die Veröffentlichung zweifelsfrei bekannt geworden. Die Redaktion verweist darauf, dass der Vorgang im Ort des Beschwerdeführers bekannt gewesen sei. Sie habe sich aber inzwischen für einen anderen Modus entschieden. Sie verändere die Initialen nun auch bei Bagatellsachen. (1995)

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Begriff »säubern«

Ihren Bericht über die Einnahme der bosnischen Stadt Zepa durch serbische Truppen betitelt eine Boulevardzeitung mit der Schlagzeile »Serben säubern Zepa«. Im Text heißt es, dass alte Frauen, Kinder und Kranke deportiert würden. Ein Leser kritisiert in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat die Verwendung des Wortes »säubern« bei der Beschreibung der in Zepa vollzogenen Deportation. Die Überschrift fördere unsensiblen Sprachgebrauch und geistig verflachtes Denken: Die Rechtsabteilung des Verlages weist die Beschwerde als haltlos zurück. Der Begriff »säubern« sei gängig und werde ständig bei der Darstellung der im Text beschriebenen Deportation verwendet. Als »Säuberungsaktion« bezeichne man einen besonders üblen völkerrechtswidrigen Zustand. (1995)

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